Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Umstellung des Wirtschaftsjahrs nach § 2 Abs. 5 Nr. 2 Satz 2 EStG darf nur ein Rumpfwirtschaftsjahr entstehen.
2. Eine ohne Zustimmung des FA durchgeführte Umstellung des Geschäftsjahrs auf ein abweichendes Geschäftsjahr hat keinen Einfluß auf die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 5 Nr. 2, § 7c; EStDV § 1
Tatbestand
Die steuerpflichtige OHG (Steuerpflichtige) begehrt für ein Ende Dezember 1958 gegebenes Darlehen die Vergünstigung des § 7c EStG. Wie eine im Jahre 1958 durchgeführte Betriebsprüfung ergab, hat der Schlußbilanz zum 31. Dezember 1957 keine ordnungsmäßige Warenbestandsaufnahme zugrunde gelegen. Unter anderem um die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung zu sichern, stellte die Steuerpflichtige ihr Geschäftsjahr um, indem sie beschloß, daß das laufende Geschäftsjahr 1958 am 15. Dezember 1958 ende und daß für die Zeit vom 16. Dezember 1958 bis 30. Juni 1959 ein Rumpfgeschäftsjahr gebildet werde. Dem Antrag der OHG, das Wirtschaftsjahr auf den 1. Juli bis 30. Juni umzustellen, stimmte das FA - unter Einschaltung eines Rumpfwirtschaftsjahres 1. Januar 1959 bis 30. Juni 1959 - zu. Die Steuerpflichtige stellte zum 15. Dezember 1958 eine Inventur und Bilanz auf, ebenso vorsorglich auf den 31. Dezember 1958. Laut Darlehnsvertrag vom 22. Dezember 1958 gewährte sie ihrer Tochtergesellschaft Ende 1958 ein unverzinsliches Wohnungsbaudarlehen gemäß § 7c EStG. In der Bilanz zum 31. Dezember 1958 wurde das Baudarlehen mit dem nach § 7c EStG abgezinsten Wert ausgewiesen.
Die Steuerpflichtige ermittelte für den Zeitraum vom 1. Januar 1958 bis 15. Dezember 1958 einen Gewinn und für den Zeitraum vom 16. Dezember 1958 bis 30. Juni 1959 einen Verlust. Das FA erkannte diese Zeiträume nicht an, sondern ging bei der einheitlichen Gewinnfeststellung für 1958 vom Kalenderjahr 1958 aus. Es verneinte die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung für dieses Jahr. Demgemäß versagte es die Steuervergünstigung nach § 7c EStG und erhöhte den von der OHG für das Jahr 1958 erklärten Gewinn. Die Sprungberufung (Sprungklage) hatte keinen Erfolg.
Mit der Revision rügt die Steuerpflichtige Verletzung der §§ 2 Abs. 5 Nr. 2, 7c EStG. Sie begründet das wie folgt: Handelsrechtlich sei es ihr nicht verwehrt gewesen, den Geschäftsjahresabschluß auf den 15. Dezember 1958 zu erstellen. Auf Grund des entsprechenden Gesellschafterbeschlusses sei sie hierzu sogar verpflichtet gewesen. Ihr Umstellungsbegehren sei handelsrechtlich nicht willkürlich und deshalb zulässig gewesen. Da sowohl für die Bilanzierung als auch für die Frage der Ordnungsmäßigkeit einer Buchführung die Priorität des Handelsrechts gegenüber dem Steuerrecht bestehe, sei die Finanzverwaltung selbst dann, wenn sie dem handelsrechtlichen Ablauf nicht folgen wolle oder könne, sondern einen dem handelsrechtlichen Abschlußstichtag nicht entsprechenden Veranlagungszeitraum wähle, gezwungen, die vorliegende Handelsbilanz zu beachten. Im Streitfall habe das FA zwar als Veranlagungszeitraum das Kalenderjahr 1958 wählen können, weil es seine Zustimmung zur Umstellung des Wirtschaftsjahrs auf den Abschlußstichtag 30. Juni nur unter Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahrs 1. Januar 1959 bis 30. Juni 1959 erteilt habe. Bei der Ermittlung des steuerlichen Gewinns aus Gewerbebetrieb für das Kalenderjahr 1958 sei jedoch der steuerliche Gewinn für das Kalenderjahr 1958 in der Form zu errechnen gewesen, daß zu dem Geschäftsjahresergebnis vom 1. Januar bis 15. Dezember 1958 das Ergebnis für den Zeitraum 16. Dezember bis 31. Dezember 1958 hinzuzusetzen gewesen sei. Bereits ab 16. Dezember 1958 sei die Buchführung ordnungsmäßig gewesen. Das am 30. Dezember 1958 gegebene Baudarlehen falle somit in ein Geschäftsjahr mit ordnungsmäßiger Buchführung.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
Die Steuervergünstigung nach § 7c EStG setzt voraus, daß der Gewinn auf Grund einer ordnungsmäßigen kaufmännischen Buchführung ermittelt worden ist. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht gegeben. Sind Steuervergünstigungen an eine ordnungsmäßige Buchführung geknüpft, so kann über Mängel der Buchführung auch nicht etwa deswegen hinweggesehen werden, weil die Voraussetzungen der Steuervergünstigung selbst, z. B. hier die Hingabe des § 7c EStG-Darlehens, in der sonst mangelhaften Buchführung einwandfrei dargetan sind (vgl. Urteil des BFH VI 245/65 vom 14. Dezember 1966, BFH 87, 616, BStBl III 1967, 247).
Fehlt eine zureichende körperliche Bestandsaufnahme, so ist die Buchführung nicht ordnungsmäßig, selbst wenn das FA die Bestände schätzt oder die Schätzung des Steuerpflichtigen unverändert übernimmt (BFH-Urteil VI 245/65, a. a. O., und die dort angeführte Entscheidung). Im Streitfall ist die Bestandsaufnahme zum 31. Dezember 1957 unstreitig mangelhaft. Das hat, wie das Finanzgericht (FG) zutreffend ausführte, wegen der Zweischneidigkeit der Veranlagungsbilanzen (BFH-Urteil I 221/64 vom 29. November 1967, BFH 91, 76, BStBl II 1968, 261) zur Folge, daß nicht nur die Buchführung des am 31. Dezember 1957 ablaufenden Wirtschaftsjahrs, sondern auch die des folgenden Wirtschaftsjahrs nicht ordnungsmäßig ist (BFH-Gutachten IV D 1/53 S vom 25. März 1954, BFH 58, 740, BStBl III 1954, 195).
Das am 31. Dezember 1957 folgende Wirtschaftsjahr 1958 endete am 31. Dezember 1958. Es braucht hier nicht entschieden zu werden, ob die Steuerpflichtige handelsrechtlich ihr Geschäftsjahr 1958 am 15. Dezember 1958 abschließen konnte oder auf Grund des Gesellschafterbeschlusses vom gleichen Tage sogar abschließen mußte. Der OHG ist zwar zuzugeben, daß eine Buchführung ordnungsmäßig ist, wenn sie den Vorschriften des Handelsgesetzbuches und den Grundsätzen kaufmännischer Buchführung entspricht (BFH-Urteil VI 313/65 vom 25. März 1966, BFH 86, 301, BStBl III 1966, 487). Daraus kann aber nicht gefolgert werden, die handelsrechtlich - unterstellt - zulässige Umstellung des Geschäftsjahrs wirke sich auch auf das steuerrechtlich maßgebende Wirtschaftsjahr zwingend aus. Steuerrechtlich ist vielmehr eine Umstellung des Wirtschaftsjahrs allein unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 Nr. 2 Satz 2 EStG wirksam. Stimmt das FA einer handelsrechtlich gültigen Umstellung des Geschäftsjahrs nicht zu, so ist folglich der zu versteuernde Gewinn nach dem bis dahin maßgebenden Wirtschaftsjahr zu ermitteln (vgl. Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 2 EStG Anm. 114 a. E.; Gericke in Hartmann-Böttcher-Grass, Großkommentar zur Einkommensteuer, § 2 Anm. 12d).
Im Streitfall hat sich das FA durch Bescheid vom 20. Februar 1960 mit der von der Steuerpflichtigen beantragten Umstellung des Wirtschaftsjahrs zwar einverstanden erklärt. Es hat jedoch ausgeführt, für das Wirtschaftsjahr 1959 sei ein Rumpfwirtschaftsjahr 1. Januar bis 30. Juni zu bilden. Es hat also, wie sich aus diesem Vorbehalt ergibt, der Umstellung des Wirtschaftsjahrs nur unter der Voraussetzung zugestimmt, daß das vorangehende Wirtschaftsjahr 1958 am 31. Dezember 1958 endet. Der Bescheid vom 20. Februar 1960 ist unanfechtbar geworden. Es ist damit verbindlich festgestellt, daß das Wirtschaftsjahr 1958 erst am 31. Dezember 1958 abgeschlossen wurde.
Steuerlich konnte eine Umstellung in der von der Steuerpflichtigen geplanten Weise auch gar nicht durchgeführt werden. Nach § 1 Satz 1 EStDV umfaßt das Wirtschaftsjahr regelmäßig einen Zeitraum von 12 Monaten. Nur in den in § 1 Satz 2 Nrn. 1 und 2 EStDV genannten Ausnahmefällen - z. B. bei Umstellung eines Wirtschaftsjahrs - darf ein Wirtschaftsjahr einen Zeitraum von weniger als 12 Monaten umfassen. Es entsteht dann ein Rumpfwirtschaftsjahr. Da das Rumpfwirtschaftsjahr jedoch nach § 1 EStDV die Ausnahme ist, darf es nur in den in § 1 EStDV genannten Fällen gebildet werden, soweit es erforderlich ist. Bei Umstellung des Wirtschaftsjahrs darf deshalb nur ein einziges Rumpfwirtschaftsjahr entstehen. Nach den Vorstellungen der Steuerpflichtigen wären jedoch zwei Rumpfwirtschaftsjahre entstanden, nämlich vom 1. Januar 1958 bis 15. Dezember 1958 und vom 16. Dezember 1958 bis 30. Juni 1959. Darf aber bei Umstellung des Wirtschaftsjahrs nur ein Rumpfwirtschaftsjahr entstehen und soll das Wirtschaftsjahr regelmäßig 12 Monate umfassen, so ist es im Streitfall nur denkbar, daß das Wirtschaftsjahr 1958 - nach 12monatiger Dauer - am 31. Dezember 1958 endete und daß das eingeschobene Rumpfwirtschaftsjahr am 1. Januar 1959 begann und am 30. Juni 1959 abgeschlossen wurde.
Das von der Steuerpflichtigen am 30. Dezember 1958 gewährte § 7c EStG-Darlehen fällt demnach in das Wirtschaftsjahr 1958, für das wegen der Nichtordnungsmäßigkeit der Bestandsaufnahme auf den 31. Dezember 1957 eine Steuervergünstigung nicht in Betracht kommt. Selbst wenn der steuerliche Gewinn des Wirtschaftsjahrs 1958, wie es die OHG begehrt, durch Addition der - für das Steuerrecht berichtigten - handelsrechtlichen Geschäftsjahresergebnisse 1. Januar 1958 bis 15. Dezember 1958 und 16. Dezember 1958 bis 31. Dezember 1958 ermittelt werden würde, handelte es sich doch um den Gewinn des Wirtschaftsjahrs 1958, dessen Buchführung nicht ordnungsmäßig war.
Richtig ist zwar die Auffassung der Steuerpflichtigen, daß eine ohne Zustimmung des FA durchgeführte Umstellung auf ein abweichendes Geschäftsjahr keinen Einfluß auf die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung ausübt (BFH-Urteil IV 496/52 U vom 12. März 1953, BFH 57, 293, BStBl III 1953, 117; Herrmann-Heuer, a. a. O., § 2 EStG Anm. 114 a. E.). Das FG hat die Steuervergünstigung des § 7c EStG aber nicht deshalb versagt, weil wegen eines unzulässigen Abschlußzeitpunktes die Buchführung nicht ordnungsmäßig sei, sondern deshalb, weil bereits auf den 1. Januar 1958 eine ordnungsmäßige Anfangsbilanz gefehlt hat.
Fundstellen
BStBl II 1969, 337 |
BFHE 1969, 158 |