Leitsatz (amtlich)
Für die Einordnung einer Ware in die Freiliste 2 (Anl. 1 zu § 20 Abs. 2 Ziff. 1 UStDB 1951) ist in Zweifelsfällen die zolltarifliche Einordnung der Ware maßgebend, wobei der jeweils geltende Zolltarif anzuwenden ist. Eine Änderung des Zolltarifs kann deshalb auch eine Änderung der umsatzsteuerlichen Beurteilung nach sich ziehen.
Normenkette
UStG § 4 Ziff. 2a; UStDB 1951 § 20 Abs. 2 Ziff. 1
Tatbestand
Im Rechtsbeschwerdeverfahren ist nur noch streitig, ob der Beschwerdeführer (Bf.) für Großhandelslieferungen in der Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1951 mit runden Naturkorkund Preßkorkscheiben für Kronen- und ähnliche Verschlüsse in Seehafenplätzen Steuerfreiheit nach § 4 Ziff. 2a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) beanspruchen kann. Die Vorinstanzen haben dies verneint, weil der geltende Zolltarif von 1951 im Gegensatz zum alten Zolltarif die hier in Betracht kommenden Liefergegenstände nicht mehr den Halberzeugnissen zurechne, die nach § 4 Ziff. 2a UStG allein begünstigt seien.
Entscheidungsgründe
Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde (Rb.) ist nicht begründet.
Der Bundesfinanzhof wie schon der Reichsfinanzhof (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs V 212/40 vom 16. Mai 1941, Slg. Bd. 50 S. 225, Reichssteuerblatt -- RStBl -- 1941 S. 661 und Urteil des Bundesfinanzhofs V 54/51 U vom 30. April 1953, Slg. Bd. 57 S. 470, Bundessteuerblatt -- BStBl -- 1953 III S. 182) haben in ständiger Rechtsprechung den Grundsatz aufgestellt, daß für die Einordnung einer Ware u. a. in die Freiliste 2 (Anlage 1 zu § 20 Abs. 2 Ziff. 1 der Umsatzsteuer-Durchführungsbestimmungen (1951) in Zweifelsfällen die zolltarifliche Einordnung der Ware maßgebend ist, wobei der jeweils geltende Zolltarif in Betracht zu ziehen ist. Damit ist zum Ausdruck gebracht, daß eine Änderung des Zolltarifs auch für die umsatzsteuerliche Beurteilung Bedeutung haben kann, sofern überhaupt die Voraussetzungen für die Anwendung des Zolltarifs gegeben sind. Dies ist im Streitfalle zu bejahen.
Die Fassung in der Freiliste 2 "Korkholz; Kork in Streifen, Scheiben und Würfeln; Korkabfälle, auch Korkschrot, Korkmehl, Korkwolle" ist nicht so eindeutig, daß die Liefergegenstände des Streitfalles ohne jeden Zweifel den in der Freiliste 2 aufgeführten Warengruppen zugerechnet werden könnten. Die Vorschrift ist daher der Auslegung fähig. Hierfür kommt in erster Linie der geltende Zolltarif in Betracht.
Es handelt sich unstreitig um Korkscheiben von etwa 26 bis 27 mm Durchmesser mit einer Stärke von etwa 2,2 mm, die teils aus Naturkork, teils aus Preßkork bestehen. Im Gegensatz zur Auffassung der Rb. kann es durchaus zweifelhaft sein, ob der Gesetzgeber in der Freiliste 2 unter "Kork in Scheiben" auch die scheibenförmigen Einlagen aus Kork für Kronenverschlüsse verstanden wissen wollte oder ob der Begriff "Kork in Scheiben" ein anderer Ausdruck für die Erzeunisse ist, die zolltariflich als Platten und Blätter bezeichnet werden. Nach dem Zolltarif 1951 kann über die Zuweisung der genannten Waren kein Zweifel bestehen.
Die Halberzeugnisse aus Naturkork sind unter Tarif-Nr. 4502 aufgeführt. Waren, also Fertigerzeugnisse aus Naturkork, enthält die Tarif-Nr. 4503. Dort sind unter A angeführt: Korkstopfen in verschiedener Größenordnung, und unter B: andere Waren aus Naturkork, einschließlich der Scheibeneinlagen für Kronenverschlüsse oder zu ähnlichen Zwecken. Für "Korkscheiben" besteht ein besonderer Vertragszollsatz. Die vom Bf. eingeführten "Korkscheiben" gelten also nach dem neuen Zolltarif eindeutig als Fertig erzeugnisse, während § 4 Ziff. 2a nur Rohstoffe und Halberzeugnisse begünstigt. Die Befreiungsvorschrift kann demnach für die im Geltungsbereiche des neuen Zolltarifs eingeführten Korkscheiben aus Naturkork für Kronenverschlüsse nicht zugebilligt werden. Das gleiche gilt für Scheibeneinlagen für Kronenverschlüsse aus Preßkork der Tarif-Nr. 4504 -- C. Dementsprechend ist auch der Begriff "Kork in Scheiben" der Freiliste 2 auszulegen. Die Freiliste 2 nennt hintereinander "Kork in Streifen" und "Kork in Würfeln". Diese beiden Erzeugnisse gelten nach der Tarif-Nr. 4502 als Halberzeugnisse. Die gleiche Tarif-Nr. enthält unter B den Begriff "Kork-Platten" und "Kork-Blätter". Unter der Bezeichnung "Kork in Scheiben" der Freiliste 2 können demnach jetzt nur noch die als Halberzeugnisse geführten "Platten" und "Blätter" des neuen Zolltarifs verstanden werden.
Der Rb. kann nur insoweit gefolgt werden, als eine Anpassung der Freiliste 2 an die Nomenklatur des neuen Zolltarifs wünschenswert wäre; jedoch muß nach dem eingangs erwähnten Grundsatz auch ohnedies die Freiliste 2 in allen Zweifelsfällen nach dem nunmehr geltenden Zolltarif ausgelegt werden, auch wenn hierdurch eine Änderung in der umsatzsteuerlichen Beurteilung eintritt.
Hiernach war die Rb. mit der Kostenfolge des § 307 der Reichsabgabenordnung als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
BStBl III 1956, 160 |
BFHE 1956, 433 |