Entscheidungsstichwort (Thema)
Höchstbemessungsgrundlage für die erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG im Falle der Umwandlung eines Einfamilienhauses in ein Zweifamilienhaus
Leitsatz (NV)
1. Welche Höchstbemessungsgrundlage i. S. von § 7 b Abs. 1 Satz 3 EStG den erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG zugrunde zu legen ist, richtet sich nach der Art des Objekts im Zeitpunkt des Beginns der erhöhten Absetzungen im Jahr der Anschaffung oder Fertigstellung.
2. Auch wenn ein als Einfamilienhaus fertiggestelltes Gebäude durch Ausbau einer weiteren Wohnung nachträglich in ein Zweifamilienhaus umgewandelt wird, bleibt es bei der für ein Einfamilienhaus maßgeblichen Höchstbemessungsgrundlage.
3. Die Herstellungskosten für den Ausbau der zweiten Wohnung können die Bemessungsgrundlage für ein weiteres begünstigtes Objekt in Form eines Ausbaues nach § 7 b Abs. 2 EStG bilden. Wenn die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfüllt sind, gehen in den ersten vier Jahren angefallene Aufwendungen als nachträgliche Herstellungskosten nach § 7 b Abs. 3 Satz 2 EStG in die Bemessungsgrundlage für die erhöhten Absetzungen für das Einfamilienhaus ein.
4. Die für Zweifamilienhäuser geltende Höchstbemessungsgrundlage ist nur dann anwendbar, wenn das Gebäude erst mit der Schaffung der zweiten Wohnung fertiggestellt worden ist, nachdem das Haus von vornherein als Zweifamilienhaus geplant und baurechtlich genehmigt worden war und anschließend auch in einem Zug errichtet worden ist.
5. War das Gebäude zunächst als Einfamilienhaus fertiggestellt worden und wird es in einem weiteren Bauabschnitt in ein Zweifamilienhaus umgewandelt, so läßt sich die Änderung der Art des Gebäudes in ein Zweifamilienhaus nicht aufgrund des § 7 b Abs. 3 Satz 2 EStG auf den Zeitpunkt des Beginns der erhöhten Absetzungen zurückbeziehen, um in den Genuß der für Zweifamilienhäuser geltenden Höchstbemessungsgrundlage zu gelangen.
Normenkette
EStG § 7b
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) errichtete ein Einfamilienhaus, das im Februar 1978 bezugsfertig wurde. Sie nahm in den Jahren 1978 und 1979 erhöhte Absetzungen nach Maßgabe der für Einfamilienhäuser geltenden Höchstbemessungsgrundlage von 150 000 DM nach § 7 b Abs. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes 1979 (EStG) in Anspruch.
Im Mai des Jahres 1980 stellte die Klägerin einen Bauantrag zum Ausbau des Dachgeschosses. Die Dachgeschoßwohnung wurde am 20. Dezember 1980 bezugsfertig.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) bewertete das Grundstück auf den 1. Januar 1979 als Einfamilienhaus und auf den 1. Januar 1981 als Zweifamilienhaus.
Die Klägerin begehrte in ihrer Einkommensteuererklärung 1980 eine Ermittlung ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung durch Gegenüberstellung der Einnahmen und der Werbungskosten und erhöhte Absetzungen nach Maßgabe der für Zweifamilienhäuser geltenden Höchstbemessungsgrundlage von 200 000 DM.
Das FA ermittelte den Nutzungswert der selbstgenutzten Wohnung für die Monate Januar bis November 1980 pauschal nach § 21 a EStG, während es für den Monat Dezember 1980 die Einnahmen den Werbungskosten gegenüberstellte. Die erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG bemaß es - wie in den Vorjahren - nach der für Einfamilienhäuser geltenden Höchstbemessungsgrundlage von 150 000 DM. Es wandte § 7 Abs. 4 EStG auf den übersteigenden Teil der Herstellungskosten zeitanteilig für den Monat Dezember 1980 an.
Die Klägerin verfolgte mit ihrer Klage ihr Begehren weiter. Das Finanzgericht (FG) gab ihrer Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1986, 115 veröffentlichten Urteil teilweise statt. Es vertrat die Auffassung, daß der Klägerin entsprechend deren Auffassung erhöhte Absetzungen nach der für Zweifamilienhäuser geltenden Höchstbemessungsgrundlage von 200 000 DM zuständen. Es legte § 7 b Abs. 3 Satz 2 EStG dahin aus, daß danach nicht nur nachträgliche, in den ersten drei Jahren nach der Fertigstellung angefallene Herstellungskosten, sondern auch eine Änderung der Art des Objekts auf den Beginn der erhöhten Absetzungen zurückzubeziehen seien. Im übrigen folgte das FG bei der Ermittlung der Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung der Auffassung des FA.
Das FA rügt mit seiner vom FG zugelassenen Revision Verletzung des § 7 b Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 Satz 2 EStG.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, weil es § 7 b EStG verletzt. Das FG hat der Klägerin rechtsfehlerhaft erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG nach der für Zweifamilienhäuser geltenden Höchstbemessungsgrundlage von 200 000 DM aufgrund des § 7 b Abs. 1 Satz 3 i. V. m. Abs. 3 Satz 2 EStG zuerkannt. Entgegen der Auffassung des FG ist für die der Klägerin zustehenden erhöhten Absetzungen die für Einfamilienhäuser geltende Höchstbemessungsgrundlage von 150 000 DM auch weiterhin maßgeblich geblieben, nachdem sie ihr im Jahre 1978 errichtetes Einfamilienhaus durch Ausbau des Dachgeschosses im Jahre 1980 in ein Zweifamilienhaus umgewandelt hatte.
a) Der Bauherr eines Einfamilienhauses kann erhöhte Absetzungen im Jahr der Fertigstellung und in den sieben folgenden Jahren bis zu 5 v. H. der Herstellungskosten, höchstens aber von 150 000 DM in Anspruch nehmen; für den Bauherren eines Zweifamilienhauses erhöht sich die Höchstbemessungsgrundlage auf 200 000 DM (§ 7 b Abs. 1 Satz 3 EStG). Welche dieser Höchstgrenzen anzuwenden ist, richtet sich nach der Art des Objekts im Zeitpunkt des Beginns der erhöhten Absetzungen im Jahr der Fertigstellung oder der Anschaffung (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 30. April 1985 IX R 49/84, BFHE 144, 36, BStBl II 1985, 513).
b) Auch wenn ein als Einfamilienhaus fertiggestelltes Gebäude durch Ausbau einer weiteren Wohnung nachträglich in ein Zweifamilienhaus umgewandelt wird, bleibt es bei der für ein Einfamilienhaus maßgeblichen Höchstbemessungsgrundlage.
Die Herstellungskosten für den Ausbau der zweiten Wohnung können die Bemessungsgrundlage für ein weiteres begünstigtes Objekt in Form eines Ausbaues nach § 7 b Abs. 2 EStG bilden. Sofern die Voraussetzungen dieser Vorschrift - wie im vorliegenden Fall - nicht erfüllt sind, gehen in den ersten vier Jahren angefallene Aufwendungen als nachträgliche Herstellungskosten nach § 7 b Abs. 3 Satz 2 EStG in die Bemessungsgrundlage für die erhöhten Absetzungen für das Einfamilienhaus ein.
Die für Zweifamilienhäuser geltende Höchstbemessungsgrundlage hingegen ist nur dann anwendbar, wenn das Gebäude erst mit der Schaffung der zweiten Wohnung fertiggestellt worden ist, nachdem das Haus von vornherein als Zweifamilienhaus geplant und baurechtlich genehmigt worden war und anschließend auch in einem Zug errichtet worden ist (BFH-Urteil vom 21. Oktober 1986 IX R 55 /82, BFHE 148, 267, BStBl II 1987, 210).
c) War das Gebäude zunächst als Einfamilienhaus fertiggestellt worden und wird es in einem weiteren Bauabschnitt in ein Zweifamilienhaus umgewandelt, so läßt sich die Änderung der Art des Gebäudes - entgegen der Auffassung des FG - nicht aufgrund des § 7 b Abs. 3 Satz 2 EStG auf den Zeitpunkt des Beginns der erhöhten Absetzungen zurückbeziehen.
Nach § 7 b Abs. 3 Satz 2 EStG können nachträgliche Herstellungskosten, die bis zum Ende des dritten, auf das Jahr der Fertigstellung folgenden Jahres entstehen, abweichend von § 7 a Abs. 1 EStG vom Jahr ihrer Entstehung an so behandelt werden, als wären sie bereits im ersten Jahr des Begünstigungszeitraums entstanden. Die Vorschrift des § 7 b Abs. 3 Satz 2 EStG bildet damit eine Ausnahme von § 7 a Abs. 1 EStG, demzufolge die Bemessungsgrundlage für erhöhte Absetzungen um nachträgliche Herstellungskosten erst im Jahr ihrer Entstehung zu erhöhen ist. Infolgedessen können nachträgliche Herstellungskosten i. S. von § 7 b Abs. 3 Satz 2 EStG in die nach Abs. 3 Satz 1 gegebene Möglichkeit der Nachholung nicht ausgenutzter Absetzungen miteinbezogen werden und erhöhen damit das dem Steuerpflichtigen in den ersten vier Jahren zur Verfügung stehende Absetzungsvolumen, das er auf diesen Zeitraum ungleichmäßig verteilen kann.
Mehr als eine Regelung zur Berechnung des Absetzungsvolumens während der ersten vier Jahre des Begünstigungszeitraums läßt sich aus § 7 b Abs. 3 Satz 2 EStG entgegen der Auffassung des FG nicht entnehmen. Die Vorschrift läßt sich nicht dahin auslegen, daß sie auch eine Rückbeziehung einer Änderung der Art des Objekts auf den Beginn des Begünstigungszeitraums erlaubt (ebenso FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13. September 1982 5 K 163/81, EFG 1983, 277; Schmidt / Drenseck, Einkommensteuergesetz, 7. Aufl. 1988, § 7 b Anm. 9 b; Seitrich, Betriebs-Berater - BB - 1986, 1965, 1967; Abschn. 59 Abs. 1 Satz 2 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR -; a. A. FG Nürnberg, Urteil vom 28. April 1988 VI 282/85, nicht veröffentlicht - NV -, Rev. IX R 98/88; Mennemann, Der Betrieb - DB - 1984, 1956).
Die sachlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen, wie insbesondere die Art des begünstigten Objekts, sind bereits in § 7 b Abs. 1 EStG geregelt. Die danach den Anspruch auf erhöhte Absetzungen begründenden Merkmale müssen bereits bei Beginn des Begünstigungszeitraums vorliegen. Denn durch die erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG werden die Anschaffung oder Herstellung eines Einfamilienhauses, Zweifamilienhauses oder einer Eigentumswohnung gefördert; hierfür reicht nicht allein eine entsprechende spätere Nutzung aus. Nur zur Erhöhung der in den ersten vier Jahren zulässigen Absetzungen lassen sich nachträgliche Herstellungskosten nach § 7 b Abs. 3 Satz 2 EStG zurückbeziehen und sodann ebenso wie nicht ausgenutzte Absetzungen nachholen.
2. Die Sache ist spruchreif. Nach den vorstehenden Ausführungen ist die Klage abzuweisen.
a) Die Klägerin kann erhöhte Absetzungen auch im Streitjahr 1980 allein nach der für Einfamilienhäuser geltenden Höchstbemessungsgrundlage von 150 000 DM verlangen. Sie stellte ihr Gebäude als Einfamilienhaus im Jahre 1978 fertig. Erst im Jahre 1980 ließ sie sich den Ausbau des Dachgeschosses baurechtlich genehmigen, um sodann in einem zweiten Bauabschnitt ihr Gebäude in ein Zweifamilienhaus umzuwandeln.
b) Die Klägerin kann eine Ermäßigung ihrer Einkommensteuer auch nicht mit ihrem Vorbringen erreichen, ihre Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung hätten nicht nur für den Monat Dezember 1980, sondern für das gesamte Streitjahr 1980 durch Gegenüberstellung der Einnahmen und Werbungskosten bemessen werden müssen.
Wird ein Einfamilienhaus im Laufe eines Veranlagungszeitraums in ein Zweifamilienhaus umgewandelt, so ist der Nutzungswert pauschaliert nach § 21 a EStG für den Zeitraum zu ermitteln, in dem es als Einfamilienhaus selbst genutzt worden ist. Das Gebäude ist erst vom Zeitpunkt seiner Fertigstellung an als Zweifamilienhaus für den Rest des Veranlagungszeitraums als solches entsprechend dem für den nächsten Feststellungszeitpunkt zu treffenden Einheitswert zu behandeln (BFH-Urteil in BFHE 148, 267, BStBl II 1987, 210). Die Dachgeschoßwohnung der Klägerin wurde nach den tatsächlichen Feststellungen des FG erst am 20. Dezember 1980 bezugsfertig.
Fundstellen
Haufe-Index 416695 |
BFH/NV 1990, 362 |
BFHE 1991, 429 |
BB 1990, 1891 |