Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, wann ein Dauerwohnberechtigter im Sinne des § 7 b Abs. 4 EStG 1957 wirtschaftlich einem Wohnungseigentümer gleichsteht und deshalb die erhöhten Absetzungen für Abnutzung beanspruchen kann.
Normenkette
EStG § 7b/4
Tatbestand
Der Steuerpflichtige, ein Universitätsprofessor, hat im Jahre 1957 mit der Arbeitsgemeinschaft Gemeinnütziger Wohnungsunternehmen GmbH (= Argewo) in einem von der Argewo errichteten Appartementhaus Dauerwohnrechtsverträge für fünf Appartements unter Benutzung eines von der Argewo damals allgemein verwendeten Mustervertrages aus dem Jahre 1953 geschlossen. Die Dauerwohnrechte sind im Jahre 1958 in das Grundbuch eingetragen worden. Die Appartements hat der Steuerpflichtige vermietet.
In der Einkommensteuererklärung 1957 machte er die erhöhten Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 7 b EStG geltend und legte eine Bescheinigung der Argewo vor, wonach diese auf die Geltendmachung der erhöhten AfA für 1957 und die Zukunft verzichtet.
Das Finanzamt gewährte die erhöhte AfA nicht, weil das eingeräumte Dauerwohnrecht nicht ausreiche, um den Steuerpflichtigen wirtschaftlich einem Wohnungseigentümer gleichzustellen. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. In der Einspruchsentscheidung wies das Finanzamt darauf hin, daß der Steuerpflichtige auch von der Bewertungsstelle nicht als wirtschaftlicher Eigentümer behandelt worden sei.
Die Berufung hatte Erfolg. Das Finanzgericht kam zu dem Ergebnis, daß der Steuerpflichtige durch die Dauerwohnrechte wirtschaftlich einem Wohnungseigentümer gleichstünde. Wenn, so führte es aus, das gesamte Gebäude bei der Einheitsbewertung der Argewo als Eigentümerin zugerechnet worden sei, so sei damit nicht entschieden, ob nicht für die Einkommensteuer die Dauerwohnrechte den Steuerpflichtigen einem wirtschaftlichen Eigentümer gleichstellten. Es sei auch unerheblich, ob sich unter den Dauerwohnberechtigten des Gebäudes Kapitalgesellschaften befänden. Nach § 7 b Abs. 3 EStG seien zwar bei Kaufeigenheimen nur natürliche Personen als Erwerber begünstigt. Wenn der Bauherr trotzdem ein Kaufeigenheim an eine Kapitalgesellschaft verkaufe, so könne dadurch für die Ersterwerber, die natürliche Personen seien, die Vergünstigung nicht entfallen, weil alle Wohnungen selbständige Einheiten bildeten und selbständig zu beurteilen seien. Schließlich sei es auch ohne Bedeutung, daß der Steuerpflichtige die Wohnungen zunächst nicht in Eigennutzung genommen, sondern vermietet habe; denn das sei nach dem damaligen Gesetzeswortlaut unschädlich, wie sich aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs VI 33/59 U vom 22. Juli 1960 (BStBl 1960 III S. 401, Slg. Bd. 71 S. 406) ergebe. Wenn nach Abschn. 57 Abs. 3 EStR 1956/1957 das Jahr der grundbuchmäßigen Eintragung des Dauerwohnrechts als Jahr des Ersterwerbes gelte, so schließe das nicht aus, dem Steuerpflichtigen die erhöhte AfA bereits für das Jahr 1957 zuzubilligen. Denn in diesem Jahr bereits sei der Antrag auf Eintragung gestellt worden; damit hätten die Beteiligten von sich aus alles Erforderliche getan, um das Dauerwohnrecht wirksam werden zu lassen. Ab 1957 hätten dem Steuerpflichtigen auch die vollen Nutzungen und Lasten des Dauerwohnrechts zugestanden, so daß dieses Jahr wirtschaftlich als das Jahr des Erwerbs anzusehen sei. Somit bleibe allein zu prüfen, ob durch die streitigen Dauerwohnrechtsverträge der Steuerpflichtige wirtschaftlich die Stellung eines Eigentümers erworben habe. Der Mustervertrag des Bundeswohnungsbauministeriums (Bundesbaublatt 1956 S. 615) enthalte keine mit Gesetzeskraft bindende Regelung der Frage des wirtschaftlichen Eigentums. Nach der Bekanntmachung zum Mustervertrag beanspruche das Vertragsmuster auch keine solche Verbindlichkeit für sich. Entscheidend sei also, ob die hier geschlossenen Dauerwohnrechtsverträge den Steuerpflichtigen einem Wohnungseigentümer wirtschaftlich gleichgestellt hätten (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs VI 223/59 U vom 6. Mai 1960, BStBl 1960 III S. 289, Slg. Bd. 71 S. 108). Die Verwendung des abweichenden Musters sei unschädlich, obwohl der Mustervertrag des Bundeswohnungsbauministeriums zur Zeit des Vertragsschlusses bereits vorgelegen habe und hätte verwendet werden können. Hier sei durch die vertraglichen Vereinbarungen der Steuerpflichtige einem Wohnungseigentümer gleichgestellt worden. Nach § 1 sei das Dauerwohnrecht auf unbegrenzte Zeit bestellt; es sei vererblich und veräußerlich (§§ 4 und 5). § 4, wonach zur übertragung des Dauerwohnrechts die schriftliche Einwilligung des Eigentümers erforderlich sei, stehe dem wirtschaftlichen Eigentum nicht entgegen; denn die Einwilligung dürfe nach dieser Bestimmung nur aus einem wichtigen, aus dem Zusammenleben in der Hausgemeinschaft liegenden Grunde und bei Mißachtung der Vorschriften über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen versagt werden.
Auch der Wohnungseigentümer sei nach § 12 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) vom 15. März 1951 (BGBl 1951 I S. 175) bei der Veräußerung ähnlich beschränkt. Nach § 3 habe der Steuerpflichtige bei der Nutzung der Wohnung zu beachten, daß die Rechte der übrigen Hausbewohner nicht über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt würden. Die weiteren Beschränkungen bei der gewerblichen Nutzung und bei der Vermietung der Wohnung erklärten sich ebenfalls aus dem Zusammenleben der Hausgemeinschaft und könnten ähnlich nach den §§ 14 und 15 WEG auch für den Wohnungseigentümer vereinbart werden. Im Vordergrund aller Bestimmungen stehe der Zweck, die Wohnungen nur so zu nutzen, daß alle Wohnungsinhaber nicht benachteiligt würden. Das überwachungsrecht der Eigentümerin nach § 8 Abs. 1 halte sich in den Grenzen, denen auch ein Wohnungseigentümer durch Vereinbarung oder Mehrheitsbeschluß unterworfen werden könne. Das Recht sei lediglich Ausfluß der notwendigen Beschränkungen des Wohnungseigentümers und des Dauerwohnberechtigten mit Rücksicht auf die Mitbewohner (§ 14 WEG, § 11 des Mustervertrages des Wohnungsbauministeriums). Entscheidend sei aber vor allem die Kostenregelung. Nach § 6 Abs. 3 und 4 trügen nämlich die Berechtigten die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung der dem Dauerwohnrecht unterliegenden Teile und der zum gemeinschaftlichen Gebrauch bestimmten Einrichtungen; sie trügen die gewöhnliche Abnutzung. Für die auf dem Grundstück lastenden Verbindlichkeiten, öffentlichen Lasten und Abgaben kämen die Dauerwohnberechtigten im Verhältnis ihrer Dauerwohnrechte unmittelbar auf (§ 9 Abs. 2 und § 18); der Eigentümer habe jährlich über die aufgebrachten Mittel Rechnung zu legen (§ 21); ein erzielter überschuß werde an die Dauerwohnberechtigten zurückgeführt; die Mittel verwalte die Eigentümerin getrennt (§ 17). In allen diesen Punkten unterscheide sich das vereinbarte Dauerwohnrecht von einem typischen Mietverhältnis. Das Nutzungsentgelt sei hier kein Mietzins im eigentlichen Sinne, sondern ein den Kapital- und Betriebskosten entsprechendes Entgelt, das nach einer Wirtschaftlichkeitsberechnung bemessen und im Verhältnis zu den tatsächlich entstandenen Kosten Schwankungen unterworfen sei (§ 9 Abs. 2, § 18 Abs. 2, § 19 und § 21). ähnlich sei auch bei einem Wohnungseigentümer das Entgelt geregelt. Nach § 11 habe die Eigentümerin zwar das Recht, die übertragung des Dauerwohnrechts an sich oder einen Dritten zu verlangen, wenn bestimmte, im einzelnen aufgezählte Bedingungen einträten (Heimfall). Dies spreche aber ebenfalls nicht gegen eine eigentümerähnliche Stellung des Steuerpflichtigen, zumal auch der Wohnungseigentümer nach § 18 WEG zur Veräußerung seines Wohnungseigentums in bestimmten Fällen gezwungen werden könne. Die amtlichen Musterverträge sähen im übrigen ebenfalls einen Heimfallanspruch unter ähnlichen Bedingungen vor. Ein Teil der Vereinbarungen lasse überdies erkennen, daß damit nicht eine Schmälerung der Stellung der Dauerwohnberechtigten bezweckt werde; die Vorschriften dienten vielmehr vorwiegend der Sicherung der finanziellen Ansprüche der Eigentümerin und den Interessen der Hausgemeinschaft beim Tod eines Dauerwohnberechtigten oder bei der Zwangsversteigerung des Dauerwohnrechts. Bei der übertragung des Dauerwohnrechts an die Eigentümerin erhalte der Steuerpflichtige zudem eine Heimfallentschädigung, die dem Wert der Wohnung und zumindest dem durch die Versteigerung erzielten Erlös entspreche (§ 12 Abs. 1). Der Vertrag gehe auch in diesem Punkt über einen normalen Dauernutzungsvertrag hinaus. Entgegen der Ansicht des Finanzamts sei es ohne Bedeutung, daß in den Fällen, in denen das Handeln des Steuerpflichtigen einer Einwilligung bedürfe, diese nur von der Eigentümerin, nicht aber wie beim Wohnungseigentum von der Gesamtheit der Berechtigten erteilt werde. Von wem die erforderlichen Zustimmungen und notwendigen Maßnahmen getroffen würden, sei nur formal-juristisch von Bedeutung. Das Dauerwohnrecht sei seinem Inhalt und seiner juristischen Natur nach eben kein volles Wohnungseigentum. Darum müßten auch bei eigentumsähnlicher Ausgestaltung die gegenüber dem Wohnungseigentum bestehenden Unterschiede vertraglich geregelt werden.
Mit seiner Rb. rügt der Vorsteher des Finanzamts unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts. Nach seiner Ansicht ist dem Steuerpflichtigen durch die streitigen Dauerwohnverträge keine so starke Stellung eingeräumt, daß er wirtschaftlich einem Wohnungseigentümer gleichsteht.
Der gleichen Auffassung ist der Bundesminister der Finanzen, der dem Verfahren wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitfrage beigetreten war. Nach § 2 Abs. 1 und 3 des streitigen Vertrags sei, so führt er aus, für die Mitbenutzung der gemeinschaftlichen Räume. Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes sowie der gemeinschaftlichen Grundstücksflächen eine von der Grundstückseigentümerin aufgestellte Hausordnung maßgebend. Dem Dauerwohnberechtigten werde hierbei jedes Mitspracherecht versagt. Demgegenüber sehe § 5 Abs. 4 des amtlichen Mustervertrags ein Mitwirkungsrecht des Dauerwohnberechtigten bei der Verwaltung des Grundstücks vor. Das bedeute eine Anpassung an § 15 WEG, nach dem die Wohnungseigentümer gemeinsam den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums regelten. Nach § 3 Abs. 2 des streitigen Vertrags sei die gewerbliche oder berufliche Mitbenutzung der Wohnung von der alleinigen Einwilligung der Grundstückseigentümerin abhängig; das gleiche gelte nach § 4 Abs. 1 für die Gebrauchsüberlassung an Dritte; die erteilte Einwilligung könne sogar widerrufen werden (§ 3 Abs. 5 und § 4 Abs. 2 letzter Satz des Vertrags). Nach dem amtlichen Mustervertrag entscheide in diesen Fällen hingegen nur die Mehrheit der Dauerwohnberechtigten (§ 5 Abs. 2 und 3). Nach § 4 Abs. 1 des streitigen Vertrages sei die Veräußerung des Dauerwohnrechts an die schriftliche Einwilligung der Eigentümerin gebunden. Der amtliche Mustervertrag räume dieses Recht dagegen der Mehrheit der Dauerwohnberechtigten ein; bei einer Veräußerung an den Ehegatten, an Verwandte in gerader Linie oder Verwandte zweiten Grades in der Seitlinie oder bei einer Veräußerung des Dauerwohnrechts im Wege der Zwangsvollstreckung oder durch den Konkursverwalter sei überhaupt keine Zustimmung erforderlich (§ 6 Abs. 2). Nach § 6 Abs. 2 des streitigen Vertrags sei die Eigentümerin berechtigt, den Steuerpflichtigen zu angemessenen Schönheitsreparaturen anzuhalten; in dieser Vereinbarung komme die Sachherrschaft der Eigentümerin zum Ausdruck. § 8 Abs. 1 des amtlichen Mustervertrages stelle demgegenüber - wie es die Annahme von Eigenbesitz erfordere - die Vornahme von Schönheitsreparaturen innerhalb der Wohnung in das Ermessen des Dauerwohnberechtigten. Nach § 7 Abs. 1 des streitigen Vertrags sei der Steuerpflichtige nicht befugt; bauliche Veränderungen in seiner Wohnung ohne vorherige Einwilligung der Eigentümerin vorzunehmen; von einer Benutzung nach Belieben und damit dem wesentlichen Inhalt einer Sachherrschaft könne folglich nicht gesprochen werden. Nach § 15 Abs. 1 des streitigen Vertrags sei die Eigentümerin ferner nicht zur Löschung der dem Dauerwohnrecht im Range vorgehenden Hypotheken oder Grundschulden unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet. Diese Regelung setze sich über den in § 41 Abs. 2 WEG vorgesehenen, wenn auch vertraglich abdingbaren, Löschungsanspruch des Dauerwohnberechtigten hinweg. Das Aufdrücken des Dauerwohnrechts im Grundbuchrang sei für den Dauerwohnberechtigten aber sehr bedeutsam und sei im amtlichen Mustervertrag daher zwingend vorgeschrieben (§ 17 Abs. 1). Die in § 19 Abs. 1 des streitigen Vertrags geregelte Berechnung des laufenden Nutzungsentgelts spreche ebenfalls gegen die Annahme einer Sachherrschaft des Steuerpflichtigen. Das vereinbarte Nutzungsentgelt umfasse nämlich wie bei einer Miete auch einen Zuschlag für das Ausfallwagnis der Eigentümerin. Im Unterschied zu § 18 des amtlichen Mustervertrags enthalte der Dauerwohnrechtsvertrag des Steuerpflichtigen auch keine Vereinbarung über eine Umwandlung des Dauerwohnrechts in ein Wohnungseigentum. Der Fall liegt anders als der des Urteils des Bundesfinanzhofs VI 223/59 U (a. a. O.), weil zu der Zeit, als der streitige Dauerwohnrechtsvertrag geschlossen worden sei, der Mustervertrag des Bundesministers für Wohnungsbau bereits veröffentlicht gewesen sei, so daß hier den Vertragsbeteiligten die Anforderungen der Finanzverwaltung bereits bekannt gewesen seien. Es liege deshalb die Annahme nahe, daß die Parteien den Steuerpflichtigen als Dauerwohnberechtigten bewußt wirtschaftlich nicht einem Wohnungseigentümer hätten gleichstellen wollen, sondern - und darauf deute auch die Bezeichnung des Vertrages hin - lediglich ein normales langfristiges Dauerwohnrecht im Sinne des § 41 WEG vereinbaren wollten.
Entscheidungsgründe
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts kann keinen Erfolg haben.
Nach § 7 b Abs. 4 EStG 1957 stehen die erhöhten AfA nicht nur dem Ersterwerber einer Eigentumswohnung im Sinne des Ersten Teiles des Wohnungseigentumsgesetzes, sondern auch dem Ersterwerber eines Dauerwohnrechts im Sinne des Zweiten Teiles des Wohnungseigentumsgesetzes zu, "wenn der Dauerwohnberechtigte wirtschaftlich einem Wohnungseigentümer gleichsteht". Weitere Voraussetzung ist, daß der Bauherr die erhöhten AfA nicht selbst in Anspruch genommen hat. Diese Voraussetzung ist unstreitig erfüllt.
Ohne Rechtsirrtum hat aber das Finanzgericht auch angenommen, daß der Steuerpflichtige durch den streitigen Dauerwohnvertrag wirtschaftlich einem Wohnungseigentümer gleichgestellt worden sei.
Mit dem Finanzgericht ist davon auszugehen, daß im Sinne des § 7 b Abs. 4 EStG ein Dauerwohnberechtigter nicht in vollem Umfang wirtschaftlich einem Wohnungseigentümer gleichstehen kann, weil andernfalls die besondere Begünstigung des Dauerwohnrechts jeden Sinn verlieren würde. Wohnungseigentum und Dauerwohnrecht sind zwar beide dingliche Rechte, die sich aber trotz mancher ähnlichkeit doch grundlegend dadurch unterscheiden, daß das Dauerwohnrecht nur eine Belastung des Grundstücks mit einem Wohnrecht bedeutet, das der Eigentümer des Grundstücks eingeräumt hat und das naturgemäß inhaltlich geringer ist als das Eigentum an einer Wohnung. Wenn gleichwohl nach § 7 b Abs. 4 EStG der Dauerwohnberechtigte, der wirtschaftlich einem Wohnungseigentümer gleichsteht, wie ein Wohnungseigentümer begünstigt sein soll, so ergibt sich daraus, daß der Gesetzgeber, wie der Senat bereits in dem Urteil VI 223/59 U a. a. O. dargelegt hat, "die bürgerlich- rechtlichen Nuancen dieser Sachformen nicht allzusehr betont" wissen will.
Wie in Abschn. 57 Abs. 4 EStR 1956/1957 zutreffend ausgeführt wird, ist die wirtschaftliche Gleichstellung eines Dauerwohnberechtigten mit einem Wohnungseigentümer in der Regel anzunehmen, wenn die Rechte und Pflichten des Dauerwohnberechtigten bei wirtschaftlicher Betrachtung den Rechten und Pflichten eines Wohnungseigentümers entsprechen und wenn der Dauerwohnberechtigte auf Grund des Dauerwohnrechtsvertrags bei einem Heimfall des Dauerwohnrechts eine angemessene Entschädigung erhält. Bei der Schwierigkeit der Abgrenzung kann, wie der Senat in dem Urteil VI 223/59 U a. a. O. ausgeführt hat, "auch bedeutsam sein, wie die unmittelbar Beteiligten selbst die Sache sehen. Die Vergünstigung nach § 7 b EStG kann nur einem der Beteiligten zustehen, und zwar entweder dem Eigentümer oder dem Dauerwohnberechtigten. Sind diese sich darüber einig, wer von beiden die Vergünstigung in Anspruch nehmen soll, so können die Finanzbehörden in Grenzfällen der Auffassung und dem Willen der beiden Beteiligten Rechnung tragen, wenn offensichtlich kein Mißbrauch beabsichtigt ist". Nach diesen Grundsätzen ist für den Streitfall bedeutsam, daß sich die Beteiligten darüber einig waren, daß nicht die Argewo, sondern der Steuerpflichtige zur Inanspruchnahme der erhöhten AfA berechtigt sein sollte.
Letztlich ist es vorwiegend eine Frage der Würdigung, ob ein Dauerwohnrecht wirtschaftlich einem Wohnungseigentum gleichsteht. Das Finanzgericht hat hier zu Recht die Gleichstellung nicht schon deswegen verneint, weil die Beteiligten nicht den in Abschn. 57 Abs. 4 EStR 1956/1957 erwähnten Mustervertrag benutzt haben. Wenn die Finanzverwaltung ein unter Benutzung dieses Mustervertrags eingeräumtes Dauerwohnrecht als wirtschaftlich einem Wohnungseigentum gleichstehend anerkennt, so besagt das nicht, daß nicht auch ein anderes vereinbartes Dauerwohnrecht dieselbe Wirkung haben kann. Im Streitfall hätten die Beteiligten, wie der Bundesminister der Finanzen mit Recht hervorhebt, zwar den Mustervertrag benutzen können, der zu der Zeit des Abschlusses der Dauerwohnrechtsverträge bereits bekanntgegeben war. Gleichwohl kommt es aber, wie das Finanzgericht zutreffend annimmt, nur darauf an, ob durch die getroffenen Vereinbarungen der Steuerpflichtige wirtschaftlich einem Wohnungseigentümer gleichgestellt worden ist.
Das Finanzgericht ist unter eingehender Würdigung der getroffenen Vereinbarungen zu dem Ergebnis gekommen, daß das eingeräumte Dauerwohnrecht den Steuerpflichtigen wirtschaftlich einem Wohnungseigentümer gleichgestellt habe. Diese Würdigung war rechtlich möglich; sie widerspricht weder dem Inhalt der Akten noch den Denkgesetzen. Die von dem Bundesminister der Finanzen hervorgehobenen Besonderheiten, vor allem die Abweichungen vom amtlichen Mustervertrag, sind nach Auffassung des Senats nicht so erheblich, daß die Würdigung des Finanzgerichts dadurch als rechtlich fehlerhaft bezeichnet werden könnte. Vor allem der Umstand, daß ein Wohnungseigentümer bei der Beschlußfassung über Beschränkungen oder Bewilligungen immer selbst mitwirken muß, während im Streitfall die Argewo allein entscheidet, kann nicht ausschlaggebend sein. Sachlich dienen in beiden Fällen die Beschränkungen dem Zweck, die aus dem Zusammenwohnen sich ergebenden Schwierigkeiten auszuschließen oder zu mindern. Wie bereits in dem Urteil VI 223/59 U a. a. O. hält es der Senat mit dem Finanzgericht für ausschlaggebend, daß der Steuerpflichtige der Argewo praktisch die gesamten Baukosten und die laufenden Ausgaben, insbesondere die Kapitalzinsen, Instandsetzungskosten und öffentliche Lasten, erstattet und im Grunde das ganze Risiko trägt.
Nach allem ist die Rb. des Vorstehers des Finanzamts nicht begründet.
Fundstellen
Haufe-Index 411362 |
BStBl III 1965, 8 |
BFHE 1965, 21 |
BFHE 81, 21 |