Leitsatz (amtlich)
Die Zuwendung einer Einlagenrückzahlungsforderung mit der Maßgabe, sie ausschließlich zum Kauf eines Hauses zu verwenden, ist Schenkung einer Geldforderung unter einer Auflage, nicht (mittelbare) Zuwendung eines Grundstücksmiteigentumsanteils, falls Schenker und Beschenkter sich nicht darüber einig waren, daß das zu kaufende Grundstück (zu dem entsprechenden Teil) geschenkt sein sollte.
Normenkette
BGB §§ 516, 518, 525; ErbStG 1959 § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 23 Abs. 1; ErbStG 1974 § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 12 Abs. 1
Tatbestand
Die drei Kläger - Frau L und ihre beiden Söhne aus erster Ehe - erhielten im Jahre 1967 von Frau M (der inzwischen verstorbenen Schwiegermutter von Frau L) unter anderem eine Zuwendung, hinsichtlich deren die Beteiligten streiten, ob eine Kapitalforderung oder ein Grundstücksanteil geschenkt worden ist und ob demzufolge bei der Berechnung der Erbschaftsteuer vom Nennwert der Forderung oder vom (niedrigeren) Einheitswert des Grundstücks auszugehen ist. Der Gegenstand der Zuwendung war in der "Steuererklärung S" bezeichnet als "Termingeldguthaben mit der Zweckbestimmung, hierfür ein Mietwohnhaus zu erwerben". Frau M hatte den Wunsch, daß die Kläger "ein Haus mit getrennten Wohnungen" für jeden von ihnen "haben sollten" und daß sie sich "das Haus selbst aussuchen sollten". Zu diesem Zweck wollte sie ihnen ihre Einlagenrückzahlungsforderung ("Termingeldguthaben") "zur Verfügung stellen". Sie hatte am 29. Mai 1967 an ihre Bank geschrieben:
"Ich schenke hiermit meiner Schwiegertochter Frau L und meinen Enkeln K und H zu gleichen Teilen das Geld, das sich bei Ihnen auf meinem Termingeldkonto befindet mit der Maßgabe, dieses Geld ausschließlich zum Kauf eines Hauses zu verwenden."
Auf dem erwähnten Konto befanden sich 120 000 DM. Mit Hilfe dieses Betrages und eines von ihnen aufgenommenen hypothekarisch gesicherten Bankdarlehens von 65 000 DM kauften die Kläger am 23. Juni 1967 das mit einem Dreifamilienhaus bebaute Grundstück in H (Einheitswert: 21 800 DM) für 170 000 DM zuzüglich 15 000 DM Nebenkosten, und zwar Frau L "zu 1/2-Anteil", ihre beiden Söhne zu je "1/4-Anteil". In ihrer Steuererklärung gingen die Kläger davon aus, daß von der Einlagenrückzahlungsforderung jeder von ihnen 40 000 DM "zweckgebunden für den Erwerb eines Grundstücks" erhalten habe und sich infolgedessen die erbschaftsteuerrechtliche Bewertung des Erwerbs nach dem Einheitswert des erworbenen Grundstücks richte.
Der Beklagte, das Finanzamt, hingegen war der Ansicht, den Klägern sei nicht das bezeichnete Grundstück, sondern Geld geschenkt worden. Es setzte durch Bescheide vom 4. Juli 1969 die Erbschaftsteuer für die Zuwendung an Frau L auf 6 992 DM, für die Zuwendungen an ihre Söhne auf je 945 DM fest; die Einsprüche wies es zurück. "Da die Schenkerin nur einen Teilbetrag zum Grundstückserwerb beigesteuert" habe, könne "ihr Wille nicht auf die Zuwendung dieses Grundstücks gerichtet gewesen sein". Die zweckgebundene Zuwendung des Geldbetrages stelle "eine Schenkung unter einer Auflage dar, die als echte Geldschenkung anzusehen" sei.
Das Finanzgericht hat die gemeinschaftliche Klage abgewiesen. Den Klägern sei Geld zugewendet worden. Um eine Schenkung des Grundstücks könne es sich schon deshalb nicht handeln, weil "die Kläger nur 120 000 DM erhalten", zum Erwerb des Grundstücks aber 185 000 DM aufgewendet hätten. Eine gemischte Schenkung liege nicht vor, "weil das der Hingabe des Geldes zugrunde liegende Rechtsgeschäft nicht teils entgeltlich und teils unentgeltlich" gewesen sei. Es lägen "auch keine mittelbaren Schenkungen von Miteigentumsanteilen an dem Grundstück vor", denn "die Miteigentumsanteile, die die Kläger erworben" hätten, lägen "über dem Wert der Geldzuwendungen". Ein auf eine mittelbare Schenkung konkret abgegrenzter Miteigentumsanteile gerichteter Wille sei nicht feststellbar gewesen und von den Klägern auch nicht behauptet worden.
Mit der Revision rügen die Kläger unrichtige Anwendung des § 23 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) 1959 und des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Der Wille der Schenkerin und der der Beschenkten seien auf die Schenkung eines Grundstücks mit einer normalen Fremdfinanzierungsquote gerichtet gewesen. Wie der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 28. Juli 1976 II R 71/69 (BFHE 120, 60, 63, BStBl II 1976, 785) ausgeführt habe, könne eine Schenkung auch in der Weise durchgeführt werden, daß der Schenker dem zu Beschenkenden nur einen Teil des Kaufpreises zur Verfügung stellt. Schenkerin und Beschenkte seien darüber einig gewesen, daß das zu kaufende Grundstück zum entsprechenden Teil "Geschenk des Schenkers" habe sein sollen.
Die Kläger beantragen,
das angefochtene Urteil aufzuheben und bei der Berechnung der Erbschaftsteuer die bezeichnete Zuwendung für jeden von ihnen mit einem Anteil des Einheitswerts des Grundstücks (40/185 aus 21 800 DM) zu bewerten.
Das Finanzamt beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Kläger war zurückzuweisen. Zwar ergeben die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils eine Verletzung bestehenden Rechts; die Entscheidung stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Das Urteil des Finanzgerichts verletzt § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in der damals geltenden Fassung vom 1. April 1959 (BGBl I 187, BStBl I, 159) - ErbStG 1959 -. Nach dieser Vorschrift galt als Schenkung im Sinne des Erbschaftsteuergesetzes "jede Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechts". Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechts ist "eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert ... wenn beide Teile darüber einig sind, daß die Zuwendung unentgeltlich erfolgt" (§ 516 Abs. 1 BGB). Diese Vorschrift hat das Finanzgericht insofern unrichtig angewendet, als es davon ausgegangen ist, das bezeichnete Grundstück könne nicht Gegenstand der "Zuwendung" gewesen sein, weil die Schenkerin "nur einen Teilbetrag des Kaufpreises zur Verfügung gestellt" habe, "ein etwa vorhandener Wille, das ganze Grundstück zu schenken", sei "also nicht realisiert worden". Indessen ist dem Tatbestandsmerkmal "Zuwendung ... aus seinem Vermögen" nicht zu entnehmen, daß nur dann das Grundstück selbst geschenkt sein könne, wenn die gesamten Anschaffungskosten von der Schenkerin kommen, dagegen umgekehrt nur eine Geldsumme oder eine Forderung geschenkt sein könne, wenn nur ein Teil des Anschaffungspreises zu Lasten der Schenkerin geht (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs vom 7. April 1976 II R 87-89/70, BFHE 119, 300, 303, BStBl II 1976, 632, 633, und vom 13. April 1977 II R 162/71, BFHE 122, 332, BStBl II 1977, 663, 664). Vielmehr kann eine Schenkung auch in der Weise durchgeführt werden, daß der Schenker dem zu Beschenkenden nur einen Teil des Kaufpreises zuwendet, vorausgesetzt, Schenker und Beschenkter sind sich darüber einig, daß der zur kaufende Gegenstand zu diesem Kaufpreisanteil Geschenk des Schenkers sein solle (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 28. Juli 1976 II R 71/69, BFHE 120, 60, 63, BStBl II 1976, 785).
Das Urteil des Finanzgerichts stellt sich trotzdem im Ergebnis als richtig dar. Die Zuwendung der Einlagenrückzahlungsforderung über 120 000 DM "zu gleichen Teilen" an die drei Kläger "mit der Maßgabe, dieses Geld ausschließlich zum Kauf eines Hauses zu verwenden", ist rechtlich Schenkung einer Geldforderung unter einer Auflage (§ 525 Abs. 1 BGB); die Geldforderung ist für die Berechnung der Erbschaftsteuer mit ihrem Nennwert anzusetzen (§ 23 Abs. 1 ErbStG 1959 i. V. m. § 12 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes 1965). Es handelt sich nicht um die (mittelbare) Zuwendung eines Grundstücksmiteigentumsanteils an jeden der Kläger, weil es nach der Feststellung des Finanzgerichts an der gemäß § 516 Abs. 1 BGB erforderlichen Voraussetzung fehlt, daß Frau M (die Schenkerin) und jeder der drei Kläger (die Beschenkten) sich darüber einig waren, das zu kaufende Grundstück solle jeweils zu dem entsprechenden Teil - nämlich zu 21,62 v. H.
(120 000 x 100
185 000 x 3)
- Geschenk von Frau M sein (vgl. Urteil das Bundesgerichtshofs vom 3. Dezember 1971 V ZR 134/69, Neue Juristische Wochenschrift 1972 S. 247). Auf diese fehlende Einigung deutet auch die Tatsache hin, daß das Grundstück von den Klägern nicht zu gleichen (1/3, 1/3, 1/3), sondern zu unterschiedlichen Anteilen (1/2, 1/4, 1/4) gekauft worden ist, die Kläger also beim Kauf des Grundstücks eine gewisse Dispositionsfreiheit in Anspruch genommen haben.
Fundstellen
Haufe-Index 73167 |
BStBl II 1979, 533 |
BFHE 1979, 75 |
DNotZ 1980, 334 |