Leitsatz (amtlich)
Es stellt keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG dar, daß nach der VerfVAO 1964 - im Gegensatz zur bisherigen Regelung - der bei der Veräußerung von Grundbesitz den Einheitswert übersteigende Mehrerlös nicht vom Restvermögen zu Beginn und am Ende des Erlaßzeitraumes abgezogen wird.
Normenkette
LAG § 203 Abs. 5; AO § 131
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Revisionskläger (Kläger und Abgabenpflichtiger - im folgenden Kläger genannt -) die Vermögensabgabe-Vierteljahrsbeträge für die Zeit vom 1. Januar 1966 bis 31. Dezember 1968 wegen Vermögensverfalls erlassen werden können.
Der Kläger war zusammen mit seiner Ehefrau aus einem der Vermögensabgabe unterliegenden Vermögen von ... DM zu einem ursprünglichen Vierteljahrsbetrag von ... DM veranlagt worden.
Die Firmen, an denen der Kläger beteiligt war, veräußerten vom Jahre 1954 an Grundstücke und Mineralvorkommen. Von den die Einheitswerte übersteigenden Mehrerlösen der bei der Vermögensabgabe erfaßten Vermögenswerte entfiel auf den Kläger entsprechend seiner Beteiligung ein Betrag von ... DM.
Auf Antrag des Klägers erließ der Revisionsbeklagte (Finanzamt - FA -) wegen außerordentlichen Vermögensverfalls die Vermögensabgabe für die Erlaßzeiträume 1. Januar 1957 bis 31. Dezember 1959 und 1. Januar 1960 bis 31. Dezember 1962 jeweils in Höhe von 100 % und für den Erlaßzeitraum 1. Januar 1963 bis 31. Dezember 1965 in Höhe von 84 %. Hierbei rechnete das FA gemäß Tz. 22 der Verwaltungsanordnung über den Erlaß von Vermögensabgabe und Soforthilfeabgabe aus Billigkeitsgründen vom 19. April 1954 - VAO - (BStBl I 1954, 380) in Verbindung mit den auf dem Ergebnis der Lastenausgleichsbesprechung vom Dezember 1954 beruhenden Weisungen (Lastenausgleichs-Kartei § 203 Abs. 5, Karte 7 Nr. 2) den auf den Kläger entfallenden Mehrerlös aus den Grundstücksverkäufen für den Erlaßzeitraum 1. Januar 1963 bis 31. Dezember 1965 in Höhe von insgesamt ... DM vom Restvermögen ab.
Für den Erlaßzeitraum 1. Januar 1966 bis 31. Dezember 1968 lehnte das FA mit Verfügung vom 23. Oktober 1969 einen weiteren Erlaß sowie die Vorausstundung der ab 1. Januar 1969 fälligen Vierteljahrsbeträge mit der Begründung ab, daß nach der Verwaltungsanordnung über den Erlaß von Vermögensabgabe bei außerordentlichem Vermögensverfall vom 19. November 1963 - VerfVAO 1964 - (Lastenausgleichs-Kartei § 203 Abs. 5, Karte 30) ein Vermögensverfall nicht mehr vorliege, da die Erlöse aus den Grundstücksverkäufen im Gegensatz zu der früheren Erlaßregelung nunmehr nicht mehr teilweise vom Restvermögen abgesetzt werden könnten.
Gegen diese Verfügung legte der Kläger Beschwerde ein, die von der OFD unter Hinweis auf die Neuregelung in der VerfVAO 1964 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Auch die Klage blieb ohne Erfolg.
Das FG vertrat zunächst die Auffassung, daß die Neuregelung in der VerfVAO 1964, die im Gegensatz zu der in der Lastenausgleichs-Kartei § 203 Abs. 5, Karte 7 Nr. 2 getroffenen Regelung keine Abschläge in Höhe des Unterschieds zwischen dem Einheitswert und dem Veräußerungserlös mehr vorsieht, keinen Verstoß gegen die Grundsätze von Recht und Billigkeit darstelle.
Die Tatsache, daß für die früheren Erlaßzeiträume eine Abrechnung des den Einheitswert übersteigenden Mehrerlöses vom Restvermögen zulässig gewesen sei, stehe dieser Neuregelung nicht entgegen. Das gelte auch hinsichtlich des Veräußerungserlöses von Grundstücken, die bereits vor Inkrafttreten der VerfVAO 1964 verkauft worden seien (Kühne-Wolff, Die Gesetzgebung über den Lastenausgleich, Anm. 20 zu Tz. 21 bis 30 VerfVAO 1964). Der Abgabepflichtige habe keinen Rechtsanspruch auf Beibehaltung der bisherigen Regelung. Schließlich sei auch die Hinzurechnung eines unangemessenen persönlichen Aufwands zum Restvermögen nicht zu beanstanden. Der Wert des Restvermögens im Sinne der Tz. 16 bis 20 VerfVAO 1964 habe weder am Anfang noch am Ende des Erlaßzeitraums unter dem Wert des Ausgangsvermögens im Sinne der Tz. 13 bis 15 VerfVAO 1964 gelegen.
Ein Erlaß komme schließlich auch nicht nach § 131 AO in Betracht, da weder Anhaltspunkte für einen Erlaß aus sachlichen Gründen noch aus persönlichen Gründen vorlägen. Durch die Ablehnung des Erlasses werde die Existenzgrundlage des Klägers nicht gefährdet. Da im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung am 27. April 1971 die für die Zeit vom 1. Januar 1966 bis 31. Dezember 1968 fälligen Vermögensabgaberaten bereits entrichtet gewesen seien, müsse auf den Zeitpunkt der Zahlung abgestellt werden. Der Kläger habe in den Jahren 1966 bis 1968 jährlich zwischen 43 000 DM und 45 500 DM verdient und am 31. Dezember 1968 Wertpapiere im Wert von rund ... DM besessen. Es sei ihm möglich gewesen, die Vierteljahrsbeträge an den maßgeblichen Fälligkeitszeitpunkten zu bezahlen.
Hiergegen richtet sich die Revision, mit welcher Verletzung der §§ 131 AO, 2 StAnpG, 102 FGO gerügt wird. Die Verletzung wird darin gesehen, daß das FG die dem FA durch die genannten Bestimmungen gesetzten Grenzen des Ermessens unzutreffend abgegrenzt habe. Die Rechtsprechung habe die frühere in der Lastenausgleichs-Kartei Karte 7, zu § 203 Abs. 5 des LAG enthaltene Regelung, wonach sich lediglich eine rein rechnerisch durch Vermögensumschichtung ergebende Vermögensmehrung durch Abrechnung vom Restvermögen zu berücksichtigen sei, als mit den Grundsätzen von Recht und Billigkeit vereinbar erklärt (Entscheidung des BFH vom 1. August 1969 III R 9/69, BFHE 97, 140, BStBl II 1970, 49). Damit stehe fest, daß die jetzt verweigerte Abrechnung vom Restvermögen keine fehlerfreie Ermessensentscheidung darstellen könne. Das FA habe für die Erlaßzeiträume von 1957 bis 1965 Erlaß wegen außerordentlichen Vermögensverfalls gewährt und hierbei die Abrechnungen vom Restvermögen aus Grundstücksverkäufen vorgenommen. Für den Erlaßzeitraum 1. Januar 1966 bis 31. Dezember 1968 habe es dagegen aufgrund der Neuregelung in der VerfVAO 1964 keine Abrechnungen mehr gewährt. Damit habe sich das FA in Widerspruch zu der BFH-Entscheidung vom 18. Dezember 1964 III 299/61 U (BFHE 81, 666, BStBl III 1965, 239) gesetzt, nach welcher eine einmal vorgenommene Abrechnung bei der Ermittlung des Restvermögens in allen späteren Erlaßzeiträumen unverändert wiederholt werden müsse. Die Ablehnung des Erlaßantrages stelle auch einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG dar. Die "echte" wirtschaftliche Lage des Revisionsklägers habe sich durch die Vermögensumschichtung nicht verändert. Ein Vermögenszuwachs liege mithin nicht vor. Das ursprünglich vorhandene Vermögen, also der Grundbesitz, habe sich lediglich in anderer Form konkretisiert. Der Hinweis des FG auf Tz. 4 der VerfVAO 1964 gehe fehl, da es sich hierbei um eine Ausnahmebestimmung handele, die restriktiv anzuwenden sei. Es sei auch bisher noch kein Fall bekanntgeworden, in dem der Erlaß der Vermögensabgabe trotz Vorliegens eines außerordentlichen Vermögensverfalls im Hinblick auf die zumutbare Verwertung von Vermögensgegenständen versagt worden sei.
Schließlich stehe die angefochtene Entscheidung auch im Widerspruch zu den Grundsätzen der Tz. 21 und 25 der VerfVAO 1964, wonach ein Erlaß nicht zu gewähren sei, soweit der Abgabeschuldner den Vermögensverlust durch eigene Maßnahmen, z. B. Verschenken von Vermögen, selbst herbeigeführt oder die Verringerung eines Vermögensverlustes beeinträchtigt habe. Im Restvermögen des Schenkers sei der verschenkte Vermögensgegenstand mit dem Wert zuzurechnen, mit dem er im Zeitpunkt der Schenkung im Restvermögen anzusetzen gewesen wäre. Würde ein Grundstück verschenkt, so werde bei der Ermittlung des Vermögensverfalls das Grundstück im Restvermögen nur mit dem Einheitswert angesetzt, so daß ein Vermögensverlust in der ursprünglich vor der Schenkung bestehenden Höhe nach wie vor gegeben sei. Diese Regelung entspreche nicht dem Gleichheitssatz, da eine aus freien Stücken vollzogene Schenkung nicht anders behandelt werden könne als eine unter wirtschaftlichem Druck - etwa zur Vermeidung eines Konkursverfahrens - vorgenommene Veräußerung. Im vorliegenden Streitfall sei die Veräußerung zum Zwecke der Vermeidung eines Konkursverfahrens erfolgt.
Das FA tritt den Ausführungen des Klägers entgegen und beantragt seinerseits, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist im Ergebnis unbegründet.
Die VerfVAO 1964 sieht einen Erlaß laufender Vermögensabgabe-Vierteljahrsbeträge vor, wenn während eines Zeitraumes von grundsätzlich drei Jahren (Erlaßzeitraum) ein außerordentlicher Vermögensverfall vorgelegen hat. Nach Tz. 31 und 33 der VerfVAO 1964 muß der außerordentliche Vermögensverfall am Anfang und am Ende des Erlaßzeitraums - abgerundet - mindestens 30 v. H. betragen. Ausgangsvermögen ist hierbei grundsätzlich das der Vermögensabgabe unterliegende Vermögen zum 21. Juni 1948. Zum Restvermögen gehört jedes Wirtschaftsgut und jeder geldwerte Vorteil. Maßgebend für die Höhe des Erlaßbetrages ist einheitlich für alle im Erlaßzeitraum fällig gewordenen Vierteljahrsbeträge die Höhe des Vermögensverlustes am Ende des Erlaßzeitraums. Diese Regelung unterliegt, wie der erkennende Senat wiederholt ausgesprochen hat, keinen Bedenken (vgl. BFH-Entscheidung III 299/61 U, Begründung zu III).
Ob diese Voraussetzungen im Streitfall vorliegen, hängt davon ab, ob die von den Verwaltungsbehörden und der Vorinstanz vorgenommenen Zu- bzw. Abrechnungen beim Endvermögen zutreffend vorgenommen worden sind oder nicht. Der erkennende Senat hat die Verwaltungsanweisungen insoweit gebilligt, als darin vorgesehen ist, daß rein rechnerische, durch Vermögensumschichtungen hervorgerufene Vermögensverluste und Vermögensvermehrungen bei der Ermittlung des Vermögensverfalls in der Regel durch Zu- und Abrechnungen zu neutralisieren sind (vgl. BFH-Entscheidung III 299/61 U, Begründung zu IV). So sind nach Tz. 22 VerfVAO 1964 insbesondere rechnerische Vermögensverluste wegen Umwandlung von Bargeld in Grundbesitz mit einem niedrigeren Einheitswert dadurch auszugleichen, daß der Unterschied zwischen dem Grundstückskaufpreis und dem Einheitswert des Grundstücks dem Restvermögen hinzugesetzt wird. Nach dem Ergebnis der Lastenausgleichs-Referentenbesprechung vom Dezember 1954 (Lastenausgleichs-Kartei § 203 Abs. 5, Karte 7) war umgekehrt das Restvermögen bei der Veräußerung eines zum Ausgangsvermögen gehörenden Grundstücks um die Differenz zwischen dem niedrigeren Einheitswert und dem höheren Veräußerungserlös zu mindern. Diese letztere Regelung ist in die VerfVAO 1964 nicht übernommen worden. Der erkennende Senat hat in der Entscheidung III R 9/69 zu der Frage, ob und inwieweit für Erlaßzeiträume, die nach dem 31. Dezember 1963 begonnen haben, Abrechnungen vom Restvermögen nach der VerfVAO 1964 vorzunehmen oder zu wiederholen sind, ausdrücklich nicht Stellung genommen. Bereits in der Entscheidung vom 21. März 1969 III 208/65 (BFHE 97, 136, BStBl II 1970, 28) hat der erkennende Senat aber ausgesprochen, daß bei einem Erlaß von Vermögensabgabe wegen Vermögensverfalls in einem späteren Erlaßzeitraum keine Bindung an unrichtige Zu- und Abrechnungen beim Restvermögen in einem früheren Erlaßzeitraum besteht. Er hat dort weiter ausgeführt, daß, soweit aus dem BFH-Urteil III 299/61 U etwas anderes herausgelesen werden könnte, er daran nicht mehr festhalten würde. Ein Abgabepflichtiger hat keinen Rechtsanspruch darauf, daß eine einmal zugebilligte Erlaßregelung für die ganze Dauer der Erhebung der Vermögensabgabe unverändert beibehalten wird, sofern nur die neue Regelung sich nicht als eine Willkürmaßnahme darstellt. Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, gilt diese Einschränkung im Rahmen des hier anhängigen Erlaßverfahrens auch für die Frage, ob Wirtschaftsgüter mit ihrem Einheitswert oder nach Veräußerung dieser Wirtschaftsgüter mit dem hierfür erzielten Erlös anzusetzen sind. Der Senat braucht im vorliegenden Falle nicht mehr darüber zu entscheiden, ob er die frühere großzügige Regelung, nach welcher nach der Veräußerung von Wirtschaftsgütern, für die ein Einheitswert festgestellt war, der Mehrerlös vom Endvermögen abzusetzen war, auch heute noch für zutreffend erachten würde. Jedenfalls erweist sich die Neuregelung nicht als eine Willkürmaßnahme, wie weiter unter noch ausgeführt wird. Damit erweist sich der Einwand des Klägers, daß die Abrechnungen von Veräußerungserlösen schon deshalb im Erlaßzeitraum 1966 bis 1968 vorgenommen werden müßten, weil diese Abrechnungen auch in den vorangegangenen Erlaßzeiträumen vorgenommen worden wären, als unzutreffend.
Der Kläger kann auch nicht mit seinem Einwand gehört werden, daß sich das FG gar nicht mit der Frage der Abrechnung von Verkaufserlösen vom Endvermögen hätte befassen dürfen, weil die VerfVAO 1964 hierüber keine Regelung enthalte. Der Kläger geht hierbei von einer falschen Voraussetzung aus. Maßgebend ist nämlich das Vermögen vom Beginn und am Ende des Erlaßzeitraums. Zu diesem Vermögen gehören alle dem Kläger gehörenden Wirtschaftsgüter ohne Rücksicht darauf, ob diese Wirtschaftsgüter zum vermögensabgabepflichtigen Vermögen gehört haben oder nicht. Es ist also nur die Frage, ob aus Gründen, die mit dem außerordentlichen Vermögensverfall in Zusammenhang stehen, Wirtschaftsgüter außer Ansatz bleiben können oder nicht. Insofern ist die vom FG in seiner Berechnung verwendete Bezeichnung "Hinzurechnung" irreführend. Geht man von dieser Rechtslage aus, so ist festzustellen, daß sich die Neuregelung in der VerfVAO 1964 im Rahmen von Recht und Billigkeit hält und daß die getroffene Regelung keinen Ermessensmißbrauch darstellt. Die Vorinstanz hat zutreffend darauf hingewiesen, daß schon nach den allgemeinen Erlaßgrundsätzen des § 131 AO die Gewährung eines Erlasses davon abhängig gemacht werden kann, daß ein Steuerpflichtiger alle verfügbaren und zu beschaffenden Mittel, gegebenenfalls durch Aufnahme von Krediten, einsetzen muß und daß sogar ein Eingriff in die Vermögenssubstanz einschließlich Grund und Boden in Betracht kommen kann. Die in der VerfVAO 1964 getroffene Neuregelung hält sich damit, daß sie auf die tatsächlichen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse des Abgabeschuldners abstellt, im Rahmen der allgemeinen Erlaßgrundsätze. Es liegt damit kein Verstoß gegen den Grundsatz von Recht und Billigkeit vor.
Entgegen der Meinung des Klägers ist es auch nicht entscheidend, daß im Streitfall der Verkauf der Grundstücke deshalb erforderlich war, um die Konkurseröffnung über die Firmen, an welcher der Abgabepflichtige beteiligt war, abzuwenden. Es stellt einen Unterschied dar, ob ein Abgabepflichtiger ein Grundstück, das bei der Vermögensabgabeveranlagung erfaßt worden ist, verschenkt und damit seinem Vermögen keinen Gegenwert zuführt oder ob dieses Grundstück zu einem Preis veräußert wird, durch den sein Restvermögen erhöht wird. Da sich diese beiden Sachverhalte nicht miteinander vergleichen lassen, liegt auch kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG vor.
Es bleibt nunmehr zu prüfen, ob die Hinzurechnung eines unangemessenen Aufwandes in Höhe von 112 773 DM bzw. 179 966 DM zu Recht erfolgt ist. Der erkennende Senat hat in der Entscheidung vom 17. Oktober 1969 III 240/65 (BFHE 98, 287, 298, BStBl II 1970, 402) ausgeführt, daß die Einkommensverhältnisse bei der Prüfung der Voraussetzungen für einen Erlaß wegen Vermögensverfalls in aller Regel nicht zu berücksichtigen sind. Er kam zu diesem Ergebnis, weil bei einem Erlaß wegen Vermögensverfalls auf die ungünstige Vermögensentwicklung abgestellt werden soll und an ihr die steuerliche Leistungsfähigkeit oder Leistungsunfähigkeit gemessen werden muß. Er hat es allerdings dahingestellt sein lassen, ob ein außergewöhnlich hohes Einkommen ausnahmsweise bei der Entscheidung über einen Antrag auf Erlaß wegen außerordentlichen Vermögensverfalls zu berücksichtigen ist. In dem damals entschiedenen Fall standen einem ledigen Abgabepflichtigen in den Jahren 1958 bis 1961 für den reinen Lebensunterhalt Mittel in Höhe von 15 000 DM bis 22 000 DM zur Verfügung. Der Senat hat dieses Einkommen nicht als außergewöhnlich hoch angesehen. Im vorliegenden Streitfall handelt es sich um einen verheirateten Abgabeschuldner, der noch für drei Kinder zu sorgen hat. Wenn in diesen Fällen das Jahreseinkommen in den Erlaßzeiträumen 1966 bis 1968 zwischen 43 000 und 45 500 DM beträgt, so kann nach Auffassung des Senats noch nicht von einem außergewöhnlich hohen Einkommen gesprochen werden, das einem Erlaß wegen Vermögensverfalls entgegenstehen würde. Der erkennende Senat hält daher die Hinzurechnung der Beträge für "unangemessenen" Aufwand zu Beginn und zum Ende des Erlaßzeitraumes nicht für gerechtfertigt.
Aber auch bei Beachtung der vorstehenden Grundsätze erweist sich das Erlaßbegehren des Klägers als unbegründet. Nach Tz. 10 der VerfVAO 1964 setzt nämlich der Erlaß voraus, daß der außerordentliche Vermögensverfall sowohl zu Beginn als auch am Ende eines Erlaßzeitraumes von drei Jahren vorgelegen hat. Nach Tz. 9 VerfVAO 1964 liegt aber ein außerordentlicher Vermögensverfall nur dann vor, wenn der Wert des Restvermögens weniger als 71 v. H. des Ausgangsvermögens beträgt. Nach den insoweit nicht bestrittenen Feststellungen des FG beträgt das Reinvermögen am 1. Januar 1966 ... DM ohne den noch vorhandenen Mehrerlös aus den Grundstücksverkäufen. Hierzu kommt der zu Recht angesetzte Betrag aus verbliebenen Verkaufserlösen am Stichtag. Dies ergibt zusammen das Restvermögen zu Beginn des Erlaßzeitraumes. Da das Ausgangsvermögen ... DM beträgt, beläuft sich der Vermögensverlust im Sinne der VAO aufgerundet nicht auf mindestens 30 v. H. Damit ist der Antrag auf Erlaß wegen Vermögensverfalls zu Recht abgelehnt worden.
Die Vorinstanz hat auch zu Recht einen Erlaß aus den allgemeinen Billigkeitsgründen des § 131 AO abgelehnt. Nach den im Streitfall allein in Betracht kommenden Erlaßgründen wegen persönlicher oder wirtschaftlicher Verhältnisse ist ein Erlaß mit Rücksicht auf die Höhe des im Erlaßzeitraum zur Verfügung stehenden Einkommens nicht geboten. Die Ablehnung des Erlaßantrages stellt daher auch unter diesem Gesichtspunkt keine Ermessensverletzung dar. Die Revision gegen das Urteil des FG ist sonach als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 70391 |
BStBl II 1973, 427 |
BFHE 1973, 471 |