Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand; Organisationsmangel; Pflicht zur grundsätzlich vollständigen Erfassung der Fristen
Leitsatz (NV)
1. Wenn ein Prozeßvertreter über das rechtlich gebotene Maß hinaus weitere organisatorische Sicherungen - z.B. eine doppelte Fristenkontrolle - anordnet, führt dies nicht zu einer Verschärfung seiner Sorgfaltspflichten (Anschluß an BFH-Beschluß vom 20. Juni 1991 VII B 18/90, NJW 1991, 3035).
2. Werden Fristen nicht in das Fristenkontrollbuch eingetragen, wenn die Bescheide sofort bearbeitet werden, und wird nicht durch organisatorische Vorkehrungen eindeutig festgelegt, in welchen Fällen ausnahmsweise die Notierung einer Frist unterbleiben kann, ist bereits für sich genommen ein zu vertretender Organisationsmangel gegeben.
Normenkette
FGO § 56
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und wurden für das Streitjahr 1984 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Da sie keine Steuererklärung abgaben, schätzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Besteuerungsgrundlagen. Nach einer Fahndungsprüfung setzte das FA die Steuer auf 6704 DM fest. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA zurück. Die Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 1990 wurde dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger am 9. Oktober 1990 mittels Postzustellungsurkunde zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 26. November 1990, eingegangen beim Finanzgericht (FG) an diesem Tage, erhoben die Kläger Klage und beantragten zugleich wegen Versäumung der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung trugen sie vor:
In der Kanzlei ihres Prozeßvertreters, des Rechtsanwalts und Steuerberaters C, würden für steuerliche Fristensachen ein Fristenbuch und für anwaltliche und sonstige Fristensachen ein weiteres Fristenbuch geführt. Die Mitarbeiterinnen seien angewiesen, Fristen am Tag des Zugangs in das dafür vorgesehene Fristenbuch einzutragen und Zweifelsfälle Rechtsanwalt C oder seiner Anwaltskollegin zur Fristenbestimmung vorzulegen. Der Posteingang werde von einer zuverlässigen, als Bürokauffrau ausgebildeten Mitarbeiterin erledigt, welche die Post öffne und Fristensachen den zuständigen Mitarbeiterinnen, speziell Steuersachen der hierfür zuständigen Steuergehilfin, zur Bearbeitung vorlege, die dann die ermittelten Fristen in das Fristenbuch eintrage. Spätestens drei Tage vor Ablauf der Frist würden Rechtsanwalt C oder dessen Anwaltskollegin auf den Fristablauf hingewiesen. Werde die Fristsache am selben Tag nicht erledigt, werde die Frist auf den nächsten Tag vorgetragen. Werde sie auch an diesem Tag nicht erledigt, werde sie erneut vorgetragen und erst dann ausgetragen, wenn die Sache die Kanzlei ordnungsgemäß verlassen habe. Nach Eintragung der Frist werde der Vorgang in ein Fach für Fristensachen zur weiteren Bearbeitung durch Rechtsanwalt C gelegt. Da dieser häufig abwesend sei, werde die Sache meistens erst nach Mahnung bei Ablauf der Vorfrist erledigt. Rechtsanwalt C überprüfe die Eintragung von Fristen auf den im Bearbeitungsfach abgelegten Unterlagen in unregelmäßigen Abständen, zuletzt im September 1990.
Die zuständige Sachbearbeiterin, Frau B, habe im Juli 1982 den Gehilfenbrief erhalten. Rechtsanwalt C schätze sie unverändert als ordentlich und pflichtbewußt ein. Aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen habe sie die Einspruchsentscheidung entgegen den bestehenden Anweisungen - neben anderen die Kläger betreffenden Einspruchsentscheidungen vom selben Tage - in keines der Fristenbücher eingetragen. Daher sei der Ablauf der Frist nicht anhand der Bücher überwacht und der Fristablauf nicht rechtzeitig entdeckt worden. Frau B habe die Einspruchsentscheidungen auch nicht in das für Rechtsanwalt C eingerichtete Fristenfach, sondern auf dessen von weniger eiligen Sachen überhäuften Schreibtisch gelegt, wo sie bis zum Nachmittag des 12. November 1990 unbeachtet geblieben seien. An diesem Tage habe er, der Kläger, Rechtsanwalt C persönlich Klagebegründungsfristen für andere ebenfalls beim Finanzgericht anhängige Rechtsstreite übergeben, für die er selbst die Klage eingereicht habe. Darauf habe Rechtsanwalt C nach den übrigen Einspruchsentscheidungen geforscht und dabei das eingetretene Mißgeschick entdeckt.
In einer eidesstattlichen Versicherung der zuständigen Sachbearbeiterin heißt es: Ich kann mich entsinnen, die Bescheide von der Mitarbeiterin, die die Post öffnet, entgegengenommen und auf den Schreibtisch des Steuerberaters gelegt zu haben, auf dem sich, wie gewöhnlich, viele Akten befanden. Ich weiß nicht mehr genau, warum ich die Eintragung der Frist unterlassen habe.
Die Kläger sind der Auffassung, daß ihnen das Büroversehen nicht zugerechnet werden könne. Rechtsanwalt C habe nicht seine Aufsichts- und Prüfungspflicht verletzt.
Das FG hat die Klage, mit der die Kläger Herabsetzung der Steuer auf 0 DM begehrten, nach Beweiserhebung als unzulässig abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne nicht gewährt werden. Ein Prozeßbevollmächtigter, dem eine Fristensache vorgelegt werde, müsse diese selbst im Auge behalten, er dürfe sich also nicht auf eine Erinnerung durch sein Personal verlassen. Er müsse auch, wenn ihm die Sache vorliege, selbst prüfen, wann die Frist ablaufe. Die Zeugin B habe glaubhaft bekundet, daß sie die Einspruchsentscheidung auf den Schreibtisch des Rechtsanwalts C gelegt habe. Damit sei dieser persönlich für die weitere Bearbeitung und Einhaltung der Klagefrist zuständig. Eine nach Aktenlage in Betracht kommende Arbeitsüberlastung sei kein Entschuldigungsgrund. Im übrigen habe Rechtsanwalt C seine Auswahl- und Überwachungspflichten verletzt; der Bürobetrieb sei mangelhaft organisiert. Denn nach der Aussage der Zeugin B würden Fristen in Steuersachen nicht in das dafür bestimmte Fristenbuch eingetragen, wenn die Steuerbescheide sofort überprüft würden. Außerdem würden die für steuerliche Fristensachen bestimmten besonderen Ablagefächer selten benutzt.
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts. Sie tragen vor:
Die Zeugin B habe weisungswidrig davon abgesehen, die Frist im hierfür bestimmten Fristenbuch zu notieren. Rechtsanwalt C habe die Frage, ob er selbst die Sache bearbeiten würde, bejaht; sie habe darauf die Bescheide wieder mitgenommen und am selben Tag, ohne die Klagefrist im Fristenbuch einzutragen oder auf den Bescheiden zu vermerken, nicht in das Fristenfach oder die sonstigen für zu bearbeitende Angelegenheiten vorgesehenen Fächer, sondern auf den damals bereits mit zu bearbeitenden Sachen überhäuften Schreibtisch des Rechtsanwalts gelegt, wo sie bis über den Fristablauf hinaus unbeachtet liegengeblieben seien. Die schlichte Ablage auf dem Schreibtisch sei indes keine Vorlage in dem Sinne, daß sie der Rechtsanwalt verantwortlich zur Kenntnis genommen habe oder hätte zur Kenntnis nehmen müssen. Weder die unmittelbare noch eine mittelbare Verantwortung für die Kontrolle des Fristablaufs sei auf Rechtsanwalt C übergegangen. Dieser habe die Fristensachen weder unzuverlässigem Personal übertragen noch sei ihm ein Organisationsmangel anzulasten. Frau B sei eine zuverlässige Steuergehilfin, deren dienstliche Tätigkeit bisher nie zu Beanstandungen Anlaß gegeben habe. Wenn Steuersachen, die sofort bearbeitet würden, nicht in das Fristenbuch eingetragen würden, sei ein etwa hierin liegender Organisationsmangel für die Fristversäumnis nicht ursächlich gewesen, weil die Sache gerade nicht sofort bearbeitet worden sei. Die Benutzung eines Fristenfaches sei nicht vorgeschrieben. Wo zu bearbeitende Sachen ab Eintragung im Fristenbuch abgelegt würden, sei rechtlich unerheblich. Für die ausreichende Kontrolle genüge die Eintragung im Fristenbuch und die Überwachung desselben. Im übrigen fehle es auch in dieser Hinsicht an der Ursächlichkeit für die konkrete Fristversäumung.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, daß den Klägern Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Klagefrist nicht gewährt werden kann und daß die Klage deswegen unzulässig ist.
1. Nach § 56 Abs. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist demjenigen, der ohne Verschulden gehindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen und zu begründen. Zur Begründung ist eine substantiierte und in sich schlüssige Darstellung aller entscheidungserheblichen Tatsachen innerhalb dieser Zweiwochenfrist erforderlich (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 2. Juni 1989 X R 5/85, BFH/NV 1990, 117).
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist u.a. zu gewähren bei einem - unverschuldeten - Büroversehen. Ein solches hat das FG im Ergebnis zu Recht verneint.
2. Ein Bevollmächtigter ist verpflichtet, seinen Bürobetrieb so zu organisieren, daß Fristversäumnisse ausgeschlossen sind. Dazu ist es grundsätzlich unerläßlich, daß ein Fristenkontrollbuch (Fristenkalender oder eine vergleichbare Einrichtung) geführt wird. Im Fristenkalender muß der Fristablauf für jede einzelne Sache vermerkt sein. Die Einhaltung der Frist muß durch tägliche Einsichtnahme in den Fristenkalender gesichert werden (grundlegend BFH-Urteil vom 9. Mai 1961 I 237/60 S, BFHE 73, 491, BStBl III 1961, 445). Zur Organisationspflicht gehört es, eine Ausgangskontrolle zu schaffen, die ausreichende Gewähr dafür bietet, daß fristwahrende Schriftstücke nicht über den Fristablauf hinaus im Büro liegenbleiben (Senatsurteil vom 7. Dezember 1988 X R 80/87, BFHE 155, 275, BStBl II 1989, 266). Die Eintragung im Kontrollbuch gewährleistet eine Überwachung der Fristensache bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Absendung des fristwahrenden Schriftstücks in einem Postausgangsbuch festgehalten wird und die Frist auf der Grundlage letzterer Eintragung gelöscht wird (BFH in BFHE 155, 275, 278, BStBl II 1989, 266).
Ein Prozeßvertreter darf mechanische Tätigkeiten untergeordneter Art einer zuverlässigen Bürokraft überlassen; hierzu gehören auch die Berechnung einfacher und in dem jeweiligen Büro geläufiger Fristen (BFH-Beschluß vom 9. Juli 1992 V R 62/91, BFH/NV 1993, 251 m.w.N.), die Eintragung in das Fristenkontrollbuch und die weitere Kontrolle der Fristen. Für die Fristnotierung im Kalender und die Überwachung der Fristen muß eine bestimmte Fachkraft verantwortlich sein. Unterläuft dieser hierbei ein Versehen, braucht der Prozeßvertreter dieses nicht als eigenes Verschulden zu vertreten. Voraussetzung hierfür ist allerdings, daß er alle Vorkehrungen dafür getroffen hat, die nach vernünftigem Ermessen geeignet sind, eine Fristversäumnis auszuschließen, und daß er durch regelmäßige Belehrung und Überwachung seiner Bürokräfte für das Befolgen seiner Anordnung Sorge trägt (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 11. Januar 1983 VII R 92/80, BFHE 137, 399, BStBl II 1983, 334). Der Bevollmächtigte darf sich darauf verlassen, sein sonst zuverlässiges Personal werde seine Weisungen befolgen. Er muß lediglich durch geeignete Anordnungen dafür sorgen, daß er selbst die Fristberechnung in ungewöhnlichen oder zweifelhaften Fällen kontrolliert (BFH-Beschluß vom 1. März 1989 X R 198/87, BFH/NV 1989, 711).
Der Prozeßvertreter bleibt verpflichtet, den Fristablauf eigenverantwortlich nachzuprüfen, wenn ihm die Sache zur Vorbereitung der fristgebundenen Handlung vorgelegt wird; dies gilt auch dann, wenn ihm die Akte bei der Bearbeitung der Sache nicht vorgelegen hat (BFH-Beschluß vom 8. April 1992 II R 73/91, BFH/NV 1992, 829 mit Nachweisen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - BGH - und des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG -). Der Prozeßvertreter muß anläßlich dieser Bearbeitung eine (erneute) Fristenprüfung vornehmen (ständige Rechtsprechung; vgl. BGH-Beschluß vom 11. Dezember 1991 VIII ZB 38/91, BGH-Rechtsprechung - BGHR -, ZPO § 233, Fristenkontrolle 24).
Ein Mangel der von der Rechtsprechung geforderten Fristenkontrolle muß für die Versäumung der Frist ursächlich sein (Senatsurteil in BFHE 155, 275, 278, BStBl II 1989, 266 m.w.N.).
3. Zwar kann dem FG nicht darin gefolgt werden, Rechtsanwalt C selbst habe den Fristablauf der ihm vorliegenden Sache überprüfen müssen. Es hat damit offenbar auf einen Rechtsgrundsatz des BFH-Urteils vom 26. Mai 1977 V R 139/73 (BFHE 122, 251, BStBl II 1977, 643) abgehoben, wonach mit der Vorlage der Fristensache an den Bearbeiter dieser die volle Verantwortung für die fristgerechte Bearbeitung der Sache trägt. Eine solche Vorlage kann indes nur darin gesehen werden, daß die Angestellte B die Einspruchsentscheidungen auf dem Schreibtisch des Rechtsanwalts C abgelegt hat. Ein bloßes Ablegen von Fristsachen, selbst wenn sie als solche gekennzeichnet sein sollten, auf dem Schreibtisch eines Anwalts läßt die Möglichkeit offen, daß die Notwendigkeit exakter Fristenberechnung und - in Konsequenz hieraus - fristgemäßer Bearbeitung nicht erkannt wird. Mit dieser Begründung hat es die Rechtsprechung als eine Fehlerquelle bei der Behandlung von Fristsachen angesehen, wenn eine Anweisung zur weiteren Bearbeitung eines solchen Vorgangs in der Weise erteilt wird, daß diese ohne zusätzliche organisatorische Vorkehrung auf dem Schreibtisch einer Bürokraft abgelegt wird (BGH-Beschlüsse vom 21. Juni 1988 VI ZB 14/88, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1988, 2804, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1989, 449; vom 4. Oktober 1988 VI ZB 12/88, BGHR, ZPO § 233, Fristenkontrolle 8). Umgekehrt wird die persönliche Verantwortlichkeit des Prozeßvertreters für eine Kontrolle des Fristablaufs nicht dadurch begründet, daß eine Fristensache ohne besonderen eindeutigen Hinweis auf seinen Schreibtisch gelegt wird.
Auch ist die weitere Erwägung des FG unzutreffend, ein vom Prozeßvertreter zu verantwortender Organisationsmangel liege in dem Umstand, daß die besonderen Ablagefächer für Fristsachen in Steuerangelegenheiten selten benutzt werden. Wenn der Prozeßvertreter über das rechtlich gebotene Maß hinaus weitere organisatorische Sicherungen - z.B. eine doppelte Fristenkontrolle - anordnet, führt dies nicht zu einer Verschärfung seiner Sorgfaltspflichten (BGH-Beschluß vom 20. Juni 1991 VII ZB 18/90, NJW 1991, 3035).
4. Das FG hat aber zu Recht für die Versagung der Wiedereinsetzung auch darauf abgehoben, daß Fristen für Rechtsmittel gegen Steuerbescheide, die sofort überprüft werden können, nicht in das Fristenbuch für Steuersachen eingetragen werden. Ein sich aus diesem Verfahren ergebendes, dem Prozeßvertreter zuzurechnendes Risiko hat sich im Streitfall ausgewirkt.
Wesentliche Ursache für die Fristversäumnis war der Umstand, daß die durch generelle Weisung mit der Fristnotierung für Steuersachen betraute Angestellte des Rechtsanwalts C keine Frist notiert hat. Deswegen war eine büroorganisatorisch abgesicherte Überwachung von Vorfrist und Frist unmöglich. Insbesondere konnten die Kontrollvorgänge im Zusammenhang mit der Erledigung der Frist - vor allem: Löschung der Frist nach Ausgang des fristgebundenen Schriftstückes - nicht stattfinden.
Das FG hat als Ergebnis der Beweisaufnahme festgestellt, daß Fristen in Steuersachen nicht in das Fristenbuch für Steuersachen eingetragen werden, wenn die Steuerbescheide sofort überprüft werden. Diese Feststellung ist dahin zu verstehen, daß dies gängige Praxis im Büro des Prozeßvertreters war. Diese Handhabung barg das Risiko einer Fehleinschätzung hinsichtlich der Frage, welche Sache am selben Tag sofort bearbeitet würde. Dies mußte offensichtlich durch Rückfrage bei dem für die Bearbeitung zuständigen Rechtsanwalt oder Steuerberater abgeklärt werden, was die Gefahr mit sich brachte, daß - z.B. aufgrund eines Mißverständnisses - die Fristensache nicht notiert wurde und deswegen außer Kontrolle geriet. Wenn nicht alle Fristen eingetragen werden, kann die fehlende Eintragung im Einzelfall vor allem darauf beruhen, daß die Mitarbeiterin irrtümlich davon ausgegangen ist, die Sache werde sofort bearbeitet. Wenn nicht die organisatorischen Anweisungen eindeutig festlegen, in welchen Fällen ausnahmsweise die Notierung einer Frist unterbleiben kann, ist bereits dies für sich genommen ein zu vertretender Organisationsmangel.
Die Kläger haben nicht schlüssig vorgetragen, mit einer solchen Handhabung sei erst nach der letzten Überprüfung durch den Prozeßvertreter begonnen worden. Hat der Prozeßvertreter ein über längere Zeit hinweg praktizierendes weisungswidriges Verhalten nicht bemerkt - etwa weil, wie die Kläger vortragen, die Eintragung von Fristen nur anhand der im Bearbeitungsfach abgelegten Unterlagen, nicht aber allgemein überprüft worden ist -, ist dies dem Prozeßvertreter als Organisationsverschulden zuzurechnen.
Die infolge eines Organisationsmangels unterbliebene Eintragung im Fristenkontrollbuch war ursächlich für die Versäumung der Frist.
Fundstellen
Haufe-Index 303022 |
BFH/NV 1994, 328 |