Entscheidungsstichwort (Thema)
Private Nutzung eines Pkw und eines Telefonanschlusses als Eigenverbrauch
Leitsatz (NV)
Die Nutzung eines Telefonanschlusses für Privatgespräche und die private Nutzung eines von einem Nichtunternehmer gelieferten PKW sind kein steuerbarer Eigenverbrauch.
Normenkette
UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 2
Tatbestand
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) erfaßte im Umsatzsteuer bescheid für 1988 vom 8. Januar 1990 beim Kläger und Revisionskläger (Kläger) dessen private PKW- und Telefonnutzung als Eigenverbrauch.
Der Kläger hatte den PKW im Streitjahr von einem Nichtunternehmer erworben und deshalb keine Möglichkeit gehabt, den Vorsteuerabzug geltend zu machen. In der Einspruchsentscheidung vom 4. April 1990 setzte das FA die Umsatzsteuer nur insoweit herab, als es die der privaten Verwendung des PKW entsprechende Absetzung für Abnutzung (AfA) -- anders als die anteiligen Kosten für Kfz- Steuer und Kfz-Versicherung -- nicht mehr in die Bemessungsgrundlage für die nichtunternehmerische Verwendung des PKW einbezog.
Die -- nach im übrigen erfolglos abgeschlossenem Vorverfahren erhobene -- Klage wurde vom Finanzgericht (FG) abgewiesen. Das FG nahm an, daß der Kläger Eigenverbrauch gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 durch die bezeichneten Verwendungen verwirklicht habe.
Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung sachlichen Rechts. Das FG, so führt er u. a. aus, habe nicht beachtet, daß nach unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht ein Verbot der Besteuerung von Eigenverbrauch bestehe, wenn der Unternehmer keine Möglichkeit des Vorsteuerabzugs für die Lieferung des Gegenstands oder für sonstige Leistungen gehabt habe, die dem Eigenverbrauchstatbestand unterworfen worden seien.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Ermäßigung der Umsatzsteuer 1988 (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Die Kosten für Kfz-Steuer und Kfz-Versicherung sowie für private Telefongespräche durfte das FG nicht der Besteuerung als Eigenverbrauch (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG 1980) unterwerfen.
1. Eigenverbrauch liegt vor, wenn ein Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens sonstige Leistungen der in § 3 Abs. 9 bezeichneten Art für Zwecke ausführt, die außerhalb des Unternehmens liegen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG 1980). Die Vorschrift erfaßt Wertabgaben des Unternehmens, die ihrer Art nach sonstige Leistungen sein würden, wenn sie gegen Entgelt an Dritte ausgeführt worden wären (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 5. April 1984 V R 51/82, BFHE 140, 393, BStBl II 1984, 499). Sie faßt die sonstigen Leistungen durch Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands und die Entnahme von sonstigen Leistungen für Zwecke außerhalb des Unternehmens zusammen. Sie setzt die Vorgaben in Art. 6 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern -- Gemeinsames Mehrwertsteuersystem -- 77/388/EWG -- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften -- ABlEG -- 1977, L 145, 1) -- Sechste Richtlinie -- um. Danach werden die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen (Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie) und die unentgeltliche Erbringung von Dienstleistungen durch den Steuerpflichtigen für seinen privaten Bedarf (Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der Sechsten Richtlinie) Dienstleistungen gegen Entgelt gleichgestellt.
a) Die Verwendung des dem Unternehmen zugeordneten Kfz für Zwecke außerhalb des Unternehmens ist unter Beachtung der Vorgaben in Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie nur dann einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichzustellen, wenn das Fahrzeug zum vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt hat (vgl. Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften -- EuGH -- vom 27. Juni 1989 Rs. 50/88, EuGHE 1989, 1925, Umsatzsteuer-Rundschau -- UR -- 1989, 373, Steuerrechtsprechung in Karteiform -- StRK --, 6. USt-Richtl. (EWG), Art. 6, Rechtsspruch 2 -- zu Rdnr. 8; vom 25. Mai 1993 Rs. C-193/91, UR 1993, 309). Dies ist hier nicht der Fall. Das gebrauchte Fahrzeug ist von einem Nichtunternehmer geliefert worden. Es sind keine Hinweise vorhanden, daß der Kläger später Bestandteile für das Fahrzeug bezogen und dafür einen Vorsteuerabzug vorgenommen hat (Art. 5 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie).
b) Der Kläger hat auch keinen Eigenverbrauch (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG 1980) durch Ausführung sonstiger Leistungen der in § 3 Abs. 9 UStG 1980 bezeichneten Art verwirklicht, dem die Kfz- Steuer und die Kfz-Versicherung anteilig im Umfang der privaten Verwendung des Kfz als Bemessungsgrundlage zugerechnet werden könnte. Da er die anteilig auf die private Nutzung des PKW entfallenden Leistungen überhaupt nicht für sein Unternehmen bezogen hat, sind insoweit keine Wertabgaben aus dem Unternehmen erfolgt.
c) Die Nutzung des Telefons des Unternehmens durch den Kläger für Privatgespräche ist weder eine als Dienstleistung gegen Entgelt zu beurteilende Verwendung der Telefonanlage für den privaten Bedarf i. S. von Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richt- linie noch eine Leistungsentnahme i. S. von Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der Sechsten Richtlinie und deshalb nicht als Eigenverbrauch steuerbar.
Der Senat hat im Urteil vom 23. September 1993 V R 87/89 (BFHE 172, 546, BStBl II 1994, 200) dargelegt, daß die einem Unternehmer von der Deutschen Bundespost vor der Postreform überlassene posteigene Telefonanlage (Hauptstelle) kein Gegenstand ist, der dem Unternehmen i. S. von Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie zugeordnet ist. Der Unternehmer hat über die Anlage keine Verfügungsmacht, die überhaupt erst eine Zuordnung zu seinem Unternehmen und eine Verwendung für unternehmensfremde Zwecke ermöglichen könnte. Vielmehr ist der Unternehmer lediglich zur Nutzung der Anlage berechtigt.
d) Die durch den Kläger bei seinen Privatgesprächen von der Deutschen Bundespost in Anspruch genommenen Dienstleistungen, für die Gesprächsgebühren berechnet wurden, konnte er nicht für sein Unternehmen beziehen, so daß demgemäß keine Wertabgaben aus dem Unternehmen möglich waren. Die bei dem jeweiligen Privatgespräch von der Bundespost bereitgestellte Verbindung, die nach Zeit und Strecke bemessen wird, ist dem Kläger von vornherein für den nichtunternehmerischen Bereich überlassen worden. Gesprächsverbindungen werden je nach der Art des Gesprächs (unternehmerisch einerseits und nichtunternehmerisch andererseits) entweder unmittelbar für den unternehmerischen oder für den nichtunternehmerischen Bereich bezogen.
e) Auch die für private Gespräche in Anspruch genommene Nutzungsüberlassung der Gesprächseinrichtungen (Telefonapparat und öffentliches Telefonnetz) kann nicht für das Unternehmen erbracht worden sein. Die Nutzungsüberlassung der Telefonanlage, für die eine Grundgebühr berechnet wurde, ist teilbar. Sie erfolgt nur insoweit für das Unternehmen des Fernsprechteilnehmers, als er die Telefonanlage unternehmerisch nutzt.
2. Die Höhe der Umsatzsteuer für die unzutreffend als Eigenverbrauch erfaßten Leistungen ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Insoweit ist die gegenüber dem Kläger für 1988 festgesetzte Umsatzsteuer zu ermäßigen.
Fundstellen