Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
Unterliegt ein zinslos gegebenes Darlehen nach § 3 KapVStG der Gesellschaftsteuer, so ist in der Unverzinslichkeit dieses Darlehens keine weitere Leistung im Sinne des § 2 Nr. 3 Buchstabe b KapVStG zu sehen.
Normenkette
KVStG § 2/3/b, §§ 3, 2/1/3, § 2/1/4
Tatbestand
Die Beschwerdegegnerin - eine AG - erhielt im Jahre 1955 von ihrer Alleingesellschafterin ein Darlehen von 100.000 DM. Für dieses wurde nach § 3 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KapVStG) 1955 Gesellschaftsteuer festgesetzt. Sie wurde entrichtet. Etwa ein Jahr später wurde eine weitere Gesellschaftsteuer angefordert, weil das Darlehen zinslos gegeben war. In der Zinslosigkeit des Darlehens wurde nämlich eine freiwillige Leistung der Gesellschafterin gesehen, die geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen (ß 2 Nr. 3 Buchstabe b KapVStG). Unter Annahme eines jährlichen Zinssatzes von 5 v. H. wurde die Steuer (3 v. H. von 5.000 DM) auf 150 DM festgesetzt.
Die Vorentscheidung billigte diese Steueranforderung nicht.
Entscheidungsgründe
Der Vorsteher des Finanzamts (Beschwerdeführer - Bf. -) wendet sich mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) - ohne Erfolg - hiergegen.
Zwar kann, wenn ein Gesellschafter ein Darlehen zinslos gibt, in der Zinslosigkeit des Darlehens eine freiwillige Leistung liegen, die geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen, und damit nach § 2 Nr. 3 Buchstabe b KapVStG der Gesellschaftsteuer unterliegt. Dies kann jedoch nur für Gesellschafterdarlehen gelten, die keinen Ersatz für eine durch die Sachlage gebotene Kapitalzuführung bilden. Wird jedoch - wie im Streitfall - durch das Gesellschafterdarlehen eine durch die Sachlage gebotene Kapitalzuführung ersetzt, so daß das Darlehen nach § 3 a. a. O. die Gesellschaftsteuer auslöst, dann ist für eine gesonderte gesellschaftsteuerliche Beurteilung der Unverzinslichkeit des Darlehens kein Raum mehr. Denn die Verzinslichkeit oder die Unverzinslichkeit des Darlehens hängt mit dem Darlehen selbst derart zusammen, daß die gesellschaftsteuerliche Behandlung des Darlehens nicht noch eine gesonderte gesellschaftsteuerliche Behandlung der Unverzinslichkeit des Darlehens zuläßt. Dies zeigt auch folgendes: Das KapVStG 1922 forderte im § 6 Buchstabe c als Voraussetzung für die steuerliche Erfassung eines Gesellschafterdarlehens u. a., daß die Gewährung des Darlehens sich sachlich als Beteiligung an der Gesellschaft darstellt. Als äußeres Merkmal, aus dem auf die Absicht der sachlichen Beteiligung geschlossen werden konnte, waren die bei der Hingabe des Darlehens vereinbarten Bedingungen zu berücksichtigen, also auch eine Abrede über die Zinslosigkeit des Darlehens. Diese Abrede ergab bei dem Hinzutreten weiterer Umstände einen beachtlichen Anhaltspunkt für die Beurteilung des Darlehnscharakters und damit für die Anwendbarkeit des § 6 Buchstabe c KapVStG 1922. Vgl. hierzu das Urteil des Reichsfinanzhofs II A 54/23 vom 12. Mai 1923 (Slg. Bd. 12 S. 125, 129). Dem Merkmal der Zinslosigkeit kam übrigens schon für das Reichsstempelgesetz Bedeutung zu. Vgl. hierzu Urteil des Reichsfinanzhofs II A 194/21 vom 29. April 1921 (Slg. Bd. 5 S. 244). Das KapVStG 1934 hat im § 3, der auch durch das KapVStG 1955 insoweit nicht geändert wurde, in Abkehr von der subjektiven Auffassung der Beteiligten (Absicht der sachlichen Beteiligung) den Tatbestand der steuerlichen Erfassung des Darlehens eines Gesellschafters unter Verwendung des Ergebnisses der Rechtsprechung insoweit zwar auf eine "objektiv faßbare Grundlage" gestellt. Vgl. Begründung zum KapVStG 1934, Reichssteuerblatt (RStBl) 1934 S. 1460, 1466. Das Merkmal der Zinslosigkeit kann jedoch für die Beurteilung des Darlehnscharakters (ß 3 KapVStG) auch nach dem gegenwärtig geltenden Gesellschaftsteuerrecht noch gewertet werden. Vgl. z. B. Hartmann-Kluckhohn "Kapitalverkehrsteuer" VI D B I Abs. 2. Wenn also die Unverzinslichkeit eines Darlehens bei der Anwendung des § 3 KapVStG mit berücksichtigt und als ein Merkmal angesehen wird, das die Beurteilung eines Darlehens als ein solches nach § 3 KapVStG rechtfertigt, so kann die Unverzinslichkeit schlechthin nicht noch gesondert als freiwillige Leistung nach § 2 Nr. 3 Buchstabe b KapVStG angesehen, also noch zusätzlich der Gesellschaftsteuer unterworfen werden. Die Auffassung des Finanzamts würde im Streitfall zu dem Ergebnis führen, daß der Ersatztatbestand, nämlich der Zufluß der 100.000 DM an die Bgin. in Form eines eine Kapitalzuführung lediglich ersetzenden Darlehens eine höhere Gesellschaftsteuer auslöst, als der Haupttatbestand auslösen würde, nämlich der Zufluß von 100.000 DM in Form einer Kapitalzuführung. Das Urteil des erkennenden Senats II 2/53 S vom 25. August 1954 (Slg. Bd. 59 S. 246 Bundessteuerblatt 1954 III S. 305), bezieht sich auf die Unverzinslichkeit von 7c-Darlehen also auf einen Sonderfall, bei dem es sich erübrigte, auf die hier strittige Streitfrage in vollem Umfange einzugehen.
Die Vorentscheidung war daher zu bestätigen.
Fundstellen
Haufe-Index 408842 |
BStBl III 1957, 360 |
BFHE 1958, 335 |
BFHE 65, 335 |