Leitsatz (amtlich)
Zur Mitunternehmerschaft zwischen Ehegatten bei Überlassung eines für Zwecke einer Baumschule genutzten Grundstücks.
Orientierungssatz
Anders als bei anderen landwirtschaftlich genutzten Grundstücken fallen aus einem Baumschulgrundstück nicht ohne weiteres Früchte an, die den Eigentümer zum landwirtschaftlichen Unternehmer machen. Seine Nutzungen bestehen in der Gewährung von Gebrauchsvorteilen, die sich jeweils beim Nutzenden realisieren. Wird ein solches Grundstück von einem Ehegatten dem anderen zur Bewirtschaftung überlassen, so gelten die allgemeinen Grundsätze, daß ein Gesellschaftsvertrag oder anders gearteter obligatorischer Vertrag nur unter den besonderen Voraussetzungen angenommen und berücksichtigt werden kann, die für die steuerliche Anerkennung von Verträgen unter nahen Angehörigen gelten. Kommt eine solche Vereinbarung nicht zustande, liegt eine Mitunternehmerschaft nicht vor. Ebensowenig genügt dazu das Miteigentum am vom anderen Ehegatten betrieblich genutzten Grundstück (Ausführungen und BFH-Rechtsprechung zum Vorliegen einer Mitunternehmerschaft zwischen Ehegatten allgemein und im Bereich der Landwirtschaft und Forstwirtschaft).
Normenkette
EStG 1975 §§ 13, 15 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches FG (Entscheidung vom 23.08.1984; Aktenzeichen V 29/81) |
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt; sie leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Der klagende Ehemann unterhielt seit 1957 einen Baumschulbetrieb auf eigenen, sowie auf von seiner Mutter gepachteten Flächen. Im Jahre 1962 verkaufte der Kläger die eigene Betriebsfläche zum Preis von 60 000 DM. Aus dem Erlös erwarben die Kläger je zur ideellen Hälfte ein 4,5 ha großes Grundstück an anderer Stelle für rund 67 500 DM. Nach Errichtung eines Wohn- und Wirtschaftsgebäudes wurde der Baumschulbetrieb dorthin verlegt; weitere 0,37 ha waren hinzugepachtet. Im Unternehmen werden Forstpflanzen angezüchtet und an Versandbetriebe abgesetzt.
Gegenüber dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) ist der Kläger als Betriebsinhaber aufgetreten. Er ermittelte den Gewinn gemäß § 4 Abs.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) durch Bestandsvergleich; hierbei wurde auch die der Ehefrau (Klägerin) zustehende Grundstückshälfte als Betriebsvermögen berücksichtigt. Für ihre Mitarbeit im Betrieb erhielt sie einen Aushilfslohn, der der pauschalierten Lohnsteuer unterworfen wurde.
Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) ist bei der Errichtung des Wohn- und Wirtschaftsgebäudes und bei der Durchführung des Siedlungsverfahrens an der neuen Betriebstätte allein der Kläger als Betriebsinhaber aufgetreten. Er hat danach auch am 17.März 1980 einen Pachtvertrag über das hinzugepachtete Land abgeschlossen. Bei der Aufnahme eines Kredits für die Durchführung des Gründungsvorhabens sind dagegen die Eheleute als Darlehensnehmer und als Besteller der Grundschuld aufgetreten. Andererseits ist ein Betriebskredit der Spar- und Darlehenskasse allein dem Kläger gewährt worden.
Anläßlich einer im Jahre 1980 durchgeführten Betriebsprüfung stellte der Prüfer die Eigentumsverhältnisse fest. Er folgerte daraus, daß die Kläger Mitunternehmer des Baumschulbetriebes seien und daß der Grundstücksanteil der Klägerin nicht, wie vom Kläger erstrebt, aus der Bilanz des Unternehmens ausgebucht werden könne. Das FA erließ daraufhin gegenüber den Klägern für die Jahre 1976 bis 1978 Gewinnfeststellungsbescheide. Die gegen diese Gewinnfeststellung gerichtete Klage hatte Erfolg; das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1985, 175 veröffentlicht.
Hiergegen richtet sich die Revision des FA, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet; das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, daß zwischen den Eheleuten keine Mitunternehmerschaft bestanden hat und die angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide damit zu Unrecht ergangen sind.
1. Wie der Große Senat in seiner Entscheidung vom 25.Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, 439, BStBl II 1984, 751) ausgeführt hat, muß ein steuerliches Mitunternehmerverhältnis, nach dem der Gewinn oder Verlust eines Betriebs mehreren Personen zugerechnet wird, durch ein Gesellschaftsverhältnis oder ein wirtschaftlich damit vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis begründet werden, kraft dessen diesen Personen Unternehmerrisiko und Unternehmerinitiative zukommt.
Sollen Ehegatten Mitunternehmer eines Betriebs sein, muß demnach zwischen ihnen in der Regel ein Gesellschaftsvertrag zustande gekommen sein. An die steuerliche Berücksichtigung eines derartigen Vertragsverhältnisses unter Ehegatten werden die gleichen Anforderungen wie an andere Verträge zwischen Angehörigen gestellt. Solche Verträge können steuerlich nur berücksichtigt werden, wenn sie rechtswirksam zustande gekommen, inhaltlich wie Verträge unter Dritten gestaltet und wie derartige Vertragsverhältnisse tatsächlich vollzogen worden sind (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30.Januar 1980 I R 194/77, BFHE 130, 265, BStBl II 1980, 449; vom 14.April 1983 IV R 198/80, BFHE 138, 359, BStBl II 1983, 555; vom 22.Mai 1984 VIII R 35/84, BFHE 142, 28, BStBl II 1985, 243; vom 28.Januar 1986 IX R 12/80, BFHE 146, 68, BStBl II 1986, 348).
Hiervon ist auch in der Frage auszugehen, ob zwischen Angehörigen mit steuerlicher Wirkung ein Gesellschaftsverhältnis begründet worden ist, das zur Mitunternehmerschaft i.S. von § 15 Abs.1 Nr.2 EStG führt (BFH-Beschluß vom 29.Mai 1972 GrS 4/71, BFHE 106, 504, BStBl II 1973, 5; BFH-Urteile vom 20.Februar 1975 IV R 62/74, BFHE 115, 232, BStBl II 1975, 569; vom 19.Dezember 1979 I R 176/77, BFHE 129, 475, BStBl II 1980, 242). Der stillschweigende Abschluß einer Ehegatten-Innengesellschaft, wie er in der Zivilrechtsprechung zur Ausfüllung von Lücken im ehelichen Güterrecht angenommen wird (vgl. zuletzt Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29.Januar 1986 IV b ZR 11/85, Wertpapier-Mitteilungen 1986, 649; siehe auch Karsten Schmidt in Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, 1983, Köln, Bd.III S.462), kann deswegen im Steuerrecht nicht ohne weiteres berücksichtigt werden (vgl. BFH-Urteile vom 26.August 1958 I 116/58 U, BFHE 67, 450, BStBl III 1958, 445; vom 20.Februar 1959 VI 147/58 U, BFHE 68, 451, BStBl III 1959, 172; vom 26.April 1963 VI 32-33/63, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz vor 1974, § 15, Rechtsspruch 398).
Dies alles gilt grundsätzlich auch für den Betrieb einer Land- und Forstwirtschaft. Deshalb führt die Mitarbeit eines Ehegatten in dem vom anderen Ehegatten geführten Hof und auch die Überlassung von Kapital nicht dazu, daß zwischen ihnen schon dadurch ein Gesellschaftsverhältnis zustande kommt und Mitunternehmerschaft entsteht (BFH-Urteil vom 24.Oktober 1961 I 147/61, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1962, 188; BFH-Beschluß vom 7.Oktober 1982 IV R 186/79, BFHE 136, 537, BStBl II 1983, 73). Anders hat der BFH nur für den Fall entschieden, daß der Ehegatte land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundbesitz zur Verfügung stellt (Urteile vom 10.Mai 1960 I 14/60 U, BFHE 71, 206, BStBl III 1960, 326; vom 27.Februar 1962 I 140/61 U, BFHE 74, 574, BStBl III 1962, 214; BFHE 136, 537, BStBl II 1983, 73). Diese Rechtsprechung findet ihre Grundlage in der Eigenheit land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundbesitzes. Derartige Grundstücke unterscheiden sich von anderen Anlagegütern dadurch, daß sie bei bestimmungsgemäßer Nutzung nicht nur Gebrauchsvorteile, sondern in Gestalt der erzeugten und gegebenenfalls weiter zu verwertenden Pflanzen Früchte i.S. von § 99 Abs.1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) abwerfen, die dem Eigentümer zufallen, wenn dieser die Aneignung nicht einem anderen gestattet (§§ 953, 956 BGB). Der Eigentümer, der die Grundstücke land- und forstwirtschaftlich nutzt, betätigt sich damit ohne weiteres als landwirtschaftlicher Unternehmer (vgl. Beschluß in BFHE 136, 537, BStBl II 1983, 73), ohne daß es dabei auf eine bestimmte Mindestgröße der Fläche oder des Ertrages ankäme (BFH-Urteile vom 31.März 1955 IV 134/54 U, BFHE 60, 392, BStBl III 1955, 150; vom 21.Dezember 1965 III 291/62 U, BFHE 84, 381, BStBl III 1966, 138; vom 17.Oktober 1985 IV R 188/83, nicht veröffentlicht).
Dies ist nur dann anders, wenn der Eigentümer die Nutzung aufgrund eines Pachtvertrags oder eines unentgeltlichen Nutzungsüberlassungsvertrags einem Dritten übertragen und diesem die Aneignung der Früchte gestattet hat; in diesem Fall ist der Dritte als landwirtschaftlicher Unternehmer anzusehen (BFH-Urteile vom 24.Juli 1975 IV R 99/72, BFHE 116, 364, BStBl II 1975, 772; vom 5.Februar 1976 IV R 31/74, BFHE 118, 37, BStBl II 1976, 335). Unter nahen Angehörigen muß ein solcher Nutzungsüberlassungsvertrag nachweisbar abgeschlossen sein, um steuerlich berücksichtigt zu werden.
Aufgrund dieser Besonderheiten hat der Senat angenommen, daß sich Ehegatten stillschweigend zu einer zur Mitunternehmerschaft führenden Innengesellschaft verbinden, wenn der eine Ehegatte dem anderen im wesentlichen Umfang Betriebsflächen zur Bewirtschaftung im eigenen Namen zur Verfügung stellt, ohne daß nachweislich ein Nutzungsüberlassungsvertrag vereinbart worden ist. Insoweit wird auf die Entscheidung vom 14.August 1986 IV R 248/84 (BFHE 147, 438) hingewiesen. Darüber hinaus hat der Senat auch im Miteigentum an solchem Boden ein zur Begründung der Mitunternehmerschaft geeignetes Gemeinschaftsverhältnis gesehen (vgl. Urteil vom 6.Februar 1986 IV R 311/84, BFHE 146, 83, BStBl II 1986, 455).
2. Im Streitfall sind die erwähnten Besonderheiten bei der Nutzung land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes jedoch nicht gegeben, so daß der Abschluß einer Innengesellschaft zwischen den Ehegatten nicht angenommen werden kann und auch das Miteigentum am Grund und Boden nicht zur Mitunternehmerschaft führt. Der Senat hat bereits in einem den Fall einer Blumengärtnerei betreffenden Urteil in BFHE 146, 83, BStBl II 1986, 455 erwogen, ob trotz Mitberechtigung der Ehefrau am Grund und Boden der nach außen als Betriebsinhaber auftretende Ehemann auch steuerlich Alleinunternehmer ist, wenn er die erheblichen und betriebsnotwendigen Sachanlagen einer Blumengärtnerei allein zur Verfügung gestellt hat. Die Besonderheit des zur Entscheidung stehenden Falls ist darin zu sehen, daß der von der Ehefrau zur Verfügung gestellte Grundstücksanteil vom Kläger im Rahmen einer Baumschule genutzt worden ist. Die Erzeugnisse einer Baumschule stellen aber weder wesentliche Bestandteile noch Früchte des zu ihrer Hervorbringung genutzten Grundstücks dar; bei ihnen handelt es sich vielmehr um bewegliche Sachen, die unabhängig von den Rechten am genutzten Grundstück im Eigentum desjenigen bleiben, der sie zur Aufzucht in das Grundstück eingefügt hat (Urteile des Reichsgerichts vom 27.April 1907 V 459/06, RGZ 66, 88; vom 4.Oktober 1922 V 611/21, RGZ 105, 213, 215). Anders als bei anderen landwirtschaftlich genutzten Grundstücken fallen demnach aus einem Baumschulgrundstück nicht ohne weiteres Früchte an, die den Eigentümer zum landwirtschaftlichen Unternehmer machen. Seine Nutzungen bestehen vielmehr in der Gewährung von Gebrauchsvorteilen, die sich jeweils beim Nutzenden realisieren; es ist darin einem für gewerbliche Zwecke genutzten bebauten oder unbebauten Grundstück vergleichbar, dessen Aufgabe gleichfalls in der Darbietung von Gebrauchsvorteilen für den Gewerbebetrieb besteht. Wird ein solches Grundstück von einem Ehegatten dem anderen zur Bewirtschaftung überlassen, so gelten die allgemeinen Grundsätze, daß ein Gesellschafts- oder anders gearteter obligatorischer Vertrag nur unter den besonderen Voraussetzungen angenommen und berücksichtigt werden kann, die für die steuerliche Anerkennung von Verträgen unter nahen Angehörigen gelten. Kommt eine solche Vereinbarung nicht zustande, muß davon ausgegangen werden, daß das Grundstück dem Ehegatten aus privaten Erwägungen zur Verfügung gestellt wurde, damit dieser in seinem Betrieb die ihm innewohnenden Nutzungen zu eigenem Vorteil ziehen kann. Ein Mitunternehmerverhältnis läßt sich hieraus nicht herleiten. Ebensowenig genügt dazu das Miteigentum am vom anderen Ehegatten betrieblich genutzten Grundstück; die betrieblichen Erträge fallen dadurch nicht beiden Ehegatten zu. Hiervon kann auch im Streitfall nicht ausgegangen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 61300 |
BStBl II 1987, 23 |
BFHE 147, 449 |
BFHE 1987, 449 |
BB 1986, 2316-2318 (LT) |
DB 1987, 75-76 (ST) |
DStR 1987, 124-124 (ST) |
HFR 1987, 61-62 (ST) |
FR 1987, 18-19 (ST) |
Information StW 1987, 36-36 (ST) |
StEL 1986, 79-82 (LT) |
StBp 2007, 22 |