Leitsatz (amtlich)
Der ermäßigte Steuersatz des § 7 Abs. 3 UStG kommt nicht zur Anwendung, wenn ein Unternehmer erworbene und selbst hergestellte Gegenstände (Deckenträger und Deckensteine) zu einer Sachgesamtheit (Montagedecke) zusammenstellt. Der Begriff der Sachgesamtheit setzt nicht voraus, daß es sich um ein Fertigerzeugnis handelt.
Normenkette
UStG § 7 Abs. 3; UStDB § 12 Abs. 1 Sätze 1-3
Tatbestand
I. Bescheid
Streitig ist, ob der Steuerpflichtige (Stpfl.) für die Lieferungen erworbener Deckenträger den Steuersatz von 1 v. H. in Anspruch nehmen kann, oder ob wegen Zusammenstellens der erworbenen Deckenträger mit selbst hergestellten Deckensteinen zu Sachgesamtheiten die Steuerermäßigung des § 7 Abs. 3 UStG entfällt.
Der Stpfl. betreibt ein Baustoffwerk, das unter anderem Vertragswerk für die sogenannte "A-Montagedecke", eine Spannbetondecke der Firma B, ist. Er verkauft die Montageteile dieser Decke, nämlich die Deckenträger, die Deckensteine und verschiedenes Zubehör (wie Querrippeneisen und Schlußpappe), im eigenen Namen und für eigene Rechnung an Bauherren und Bauunternehmer, die sie in Gebäude einbauen. Bevor die Decke im Einzelfalle von der zuständigen Baupolizeibehörde zum Ausgießen mit Beton freigegeben wird, sind vom Bauunternehmer je nach den Gegebenheiten des betreffenden Bauvorhabens noch verschiedene Maßnahmen durchzuführen (z. B. Verteilereisen, Ringanker, Mauerverankerungsbügel, Sonderarmierungen für Balkone und dergleichen anzubringen). Die Liefergegenstände werden den Abnehmern vom Stpfl. unter der Bezeichnung "A-Montagedecke" als Einheit nach Quadratmeterfläche angeboten und von den Abnehmern ebenso bestellt. In den Rechnungen werden Deckenträger und Deckensteine gesondert aufgeführt.
Die Deckenträger erwirbt der Stpfl. von der Firma B, die sie auf Grund einer Lizenz herstellt. Art, Länge und Zahl der Deckenträger richten sich nach dem vom Bauherrn zur Verfügung gestellten Bauplan und den sich daraus ergebenden Raummaßen. Die für die Träger maßgeblichen statischen Berechnungen (Spannweitentabellen) und die in den meisten Fällen aufgestellten Verlegepläne werden den Abnehmern mitgeliefert. Die Deckenträger gehen unmittelbar vom Herstellerwerk, ohne das Lager des Stpfl. zu berühren, zur Baustelle.
Die Deckensteine, die keine konstruktiven oder statischen Aufgaben haben, sondern lediglich als isolierendes Füllmaterial dienen, stellt der Stpfl. auf Grund des mit der Firma B abgeschlossenen Vertrages vom ... nach deren Angaben (bezüglich Steinform, Körnung, Gewicht und Festigkeit) her. Die Normen der Träger und Steine sind aufeinander abgestimmt. Nach dem Vertrage müssen die Deckensteine die von der Firma B vorgeschriebenen Eigenschaften besitzen. Die Deckensteine werden (getrennt von den Deckenträgern) vom Werke des Stpfl. an die Baustellen angefahren.
Diese Feststellungen wurden anläßlich einer im Jahre 1958 beim Stpfl. durchgeführten Betriebsprüfung getroffen. Prüfer und Finanzamt stellten sich auf den Standpunkt, daß der Stpfl. erworbene Gegenstände (Deckenträger) mit selbst hergestellten Gegenständen (Deckensteinen) zu einer Sachgesamtheit zusammengestellt habe, der Vorgang daher nicht unter § 12 Abs. 1 Satz 3 UStDB falle, sondern als umsatzsteuerlich schädliche Bearbeitung anzusehen sei. Das Finanzamt zog daher den Stpfl. nicht nur mit den Entgelten für die selbst hergestellten Deckensteine, sondern auch mit den für die erworbenen Decken träger nach dem allgemeinen Steuersatz von 4 v. H. zur Umsatzsteuer heran, und zwar aus Gründen der Kosteneinsparung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 UStG für einen abgekürzten Veranlagungszeitraum.
Im Sprungberufungsverfahren wandte der Stpfl. ein, er habe Deckenträger und Deckensteine (Zubehör kam im abgekürzten Veranlagungszeitraum als Liefergegenstand nicht in Betracht) nicht als Sachgesamtheiten, sondern als Einzelgegenstände geliefert. Deckenträger und Deckensteine machten noch nicht die fertige Rohdecke aus. Diese entstehe erst durch die geschilderten weiteren Maßnahmen der Bauunternehmer. Die Deckensteine seien auch keine konstruktiv oder statisch notwendigen Teile der "A-Montagedecke", sondern lediglich Füllstoff. Deckenträger und Deckensteine würden außerdem getrennt angefahren und den Abnehmern getrennt in Rechnung gestellt.
Die Sprungberufung hatte Erfolg. In der Vorentscheidung wird die Auffassung vertreten, in den Deckenträgern und den dazu passenden Deckensteinen müsse eine Sachgesamtheit erblickt werden, die ein anderes Verkehrsgut darstelle als ihre Einzelteile, wenn es den Abnehmern des Stpfl. nicht in erster Linie auf die besonders günstigen Transportmöglichkeiten und die guten Transportleistungen des Stpfl. angekommen wäre. Der Wille der Abnehmer sei mehr darauf gerichtet gewesen, die Deckenträger der "A-Montagedecke" von der allein dafür lizenzierten Firma B aus und außerdem noch die Deckensteine durch den Stpfl. transportiert und auf die Baustellen sachgemäß und möglichst bequem angefahren zu erhalten, als unbedingt die Zusammenstellung von Spannbetonträgern und Deckensteinen aus der Hand des Stpfl. entgegenzunehmen. Den Abnehmern sei es letztlich gleichgültig gewesen, wer der Lieferer der bestellten Spannbetonträger und Deckensteine war. Da die Abnehmer den Deckenträgern und Deckensteinen trotz der einheitlichen Bestellung beim Stpfl. in ihrer Gesamtheit unter den erwähnten Umständen keinen anderen Wert beigemessen hätten als den beiden Arten dieser Gegenstände getrennt voneinander, habe der Stpfl. Deckenträger und Deckensteine einzeln geliefert; er könne daher für die erworbenen und nicht bearbeiteten Deckenträger den ermäßigten Steuersatz des § 7 Abs. 3 UStG in Anspruch nehmen.
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Die Steuerermäßigung des § 7 Abs. 3 UStG setzt unter anderem voraus, daß der Unternehmer den Liefergegenstand weder bearbeitet noch verarbeitet hat. Eine Bearbeitung oder Verarbeitung durch einen Unternehmer liegt vor, wenn die Wesensart des Gegenstandes geändert wird, das heißt, wenn ein Gegenstand anderer Marktgängigkeit entsteht (§ 12 Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStDB). Das ist beim Zusammenstellen mehrerer Gegenstände zu Sachgesamtheiten der Fall. Diese Maßnahme gilt jedoch nach § 12 Abs. 1 Satz 3 UStDB dann nicht als Bearbeitung oder Verarbeitung, wenn es sich um erworbene Gegenstände handelt. Da der Stpfl. die Deckenträger erworben, die Deckensteine dagegen hergestellt hat, kommt es im Streitfalle allein darauf an, ob Deckenträger und Deckensteine Sachgesamtheiten oder Einzelsachen sind.
Eine Sachgesamtheit bildet, wer eine Mehrzahl einzelner selbständiger Sachen nach bestimmten Merkmalen (z. B. nach Art, Zahl, Material, Stil) oder wegen ihrer gemeinsamen Bestimmung zu einem in sich einheitlichen Ganzen vereinigt, das wirtschaftlich als ein anderes Verkehrsgut angesehen wird als die einfache Summe der einzelnen Sachen. Dieser Fall ist hier gegeben. Deckenträger und Deckensteine sind aufeinander abgestimmt. Im Vertrag vom ... hat sich der Stpfl. der Firma B gegenüber verpflichtet, Deckensteine mit festgelegten Eigenschaften herzustellen und "diese speziellen Deckensteine nur an die Firma B auszuliefern bzw. zusammen mit Deckenträgern der Firma B in ihrem Kundenkreis zu vertreiben". Im Vertrage heißt es dann weiter: "Die Firma X (Stpfl.) kann von der Firma B Spannbetonträger bzw. schlaff armierte Träger gemäß Zulassung, wie vorerwähnt, beziehen, und gemeinsam mit den von ihr gefertigten Deckensteinen unter dem Namen 'A-Montagedecke' verkaufen." Hieraus ergibt sich, daß die von der Firma B bezogenen Deckenträger und die vom Stpfl. hergestellten Deckensteine die aufeinander abgestimmten Hauptteile einer in den Abnehmerkreisen unter der Bezeichnung "A-Montagedecke" eingeführten und bekannten Spannbetondecke mit bestimmten Eigenschaften darstellen. Die Vereinigung der Träger und Steine nach gewissen Merkmalen und zwecks gemeinsamer Bestimmung zu einem einheitlichen Ganzen wird dadurch noch besonders hervorgehoben, daß der Stpfl. die Liefergegenstände den Kunden auch unter der Bezeichnung "A-Montagedecke" als Einheit nach Quadratmeterpreisen anbietet und die Kunden dementsprechend ihre Bestellungen aufgeben.
Es spielt für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung der Deckenträger und Deckensteine als Sachgesamtheit keine Rolle, daß die Montagedecken erst nach ihrem Einbau und nach Durchführung zusätzlicher Maßnahmen (Armierungen) seitens der Bauunternehmer von den Baupolizeibehörden polizeilich abgenommen werden. Es gehört nicht zum Begriff der Sachgesamtheit, daß sie ein Fertigerzeugnis ist. Eine Sachgesamtheit kann sich vielmehr schon auf einer Vorstufe der Fertigung ergeben (Entscheidung des Bundesfinanzhofs V 132/52 U vom 27. April 1953, BStBl 1953 III S. 260, Slg. Bd. 57 S. 682). Es ist auch ohne Bedeutung, daß die Deckensteine für die Errichtung der Decke weder konstruktiv noch statisch erforderlich sind, sondern lediglich als Füllmasse dienen, und daß der Stpfl. auf Grund einer Sondererlaubnis der Firma B die Steine auch ohne die Träger an jedermann liefern darf. Denn in den hier streitigen Fällen haben die Kunden auf beide Teile Wert gelegt. Sie haben dementsprechend die für ihr spezielles Bauvorhaben passenden Deckenträger und Deckensteine unter der Bezeichnung "A-Montagedecke" als Einheit nach Quadratmeterflächen bestellt und geliefert erhalten. Die Lieferung allein der Deckenträger oder allein der Deckensteine oder anderer als der zur "A-Montagedecke" gehörenden Träger oder Steine hätte den vertraglichen Abmachungen nicht entsprochen und wäre von den Kunden zurückgewiesen worden. Hieraus folgt, daß die auf das jeweilige Bauvorhaben abgestimmten Deckenträger und Deckensteine mit den besonderen Eigenschaften des Bautyps "A-Montagedecke" Sachgesamtheiten bilden und daß jede solche Sachgesamtheit wirtschaftlich ein anderes Verkehrsgut (ein Gegenstand anderer Marktgängigkeit) ist als die Summe der Einzelteile (Deckenträger und Deckensteine).
Der Stpfl. beruft sich auf den sogenannten Schrauben-Muttern-Erlaß (Erlaß des Reichsfinanzministeriums S 4216 -- 334 III vom 20. Mai 1936, Umsatzsteuer-Kartei S 4216 Karte 7 Nr. 4), nach dem bei getrennter Versendung und getrennter Inrechnungstellung die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes des § 7 Abs. 3 UStG auf den erworbenen Teil der gelieferten Gegenstände nicht zu versagen ist. Dieser Erlaß ist jedoch -- abgesehen davon, daß er als Verwaltungsweisung für die Steuergerichte nicht bindend wäre und der Senat seine Anwendung aus Rechtsgründen wiederholt abgelehnt hat (vgl. Entscheidungen des Bundesfinanzhofs V 87/52 U vom 6. März 1953, BStBl 1953 III S. 162, Slg. Bd. 57 S. 416; V 185/52 U vom 28. Mai 1953, BStBl 1953 III S. 206, Slg. Bd. 57 S. 537) -- infolge der Neufassung des § 12 Abs. 1 Satz 3 UStDB durch die Achte Verordnung zur Änderung der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz vom 7. Februar 1957 (BGBl 1957 I S. 6, BStBl 1957 I S. 131) überholt.
Wenn das Finanzgericht, das ähnliche Erwägungen angestellt hat, letzten Endes deswegen zur Verneinung einer Sachgesamtheit gelangt ist, weil es den Abnehmern vor allem auf die besonders günstigen Transportmöglichkeiten und die guten Transportleistungen des Stpfl. angekommen sei und der Stpfl deshalb lediglich Verteilerfunktionen ausgeübt habe, so vermag der Senat dieser Beweisführung nicht zu folgen. Die Motive, die den Käufer veranlassen, eine Ware von einer bestimmten Firma zu beziehen (z. B. niedrigere Preise, größeres Entgegenkommen hinsichtlich der Lieferbedingungen oder -- wie im Streitfalle -- besonders gute Transportleistungen, insbesondere sachgemäße und bequeme Anfuhr der Ware), haben mit der hier zu entscheidenden Frage, ob eine Sachgesamtheit den Gegenstand der Lieferung bildet, nichts zu tun. Die oben dargestellten Merkmale für das Vorliegen einer Sachgesamtheit werden durch die Beweggründe für die Wahl der Lieferfirma nicht beeinflußt. Die guten Transportleistungen des Stpfl. sind für die Käufer kein Anlaß, eine andere als die vereinbarte Lieferung der aufeinander und auf das einzelne Bauvorhaben abgestimmten Hauptteile der "A-Montagedecke" (Deckenträger und Deckensteine) entgegenzunehmen. Es werden oft besondere Gründe dafür ausschlaggebend sein, daß der Käufer einer Ware einem bestimmten Anbieter vor anderen den Vorzug gibt. Es beruht auf einem Denkfehler, die Beweggründe für die Wahl der Lieferfirma mit der davon getrennt zu beurteilenden Frage zu vermengen, ob eine Ware, die sich aus mehreren Einzelteilen zusammensetzt, eine Sachgesamtheit darstellt.
Da der Stpfl. aus erworbenen und selbst hergestellten Gegenständen bestehende Sachgesamtheiten geliefert hat, der Satz 3 des § 12 Abs. 1 UStDB mithin keine Anwendung findet, hat das Finanzamt das für diese Lieferungen vereinnahmte Entgelt zu Recht in vollem Umfange mit 4 v. H. zur Umsatzsteuer herangezogen. Unter Aufhebung der Vorentscheidung war daher die Sprungberufung des Stpfl. mit der Kostenfolge aus § 307 AO als unbegründet zurückzuweisen.
II. Urteil
Wegen der Sach- und Rechtslage wird auf den Bescheid des Senats vom 9. Mai 1963 Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung hat der Steuerpflichtige in sachlicher Hinsicht ergänzend folgendes vorgetragen:
1. Die von ihm hergestellten Deckensteine würden außer für die "A-Montagedecke" auch für eine Filigrandecke verwendet, bei der er die Träger selbst herstelle. Außerdem fänden Lieferungen von Deckensteinen ohne Träger an Bauherren statt, die sich die Träger anderweitig besorgten, und an eine Firma, die die Deckensteine für Fabrikhallenbauten verwende. Auch fertige er, der Steuerpflichtige, Deckensteine für andere Deckensysteme an.
2. Die Decke sei nach dem Auflegen der Deckenträger und Deckensteine auf das Mauerwerk noch keineswegs fertig. Es müßten vielmehr noch mehrere wichtige Arbeiten ausgeführt und dabei weitere Materialien verwendet werden (Anbringen einer Holzschalung bzw. eines Mauerkranzes und von Mauerankern; Einbetten der Endhaken in Auflagerbeton; Abstützen der Träger; Einschalen der Aussparungen für Treppen, Schornsteine usw.; gegebenenfalls Einfügen von Querrippen aus Vollbeton; Aufbringen von Zusatzeisen -- insbesondere Baustahlgewebe -- bei Balkonen und bei Decken mit erhöhter Tragkraft usw.). Dann erst beginne das Betonieren. Es kosteten je qm die Deckenträger rund ... DM, die Deckensteine rund ... DM, die Zusatzlieferungen. und die Verlegearbeiten ... DM.
Schon aus diesen Umständen ergebe sich, daß die "A-Montagedecke", soweit sie von ihm, dem Steuerpflichtigen, geliefert werde, nicht als Sachgesamtheit angesehen werden könne; es handele sich höchstens um die Vorstufe einer Sachgesamtheit.
Entscheidungsgründe
Diesen Ausführungen vermag der Senat nicht zuzustimmen.
Zu 1.:
Die Annahme einer Sachgesamtheit wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Unternehmer die aufeinander abgestimmten selbständigen Sachen (hier Deckenträger und Deckensteine), die als einheitliches Ganzes angeboten, bestellt und geliefert werden, in anderen Fällen als Einzelgegenstände oder mit anderen Einzelgegenständen zu anderen Sachgesamtheiten zusammengestellt veräußert. Die Möglichkeit oder Unmöglichkeit, die verwendeten Gegenstände zu anderen Sachgesamtheiten zu verbinden, kann in geeigneten Fällen (wenn die Verkehrsauffassung keine Klarheit bringt, weil sich eine solche nicht gebildet hat) für die Unterscheidung zwischen Sachgesamtheit und Sacheinheit von Bedeutung sein (vgl. Umsatzsteuer-Rundschau 1962 S. 190). Für die Frage, ob Sachgesamtheiten oder Einzelsachen geliefert werden, ist daraus aber nichts herzuleiten.
Zu 2.:
Der Vertreter des Steuerpflichtigen hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, er wolle nicht bestreiten, daß Sachgesamtheiten auch auf einer Vorstufe der Fertigung vorkommen könnten. Ein solcher Fall ist aber hier gegeben. Die vom Steuerpflichtigen geschilderten Arbeiten und die dabei verwendeten Materialien dienen im wesentlichen dazu, die aus den Deckenträgern und Deckensteinen nebst Zubehör (Querrippeneisen, Schlußpappe) bestehende Montagedecke in das Bauwerk einzufügen und mit ihm fest zu verbinden. Auf das Preisverhältnis zwischen Montagedecke einerseits und Verlegearbeiten nebst zusätzlichen Materialien andererseits kommt es nicht an. Es können z. B. die von einer Firma gelieferten, aufeinander abgestimmten Teile einer Werksanlage eine Sachgesamtheit auch dann bilden, wenn sie am Anfang des Fertigungsprozesses stehen, im Vergleich zur Gesamtanlage eine nur untergeordnete Bedeutung haben und ihr Einbau weitere Materialien und Arbeitsleistungen an Ort und Stelle voraussetzt, deren Wert den Wert der gelieferten Teile übersteigt. Es spielt keine Rolle, ob die Teile der Sachgesamtheit zu den Rohstoffen, Hilfsstoffen, Halberzeugnissen oder Fertigerzeugnissen gehören.
Entscheidend sind vielmehr Verkehrsauffassung und Vertragswille. Die beteiligten Wirtschaftskreise müssen die einzelnen Gegenstände in ihrer Zusammenstellung als Sachgesamtheit ansehen. Diese Voraussetzung ist im Streitfalle gegeben. Die "A-Montagedecke" ist eine in den Kreisen der Bauwirtschaft bekannte und eingeführte Spannbetondecke, die in Kenntnis und in Würdigung ihrer Eigenschaften als besonderes Verkehrsgut gehandelt wird. Auch der Vertragswille ist im Streitfall auf die Veräußerung bzw. den Erwerb einer Sachgesamtheit gerichtet. Nach dem Willen der Vertragspartner bilden nicht die einzelnen Teile der "A-Montagedecke", sondern diese selbst in ihrer genau berechneten und aufeinander abgestimmten Zusammenstellung von Deckenträgern, Deckensteinen und Zubehör den Gegenstand der Lieferung. Das ergibt sich daraus, daß die "A-Montagedecke" als Einheit nach qm-Fläche angeboten und bestellt wird. Es handelt sich dabei nicht -- wie der Steuerpflichtige meint -- um die Anwendung von Auslegungsprinzipien, sondern um die rechtliche Würdigung tatsächlichen Geschehens. Selbst wenn man den Begriff "Sachgesamtheit" sehr eng umgrenzt, können im Streitfall Einzellieferungen der Bestandteile der "A-Montagedecke" nicht angenommen werden.
Dieses Ergebnis steht nicht mit dem Urteil des Senats V 128/58 U vom 29. September 1960 (BStBl 1960 III S. 528, Slg. Bd. 71 S. 752) in Widerspruch. In diesem Fall hatte der Unternehmer nicht wie im Streitfall der erworbenen Sache (Kolben -- im Streitfalle: Deckenträger) eine zweite selbst hergestellte Sache (im Streitfalle: Deckensteine) hinzugefügt, sondern lediglich eine Werkleistung an einer fremden Sache (Zylinder) bewirkt. Die Fälle sind schon wegen dieses erheblichen Abweichens im Sachverhalt nicht vergleichbar. Bei der Lieferung zweier aufeinander abgestimmter Gegenstände wird eher eine Sachgesamtheit vorliegen als bei der Bearbeitung eines den Kunden gehörenden Gegenstands und der Lieferung eines dazu passenden zweiten Gegenstands. Es kommt hinzu, daß nach dem Rechtssatz des Urteils vom 29. September 1960 Voraussetzung für die Ablehnung einer Sachgesamtheit u. a. ist, daß die Beteiligten das Vorliegen zweier Umsatzgeschäfte klar zum Ausdruck bringen. Nach den obigen Ausführungen geschieht im Streitfalle das Gegenteil: Angebot und Annahme gehen von dem Vorhandensein nur eines Umsatzgeschäfts aus.
Es muß daher bei der im Bescheid vom 9. Mai 1963 getroffenen Entscheidung bleiben.
Fundstellen
BStBl III 1964, 170 |
BFHE 1964, 444 |