Leitsatz (amtlich)
Der Strafzuschlag nach § 18 Absatz 4 Ziffer 2b SHG ist keine Steuerstrafe, sondern ein Teil der Soforthilfe-Sonderabgabe. Gegen die Festsetzung des Strafzuschlags sind die gegen Steuerbescheide zulässigen Rechtsmittel (Einspruch, Berufung, Rechtsbeschwerde) gegeben.
Normenkette
SHG § 18 Abs. 4 Ziff. 2b, § 20
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.) hat in der Vermögensanzeige und Selbstberechnung der Soforthilfeabgabe (SHA) vom 20. Oktober 1949, die am 24. Oktober 1949 beim Finanzamt eingegangen ist, in der nach Artikel IX des Anhangs zum Gesetz Nr 64 der MilReg. vorgeschriebenen Bestandsaufnahme nicht angegebenes Vorratsvermögen in Höhe von 3812,75 DM nachgemeldet. Das Finanzamt hat unter Berufung darauf, daß die Berichtigung der Angaben über den Bestand des Vorratsvermögens nicht bis zum 20. Oktober 1949 erfolgt sei, durch Bescheid vom 17. Januar 1950 gegen die Bfin. einen Strafzuschlag in Höhe von 50 % des ursprünglich nicht angegebenen Vorratsvermögens mit 1906 DM festgesetzt.
Nach erfolglosem Einspruch machte die Bfin. in der Berufung in erster Linie geltend, die ursprünglich versehentlich nicht gemeldeten Bestände seien dem Finanzamt schon am 20. September 1949 gelegentlich einer Schlußbesprechung nachgemeldet worden. Hilfsweise beantragte sie Nachsicht, weil der um wenige Tage verspätete Eingang der Vermögensanzeige und Selbstberechnung auf höherer Gewalt beruht habe.
Das Finanzgericht hat den Einspruch unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung als unzulässig verworfen mit der Begründung, der Strafzuschlag nach § 18 Absatz 4 Ziffer 2b des Soforthilfegesetzes (SHG) stelle keine zusätzliche Steuer, sondern eine echte Strafe dar, gegen deren Festsetzung nur die in § 450 der Reichsabgabenordnung (AO) gegen Strafbescheide zulässigen Rechtsmittel, Beschwerde oder Antrag auf gerichtliche Entscheidung, gegeben seien.
In der Rechtsbeschwerde macht die Bfin. geltend, es könne dahingestellt bleiben, ob der Strafzuschlag eine Steuer oder eine echte Strafe sei. Auf jeden Fall ergebe sich aus § 20 Absatz 1 Ziffer 2 in Verbindung mit § 20 Absatz 2 SHG, daß gegen die SHA, den Reuezuschlag und den Strafzuschlag ein einheitliches Rechtsmittelverfahren, und zwar das Berufungsverfahren im Sinne der §§ 259 ff. AO gegeben sei.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
§ 18 Absatz 4 enthält in Ziffer 1 eine Reihe von Bestimmungen, die dem Steuerpflichtigen, der bei der Bestandsaufnahme sein Vorratsvermögen schuldhaft zu niedrig oder gar nicht angegeben hatte, gegen Entrichtung eines Reuezuschlags einen besonderen Anreiz zur Berichtigung geben sollen. Umgekehrt soll nach Ziffer 2 der Steuerpflichtige, der bis zum 20. Oktober 1949 schuldhaft diese Berichtigung unterläßt, unter Verwirkung der nach Ziffer 1 in Aussicht gestellten Vergünstigungen nicht nur die strafrechtlichen Folgen seiner bisherigen Steuerunehrlichkeit voll auf sich nehmen, sondern darüber hinaus noch einen auf die endgültigen Lastenausgleichsabgaben nicht anrechenbaren Zuschlag zur Soforthilfe-Sonderabgabe entrichten. Dieser Zuschlag kann nur als Teil der Soforthilfe-Sonderabgabe selbst, als eine tatbestandsmäßig an die schuldhafte Nichtberichtigung geknüpfte Erhöhung dieser Abgabe angesehen werden.
Hätte der Gesetzgeber in § 18 Absatz 4 Ziffer 2 SHG außerhalb der umfassenden Bestimmungen über das Steuerstrafrecht im 1. Abschnitt des 3. Teils der AO ein weiteres Steuervergehen normieren wollen, so hätte er das eindeutig zum Ausdruck bringen müssen, wie es z. B. in der klaren Strafbestimmung des Artikels IX § 8 des Anhangs zum Gesetz Nr 64 der Militärregierung geschehen ist. Auch die ausdrückliche Hervorhebung in § 18 Absatz 4 Ziffer 2 b SHG, daß die Verfolgung des Steuervergehens, das der Abgabenpflichtige dadurch begeht, daß er die Vermögensanzeige und Selbstberechnung hinsichtlich des Vorratsvermögens unrichtig abgibt, von der Erhebung des Strafzuschlags unberührt bleibt, spricht gegen die Auffassung des Finanzgerichts. Wenn das Finanzgericht weiter meint, eine Steuer bzw. ein Steuerzuschlag könne nicht an einen vom Gesetzgeber gemißbilligten Tatbestand angeknüpft werden, und die Bezeichnung des Zuschlags als "Strafzuschlag" weise darauf hin, daß damit eine echte Steuerstrafe gemeint sei, so kann auch dem nicht gefolgt werden. Es wird zwar kaum vorkommen, daß der Gesetzgeber einen ihm nicht erwünschten Tatbestand zur alleinigen Grundlage einer bestimmten Steuer macht. Es steht dem Gesetzgeber aber durchaus frei, einen Druck auf unehrliche Steuerpflichtige in der Weise auszuüben, daß eine Fortsetzung des steuerunehrlichen Verhaltens zur tatbestandsmäßigen Grundlage der Erhebung von Zuschlägen zu einer Steuer gemacht wird, deren Aufkommen gerade durch dieses unehrliche Verhalten gefährdet ist. Wird ein derartiger Zuschlag als "Straf"zuschlag bezeichnet, so liegt es näher, in diesem Zusammenhang an die Zufügung eines steuerlichen Nachteils als an die Festlegung einer in allen steuerstrafrechtlichen Bestimmungen einheitlich als Geldstrafe bezeichneten Strafe zu denken. Für diese Auffassung spricht endlich noch § 20 SHG. Nach § 20 Absatz 1 Ziffer 2 ist ein schriftlicher Abgabebescheid zu erteilen, wenn das Finanzamt einen Strafzuschlag festsetzt. Nach § 20 Absatz 2 sind gegen die in Absatz 1 bezeichneten Bescheide die gegen Steuerbescheide zulässigen Rechtsmittel gegeben. Diese Bestimmungen können nur bedeuten, daß über jeden Strafzuschlag ein schriftlicher Abgabebescheid zu erteilen ist und daß gegen diesen Bescheid die ordentlichen Rechtsmittel nach der Reichsabgabenordnung (Einspruch, Berufung, Rechtsbeschwerde) gegeben sind. Hätte der Gesetzgeber den Strafzuschlag nicht als Steuer, sondern als Strafe angesehen, so wäre der in § 20 vorgeschriebene Rechtsmittelweg nicht nur ungewöhnlich, sondern wegen Artikel 101 des Grundgesetzes (Unzulässigkeit von Ausnahmegerichten) auch rechtlich bedenklich.
Hiernach war die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Finanzgericht zurückzuverweisen, das nunmehr zu den sachlichen Einwendungen der Bfin. gegen den Strafzuschlag Stellung zu nehmen hat. Da die abgabepflichtige Bfin. eine GmbH ist, wird das Finanzgericht auch die Frage zu prüfen haben, ob ein Verschulden der gesetzlichen Vertreter der GmbH für die Festsetzung des Strafzuschlags der GmbH zugerechnet werden kann (vgl. Finanz-Rundschau 1950 Nr 5 S. 77 und Binder-Drexl-Seweloh-Zimmerle, Nachträge zu § 18 SHG, Anm. 15). Es erscheint angezeigt, die in der Rechtsbeschwerdestufe erwachsenen Rechtsmittelgebühren und Auslagen der Rechtsmittelbehörde nach § 314 AO nicht zu erheben.
Fundstellen
Haufe-Index 407172 |
BStBl III 1951, 35 |
BFHE 1952, 91 |