Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur notwendigen Beiladung der Gesellschafter zum Klageverfahren der KG
Leitsatz (NV)
Gesellschafter, die bei Zustellung des angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheides bereits aus der KG ausgeschieden sind, sind auch in Fragen persönlich klagebefugt, die allein die Gesellschaft als solche angehen. Sie sind daher zum Klageverfahren der KG notwendig beizuladen.
Normenkette
FGO § 48 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, betreibt eine . . .fabrik. Gesellschafter der Klägerin waren bis zum 20. Januar 1977 als Komplementärin die M-GmbH (im folgenden Komplementär-GmbH) mit einem Kapitalanteil von 1,55 v.H. und als Kommanditisten Frau A, Frau B und Herr C mit Kapitalanteilen von 80,98 v.H. bzw. 10,36 v. H. bzw. 7,11 v. H., Frau A, Frau B und C waren zugleich alleinige Gesellschafter der Komplementär-GmbH.
Mit Kaufvertrag vom 26. Oktober 1976 verpflichteten sich Frau A, Frau B und C ihre Anteile an der Komplementär-GmbH auf die Firma W und anschließend ihre Kommanditanteile - ausgenommen ein bei Frau A verbleibender Teil ihres Kommanditanteils von 3 v. . - auf die Komplementär-GmbH zu übertragen. Gleichzeitig wurde vereinbart, daß noch vor der Anteilsübertragung bestimmte zum Gesellschaftsvermögen der KG (Klägerin) gehörende Grundstücke, die nach Ansicht der W für den Geschäftsbetrieb der KG nicht benötigt wurden, aus der KG nicht benötigt wurden, aus dem Gesellschaftsvermögen herausgenommen und ins Privatvermögen der Kommanditisten Frau A, Frau B und C überführt werden. Zu diesem Zwecke gründeten Frau A, Frau B und V eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GdbR), an der Frau A mit 80,06 v. H., Frau B mit 11,85 V. H. und C mit 8,09 v. H. beteiligt waren. Auf diese GdbR wurden am 19. Oktober 1977 die im Vertrag vom 26. Oktober 1977 benannten Grundstücke unentgeltlich übertragen. Anschließend übertrugen Frau A, Frau B und C am 20. Januar 1977 in Erfüllung des Kaufvertrages vom 26. Oktober 1976 ihre Anteile an der Komplementär-GmbH auf die W und ihre Kommanditanteile - mit Ausnahme eines bei Frau A verbleibenden Anteils von 3 v. H. - auf die Komplementär-GmbH.
In ihrer Gewinnfeststellungserklärung für das Streitjahr 1977 wies die Klägerin einen Gewinn aus der Entnahme der auf die GdbR übertragenen Grundstücke, der unstreitig ... DM übertragt, als Teil eines tarifbegünstigten Gewinns aus der Veräußerung der Mitunternehmeranteile von Frau B und C bzw. eines Bruchteiles eines Mitunternehmeranteils von Frau A aus.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) vertrat demgegenüber die Auffassung, daß zwar die Gewinne aus der Veräußerung der GmbH-Anteile und der Kommanditanteile nach § 16 Abs. 1 i. V. m. § 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG) begünstigt seien, nicht jedoch der Gewinn aus der Entnahme der Grundstücke; zwischen der Veräußerung der Mitunternehmeranteile bzw. eines Bruchteils eines Mitunternehmeranteils und der Grundstücksentnahme bestünde lediglich ein zeitlicher, aber kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang. Die Gewährung der Tarifvergünstigung für lediglich in zeitlichem Zusammenhang mit der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils entstandene Entnahmegewinne könne vom Gesetzgeber nicht gewollt sein; die Konsequenz wäre nämlich, daß, wenn auch nur ein Splitteranteil, z. B. 1 v. H. der Beteiligung, veräußert würde, im Zusammenhang damit wirtschaftlich wertvolle Vermögensgegenstände, die den Wert des Anteils bei weitem übersteigen, steuerlich begünstigt wären.
Auf dieser Grundlage erließ das FA einen Gewinnfeststellungsbescheid für 1977, in dem es den Entnahmegewinn als nichtbegünstigten laufenden Gewinn unter Berücksichtigung von Sonderbetriebsausgaben der Frau A, der Frau B und dem C zurechnete.
Die Sprungklage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, der Entnahmegewinn sei ein Teil des Veräußerungsgewinns und damit gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 1 EStG begünstigt, soweit er der Quote des veräußerten Mitunternehmeranteils am Gesamthandsvermögen entspreche. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgericht (EFG) 1984, 457 veröffentlicht.
Mit der Revision beantragt das FA, das angefochtene Urteil aufzuheben, den Gewinn unter Abänderung des Feststellungsbescheids 1977 auf ... DM festzustellen und im übrigen die Klage abzuweisen, hilfsweise, nur die auf Frau B und C entfallenden Anteile am weiteren Veräußerungsgewinn als tarifbegünstigt nach §§ 16, 34 EStG festzustellen. Das FA rügt Verletzung materiellen Rechts.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Auf die Revision des FA muß der Senat die Vorentscheidung aus verfahrensrechtlichen Gründen aufheben und die Sache an das FG zurückverweisen, weil das FG zu Unrecht unterlassen hat, die Kommanditistin Frau A und die ehemaligen Kommanditisten Frau B und C zum Verfahren beizuladen.
Gemäß § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind Personen, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, zum Klageverfahren notwendig beizuladen, es sei denn, diese Personen sind nach § 48 Abs. 1 FGO nicht klagebefugt.
1. Ist im Rahmen eines Klageverfahrens gegen die gesonderte Gewinnfeststellung für eine KG nur die Höhe des aus der Handelsbilanz abgeleiteten Steuerbilanzgewinns der KG oder eine andere Frage, die allein die KG als solche angeht (z.B. Ordnungsmäßigkeit der Buchführung) streitig, so ist gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO nur die KG, vertreten durch die Geschäftsführung vom vertretungsberechtigten Gesellschafter klagebefugt; die nicht zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigten Kommanditisten sind nicht klagebefugt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfaßt diese Beschränkung der Klagebefugnis aber solche Gesellschafter nicht, die bei Zustellung des angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheids bereits aus der Gesellschaft ausgeschieden sind; diese Gesellschafter sind auch in Fragen, die allein die KG als solche angehen, persönlich klagebefugt (z. B. Urteile vom 04. Mai 1972 IV 251/64, BFHE 105, 449, BStBl II 1972, 672; vom 23. Mai 1973 I R 121/72, BFHE 110. 1, BStBl II 1973, 746).
Schon aus diesem Grunde ist es - selbst wenn man den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits als Frage werten könnte, die nur die KG als solche angeht - erforderlich, V und Frau B zum Klageverfahren beizuladen, da diese bei Zustellung des angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheides bereits aus der KG ausgeschieden waren und das FA ihnen demgemäß zutreffend diesen Bescheid auch persönlich bekanntgegeben hat.
2. Soweit im Rahmen eines Klageverfahrens gegen die gesonderte Gewinnfeststellung für eine KG eine Frage streitig ist, ,,die einen Gesellschafter ... persönlich angeht", ist neben der KG (§ 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO) auch dieser Gesellschafter persönlich klagebefugt (§ 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO).
Ist allerdings lediglich streitig, wie hoch der Steuerbilanzgewinn einer KG ist und ob und gegebenenfalls in welcher Höhe dieser Steuerbilanzgewinn gemäß § 4 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG um Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen zu erhöhe ist, so sind Gegenstand des Klageverfahrens Fragen, die nur die Gesellschaft als solche, nicht auch die Gesellschafter persönlich angehen, sofern unstreitig ist, nach welchem Schlüssel der Steuerbilanzgewinn oder die Entnahmen den Gesellschaftern einkommensteuerrechtlicht anteilig zuzurechnen sind; insoweit ist grundsätzlich nur die KG klagebefugt.
Um eine Frage, die den einzelnen Gesellschafter persönlich angeht, handelt es sich aber, wenn streitig ist, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ein tarifbegünstigter Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils oder eines Bruchteils eines Mitunternehmeranteils entstanden ist. Insoweit ist neben der KG auch der Gesellschafter klagebefugt, der seinen Mitunternehmeranteil ganz oder teilweise veräußert oder aufgegeben hat. Folgerichtig kann einem Gesellschafter die persönliche Klagebefugnis auch für den Fall nicht abgesprochen werden, daß streitig ist, ob als Bestandteil eines Gewinns aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils oder eines Bruchteils eines Mitunternehmeranteils auch ein Anteil dieses Gesellschafters allein im Entnahmegewinn auf Grund von Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen tarifbegünstigt ist.
Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist die Frage, ob ein Gewinn aus der unentgeltlichen Überführung von Grundstücken der KG aus dem Gesellschaftsvermögen in das Privatvermögen der Gesellschafter, also einen Entnahmegewinn, der nach einem zwischen den Beteiligten nicht streitigen Schlüssel den Kommanditisten Frau A, Frau B und C einkommensteuerrechtlich zuzurechnen ist, bei diesen anteilig als Bestandteil ihrer Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils tarifbegünstigt ist. Insoweit sind neben der KG auch Frau A, Frau B und C jeweils persönlich klagebefugt; es ist daher geboten, sie zum Klageverfahren der KG notwendig beizuladen.
Fundstellen
Haufe-Index 414195 |
BFH/NV 1987, 374 |