Entscheidungsstichwort (Thema)
Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwand bei teilweise unentgeltlicher Gemeinschaftsverpflegung
Leitsatz (amtlich)
1. Wird einem Steuerpflichtigen bei einer doppelten Haushaltsführung und bei Dienstreisen Gemeinschaftsverpflegung für Frühstück, Mittag- und Abendessen ganz oder teilweise unentgeltlich angeboten, so stehen ihm in der Regel nur 25 v.H. der in den LStR genannten Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwand zu.
2. Behauptet der Steuerpflichtige, an der Gemeinschaftsverpflegung nicht teilgenommen, sondern sich selbst verpflegt zu haben, hat er ein Wahlrecht, entweder den gekürzten Pauschbetrag geltend zu machen oder seinen Mehraufwand im einzelnen nachzuweisen.
3. Die gekürzten Pauschbeträge sind zu erhöhen um die vom Steuerpflichtigen tatsächlich geleisteten Aufwendungen für die Gemeinschaftsverpflegung und zu mindern um die entsprechenden Erstattungen des Arbeitgebers hierfür. Der Ansatz einer Haushaltsersparnis hat insoweit zu unterbleiben.
Normenkette
EStG 1986 § 9 Abs. 1 S. 1; LStDV 1984 § 5 Abs. 7, § 6 S. 2; LStR 1984 Abschn. 25 Abs. 6 Nr. 3, Abschn. 27 Abs. 1; LStR 1990 Abschn. 39 Abs. 3 Nr. 2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Soldat bei der Bundeswehr. Sein Jahresbruttoarbeitslohn betrug im Streitjahr 1986 48 396 DM. Am 14.Februar des Streitjahres heiratete der Kläger. Mit seiner Ehefrau und einem Kind wohnte er bis 30.Oktober 1986 in A und danach in B.
Der Kläger war vom 1.Januar bis zum 28.September in A und vom 29.September bis zum 31.Dezember des Streitjahres in H stationiert. Er wurde von A wie folgt abkommandiert: vom 20.Mai bis 24.Mai und vom 25.August bis 17.September nach H und von dort vom 17.September bis 19.September nach F. Während seiner Aufenthalte in H und F stand dem Kläger Frühstück, Mittag- und Abendessen als Truppenverpflegung für ein Entgelt von 5 DM täglich zur Verfügung.
In seiner Einkommensteuererklärung 1986 machte der Kläger folgende Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten geltend:
Dienstreise von
A nach H
(20.Mai bis 24.Mai): 5 x 44 DM = 220 DM
Dienstreise von
A nach H und von
H nach F
(25.August bis 19.September):
A-H
Aufenthaltstage 17 x 44 DM = 748 DM
Fahrttage 6 x 44 DM = 264 DM
H-F
Aufenthaltstage 1 x 44 DM = 44 DM
Fahrttage 2 x 44 DM = 88 DM
Doppelte Haushaltsführung
(29.September bis 30.Oktober)
20 Tage a 42 DM bzw. 16 DM = 586 DM.
Die ihm vom Arbeitgeber erstatteten Beträge zog er ab. Inwieweit sie auf Verpflegungsmehraufwendungen entfallen, hat der Kläger nicht angegeben.
Im Einkommensteuerbescheid 1986 berücksichtigte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) lediglich für die Fahrttage einen Verpflegungsmehraufwand in Höhe von täglich 33 DM.
In der Einspruchsentscheidung setzte das FA die Mehraufwendungen für Verpflegung aus Anlaß der Dienstreisen für die Fahrttage mit 44 DM täglich an und anerkannte für einen weiteren Reisetag Verpflegungsmehraufwendungen in dieser Höhe. Einen Abzug von Mehraufwand für Verpflegung während der Aufenthaltstage in H und F lehnte es weiterhin ab, da für den Kläger die Möglichkeit der Teilnahme an der Gemeinschaftsverpflegung bestanden habe.
Im Klageverfahren trug der Kläger vor, er habe zwar die Gemeinschaftsverpflegung unabhängig von der Teilnahme an ihr von Montag bis Freitag bezahlen müssen, sie aber nicht in Anspruch genommen. Die Gemeinschaftsverpflegung habe aus einem Standardfrühstück, einem Mittagsgericht ohne Auswahlmöglichkeit und Getränken sowie einem bis 18 Uhr angebotenem Abendgericht ohne Auswahlmöglichkeit bestanden. Ihm als langjährigen Angehörigen der Bundeswehr sei die dort angebotene Kost auf die Dauer zuwider gewesen.
Er habe sich in der Regel morgens selbst das Frühstück zubereitet und die Mittagsverpflegung meist gegen Bezahlung im Offiziersheim sowie das Abendessen regelmäßig auswärts eingenommen. Außerdem habe er ein zweites Frühstück und eine Vesper zu sich genommen und Kosten für Getränke während der Mahlzeiten, in den Dienstpausen und nach dem Dienst gehabt. Seine tatsächlichen Mehraufwendungen hätten durchschnittlich 244 DM pro Woche betragen. In der Kasernenunterkunft habe keine Möglichkeit bestanden, Speisen aufzubewahren oder zuzubereiten.
Die Klage hatte im wesentlichen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte u.a. aus:
Der Kläger könne die Pauschsätze der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) in Anspruch nehmen, obwohl er die Möglichkeit der Teilnahme an einer verbilligten Gemeinschaftsverpflegung gehabt habe. Der Kläger habe detailliert, in sich schlüssig und vom FA nicht bestritten vorgetragen, die ihm von der Bundeswehr preiswert zur Verfügung gestellte und von ihm auch bezahlte Gemeinschaftsverpflegung nicht in Anspruch genommen zu haben. Es sei daher davon auszugehen, daß er sich das Frühstück selbst bereitet, mittags gegen Bezahlung im Offiziersheim gegessen und in der Regel abends in auswärtigen Lokalen Abendbrot und darüber hinaus Getränke und gelegentlich Zwischenimbisse zu sich genommen habe.
Die von ihm berechneten durchschnittlichen Kosten entsprächen den Pauschsätzen der LStR und seien der Höhe nach nicht zweifelhaft. Diese Mehraufwendungen seien beruflich veranlaßt gewesen, da der Kläger von der Bundeswehr auf Lehrgänge abkommandiert worden sei bzw. aus dienstlichen Gründen einen doppelten Haushalt geführt habe.
Soweit der Kläger einen doppelten Haushalt geführt habe, habe es sich um "notwendige" Mehraufwendungen i.S. des Abschn.27 LStR gehandelt. Nach der zutreffenden Ansicht des FG Düsseldorf im Urteil vom 16.März 1984 VIII/II 630/79 E (Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 1985, 17) habe jeder Steuerpflichtige das Recht, auf eine kostenlose und verbilligte Gemeinschaftsverpflegung zu verzichten und sich auf eigene Kosten zu verpflegen, ohne daß es auf die Qualität der angebotenen Gemeinschaftsverpflegung oder die besonderen Bedürfnisse des Steuerpflichtigen hinsichtlich seiner Lebensführung ankomme. Die im konkreten Fall nicht wahrgenommene Möglichkeit der Teilnahme an einer verbilligten Gemeinschaftsverpflegung reiche nicht aus, um einem Steuerpflichtigen den Rückgriff auf die Pauschbeträge der LStR zu versagen.
Bei der Berechnung der Pauschsätze sei allerdings nicht von denen der LStR 1987 auszugehen, da diese für das Streitjahr 1986 nicht anwendbar seien. Entsprechend Abschn.25 Abs.6, Abschn.27 LStR 1984 seien daher Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwand von arbeitstäglich 37 DM für mehrtägige Dienstreisen, von 35 DM für doppelte Haushaltsführung in den ersten 14 Tagen und von 14 DM für die Folgezeit anzusetzen. Dem Kläger stünden somit 1 844 DM Verpflegungsmehraufwand als Werbungskosten zu. Da das FA in der Einspruchsentscheidung insoweit nur Aufwendungen von 717 DM berücksichtigt habe, seien dem Kläger weitere 1 127 DM Werbungskosten zuzuerkennen. Im übrigen sei die Klage abzuweisen.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung des § 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und der Anweisungen in Abschn.25 und 27 LStR 1984. Es führt u.a. aus:
Die Mehraufwendungen für Verpflegung aus Anlaß von Dienstreisen oder anläßlich einer doppelten Haushaltsführung seien ohne Einzelnachweis nicht pauschal anzuerkennen, wenn ihre Anwendung im Einzelfall zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führe, so z.B., wenn offensichtlich sei, daß dem Arbeitnehmer keine oder nahezu keine Aufwendungen für Verpflegung entstünden (Abschn.25 Abs.6 Nr.3 Buchst.e, bb, Abschn.27 Abs.1 Nr.6 LStR 1984). Der Bundesfinanzhof (BFH) habe im Urteil vom 25.Oktober 1985 VI R 15/81 (BFHE 145, 181, BStBl II 1986, 200) als Beispiel für eine offensichtlich unzutreffende Besteuerung gerade den Fall der Gemeinschaftsverpflegung angeführt.
Der Kläger habe nicht glaubhaft nachgewiesen, daß er nicht an der Gemeinschaftsverpflegung teilgenommen habe und daß ihm die für die Selbstverpflegung angegebenen Kosten tatsächlich entstanden seien. Da er die Gemeinschaftsverpflegung habe bezahlen müssen, sei davon auszugehen, daß er sie auch in Anspruch genommen habe. Die Teilnahme daran sei für ihn auch zumutbar gewesen, denn der habe sich nur während der Zeiträume vom 20.Mai bis 24.Mai, vom 25.August bis 19.September und vom 29.September bis 30.Oktober außerhalb der häuslichen Verpflegung befunden.
Im übrigen komme nach § 9 Abs.1 Nr.5 EStG i.V.m. Abschn.27 Abs.1 Nr.3 LStR beim Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung nur der Abzug "notwendiger" Mehraufwendungen für Verpflegung in Betracht. Werde Gemeinschaftsverpflegung gestellt und bezahlt und würden solche Leistungsangebote ohne zwingende Gründe abgelehnt, seien die dadurch entstehenden Mehraufwendungen nicht als "notwendig" i.S. des § 9 Abs.1 Nr.5 EStG anzusehen; sie seien den nichtabziehbaren Lebenshaltungskosten zuzuordnen.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats über den Wortlaut des § 9 Abs.1 Satz 1 EStG hinaus alle Aufwendungen, die durch den Beruf veranlaßt sind (Urteil vom 28.November 1980 VI R 193/77, BFHE 132, 431, BStBl II 1981, 368). Ausgaben für die Verpflegung gehören grundsätzlich zu den nach § 12 Nr.1 EStG nicht abziehbaren Kosten der allgemeinen Lebensführung. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind aber Verpflegungsmehraufwendungen insoweit als Werbungskosten anzuerkennen, als sie ganz überwiegend oder ausschließlich beruflich, insbesondere durch eine Dienstreise oder eine doppelte Haushaltsführung, veranlaßt sind (vgl. z.B. Urteile vom 14.August 1981 VI R 115/78, BFHE 134, 139, BStBl II 1982, 24, und vom 23.April 1982 VI R 30/80, BFHE 135, 515, BStBl II 1982, 500).
Das FG ist im Streitfall ohne Rechtsverstoß davon ausgegangen, daß der Kläger in der Zeit vom 29.September 1986 bis 30.Oktober 1986 aus dienstlichen Gründen einen doppelten Haushalt geführt hat. Denn er wohnte mit seiner Familie bis zum 30.Oktober 1986 in A, war jedoch ab 29.September 1986 als Soldat bei der Bundeswehr in H stationiert. Das FG hat sich ferner ohne Rechtsverstoß von der Erwägung leiten lassen, daß der Kläger in der Zeit vom 20.Mai bis 24.Mai 1986 eine Dienstreise von A nach H und in der Zeit vom 25.August bis 17.September 1986 eine Dienstreise von A nach H und anschließend vom 17.September bis 19.September nach F durchgeführt hat. Die Annahme einer doppelten Haushaltsführung und von Dienstreisen ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
Entgegen der Ansicht des FG stehen dem Kläger jedoch für Verpflegungsmehraufwand während der doppelten Haushaltsführung und auf den Dienstreisen wegen angebotener Gemeinschaftsverpflegung die Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwand nicht in vollem Umfang zu.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH dienen die in den LStR vorgesehenen Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen der Vereinfachung und gleichmäßigen Durchführung des Besteuerungsverfahrens. Im Rahmen dieser Zielsetzung werden sie auch von den Steuergerichten als Tatsachengrundlage angewandt, solange die Beträge nicht wegen der Eigenart des Einzelfalls zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führen. Ihre Nichtanwendung muß mithin angesichts ihres Zwecks auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 10.Dezember 1971 VI R 180/71, BFHE 104, 241, BStBl II 1972, 257). Bei Prüfung der Frage, ob ein solcher Ausnahmefall vorliegt, ist ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 135, 515, BStBl II 1982, 500 sowie in BFHE 145, 181, BStBl II 1986, 200).
2. Von diesen Grundsätzen ist auch im Streitfall auszugehen. Der Ansatz von Verpflegungsmehraufwand wird bezüglich der doppelten Haushaltsführung und der Dienstreisen des Klägers dadurch geprägt, daß ihm jeweils gegen Zahlung von arbeitstäglich 5 DM eine Gemeinschaftsverpflegung für Frühstück, Mittag- und Abendessen vom Arbeitgeber angeboten worden war. Für einen solchen Fall sieht Abschn.25 Abs.6 Nr.3 Buchst.c LStR 1984 bei Durchführung von Dienstreisen eine Kürzung der in Abs.6 Nr.3 Buchst.a genannten Pauschbeträge um höchstens 75 v.H. vor. Wird nämlich bei einer Dienstreise Verpflegung ganz oder teilweise unentgeltlich gewährt, so sind nach dieser Anweisung die in Betracht kommenden Pauschbeträge bei Gewährung eines Frühstücks um 15 v.H. und bei Gewährung eines Mittags- oder Abendessen um jeweils 30 v.H. des vollen Pauschbetrages zu kürzen; jedoch ist bei Anwendung des ermäßigten Pauschbetrages die Kürzung nur insoweit vorzunehmen, als dadurch 25 v.H. des in Betracht kommenden ermäßigten Pauschbetrages nicht unterschritten werden. Eine entsprechende Minderung sieht Abschn.27 Abs.1 Nr.3, 2.Halbsatz LStR 1984 auch für den Fall einer doppelten Haushaltsführung vor.
Der Senat hat keine Bedenken, auch diese Regelungen als Tatsachengrundlagen anzuwenden, solange die auf 25 v.H. gekürzten Pauschbeträge nicht wegen Besonderheiten des Einzelfalls zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen. Er läßt sich dabei von der Erwägung leiten, daß jeder beruflich veranlaßte Mehraufwand an Verpflegung mangels leicht feststellbarer und nachprüfbarer objektiver Umstände nur griffweise geschätzt werden kann und muß (BFH-Urteile in BFHE 134, 139, BStBl II 1982, 24, und in BFHE 145, 181, BStBl II 1986, 200). Da entsprechend der allgemeinen Lebenserfahrung auch bei der Inanspruchnahme einer Gemeinschaftsverpflegung in Form von Frühstück, Mittag- und Abendessen zusätzliche Verpflegungskosten für Getränke und eine zusätzliche Mahlzeit ―so insbesondere bei Bereitstellung der Gemeinschaftsverpflegung für ein Abendbrot nur bis 18 Uhr― anzufallen pflegen, hält der Senat die Schätzung eines beruflich veranlaßten Mehraufwands an Verpflegung in Höhe von 25 v.H. der für Dienstreisen und für die Führung eines doppelten Haushalts maßgebenden vollen Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwand für eine im Wege der Typisierung zulässige Schätzung, an die auch die Steuergerichte grundsätzlich gebunden sind.
Nach Ansicht des Senats widerspricht die Regelung in Abschn.25 Abs.6 Nr.3 Buchst.c, Abschn.27 Abs.1 Nr.3 LStR 1984 nicht den nachfolgenden Anweisungen in Abschn.25 Abs.6 Nr.3 Buchst.e, bb, Abschn.27 Abs.1 Nr.6 LStR 1984, wonach der Steuerpflichtige die tatsächlichen Ausgaben für Verpflegung u.a. dann im einzelnen nachzuweisen oder glaubhaft zu machen hat, wenn offensichtlich ist, daß dem Arbeitnehmer, wie etwa bei Teilnahme an einer Gemeinschaftsverpflegung, keine oder nahezu keine Aufwendungen für Verpflegung entstanden sind. Diese Anweisung bezieht sich ersichtlich nur auf die seltenen Ausnahmefälle, in denen dem Steuerpflichtigen bei Teilnahme an einer Gemeinschaftsverpflegung entgegen der Lebenserfahrung keine Mehrkosten an Getränken und zusätzlichen Mahlzeiten entstanden sind.
In diesem Sinne will offensichtlich auch die Finanzverwaltung ihre Anweisungen in Abschn.25 Abs.6 Nr.3 Buchst.e, bb LStR 1984 verstanden wissen. Denn sie hat in Abschn.39 Abs.3 Nr.2 Satz 2 der im Streitfall allerdings noch nicht anwendbaren LStR 1990 angeordnet, daß in Fällen, in denen bei Teilnahme an einer Gemeinschaftsverpflegung keine oder nur geringe Verpflegungsmehraufwendungen entstanden sind, diese Kosten im einzelnen nachgewiesen werden sollen; statt dessen können sie jedoch "im allgemeinen" auf mindestens 25 v.H. des in Betracht kommenden Pauschbetrages geschätzt werden. Der Senat erblickt in dieser Anweisung eine Klarstellung der entsprechenden Regelungen in den LStR der vorangegangenen Jahre dahingehend, daß bei Teilnahme an einer Gemeinschaftsverpflegung "im allgemeinen" 25 v.H. des in Betracht kommenden Mehrverpflegungspauschbetrages anzusetzen sind.
Von der in Abschn.39 Abs.3 Nr.2 Satz 2 LStR 1990 vertretenen Auffassung gingen schon der Finanzminister des Landes Rheinland-Pfalz im Erlaß vom 10.November 1986 S 2353/S 2352 A - 443 (Der Betrieb ―DB― 1986, 2518) und die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt in der Verfügung vom 27.Mai 1987 S 2359/S 2352 A - St II 30 (DB 1987, 1392) aus. Sie entsprach auch der Ansicht des FG Rheinland-Pfalz im Urteil vom 22.September 1986 5 K 109/86 (EFG 1987, 113), des FG Münster im Urteil vom 7.Mai 1987 IV 2759/85 E (EFG 1988, 17) und des FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, im Urteil vom 24.Juni 1987 II K 292/84 (EFG 1987, 618).
Soweit der Senat in den Urteilen in BFHE 135, 515, BStBl II 1982, 500 und in BFHE 145, 181, BStBl II 1986, 200 betont hat, die Anwendung der Pauschsätze für Verpflegungsmehraufwendungen müsse entfallen, wenn offensichtlich sei, daß dem Steuerpflichtigen, wie etwa bei Teilnahme an einer Gemeinschaftsverpflegung, keine oder nahezu keine Aufwendungen für die Verpflegung entstanden sind, hat der Senat dies in dem Sinne gemeint, wie es der vorgenannten Anweisung in Abschn.39 Abs.3 Nr.2 Satz 2 LStR 1990 entspricht.
3. Von dem Ansatz solcher um 75 v.H. gekürzten Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwand wegen Dienstreisen und doppelter Haushaltsführung ist auch dann auszugehen, wenn der Steuerpflichtige ―wie im Streitfall― behauptet, er habe an der ihm angebotenen Gemeinschaftsverpflegung nicht teilgenommen. Denn dies steht der Anwendung der gekürzten Pauschbeträge nach Abschn.25 Abs.6 Nr.3 Buchst.c, Abschn.27 Abs.1 Nr.3, 2.Halbsatz LStR 1984 nicht entgegen. Diese Anweisungen stellen lediglich darauf ab, ob bei Dienstreisen bzw. im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung dem Steuerpflichtigen die Verpflegung ganz oder teilweise unentgeltlich "gewährt", d.h. dem Kläger angeboten wurde (vgl. Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch in 6 Bänden, 3.Bd., Stichwort "gewähren"; Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 6 Bänden, 3.Bd., 1977, Stichwort "gewähren"). Die Anwendung dieser Regelung setzt mithin nicht voraus, daß der Steuerpflichtige das ihm Angebotene auch tatsächlich angenommen hat.
Diese typisierende Regelung ist von den Steuergerichten ebenfalls zu respektieren, da es der Finanzverwaltung und den Steuergerichten in der Regel unmöglich ist, hinreichend zu klären, ob der Steuerpflichtige entsprechend seinen Behauptungen die Gemeinschaftsverpflegung tatsächlich nicht in Anspruch genommen hat. Die Typisierung der Verwaltung ist insoweit auch nicht unbillig. Denn es steht dem Steuerpflichtigen jederzeit die Möglichkeit offen, die ihm wegen Nichtteilnahme an Gemeinschaftsverpflegung entstandenen Mehraufwendungen im einzelnen nachzuweisen. Der Senat folgt insoweit nicht der teilweise von der Verwaltung und den FG vertretenen Auffassung, es genüge für die Inanspruchnahme der vollen Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwand, wenn der Steuerpflichtige nachweise, daß er aus gesundheitlichen Gründen oder aus besonderem dienstlichen Anlaß, wie z.B. Abwesenheit, an einer kostenlosen Gemeinschaftsverpflegung nicht teilgenommen habe (vgl. z.B. Erlaß des Finanzministers des Landes Rheinland-Pfalz vom 10.November 1986, a.a.O.; FG Berlin, Urteil vom 23.Februar 1979 III 496/76, EFG 1979, 490; Niedersächsisches FG, Urteil vom 3.September 1986 IX 62/85, EFG 1987, 74).
4. Soweit der Arbeitnehmer für den Verpflegungsmehraufwand Kostenerstattung von seinem Arbeitgeber erhält, sind solche Beträge von den gekürzten Pauschbeträgen abzuziehen, da der dem Steuerpflichtigen entstandene Aufwand hierdurch insoweit wirtschaftlich gemindert wird. Das gilt auch für anteilige Beträge von aus öffentlichen Kassen gezahlten Reisekostenvergütungen, die nach § 3 Nr.13 EStG nicht der Einkommensteuer unterliegen. Ihre Verrechnung folgt aus der Vorschrift des § 3c EStG, nach der Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht als Werbungskosten abgezogen werden können.
Soweit der Steuerpflichtige Aufwendungen für die ihm angebotene Gemeinschaftsverpflegung getragen hat, sind sie dem gekürzten Pauschbetrag für Verpflegungsmehraufwand nach Abschn.25 Abs.6 Nr.3 Buchst.c, Abschn.27 Abs.1 Nr.3, 2.Halbsatz LStR 1984 als Werbungskosten hinzuzurechnen. Sie sind aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung neben diesen Pauschbeträgen abzuziehen, da letztere in Höhe von 25 v.H. unabhängig davon anzusetzen sind, ob die Verpflegung, wie hier die Gemeinschaftsverpflegung, ganz oder teilweise unentgeltlich gewährt wird. Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, daß der Richtliniengeber mit dem gekürzten Pauschbetrag die teilweise Entgeltlichkeit der dargebotenen Verpflegung mitabgegolten hat.
Beim Ansatz der gekürzten Pauschbeträge ist der Abzug einer Haushaltsersparnis nicht zulässig. Denn eine solche Ersparnis ist nach § 5 Abs.7, § 6 Satz 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) 1984 nur zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige seine tatsächlichen Aufwendungen für Verpflegung geltend macht (vgl. auch Abschn.25 Abs.6 Nr.3 Buchst.g und Abschn.27 Abs.3 Sätze 1 bis 3 LStR 1984).
5. Die Vorentscheidung ist aufzuheben, da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist.
Da dem Kläger in den Zeiten der doppelten Haushaltsführung vom 29.September bis 30.Oktober 1986 und während der Dienstreisen nach H und F Gemeinschaftsverpflegung angeboten worden war, standen ihm entgegen der Ansicht des FG nur 25 v.H. der für die doppelte Haushaltsführung und Dienstreisen nach Abschn.27 Abs.1 und Abschn.25 Abs.6 Nr.3 Buchst.a LStR 1984 genannten Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwand zu.
Entsprechend dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 13.November 1985 IV B 6 - S 2353 - 108/85 (BStBl I 1985, 646) ist abweichend von der Vorentscheidung für Mehraufwendungen für Verpflegung anläßlich einer beruflich veranlaßten doppelten Haushaltsführung für die ersten zwei Wochen seit Beginn der Tätigkeit am inländischen Beschäftigungsort ohne Einzelnachweis von einem Pauschbetrag von 42 DM täglich und für die Folgezeit ohne Einzelnachweis von einem Pauschbetrag von 16 DM täglich auszugehen. Diese Pauschbeträge sind gemäß Abschn.27 Abs.1 Nr.3, 2.Halbsatz i.V.m. Abschn.25 Abs.6 Nr.3 Buchst.c LStR 1984 auf 25 v.H. zu kürzen. Nach dem vorgenannten Schreiben des BMF vom 13.November 1985 ist entsprechend dem vom Kläger in 1986 bezogenen Jahresbruttoarbeitslohn von 48 396 DM für Mehraufwendungen für Verpflegung bei den von ihm durchgeführten mehrtägigen Dienstreisen nach H bzw. nach F ein Pauschbetrag von 44 DM täglich maßgebend, der nach Abschn.25 Abs.6 Nr.3 Buchst.c LStR 1984 ebenfalls auf 25 v.H. zu kürzen ist.
Die gekürzten Pauschbeträge sind zu erhöhen um den Betrag, den der Kläger arbeitstäglich für die Truppenverpflegung hat zahlen müssen und sie sind zu mindern um die vom Arbeitgeber für den Verpflegungsmehraufwand erstatteten Beträge. Da das FG hierzu keine Feststellungen getroffen hat, ist die Sache an das FG zurückzuverweisen, damit es diese Feststellungen nachholt und entsprechend den vorstehenden Grundsätzen entscheidet.
Fundstellen
BFH/NV 1990, 75 |
BStBl II 1990, 909 |
BFHE 161, 61 |
BFHE 1991, 61 |
BB 1990, 2100 |
BB 1990, 2100-2101 |
DB 1990, 2150-2151 (LT) |
DStR 1991, 976 (KT) |
HFR 1990, 690 (LT) |
StE 1990, 366 (K) |
WPg 1990, 22 (S) |
StRK, WK R.101 (LT) |
FR 1991, 19 (KT) |
RWP 1990, 1199 SG 1.3 3478 (T) |