Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewinnangemessenheitsprüfung auch bei familiärer Unterbeteiligung
Leitsatz (NV)
Bei einer Familiengesellschaft in Form einer Unterbeteiligung gelten für die Prüfung der Angemessenheit des Gewinnanteils des Unterbeteiligten die für typische stille Gesellschaften entwickelten Rechtsgrundsätze entsprechend (Anschluß an BFH-Urteile vom 29. März 1973 IV R 56/70, BFHE 109, 328, BStBl II 1973, 650, sowie vom 26. Juni 1974 I R 206/67, BFHE 113, 103, BStBl II 1974, 676).
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin ist Kommanditistin einer KG. Streitig ist, ob eine Gewinnbeteiligung, die sie ihrer Tochter, Frau E, der Beigeladenen, eingeräumt hat, in voller Höhe steuerlich anzuerkennnen ist.
Persönlich haftender Gesellschafter der KG war bis zu seinem Tod am . . . 1975 der Ehemann der Klägerin. Nach dessen Tod wurde die Gesellschaft zunächst von der Klägerin (Alleinerbin) als Kommanditistin und der gemeinsamen Tochter der Eheleute, Frau R, als persönlich haftender Gesellschafterin fortgesetzt. Am 4. November 1975 gründeten die beiden Gesellschafterinnen die X-GmbH. Mit dieser schlossen sie unter dem 3. Februar 1976 einen neuen Kommanditgesellschaftsvertrag dahingehend, daß die GmbH als neue persönlich haftende Gesellschafterin mit einer Kapitaleinlage von 1 000 DM in die KG aufgenommen wurde, während sich die bisherigen Gesellschafterinnen mit Kommanditeinlagen von 60 000 DM (Klägerin) und 40 000 DM (Frau R) beteiligten. Die persönlich haftende Gesellschafterin erhält neben Erstattung ihrer Aufwendungen eine Haftungsvergütung von 5 % ihres jeweiligen Stammkapitals. Kapitaleinlagen und Darlehensguthaben der Gesellschafter werden mit 5 % verzinst. Der restliche Gewinn (Verlust) ist mit 1/101 auf die persönlich haftende Gesellschafterin und mit je 50/101 auf die beiden Kommanditisten zu verteilen. Bei Ausscheiden eines Gesellschafters durch Kündigung, Tod oder aus anderen Gründen haben die verbleibenden Gesellschafter das Recht, das Unternehmen fortzuführen. In diesem Falle ist das Auseinandersetzungsguthaben des Ausgeschiedenen anhand der Steuerbilanz zu ermitteln. Stille Reserven einschließlich eines etwaigen Firmenwerts sind, anders als im Falle der Auflösung der Gesellschaft, nicht zu berücksichtigen (§ 19). Alleinige Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH ist die Klägerin. Tatsächlich ist sie jedoch in der Geschäftsführung nicht tätig. Die Leitung der Firma liegt ausschließlich in den Händen des Einzelprokuristen Herrn G.
Durch notariellen Vertrag vom 19. November 1979 räumte die Klägerin der Beigeladenen mit Wirkung vom 1. Juli 1979 an ihrer Kommanditbeteiligung eine Unterbeteiligung von 24 000 DM mit einem hierauf entfallenden Anteil am Gewinn und Verlust der KG von 20 % ein. Die Unterbeteiligte tritt nicht in unmittelbare Rechtsbeziehung zur KG, doch soll sie im Innenverhältnis zur Hauptbeteiligten so gestellt sein, als ob sie an der KG beteiligt wäre. Das Unterbeteiligungsverhältnis konnte mit sechsmonatiger Kündigungsfrist erstmals zum 31. Dezember 1983 und kann danach zum Ende jedes dritten folgenden Kalenderjahres gekündigt werden. Die Beigeladene hat dann einen Auseinandersetzungsanspruch nach Maßgabe des § 19 des Kommanditgesellschaftsvertrages. Bei Auflösung der KG richtet sich ihr Auseinandersetzungsanspruch nach demjenigen der Hauptbeteiligten. Eine Abtretung der Rechte aus der Unterbeteiligung sowie jede andere Verfügung darüber sind ihr nicht gestattet.
Das Finanzamt (- FA -) erkannte das Unterbeteiligungsverhältnis als atypische stille Gesellschaft (Mitunternehmerschaft) an, hielt jedoch die vereinbarte Gewinnbeteiligung der Beigeladenen für unangemessen. Es rechnete im Gewinnfeststellungsbescheid 1979 betreffend die Unterbeteiligungsgesellschaft der Beigeladenen entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) jahresbezogen nur 15 % des Gewinns der KG, mithin für die Zeit vom 1. Juli 1979 bis 31. Dezember 1979 7,5 % des Gewinns der KG zu. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Im Einspruchsverfahren änderte das FA den Bescheid dahingehend, daß die Gewinnbeteiligung der Beigeladenen nicht für ein halbes Jahr, sondern nur noch für die Zeit ab 19. November 1979 (Tag des notariellen Vertrags) in Ansatz gebracht wurde. Die 15 %-Grenze blieb unverändert. Der Gewinn aus der Hauptbeteiligung an der KG wurde mit . . . DM der Klägerin und mit . . . DM der Beigeladenen zugerechnet.
Auf die Klage änderte das Finanzgericht (FG) den Feststellungsbescheid 1979 in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend, daß der Gewinn in Höhe von . . . DM der Klägerin und in Höhe von . . . DM der Beigeladenen zugerechnet wurde. Im übrigen wies das FG die Klage ab. Das Gericht folgte damit dem Antrag der Klägerin insoweit, als es die Anwendung der 15 %-Grenze ablehnte und statt dessen die vertraglich vereinbarte Gewinnverteilung zugrunde legte. Der Rückwirkung des Vertrages auf den 1. Juli 1979 versagte das FG die Anerkennung.
Zur Begründung wird in dem Urteil im wesentlichen ausgeführt, der Vertrag vom 19. November 1979 beinhalte eine Schenkung der Mutter an ihre Tochter, Frau E (Beigeladene), zu der sich die Mutter als Alleinerbin ihres 1975 verstorbenen Ehemannes der bis dahin an der Familiengesellschaft nocht nicht beteiligten Tochter gegenüber verpflichtet gefühlt habe. Bedenken gegen die zivilrechtliche Wirksamkeit des notariell beurkundeten Vertrages bestünden nicht und würden auch vom FA nicht erhoben. Auch die tatsächliche Durchführung des Vereinbarten stehe nicht in Frage. Selbst wenn man sich der Rechtsprechung des BFH (Beschluß vom 29. Mai 1972 GrS 4/71, BFHE 106, 504, BStBl II 1973, 5) trotz vielfacher Kritik anschließe, sei damit für die Beurteilung des hier vorliegenden Unterbeteiligungsverhältnisses noch nichts gewonnen. Daß der Gesamtgewinn der KG unter deren Gesellschaftern nach den Kriterien der o. a. Rechtsprechung ,,richtig" verteilt und somit der Gewinnanteil der Klägerin angemessen sei, werde vom FA nicht bestritten. Nach dessen Ansicht sei hier allein das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin als Hauptbeteiligter und deren Tochter als Unterbeteiligter zu untersuchen. Hierfür gäben aber die vom BFH genannten Kriterien nichts her. Ein Unterbeteiligter sei - auch wenn er, wie vorliegend, wegen seiner Beteiligung am Verlust sowie an dem bei Auflösung der Gesellschaft vorhandenen Geschäftswert und anderer stiller Reserven als atypisch stiller Gesellschafter und demnach als Mitunternehmer angesehen werde - in dem hier allein interessierenden Verhältnis zum Hauptbeteiligten nicht Partner eines auf gemeinsame Gewinnerzielung gerichteten Personenzusammenschlusses, sondern lediglich Teilhaber (im Innenverhältnis) bzw. Nutznießer an einer solchen Beteiligung eines anderen. Deswegen versagten hier die Maßstäbe, an denen der BFH die Angemessenheit der Gewinnverteilung zwischen den an einer Personengesellschaft unmittelbar Beteiligten messe.
Zwar habe der Große Senat des BFH in seiner genannten Entscheidung ausgeführt, die von ihm zuvor entwickelten Grundsätze seien für atypisch stille Beteiligungen entsprechend anzuwenden. Dies möge bei stillen Beteiligungen an einem bisher als Einzelunternehmen geführten Betrieb zu annehmbaren Ergebnissen führen, weil dort eine Gewichtung der nur kapitalmäßigen (Unter-)Beteiligung im Verhältnis zu den übrigen das Betriebsergebnis beeinflussenden Faktoren möglich sei. Bei der stillen Beteiligung einer im wesentlichen selbst nur kapitalmäßig ausgerichteten Kommanditbeteiligung müsse dieser Prüfungsmaßstab aber versagen. Beschränke man trotzdem den Gewinnanteil des Unterbeteiligten auf die vom BFH für richtig gehaltene Festrendite von 15 %, so führe das zu einer Umverteilung zugunsten des Hauptbeteiligten, obwohl dieser in dem hier allein interessierenden Innenverhältnis der Unterbeteiligten so zu stellen verpflichtet sei, als ob er an der Gesellschaft als Kommanditist beteiligt wäre, so daß von einer Gleichwertigkeit der beiden Positionen auszugehen sei.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung des § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die vom BFH entwickelten Grundsätze zur Gewinnverteilung seien entgegen der Auffassung des FG auch dann anzuwenden, wenn Haupt- und Unterbeteiligte ihren Gewinn nur aus dem Kapitaleinsatz erzielten. Das FA beantragt sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision. Sie hebt insbesondere hervor, daß es sich bei der Schenkung der Unterbeteiligung an die Beigeladene um einen Ausgleich dafür gehandelt habe, daß die andere Tochter der Klägerin im Erbwege nach deren Vater Gesellschafterin der KG geworden sei. Das FA habe bei seiner Argumentation zudem übersehen, daß während der Laufzeit der Unterbeteiligung die Beigeladene an allen entstehenden Gewinnen aus stillen Reserven und Verlusten beteiligt sei und daß die Beigeladene darüber hinaus in den Fällen der Auflösung der KG und des Ausscheidens der Klägerin im selben Verhältnis an deren Auseinandersetzungsguthaben beteiligt sei (§ 4 des Unterbeteiligungsvertrages).
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.
Wie der BFH mehrfach entschieden hat, unterliegt in einer als mitunternehmerschaftlichen Unterbeteiligung gestalteten Familiengesellschaft die Gewinnverteilung einer Angemessenheitsprüfung zur Abgrenzung privater Zuwendungen des Hauptbeteiligten von originären (auf der Gesellschafterstellung beruhenden) Einkünften der Unterbeteiligten. Dabei kann der unentgeltliche Erwerb der Unterbeteiligung nicht außer Betracht bleiben.
Nach dem Beschluß des Großen Senats des BFH in BFHE 106, 504, BStBl II 1973, 5 sind nur die dem unentgeltlich eingeräumten Gesellschaftsanteil angemessenen Gewinnanteile als eigene Einkünfte des Kindes anzusehen. Der darüber hinausgehende Gewinnanteil wird als private Zuwendung unter Familienangehörigen behandelt und steuerlich den Zuwendenden zugerechnet.
Als ,,angemessen" hat der Große Senat nur diejenigen Gewinnanteile anerkannt, die auf einer Gewinnverteilungsabrede beruhen, bei der sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf längere Sicht eine durchschnittliche Rendite von nicht mehr als 15 % des tatsächlichen Werts der Beteiligung ergibt. Diese Grundsätze sind nach der Rechtsprechung des BFH in gleicher Weise nicht nur auf atypische stille Gesellschaften anzuwenden, sondern treffen auch auf Familiengesellschaften zu, die in der Form von Unterbeteiligungen gegründet werden. Dies wurde insbesondere zu einem dem vorliegenden Sachverhalt sehr ähnlich liegenden Fall durch Urteil vom 26. Juni 1974 I R 206/67 (BFHE 113, 103, BStBl II 1974, 676) entschieden.
Der zu entscheidende Fall gibt keine Veranlassung, diese Grundsätze, die von mehreren Senaten des BFH bis in die jüngste Zeit angewendet wurden (u. a. Urteil vom 24. Juli 1986 IV R 103/83, BFHE 147, 495, BStBl II 1987, 54, und Urteil vom 31. Mai 1989 III R 91/87, BFHE 158, 16, BStBl II 1990, 10) in Frage zu stellen. Insbesondere schlägt das Argument nicht durch, die Unterbeteiligung sei ebenso wie die Hauptbeteiligung nur eine kapitalmäßige und sei deshalb, was die Gewinnanteile anbelange, mit der Hauptbeteiligung - quasi als deren Ausschnitt - gleichzubehandeln. Sowohl das FG als auch die Klägerin übersehen dabei, daß die Unterbeteiligung nicht einen in jeder Beziehung vollwertigen Teil der Hauptbeteiligung darstellt. Bei Kündigung der Unterbeteiligung sollte sich der Auseinandersetzungsanspruch nach Maßgabe des § 19 des Kommanditgesellschaftsvertrages, d. h. unter Außerachtlassung der stillen Reserven und eines etwaigen Firmenwerts berechnen. Die Klägerin hatte mithin die rechtliche Möglichkeit, zeitlich vor einer etwa geplanten Auflösung der Gesellschaft die Unterbeteiligung zu kündigen mit der Folge, daß der Beigeladenen ein Auseinandersetzungsanspruch nur nach Maßgabe der Steuerbilanz - ohne stille Reserven und eventuellen Firmenwert - zugestanden hätte. Die gesamten stillen Reserven der KG wären sodann bei deren Auflösung der Klägerin und den anderen Hauptbeteiligten erhalten geblieben.
Außer Betracht bleiben muß auch das behauptete Motiv für die unentgeltliche Einräumung der Unterbeteiligung, nämlich der Wille der Klägerin, die bessere Stellung der anderen Tochter auszugleichen. Aus einer solchen Motivation kann nicht - wie die Klägerin meint - zwingend gefordert werden, eine Kündigung des Unterbeteiligungsvertrages werde seitens der Klägerin nicht ausgesprochen werden. Gerade der Umstand, daß der Klägerin nach dem Vertrag das Kündigungsrecht mit der oben bezeichneten Folge offengehalten wurde, deutet darauf hin, daß eine volle Gleichstellung mit der anderen Tochter der Klägerin (Frau R) offenbar nicht gewollt war. Wäre das, was die Klägerin nunmehr als selbstverständlich darstellt, nämlich eine endgültige Rechtseinräumung beabsichtigt gewesen, so hätte es nahegelegen, die Hauptbeteiligung der Klägerin ganz oder teilweise zu übertragen.
Fundstellen
Haufe-Index 417172 |
BFH/NV 1991, 365 |