Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Zwangsbetriebsaufgabe eines land- und forstwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs durch Umbau der Stallgebäude
Leitsatz (NV)
1. Der Umbau und die Vermietung von Stallgebäuden zu Zwecken einer Schreinerei ist zumal dann keine zu einer Betriebsaufgabe zwingende Umgestaltung wesentlicher Betriebsgrundlagen eines verpachteten land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, wenn die Viehhaltung mit der Verpachtung aufgegeben wurde.
2. Selbst wenn die Umbauten zu einer dauerhaften Umgestaltung der Stallgebäude geführt haben sollten, so führen solche Nutzungsänderungen auch in Fällen der Betriebsverpachtung weder zu einer Betriebsaufgabe noch zur Zwangsentnahme der bebauten Flächen (Anschluss an BFH-Urteile vom 22. August 2002 IV R 57/00, BFHE 200, 236, BStBl II 2003, 16 und vom 25. November 2004 IV R 51/03, BFH/NV 2005, 547).
Normenkette
EStG § 16 Abs. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, den er von seiner Tante mit Vertrag vom 15. Juni 1988 im Wege vorweggenommener Erbfolge übernommen hatte. Auf diesem Hof hatte der Onkel des Klägers bis 1973 Ackerbau und bis zum April 1974 Viehzucht betrieben. Danach wurden die landwirtschaftlichen Flächen parzellenweise an 3 bis 5 Personen verpachtet und die Hofstelle zu eigenen und fremden Wohnzwecken genutzt bzw. an andere Landwirte und Gewerbetreibende vermietet. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft wurden bis einschließlich 1996 durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt.
Im Wirtschaftsjahr 1989/1990 baute der Kläger mit einem Aufwand von ca. 200 000 DM den überwiegenden Teil der Stallgebäude für den Betrieb einer Schreinerei um und vermietete ihn entsprechend. Die Gebäude wurden unter der Bezeichnung "Schreinerei" in den Bilanzen zum 30. Juni 1993 und 30. Juni 1994 als Teil des Anlagevermögens aufgeführt. Die Scheunen auf dem Hofgelände wurden ebenso wenig wie der äußere Gebäudezuschnitt verändert. Das Wohnhaus wird mit Ausnahme der Altenteilerwohnung seit 1998 vom Kläger selbst genutzt. Nach Veräußerung mehrerer Grundstücke verblieben dem Kläger zum 1. Januar 1998 noch landwirtschaftliche Flächen von ca. 15 ha.
Auf Anfragen des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) erklärten die Rechtsvorgänger des Klägers 1987 und am 21. April 1990 auch der Kläger selbst, dass der Betrieb mit der Verpachtung nicht aufgegeben sei, sondern bis zu einem späteren Zeitpunkt fortgeführt werde. Über eine etwaige Umgestaltung der wesentlichen Betriebsgrundlagen sollte das FA informiert werden. Tatsächlich erfuhr das FA von dem Umbau der Gebäude erst durch das Schreiben eines neu vom Kläger beauftragten Beraters vom 11. April 1997, der von einer Zwangsaufgabe des Betriebs ausging und die Pachteinnahmen für das Jahr 1993 (Streitjahr) erstmals als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung behandelt wissen wollte.
Das FA ging auch für das Streitjahr weiterhin von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft aus und erließ den angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheid. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 1378 veröffentlicht.
Mit seiner dagegen gerichteten Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
Er trägt vor, im Streitfall sei von einer Zwangsbetriebsaufgabe auszugehen, denn die Hofstelle sei als wesentliche Betriebsgrundlage derart umgestaltet worden, dass sie auch künftig einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nicht mehr dienen könne. Der Mieter der umgebauten Stallungen betreibe eine Schreinerei und erziele daraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Hofstelle könne daher nicht mehr Grundlage eines wiedereröffneten, wirtschaftlich identischen land- und forstwirtschaftlichen Betriebs sein. Mit Vollendung des Umbaus sei der Betrieb daher aufgegeben worden, ohne dass es einer besonderen Aufgabeerklärung bedurft hätte.
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Feststellungsbescheid für 1993 über Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft vom 14. Mai 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 2001 aufzuheben.
Das FA beantragt die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Umbau der Ställe in Gebäude, die den Bedürfnissen einer Schreinerei dienen, nicht zu einer Aufgabe des verpachteten land- und forstwirtschaftlichen Betriebs des Klägers geführt hat.
1. Der Kläger erzielte auch im Streitjahr Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft.
a) Unstreitig gehen die Beteiligten davon aus, dass der Onkel des Klägers den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb weder mit der Einstellung des Ackerbaus im Jahre 1973 oder der Beendigung der Viehzucht im Jahre 1974 noch mit der parzellenweisen Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen an verschiedene Landwirte aufgegeben hat. Der Betrieb wurde vielmehr mit dem Recht, jederzeit die Betriebsaufgabe zu erklären, in anderer Form fortgeführt (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- seit dem Urteil des Großen Senats des BFH vom 13. November 1963 GrS 1/63 S, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124; zuletzt Senatsurteil vom 28. August 2003 IV R 20/02, BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10, zu II.1. der Entscheidungsgründe. Diese sog. Betriebsverpachtungsgrundsätze gelten auch für die im Streitfall erfolgte parzellierte Verpachtung der Flächen als den wesentlichen Grundlagen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs (ständige Rechtsprechung des Senats seit dem Urteil vom 15. Oktober 1987 IV R 66/86, BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260; zuletzt Urteil vom 22. August 2002 IV R 57/00, BFHE 200, 236, BStBl II 2003, 16, zu 1.a. der Entscheidungsgründe, m.w.N.). Dass die Hofstelle in einem solchen Fall der parzellierten Verpachtung mitverpachtet wird, ist --worauf das FG zutreffend hingewiesen hat-- nicht erforderlich; die fehlende Mitverpachtung ist für die Anwendung der Betriebsverpachtungsgrundsätze unschädlich (Senatsurteil vom 26. Juni 2003 IV R 61/01, BFHE 202, 525, BStBl II 2003, 755, zu 3.b. der Entscheidungsgründe, m.w.N.).
b) Auch durch den Erbfall wurde der Betrieb nicht aufgegeben. Vielmehr ging das Wahlrecht des Verpächters, jederzeit die Betriebsaufgabe zu erklären, auf den jeweiligen Rechtsnachfolger, also zunächst auf die Tante und später auf den Kläger, über (s. etwa Senatsurteil vom 28. November 1991 IV R 58/91, BFHE 167, 19, BStBl II 1992, 521, zu 2.b. der Entscheidungsgründe, m.w.N.). Auch hiervon ist das FG zutreffend ausgegangen und hat festgestellt, dass weder der Kläger noch seine Rechtsvorgänger eine Betriebsaufgabeerklärung abgegeben haben; sie haben im Gegenteil mehrfach dem FA gegenüber ausdrücklich erklärt, dass der Betrieb nicht aufgegeben werden solle.
c) Das Wahlrecht entfällt aber, wenn anlässlich oder während der Verpachtung die wesentlichen Betriebsgrundlagen so umgestaltet werden, dass sie nicht mehr in der bisherigen Form genutzt werden können. Denn die identitätswahrende Fortführung des Betriebs ist an den Fortbestand der verpachteten wesentlichen Betriebsgrundlagen gebunden. Werden diese so umgestaltet, dass ihre Nutzung in der bisherigen Form unmöglich wird, so entfällt die Möglichkeit der Betriebsfortführung. In diesem Fall stellt der Verpächter die unternehmerische Tätigkeit endgültig ein (vgl. Senatsurteile in BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260; vom 28. September 1995 IV R 39/94, BFHE 179, 75, BStBl II 1996, 276, und vom 18. März 1999 IV R 65/98, BFHE 188, 310, BStBl II 1999, 398; s. auch BFH-Beschluss vom 8. Mai 2000 X B 142/99, BFH/NV 2001, 16).
2. Entgegen der Auffassung der Revision liegt im Streitfall eine derartige, zu einer Betriebsaufgabe zwingende Umgestaltung wesentlicher Betriebsgrundlagen jedoch nicht vor.
a) Dabei kann dahinstehen, ob die Hofstelle --wie der Kläger meint-- eine wesentliche Grundlage des verpachteten Betriebs ist und als solche nicht unbeschadet verändert werden durfte. Der erkennende Senat jedenfalls hat aus dem erwähnten Umstand (s. unter 1.a.), dass eine Hofstelle nicht unabdingbare Voraussetzung für die steuerrechtliche Anerkennung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ist, gefolgert, dass auch die Zerstörung und die Veräußerung einer Hofstelle nicht zur Zwangsaufgabe eines kurzzeitig unterbrochenen oder verpachteten Betriebs führt (Senatsurteil in BFHE 202, 525, BStBl II 2003, 755 unter 3.a. und b. der Entscheidungsgründe).
b) Dies gilt erst recht im Streitfall, in dem nicht die gesamte Hofstelle von einer Umgestaltung betroffen war. Nach den mit Revisionsrügen nicht angegriffenen und den Senat daher bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) wurde nämlich nur der überwiegende Teil der Stallgebäude für die Bedürfnisse einer Schreinerei umgebaut und entsprechend vermietet. Diese Umbaumaßnahmen stehen einer identitätswahrenden Fortführung des verpachteten Betriebs nach Wiederaufnahme der aktiven Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen durch den Kläger oder einen Rechtsnachfolger schon deshalb nicht entgegen, weil der Onkel des Klägers die Viehzucht anlässlich der Verpachtung eingestellt hatte. Die Stallgebäude wurden daher nicht mehr benötigt.
Mit der Aufgabe der Viehzucht haben die Stallungen ihre Eigenschaft als wesentliche Betriebsgrundlage eingebüßt. Ihre Verwendung zu anderen Zwecken steht damit der Wiederaufnahme des landwirtschaftlichen Betriebs nicht entgegen, der im Zeitpunkt der Verpachtung auf den reinen Ackerbau beschränkt war. Die während der Verpachtung vom Kläger vorgenommenen Umbaumaßnahmen entsprechen daher ungeachtet ihres Umfangs den betriebswirtschaftlichen Erfordernissen (s. auch Senatsurteil in BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260, zu 5.a. der Entscheidungsgründe). Auch wenn man es mit dem FG für möglich halten sollte, dass die Viehzucht erst einige Monate nach Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen eingestellt worden sein sollte --entsprechende Tatsachenfeststellungen zum Zeitpunkt der erstmaligen Verpachtung fehlen insoweit--, kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die Viehhaltung im Zusammenhang mit der Verpachtung der landwirtschaftlich genutzten Flächen aufgegeben wurde. Verpachtet wurden daher die wesentlichen Grundlagen eines Ackerbaubetriebs. Das FG hat im Übrigen zutreffend auf die Rechtsprechung des Senats verwiesen, wonach auch dem Verpächter das Recht des aktiven Landwirts zugestanden wird, seinen Betrieb während der Verpachtung umzugestalten (BFH-Urteile in BFHE 188, 310, BStBl II 1999, 398, unter 3.c. der Entscheidungsgründe, und vom 21. September 2000 IV R 29/99, BFH/NV 2001, 433, zu 5. der Entscheidungsgründe).
c) Das FA hat in seiner Erwiderung zur Revisionsbegründung darauf hingewiesen, dass die Stallungen auch nach ihrem Umbau in einem fortgeführten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb noch sinnvoll genutzt werden könnten. Selbst wenn diese Umbauten jedoch zu einer dauerhaften Umgestaltung der Stallgebäude geführt haben sollten, sind diese Maßnahmen nicht anders zu beurteilen, als etwa eine Bebauung landwirtschaftlicher Flächen mit Wohngebäuden zum Zwecke der Vermietung. Nach der Rechtsprechung des Senats führen solche Nutzungsänderungen auch in Fällen der Betriebsverpachtungweder zu einer Betriebsaufgabe noch zur Zwangsentnahme der bebauten Flächen (zuletzt Senatsurteil vom 25. November 2004 IV R 51/03, juris, m.w.N.). Zwar waren diese Gebäude nach dem Umbau nicht mehr dem notwendigen Betriebsvermögen der Landwirtschaft zuzuordnen und hätten daher als gewillkürtes Betriebsvermögen jederzeit entnommen werden können; nach den Feststellungen des FG sind die umgebauten Stallungen jedoch nicht entnommen, sondern in den Bilanzen zum 30. Juni 1993 und zum 30. Juni 1994 als Teil des Anlagevermögens aufgeführt worden.
3. Auch die weiteren Einwendungen der Revision greifen im Streitfall nicht durch.
a) Selbst wenn man dem Kläger in der Beurteilung der Stallgebäude als wesentlicher Betriebsgrundlage des Verpachtungsbetriebs folgen wollte, ist es ohne Bedeutung, dass der Mieter der umgebauten Stallungen als Schreiner Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Der erkennende Senat hat mit Urteil in BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10 seine früher vertretene Rechtsauffassung aufgegeben, wonach die Betriebsverpachtungdie Fortführung des bisherigen Betriebs durch ein branchengleiches Unternehmen voraussetzt (s. noch Senatsurteil vom 26. Juni 1975 IV R 122/71, BFHE 116, 540, BStBl II 1975, 885). Bei einer parzellenweisen Verpachtung unter gesonderter Vermietung von Teilen der Hofstelle muss dies umso mehr gelten. Denn dort wird der Betrieb nicht durch einen einzigen Pächter fortgeführt. Maßgebend ist vielmehr allein, ob die Nutzungsüberlassungen einer Fortführung des landwirtschaftlichen Betriebs zu einem späteren Zeitpunkt entgegenstehen. Dies hat das FG im Streitfall zu Recht verneint. Unter diesem Gesichtspunkt hat der erkennende Senat selbst eine gewerbliche Vermietung durch einen Land- und Forstwirt als unschädlich beurteilt, so lange dies die spätere Fortführung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs nicht ausschließt (Senatsurteil in BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260, zu 5.a. der Entscheidungsgründe).
b) Zu Unrecht beruft sich der Kläger im Übrigen mehrfach auf die Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Koblenz vom 16. Oktober 1997 - S 2230 A - St 34 2 (Haufe Steuer Office). Diese zur "Verpachtung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs im Ganzen" ergangene Verwaltungsanweisung besagt zwar, dass die Wirtschaftsgebäude einschließlich der Hofstelle eine wesentliche Betriebsgrundlage sein können; sie hält aber dann eine andere Beurteilung für geboten, wenn diese Gebäude für die Bewirtschaftung des Verpächterbetriebs im Zeitpunkt der Verpachtung nicht mehr von Bedeutung sind und führt als Beispiel namentlich die Stallgebäude auf, die nach Abschaffung der Viehhaltung ihre Eigenschaft als wesentliche Betriebsgrundlage verlieren (s. Nr. 3.3. der OFD-Verfügung, a.a.O.). Dies entspricht der Rechtsauffassung, die dem angefochtenen Urteil des FG zu Grunde liegt und die der erkennende Senat teilt.
Fundstellen
Haufe-Index 1345129 |
BFH/NV 2005, 1046 |
HFR 2005, 959 |
EStB 2005, 248 |
AuUR 2009, 38 |