Leitsatz (amtlich)
Wird ein durch Übereignung des Grundstückes vollzogener Erwerbsvorgang wegen Nichterfüllung von Vertragsbedingungen aufgrund eines durch Auflassungsvormerkung gesicherten Rechtsanspruches des Veräußerers rückgängig gemacht, so ist die Grunderwerbsteuer auf den Rückerwerb auch dann nicht zu erheben, wenn die Rückübereignung durch einen Dritterwerber vorgenommen wird, dessen Erwerb wegen § 883 Abs. 2 BGB relativ unwirksam ist.
Normenkette
GrEStG Bayern § 17 Abs. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Am 16. September 1971 erwarb A, Inhaber der Firma Bekleidungswerk A, von der Gemeinde X zwei Grundstücke und verpflichtete sich, darauf innerhalb einer bestimmten Frist einen Erweiterungsbau für eine vorhandene Betriebsstätte zu errichten. Für den Fall der Nichterfüllung dieser Verpflichtung behielt sich die Verkäuferin das Recht zum Wiederkauf der Grundstücke vor, welches durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung gesichert werden sollte.
Am 7. Dezember 1972 erklärte A die Umwandlung seines Unternehmens in eine Aktiengesellschaft gemäß §§ 50 ff. des Umwandlungsgesetzes (UmwG) vom 6. November 1969 unter gleichzeitiger Gründung der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin). In der der Umwandlungserklärung beigefügten Übersicht gemäß § 52 Abs. 4 UmwG wurden die von der Gemeinde X erworbenen Grundstücke als Teil des Geschäftsvermögens aufgeführt, welches auf die Klägerin übertragen wurde. Laut Vermögensübersicht wurden ferner mitübertragen alle Ansprüche und Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag mit der Gemeinde X einschließlich der Verpflichtung zur Erweiterung der Betriebsstätte und der Belastung mit dem Wiederkaufsrecht der Gemeinde. Den Erwerb der Grundstücke durch die Klägerin stellte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) gemäß Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a des (bayerischen) Gesetzes über Grunderwerbsteuerbefreiung bei Änderung der Unternehmensform und bei Betriebsinvestitionen in volkswirtschaftlich förderungsbedürftigen Gebieten vom 28. Juni 1977 (UmwInvGrEStG) von der Grunderwerbsteuer frei.
Die Gemeinde X wurde aufgelöst und in die Stadt Y eingegliedert.
Da die Grundstücke nicht fristgerecht bebaut wurden, veräußerte die Klägerin mit Vertrag vom 28. November 1978 "auf Grund des der Gemeinde X ... eingeräumten Wiederkaufsrechts" die Grundstücke an die Stadtgemeinde Y und ließ sie an diese auf. Die Stadt Y bewilligte die Löschung der eingetragenen Auflassungsvormerkung.
Den Antrag der Klägerin, die Steuer für diesen Erwerbsvorgang gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes in der in Bayern geltenden Fassung (GrEStG) nicht zu erheben, lehnte das FA ab und setzte gegen die Klägerin Grunderwerbsteuer fest. Im Einspruchsverfahren gegen die Steuerfestsetzung vertrat die Klägerin die Auffassung, daß § 17 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG die Identität der Vertragsparteien nicht voraussetze. Es reiche für die Anwendung der Vorschrift aus, wenn der ursprüngliche Veräußerer das Grundstück zurückerwerbe und dieser Rückerwerb auf einem Rechtsanspruch aus dem ursprünglichen Verpflichtungsgeschäft beruhe. Jedenfalls sei § 17 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG aber dann anwendbar, wenn -- wie vorliegend -- zwischen Erwerb und Rückerwerb eine steuerfreie Gesamtrechtsnachfolge auf seiten des ursprünglichen Erwerbers eingetreten sei. Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück.
Auf die Klage hat das Finanzgericht (FG) den Grunderwerbsteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung aufgehoben.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die fehlerhafte Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG.
Entscheidungsgründe
Seine Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen. Die Entscheidung des FG ist im Ergebnis richtig.
Entgegen der Auffassung des FA sind die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG sämtlich erfüllt. Nach dieser Vorschrift werden die Grunderwerbsteuer sowohl für den Rückerwerb eines Grundstükkes als auch die Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang nicht erhoben, wenn die Vertragsbedingungen des Rechtsgeschäfts, das den Anspruch auf Übereignung begründet hat, nicht erfüllt werden und das Rechtsgeschäft deshalb aufgrund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird. Das ist hier der Fall.
Zwischen der Gemeinde X und A war seinerzeit ein Wiederkaufsrecht für den Fall vereinbart worden, daß A die erworbenen Grundstücke nicht innerhalb von drei Jahren mit Betriebsgebäuden bebaute. Der bedingte Rückauflassungsanspruch war durch Auflassungsvormerkung gesichert worden. Die Gemeinde X (später die Stadt Y als Rechtsnachfolgerin) konnte die Rückauflassung nach Ausübung des Wiederkaufsrechts auch nach einer Weiterveräußerung der Grundstücke durch A fordern. Ein Dritterwerber war verpflichtet, seine Zustimmung zur Rückauflassung zu erteilen (vgl. § 888 Abs. 2 i. V. m. § 883 Abs. 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches -- BGB --). Es bedarf keiner weiteren Erörterung, daß in einem solchen Falle der Erwerbsvorgang rückgängig gemacht worden wäre, und zwar zwischen den Vertragspartnern unter (erzwingbarer) Zustimmung des Dritterwerbers.
Das Ergebnis kann aber kein anderes sein, wenn die Vertragspartner der beiden Erwerbsverträge den Weg der direkten Rückauflassung durch den Dritterwerber wählen, der nach § 267 Abs. 1 BGB zulässig ist (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 41. Aufl., § 888 Anm. 3a aa). Denn auch in diesem Fall werden sowohl der erste als auch der zweite Erwerbsvorgang aufgrund der Ausübung des Wiederkaufsrechts rückgängig gemacht. Das Wiederkaufsrecht wirkt über die Auflassungsvormerkung auch auf den zweiten Erwerbsvorgang ein. Daß die direkte Rückübertragung eines Grundstücks von dem Dritterwerber auf den Erstveräußerer der Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG bei Erfüllung der übrigen Voraussetzungen nicht entgegensteht, folgt aus der bisherigen Rechtsprechung (vgl. vor allem das Urteil des Reichsfinanzhofs -- RFH -- vom 22. Dezember 1931 II A 599/31, RFHE 30, 109).
Im vorliegenden Fall ist durch die Ausübung des Wiederkaufsrechtes seitens der Stadt Y auch der Erwerb der Grundstücke durch die Klägerin von A rückgängig gemacht worden; dies folgt daraus, daß die Klägerin wegen der relativen Unwirksamkeit des Eigentumsüberganges auf sie infolge des Bestehens der Auflassungsvormerkung das erlangte formale Grundstückseigentum nicht hat behalten können. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß die Verpflichtung des A auf fristgemäße Bebauung der erworbenen Grundstücke und Rückübertragung bei Ausübung des Wiederkaufsrechts nach § 55 Abs. 1 Satz 2 UmwG auf die Klägerin übergegangen ist. Die Stadt Y konnte deshalb das Wiederkaufsrecht auch unmittelbar gegenüber der Klägerin geltend machen, ohne daß es der Auflassungsvormerkung bedurft hätte.
Im Ergebnis bleibt festzuhalten, daß durch die Ausübung des Wiederkaufsrechts seitens der Stadt Y sowohl der Verkauf der Grundstücke durch die Gemeinde X an A als auch die Einbringung der Grundstücke durch A in die Klägerin im Wege der Umwandlung wegen Nichterfüllung der Vertragsbedingungen (Bebauungsverpflichtung) i. S. des § 17 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG rückgängig gemacht worden ist. Aus dem vom FA angeführten zu § 17 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG ergangenen Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16. Januar 1963 II 58/61 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1964, 241) ergibt sich nichts anderes.
Fundstellen
Haufe-Index 74504 |
BStBl II 1983, 140 |
BFHE 1982, 92 |