Leitsatz (amtlich)
Werden die Rechte aus einem Bausparvertrag vor dem Ablauf der Sperrfrist zur Erlangung eines Kredits abgetreten, so ist die Abtretung prämienschädlich, auch wenn die erlangten Mittel zur Einzahlung auf den Bausparvertrag verwendet werden.
Normenkette
WoPG 1960 § 2 Abs. 2
Tatbestand
Der Revisionsbeklagte hat im November 1962 einen Bausparvertrag mit einer Bausparkasse geschlossen und in den Jahren 1962, 1963 und 1964 Beiträge geleistet. Im Mai 1964 wurde die Vertragssumme auf 106 000 DM erhöht. Um von der Bausparkasse einen Zwischenkredit zu erhalten, füllte der Revisionsbeklagte sein Bausparguthaben durch Einzahlung von 42 145 DM auf, die er bei einer Bank als Darlehen aufgenommen und zu dessen Sicherung er der Bank einen Teilbetrag von 99 000 DM aus seinen Ansprüchen aus dem Bausparvertrag abgetreten hatte. Den Zwischenkredit der Bausparkasse verwandte der Revisionsbeklagte zur Rückzahlung des Bankdarlehens vier Tage nach der Aufnahme und zum Ankauf eines Mietwohngrundstückes.
Den Antrag des Revisionsbeklagten, ihm für die im Jahre 1963 geleisteten Beiträge eine Wohnungsbau-Prämie von 400 DM zu gewähren, lehnte das FA ab, weil die Abtretung der Ansprüche aus dem Bausparvertrag an die Bank ein prämienschädlicher Vorgang gewesen sei. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Das FG, dessen Urteil auszugsweise in EFG 1967, 65 veröffentlicht ist, gewährte dem Revisionsbeklagten die Wohnungsbau-Prämie. Es sah die Abtretung (Beleihung) der Ansprüche aus dem Bausparvertrag als unschädlich an, weil der Bankkredit letztlich zum Wohnungsbau, also zu dem begünstigten Zweck verwendet worden sei.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision muß zur Aufhebung der Vorentscheidung führen.
Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 des Wohnungsbau-Prämiengesetzes (WoPG) 1960 sind Beiträge an Bausparkassen zur Erlangung von Baudarlehen nicht begünstigt, wenn sie unmittelbar oder mittelbar in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Aufnahme eines Kredits stehen. Diese Voraussetzung ist zwar für den im Jahre 1964 geleisteten "Auffüllungsbeitrag" erfüllt, nicht aber auch für den Beitrag, den der Revisionsbeklagte im Jahre 1963 geleistet hat und für den er die Wohnungsbau-Prämie verlangt. Die Tatsache, daß ein späterer Beitrag mit Kredit geleistet worden ist, führt nicht dazu, daß auch die Begünstigung für frühere Beiträge entfällt, die nicht mit einem Kredit in Zusammenhang stehen.
Nach § 2 Abs. 2 Satz 3 WoPG ist ein Beitrag nicht prämienbegünstigt, wenn die Ansprüche aus dem Bausparvertrag innerhalb der Sperrfrist abgetreten oder beliehen werden und die Abtretung oder Beleihung nicht ausnahmsweise unschädlich ist. Steht schon, bevor die Prämie gewährt wird, fest, daß infolge späterer Vorgänge ein Beitrag nicht mehr prämienbegünstigt ist, so ist das bereits bei der Entscheidung über den Antrag auf Prämiengewährung zu berücksichtigen, der Antrag auf Wohnungsbau-Prämie also abzulehnen. Es wäre sinnlos, die Prämie zunächst zu gewähren, um sie dann alsbald zurückzufordern.
Wenn der Revisionsbeklagte seine Ansprüche aus dem Bausparvertrag in Höhe von 99 000 DM abgetreten hat, so handelt es sich wirtschaftlich um eine Beleihung, weil die Abtretung lediglich der Sicherung des aufgenommenen Bankdarlehens diente. Eine solche Beleihung vor dem Ablauf der Sperrfrist ist nur unschädlich, wenn der Bausparer die empfangenen Beträge "unverzüglich und unmittelbar zum Wohnungsbau verwendet" (§ 2 Abs. 2 Satz 3 WoPG). Diese Voraussetzung ist hier - entgegen der Ansicht des FG - nicht erfüllt. Der Begriff "unmittelbare Verwendung zum Wohnungsbau" ist in Abschn. 94 Abs. 5 in Verbindung mit Abschn. 92 Abs. 2 EStR 1965 umschrieben. Ob die Auslegung der Bundesregierung in allen Punkten zutrifft (vgl. das Urteil des Senats VI 187/58 U vom 18. September 1959, BFH 69, 546, BStBl III 1959, 464, zu Abschn. 76 Abs. 2 EStR 1953), kann dahingestellt bleiben; denn auf jeden Fall ist die Einzahlung auf einen Bausparvertrag keine unmittelbare Verwendung zum Wohnungsbau.
Dem FG ist zuzugeben, daß die zur schnellen Auffüllung des Bausparguthabens geleistete Einzahlung auf den Bausparvertrag auch dem begünstigten Zweck insofern gedient hat, als sie die Aufnahme des Zwischenkredits bei der Bausparkasse und damit den Ankauf des Mietwohngrundstücks ermöglichte. Richtig ist auch, daß die Beleihung der Ansprüche aus dem Bausparvertrag nur wenige Tage gedauert hat, weil der Revisionsbeklagte einen Teil des Zwischenkredits der Bausparkasse alsbald zur Rückzahlung des Bankdarlehens verwendete. Das ändert aber nichts daran, daß der auf Grund der Beleihung von der Bank empfangene Betrag, selbst nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar zum Wohnungsbau verwendet worden ist. Auch wenn man mit dem Revisionsbeklagten den Vorgang wirtschaftlich als einheitliches Geschäft beurteilt, so hat er doch das Bankdarlehen nur auf Grund der Beleihung seiner Rechte aus dem Bausparvertrag erhalten und hat dieses Darlehen mit der Einzahlung auf den Bausparvertrag allenfalls mittelbar, aber nicht unmittelbar zum Wohnungsbau verwendet.
Die Frage nach der Schädlichkeit oder Unschädlichkeit der Auffüllung von Bausparguthaben in der hier gegebenen Weise hat die FG schon öfters beschäftigt. Die FG haben die Frage verschieden beantwortet (vgl. die in EFG 1967, 209, 328 und 594 abgedruckten Urteile). Der Senat tritt der Ansicht, daß es sich um einen unschädlichen Vorgang handelt, wie es auch Rumscheid in "Der Betrieb" 1968 S. 501 annimmt, nicht bei. Die Erfordernisse, die § 2 Abs. 2 WoPG für den Ausnahmefall der Unschädlichkeit einer Beleihung innerhalb der Sperrfrist aufstellt, sind eindeutig. Werden die geleisteten (prämienbegünstigten) Beiträge vor dem Ablauf der Sperrfrist durch Beleihung verfügbar gemacht, so ist das mit den Begünstigungsbedingungen nicht vereinbar. Wer die Bedingung nicht einhält, geht der Begünstigung verlustig. Wenn nach dem Gesetz eine bestimmte Bindung (Sperrfrist) eingehalten werden muß und die Nichteinhaltung dieser Bindung (Verflüssigung der geleisteten Beiträge) nur bei unmittelbarer Verwendung für den Wohnungsbau unschädlich ist, so muß diese Voraussetzung wirklich erfüllt werden. Es geht bei der Prämiengewähr um einen Akt der sog. darreichenden Verwaltung, nicht um einen Eingriffsakt wie bei der Besteuerung. Wenn der Gesetzgeber Prämien nur an solche Personen geben will, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, so können die Steuergerichte nicht unter dem Gesichtspunkt einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise von sich aus den Kreis der Begünstigten erweitern.
Wie der Senat in den Urteilen VI 5/60 U vom 7. Oktober 1960 (BFH 71, 692, BStBl III 1960, 508) und VI 80/60 vom 18. November 1960 (HFR 1961, 67) ausgeführt hat, ist schon die Abtretung der Rechte aus dem Bausparvertrag schädlich. Selbst wenn man mit Rumscheid (a. a. O.) in den Fällen der vorliegenden Art die Beleihung erst mit dem Empfang der kreditierten Mittel als vollzogen ansieht, ändert das nichts an der Tatsache, daß die Beleihung, wenn sie sich nunmehr auch auf die neu eingezahlten kreditierten Mittel (die Auffüllung) erstreckt, zunächst und gerade die Beträge erfaßt, die zu diesem Zeitpunkt bereits eingezahlt waren, und daß die kreditierten Mittel durch eben diese Beleihung erlangt sind. Der Senat sieht keine Möglichkeit, die Fälle der vorliegenden Art anders zu behandeln als die Fälle, in denen die Sparer sich den durch Beleihung erlangten Betrag auszahlen lassen und ihn zu einem nicht begünstigten Zweck verwenden. Entscheidend ist die Tatsache, daß das Bankdarlehen zu einem nicht begünstigten Zweck verwendet worden ist. Daß die Bank den Darlehnsbetrag unmittelbar auf das Bausparguthaben eingezahlt hat, ist ohne Bedeutung. Wirtschaftlich handelt es sich um eine Zahlung der Bank an den Revisionsbeklagten und eine Zahlung des Revisionsbeklagten an die Bausparkasse. Erst dadurch, daß ihm auf Grund der Beleihung das Bankdarlehen gewährt worden ist, hat der Revisionsbeklagte die Mittel zur Einzahlung auf sein Bausparguthaben erhalten.
Die Beleihung wird auch nicht dadurch unschädlich, daß die Rechte aus dem Bausparvertrag an die Bank nicht in voller Höhe mit 106 000 DM, sondern nur mit 99 000 DM als Kreditunterlage abgetreten worden sind. Entgegen der Ansicht des Revisionsbeklagten kann dieser Vorgang nicht dahin aufgefaßt werden, daß die rund 7 000 DM, die er aus eigenen Mitteln angespart hatte, nicht beliehen waren. Hätte die Bank alsbald nach Überweisung ihres Darlehens an die Bausparkasse auf die Beleihung zurückgreifen müssen, weil der Revisionsbeklagte seinen Verpflichtungen nicht nachkam, so hätte ihr zur Deckung ihrer Ansprüche auf Zahlung von Gebühren und Zinsen und auf Rückzahlung des Darlehens nicht nur der überwiesene Betrag, sondern das gesamte Guthaben des Revisionsbeklagten zur Verfügung gestanden. Auch wenn mit einem solchen Rückgriff nicht zu rechnen war, waren doch die 7 000 DM von der Beleihung miterfaßt.
Der Revisionsbeklagte weist zutreffend darauf hin, daß nach § 31 Abs. 2 EStDV 1965 in Beleihungsfällen eine Nachversteuerung nicht erfolgt, "soweit" der Bausparer die empfangenen Beträge unverzüglich und unmittelbar zum Wohnungsbau verwendet hat. Auf diese Vorschrift kann sich der Revisionsbeklagte aber nicht berufen, weil er das Darlehen, das er auf Grund der Beleihung erhalten hat, nicht bloß zum Teil, sondern in vollem Umfange für einen nicht begünstigten Zweck verwendet hat. Daß er den ihm nach der Auffüllung seines Bausparguthabens gewährten Zwischenkredit sowohl zur Rückzahlung des Bankdarlehens als auch zum Ankauf eines Mietwohngrundstücks verwendet hat, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.
Fundstellen
Haufe-Index 67983 |
BStBl II 1968, 402 |
BFHE 1968, 504 |