Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerblicher Grundstückshandel; langjährige Vermietung; Objektabgrenzung
Leitsatz (NV)
1. Objektzahl und enger zeitlicher Zusammenhang stellen im Rahmen der für die Abgrenzung eines gewerblichen Grundstückshandels von einer privaten Ver mögensverwaltung vorzunehmenden Gesamtwürdigung nur Beweisanzeichen dar, die durch andere objektive Sachverhaltsmerkmale erschüttert werden können.
2. Als ein gegen eine bereits im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes vorliegende zumindest bedingte Wiederveräußerungsabsicht sprechender objektiver Umstand kommt eine vom Weiterverkäufer selbst vorgenommene langfristige Vermietung oder eine auf Dauer angelegte Eigennutzung des Objektes in Betracht.
3. Eine Vermietung bis zu fünf Jahren ist noch nicht als langfristig einzustufen. Die Anforderungen an die Dauer der Fremdvermietung oder Selbstnutzung korrespondieren vielmehr mit der Vermutungsvoraussetzung des engen zeitlichen Zusammenhangs.
4. Werden vom Steuerpflichtigen mit seiner Familie jeweils nur vorübergehend eigengenutzte Objekte veräußert, ohne daß dafür offensichtliche Sachzw änge, wie eine beruflich bedingte Veränderung, ein Umzug in eine näher am Arbeitsplatz gelegene Wohnung, ein größerer Platzbedarf infolge Familienzuwachses, die Trennung der Eheleute oder andere plausible private Gründe bestehen, sind sie nicht dem notwendigen Privatvermögen, sondern dem notwendigen Betriebsvermögen in Gestalt von Umlaufvermögen des gewerblichen Grundstückshandels zuzurechnen.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 2; FGO § 143 Abs. 2
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute. Der Kläger bezog als Hausmeister bis zum 31. Juli 1992 Einkünfte aus nichtselbstä ndiger Arbeit. Seit 1982 hatte er des weiteren gewerbliche Einkünfte aus Hausverwaltungen. Ein vom Kläger angemietetes Maklergewerbe übte er nicht aus. In den Jahren 1987 bis 1990 vermittelte er außerdem Geldanlagen. Die Klägerin war als Aushilfe beschäftigt. Die Kläger errichteten 1969 ein Einfamilienhaus in X, welches sie mit ihren 1962, 1965 und 1972 geborenen Kindern bewohnten und 1974 veräußerten. 1975 errichteten sie ein Einfamilienhaus in X, welches sie selbst bewohnten und 1977 veräußerten. Das 1978 errichtete und ebenfalls selbstgenutzte Einfamilienhaus in Y veräußerten sie 1980. Die Veräußerungserlöse verwendeten sie im Jahre 1980/81 zum Bau eines Einfamilienhauses in Z (Objekt A). Das Einfamilienhaus veräußerten sie zum 1. Mai 1988. 1983 erwarben sie das unbebaute Grundstück in Y (Objekt B). Sie errichteten ein zum 1. Februar 1984 bezugsfertig gewordenes Wohnhaus mit 9 Wohnungen und 3 Garagen sowie 6 Stellplätzen. Die Wohnungen vermieteten sie auf unbestimmte Dauer. Zum 14. Oktober 1985 beantragte der Kläger beim Kreisbauamt für das Mietwohnhaus eine Abgeschlossenheitsbescheinigung. Im November 1985 äußerte der Kläger gegenüber einem Vertreter der Bank, die die Gesamtfinanzierung des Objektes B übernommen hatte, erstmals Verkaufsabsichten und bot auf einer Veranstaltung der Bank dem Geschäftsführer der O KG das Grundstück zum Kauf an. Die Kläger veräußerten das Grundstück im ganzen zum 1. Februar 1986 gegen einen Kaufpreis von 823 000 DM. Mit dem Erlös tilgten sie die Hypothekendarlehen in Höhe von ca. 523 000 DM, bauten für insgesamt 92 727 DM in ihrem eigengenutzen Einfamilienhaus in Z eine Wohnung für ihren Sohn aus, errichteten ein Schwimmbad und gestalteten den Garten neu. Ferner finanzierten sie Privatwünsche.
Mit Kaufvertrag vom 20. Mai 1988 erwarben die Kläger in W (Objekt C) ein bebautes Grundstück. Nach Abriß des alten Gebäudes errichteten sie 5 Eigentumswohnungen. Zum 5. September 1988 hatten sie die Teilung beantragt. 1989 veräußerten sie 3 Wohnungen an verschiedene Erwerber. Eine Wohnung nutzten sie selbst, eine weitere vermieteten sie fremd. Die Finanzierung erfolgte u. a. mit Hilfe des Erlöses aus dem Verkauf des Einfamilienhauses in Z.
Die Kläger errichteten außerdem 1979/80 ein Mehrfamilienhaus, dessen Wohnungen sie langfristig vermietet haben.
Eine bei den Klägern für die Jahre 1986 bis 1988 durchgeführte Außenprüfung gelangte zu der Auffassung, die Grundstücksverkäufe überstiegen den Rahmen einer bloßen privaten Vermögensverwaltung und ermittelte für 1986 einen Gewinn in Höhe von 239 492 DM und für 1988 in Höhe von 189 567 DM. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ zum 28. Februar 1991 entsprechende, getrennt bekanntgegebene, gesonderte und einheitliche Feststellungsbescheide über gewerbliche Einkünfte, die es den Klägern je hälftig zurechnete.
Mit ihren Einsprüchen machten die Kläger u. a. geltend, die Mehrfamilienhäuser hätten der Absicherung der Altersversorgung gedient, weil der Kläger wegen seines verhältnismäßig niedrigen sozialversicherungspflichtigen Einkommens keine ausreichenden gesetzlichen Rentenbezüge zu erwarten gehabt habe. Das Mehrfamilienhaus in Y sei wegen einer 1985 bei der Klägerin aufgetretenen lebensbedrohlichen Erkrankung und wegen ehelicher Spannungen verkauft worden. Der Kläger habe mit der Erfüllung privater Wünsche der Klägerin die Ehe retten wollen. Dies und der Auszug der zwei älteren Kinder habe auch den Verkauf des nunmehr zu groß gewordenen Einfamilienhauses in Z und den Bezug einer Eigentumswohnung in W veranlaßt. Der Entschluß zur Veräußerung der einzelnen Objekte sei jeweils gesondert und zeitlich nacheinander gefaßt worden. Die Wohnungen im Mehrfamilienhaus in Y seien -- vom 1. Februar 1984 bis zum 31. Januar 1986 -- langfristig vermietet gewesen. Der Erlös sei nicht -- zumindest teilweise -- wieder reinvestiert worden, wie es ein Grundstückshändler getan hätte.
Nach einem Hinweis auf eine mögliche Verböserung erhöhte das FA mit Einspruchsentscheidung vom 9. August 1993 die gewerblichen Einkünfte für 1986 auf 244 187 DM und setzte den Gewinn für 1988 auf 113 629 DM herab. Im übrigen wies es die Einsprüche als unbegründet zurück.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts (§ 15 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes -- EStG --).
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nur teilweise begründet. Danach war das angefochtene Urteil hinsichtlich des Streitjahres 1986 aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Hinsichtlich des Streitjahres 1988 war die Revision hingegen als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
Das FG hat zu Unrecht die Voraussetzungen eines gewerblichen Grundstückshandels verneint. Indessen ist das von den Klägern seit 1981 bis zu seiner Veräußerung im Mai 1988 eigengenutzte Einfamilienhaus (Objekt B) als notwendiges Privatvermögen nicht in den gewerblichen Grundstückshandel der Kläger einzubeziehen.
1. a) Nach § 15 Abs. 2 EStG ist unter einem Gewerbebetrieb jede selbständige, nachhaltige Tätigkeit zu verstehen, die mit Gewinn erzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Es darf sich dabei weder um die Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch um die Ausübung eines freien Berufes oder einer anderen selbständigen Tätigkeit handeln und die Betätigung muß den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschritten haben.
Zwischen den Beteiligten ist das Vorliegen der positiven Merkmale eines Gewerbebetriebes nicht streitig (vgl. im einzelnen dazu das Urteil des erkennenden Senats vom 21. Mai 1993 VIII R 10/92, BFH/NV 1994, 94, m. w. N.).
b) aa) Eine private Vermögensverwaltung ist dann (noch) gegeben, wenn der Erwerb von Grundstücken lediglich den Beginn und ihre spätere Veräußerung das Ende einer grundsätzlich auf Fruchtziehung gerichteten Tätigkeit darstellt. Ein gewerblicher Grundstückshandel ist hingegen anzunehmen, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung die Umschichtung von Vermögenswerten und deren Verwertung als Vermögenssubstanz entscheidend in den Vordergrund treten (Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617, 619; BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 94, 96, m. w. N.). Bei dieser Gesamtwürdigung sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, und zwar nicht nur die der streitigen Feststellungszeiträume, sondern auch diejenigen der gesamten überschaubaren Tätigkeit (BFH-Urteil vom 14. März 1989 VIII R 96/84, BFH/NV 1989, 784, 785). Tätigkeiten, bei denen zunächst noch offen ist, ob sie einen gewerblichen Grundstückshandel bilden, können im Rahmen dieser gebotenen Gesamtschau im nachhinein die Voraussetzungen eines gewerblichen Grundstückshandels erfüllen (BFH- Urteile vom 22. Mai 1987 III R 212/83, BFH/NV 1987, 717, 718; vom 11. Oktober 1985 III R 196/81, BFH/NV 1986, 279, 280).
Ob ein Gericht die von der Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungsmerkmale zutreffend angewandt und das Gesamtbild unter Berücksichtigung aller danach erheblicher Kriterien und der Verkehrsanschauung gewürdigt hat, betrifft eine Frage der dem Revisionsgericht obliegenden Rechtsanwendung (BFH/NV 1994, 94, 96, m. w. N.).
bb) Hat der Veräußerer mehr als 3 Objekte gekauft oder errichtet und sie in engem zeitlichen Zusammenhang wieder veräußert, so zwingt dies nach den Regeln der Lebenserfahrung mangels eindeutiger gegenteiliger objektiver Anhaltspunkte grundsätzlich zu der Schlußfolgerung, daß bereits im Zeitpunkt des Ankaufs oder der Errichtung zumindest eine bedingte Wiederverkaufsabsicht bestanden hat (vgl. BFH-Urteile vom 15. Dezember 1992 VIII R 9/90, BFH/NV 1993, 656, 657, m. w. N.; vom 28. Juli 1993 XI R 21/92, BFH/NV 1994, 463, 464, ständige Rechtsprechung), auch wenn die eigentliche Absicht auf eine anderweitige Nutzung als durch Verkauf gerichtet war.
Ein enger zeitlicher Zusammenhang wird in aller Regel angenommen, wenn die Zeitspanne zwischen Errichtung und Verkauf der Objekte nicht mehr als 5 Jahre beträgt (BFH/NV 1994, 94, 95; BFH-Urteil vom 4. Juni 1992 IV R 79/91, BFH/NV 1992, 809, 810, m. w. N.). Werden innerhalb dieses engen zeitlichen Zusammenhangs mindestens 4 Objekte veräußert, so ist ohne Vorliegen weiterer besonderer Umstände (wie z. B. einer höheren Zahl von Objekten oder einer hauptberuflichen Tätigkeit im Baubereich (vgl. dazu Urteile des erkennenden Senats in BFH/NV 1993, 656, 657; vom 18. September 1991 XI R 24/90, BFH/NV 1992, 235, 236; vom 5. September 1990 X R 107-108/89, BFHE 161, 543, BStBl II 1990, 1006, betreffend Hausverwaltung des veräußerten Gebäudekomplexes) von einem gewerblichen Grundstückshandel auszugehen (BFH/NV 1994, 463, 464; BFH-Urteil vom 30. Juni 1993 XI R 38, 39/91, BFH/NV 1994, 20, 21). Dieser Zeitraum gilt grundsätzlich auch, wenn das Grundstück vom Veräußerer zun ächst selbst genutzt oder vermietet worden ist; dann ist von einer zumindest bedingten Veräußerungsabsicht auszugehen (vgl. BFH- Urteil in BFH/NV 1992, 235, 236, m. w. N.; in BFH/NV 1992, 809, 810).
Die konkreten Anlässe und Beweggründe für den Verkauf sind grundsätzlich unbeachtlich. Sie sagen im allgemeinen nichts darüber aus, ob der Steuerpflichtige nicht auch aus anderen Gründen zum Verkauf bereit gewesen wäre und insofern von Anfang an eine zumindest bedingte Veräußerungsabsicht bestanden hat (BFH/NV 1994, 94, 95; BFH-Urteile vom 12. September 1995 IX R 140/92, BFHE 178, 385, BStBl II 1995, 839, 840, betreffend langfristiger Vermögensanlage zwecks Alterssicherung; vom 8. August 1979 I R 186/78, BFHE 129, 177, BStBl II 1980, 106, m. w. N., betreffend Erkrankung und Finanzierungsschwierigkeiten, ständige Rechtsprechung).
cc) Die Objektzahl und der enge zeitliche Zusammenhang stellen indessen nur Beweisanzeichen dar, die durch andere ob jektive Sachverhaltsmerkmale erschüttert werden können (BFH-Urteile vom 11. Dezember 1991 III R 59/89, BFH/NV 1992, 464, 466; vom 19. Dezember 1990 X R 165/87, BFH/NV 1991, 381).
Als einen gegen eine bereits im Zeitpunkt der Errichtung vorliegende zumindest bedingte Weiterveräußerungsabsicht sprechenden objektiven Umstand hat die Rechtsprechung eine vom Weiterveräußerer selbst vorgenommene (dazu BFH-Urteil vom 2. März 1990 III R 75/85, BFH/NV 1991, 584, 585) langfristige Vermietung oder eine auf Dauer angelegte Eigennutzung des Objekts angesehen, weil dadurch die Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer bloßen Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten im Gegensatz zu einer lediglich zwischenzeitlichen Vermietung oder Selbstnutzung in den Vordergrund tritt (BFH/NV 1994, 94, 96; BFH/NV 1992, 809, 810, mit umfangreichen Nachweisen; BFH-Urteile in BFH/NV 1992, 235, 236; vom 18. September 1991 XI R 23/90, BFHE 165, 521, BStBl II 1992, 135; vom 26. Februar 1988 III R 321/84, BFH/NV 1988, 561, 563; vom 10. August 1983 I R 120/80, BFHE 139, 386, BStBl II 1984, 137; vom 28. September 1987 VIII R 46/84, BFHE 151, 74, BStBl II 1988, 65; in BFH/NV 1991, 381; vom 6. April 1990 III R 28/87, BFHE 160, 494, BStBl II 1990, 1057; vom 23. Oktober 1987 III R 275/83, BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293). Der Fremdvermietung wird die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken grundsätzlich gleichgestellt (vgl. BFH-Urteile vom 11. Dezember 1991 III R 59/89, BFH/NV 1992, 464, 467; vom 12. Juli 1991 III R 47/88, BFHE 165, 498, BStBl II 1992, 143, 145; in BFH/NV 1991, 381; vom 11. April 1989 VIII R 266/84, BFHE 156, 476, BStBl II 1989, 621; in BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293). Der Verkauf langfristig durch Vermietung oder zu eigenen Wohnzwecken genutzter Objekte stellt sich lediglich als Abschluß einer privaten Vermögensverwaltung dar. Errichtung oder Anschaffung von Häusern in der Absicht langfristiger Vermietung hält sich selbst dann noch im Rahmen privater Vermögensverwaltung, wenn sie einen erheblichen Umfang annimmt, in beträchtlichem Umfang Fremdkapital eingesetzt wird und der Steuerpflichtige nicht branchenfremd ist (BFH/NV 1992, 809, 810, m. w. N.; BFH-Urteil vom 12. März 1964 IV 136/61 S, BFHE 79, 366, BStBl III 1964, 364).
Die bloße Behauptung des Steuerpflichtigen, er habe die Objekte nicht veräußern, sondern langfristig durch Vermietung nutzen wollen, vermag indessen nicht die objektiven Beweisanzeichen zu erschüttern (Urteile in BFH/NV 1992, 464, 467; BFHE 165, 498, BStBl II 1992, 143; BFH/NV 1991, 381; BFHE 151, 74, BStBl II 1988, 65; BFH/NV 1988, 561, 562). Die Absicht des Steuerpflichtigen beim Erwerb/der Errichtung eines Mietwohngebäudes kann, wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge, nur anhand äußerer Merkmale beurteilt werden (BFH- Beschluß vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751; Urteile in BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293, 294; BFH/NV 1992, 464, 467). Es muß sich daher um objektive Tatsachen handeln, die hinreichende Anhaltspunkte dafür bieten, daß der Steuerpflichtige das Mietwohn gebäude bei seinem Erwerb/Errichtung keinesfalls alsbald, ggf. nach vorheriger Aufteilung in Eigentumswohnungen, verkaufen, sondern unbedingt anderweitig als durch Verkauf nutzen wollte (BFH/NV 1992, 464, 467, ständige Rechtsprechung). Eine Vermietung bis zu 5 Jahren ist von der Rechtsprechung in diesem Sinne grundsätzlich nicht als langfristig eingestuft worden (BFH/NV 1994, 94, 95: feste Vermietung auf 5 Jahre und Veräußerung kurze Zeit danach; BFH/NV 1992, 809, 810: Vermietung auf 5 Jahre an gewerblichen Zwischenvermieter; BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 463, 464: Vermietung unter 3 Jahren; Urteil vom 28. November 1991 XI R 39/89, BFH/NV 1992, 310, 311: jeweils Selbstnutzung unterhalb von 5 Jahren; Urteil in BFHE 156, 476, BStBl II 1989, 621: Vermietung zwischen 4 und 26 Monaten; Urteil in BFH/NV 1993, 656: Selbstnutzung bzw. Fremdvermietung unterhalb von 4 Jahren; BFH-Urteil vom 23. Februar 1994 X R 98/91, BFH/NV 1994, 627; Beschluß vom 2. September 1992 XI R 21/91, BFHE 171, 31, BStBl II 1993, 668: Vermietung auf 4 Jahre; Urteil vom 18. September 1991 XI R 23/90, BFHE 165, 521, BStBl II 1992, 135: Vermietung unter 5 Jahren; Urteile in BFHE 160, 494, BStBl II 1990, 1057, 1058; in BFHE 161, 543, BStBl II 1990, 1060, 1062 zugleich zur Berücksichtigung der Unvermietbarkeit einzelner Wohnungen; Urteil in BFH/NV 1989, 784: Vermietung unterhalb 5 Jahren, mit zusätzlichen Sachverhaltselementen -- Architekt und Aufteilung; Urteil in BFH/NV 1988, 561, 563). Die Anforderungen an die Dauer einer Selbstnutzung oder Vermietung korrespondieren mit der Vermutungsvoraussetzung des engen zeitlichen Zusammenhangs für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels (BFH-Urteil vom 27. Februar 1991 XI R 37/89, BFH/NV 1991, 524, 525).
Insbesondere dann, wenn jeweils vom Steuerpflichtigen mit seiner Familie nur vorübergehend eigengenutzte Objekte veräußert werden, ohne daß hierfür offensicht liche Sachzwänge wie beruflich bedingte örtliche Veränderungen, Umzug in eine näher am Arbeitsplatz gelegene Wohnung, größerer Platzbedarf durch Familienzuwachs, Trennung der Eheleute oder andere plausible private Gründe bestehen, sind sie nicht dem notwendigen Privatvermögen, sondern dem notwendigen Betriebsvermögen in Gestalt von Umlaufvermögen zuzurechnen (vgl. BFH-Urteile vom 28. Oktober 1993 IV R 66-67/91, BFHE 173, 313, BStBl II 1994, 463, 465; in BFH/NV 1994, 627, 629; vom 2. September 1992 XI R 46/91, BFH/NV 1993, 24, 25; in BFH/NV 1992, 310, 311, 312; in BFH/NV 1991, 524, 525; vom 23. Januar 1991 X R 105-107/88, BFHE 163, 382, BStBl II 1991, 519, mit umfangreichen Nachweisen und zugleich mit Abgrenzung zum BFH-Urteil in BFHE 156, 476, BStBl II 1989, 621; in BFH/NV 1991, 524, 525; vom 28. Januar 1988 IV R 2/85, BFH/NV 1989, 580; vom 16. Januar 1969 IV R 34/67, BFHE 95, 219, BStBl II 1969, 375). Für die Zurechnung zum Betriebsvermögen genügt bereits eine bedingte Verkaufsabsicht, die sich in der zeitnahen Veräußerung dokumentiert (BFH in BFHE 161, 543, BStBl II 1990, 1060). Es ist für jedes einzelne Objekt zu prüfen, ob ihm die Eigenschaft notwendigen Betriebsvermögens zukommt (BFH/NV 1994, 627, 629).
Hingegen hat der erkennende Senat im Urteil in BFHE 151, 74, BStBl II 1988, 65 die Vermietung auf eine feste Dauer zwischen 5 bis 10 Jahren durch einen Branchenfremden als langjährig und die gleichwohl bereits nach 2 Jahren seit Errichtung des Wohnhauses erfolgte Aufteilung in Eigentumswohnungen und deren anschließende Veräußerungen innerhalb von 4 Jahren noch als im Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung liegend beurteilt (zustimmend Urteil in BFHE 161, 543, BStBl II 1990, 1060, 1062; bestätigt vom erkennenden Senat in BFH/NV 1994, 94, 95). Wird das Mietverhältnis auf eine solche feste Dauer vereinbart, besteht zwar ebenfalls -- wie der entschiedene Fall (BFHE 151, 74, BStBl II 1988, 65) zeigt -- die Möglichkeit der vorzeitigen Beendigung durch einen Aufhebungsvertrag. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte weist jedoch die Vereinbarung derartiger langfristiger Mietverträge darauf hin, daß die Tätigkeit eher auf Fruchtziehung gerichtet ist. Lediglich auf unbestimmte Dauer abgeschlossene Mietverträge erlauben keinen entsprechenden Rückschluß. Sie sind nach Maßgabe der §§ 564 Abs. 2, 565 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) grundsätzlich kündbar, auch wenn bei Mietverhältnissen über Wohnräume nur nach Maßgabe der Regelungen über den besonderen Kündigungsschutz in § 564 b BGB eine Kündigung Erfolg verspricht. Nach Inhalt und Rechtsfolgen kommt solchen Mietverträgen keine vergleichbare Indizwirkung gegen eine zumindest bedingte Weiterveräußerungsabsicht zu. Vielmehr kann in diesen Fällen erst aus der entsprechenden langfristigen tatsächlichen Nutzung ein objektiver Anhaltspunkt abgeleitet werden.
dd) Bei der Objektzahl hat die Rechtsprechung keine Ausnahmen im Hinblick auf Wert, Größe und insbesondere auf die Nutzungsart eines Grundstückes gemacht. Die Objektgrenze bezweckt einen objektiven Maßstab für die Abgrenzung gewerblicher Tätigkeiten von lediglich privater Ver mögensverwaltung zu schaffen und dient dadurch der Vereinfachung und der Berechenbarkeit (Rechtssicherheit) für den Steuerpflichtigen. Für die Abgrenzung der Tätigkeiten ist es ohne Bedeutung, ob letztere auf die Veräußerung eines gemischt genutzten Grundstücks, einer Eigentumswohnung, eines Ein- oder Zweifamilienhauses oder eines Mietwohnhauses gerichtet sind. Art und Nutzung erlauben keinen Schluß auf die für die Zuordnung zu einer Einkunftsart maßgebende Intensität und den Umfang dieser Tätigkeiten des Veräußerers (vgl. BFH-Beschluß in BFHE 171, 31, BStBl II 1993, 668, 669; zustimmende Anmerkung von Gosch, Steuerliche Betriebsprüfung 1993, 260, 262; o. V. in Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -- HFR -- 1993, 716 Anm. Ziff. 2; Schmidt, Einkommensteuergesetz, 14. Aufl., § 15 Rz. 69; zweifelnd Korn, Neue Wirtschafts-Briefe -- NWB -- "Blickpunkt Steuern" 10/95, Heft 42, S. 3298; unbeanstandet vom Großen Senat im Beschluß in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617; a. M. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen -- BMF -- vom 20. Dezember 1990 IV B 2 -- S 2240 -- 61/90, BStBl I 1990, 884 Tz. 9; für "ungeteilte" Mehrfamilienhäuser bislang offengelassen: BFH-Urteile in BFH/NV 1993, 656, 657; vom 10. November 1992 VIII R 100/90, BFH/NV 1993, 538, 539, zugleich für Betriebsgrundstücke; in BFHE 165, 498, BStBl II 1992, 143, 145; zweifelnd im BFH- Beschluß vom 20. November 1990 VIII B 102/89, BFH/NV 1991, 304; ebenfalls im BFH-Urteil in BFH/NV 1988, 561, 563).
Unter einem Objekt im Sinne des gewerblichen Grundstückshandels ist jedes einzelne Immobilienobjekt zu verstehen, das selbständig veräußert und genutzt werden kann. Bei einem Mehrfamilienhaus schafft erst eine Teilung nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) die zivilrechtlichen Voraussetzungen für die Entstehung selbstän diger Wirtschaftsgüter (BFH-Urteile in BFH/NV 1994, 94, 95; in BFH/NV 1994, 20, 21; vom 10. Oktober 1991 XI R 22/90, BFH/NV 1992, 238, 239; vom 16. April 1991 VIII R 74/87, BFHE 164, 347, BStBl II 1991, 844; vom 1. Dezember 1989 III R 56/85, BFHE 159, 167, BStBl II 1990, 1054). Der erkennende Senat hat dementsprechend die zur Vermietung an verschiedene Interessenten bestimmten Wohneinheiten eines ungeteilten Mehrfamilienhauses als rechtlich unselbständige Teile des Gesamtobjekts beurteilt (BFH-Urteil in BFHE 151, 74, BStBl II 1988, 65, 66). Wird allerdings ein Antrag auf Erteilung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung (vgl. §§ 3 Abs. 2, 7 Abs. 4 Nr. 2 WEG; dazu BFH in BFHE 139, 386, BStBl II 1984, 137, 139) gestellt, so spricht dies bereits eher für eine von Anfang an bestehende bedingte Verkaufsabsicht (BFHE 165, 498, BStBl II 1992, 143, 145).
c) Das FG hat sich zwar der von ihm zutreffend dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung abstrakt angeschlossen. Es hat jedoch weder definiert, was es unter einer langfristigen Vermietung versteht, noch tragen seine tatsächlichen Feststellungen die rechtliche Annahme einer langfristigen Vermietung des Objektes B. Allein das Bestehen von Mietverträgen hindert, wie die Zahl höchstrichterlicher Entscheidungen belegt, nicht die Veräußerung (vgl. § 571 BGB). Der Hinweis des erkennenden Senats in seinem Urteil in BFHE 151, 74, BStBl II 1988, 65, 66 auf die verkaufshemmende Wirkung ist im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung des dortigen Sachverhalts zu verstehen, wonach die Objekte zwischen 5 bis 10 Jahren festvermietet waren.
In Anwendung der unter Ziff. 1 a und b dargestellten höchstrichterlichen Rechtsgrundsätze ist im Streitfall von einem spätestens 1984 begonnenen gewerblichen Grundstückshandel der Kläger auszugehen (BFH- Urteile vom 17. Februar 1993 X R 108/90, BFH/NV 1994, 84, 86; in BFH/NV 1994, 627, 629: Mit Fertigstellung des Gebäudes, ständige Rechtsprechung). In den gewerblichen Grundstückshandel ist das dem notwendigen Privatvermögen der Kläger zuzuordnende Einfamilienhaus (Objekt A) nicht einzubeziehen.
Die Kläger haben durch die Errichtung des zum 1. Februar 1984 bezugsfertig gewordenen Mehrfamilienhauses (Objekt B) und dessen Veräußerung im Jahr 1986 sowie die Errichtung von 5 Eigentumswohnungen (Objekt C) im Jahr 1988 und durch Veräußerungen von 3 Eigentumswohnungen im Jahr 1989 innerhalb eines Zeitraums von insgesamt 5 Jahren 4 selbständige Objekte an verschiedene Erwerber veräußert.
Die 9 Wohnungen des Objekts B waren nach den in Bezug genommenen Feststellungen der Betriebsprüfung (Bp-Bericht vom 22. Januar 1991, Anlage 1) und der Einspruchsentscheidung vom 9. August 1993, S. 2 auf unbestimmte Dauer fremdvermietet. Bis zur Veräußerung am 1. Februar 1986 sind die Wohnungen des Objektes B lediglich 2 Jahre fremd genutzt worden. Weder nach dem -- vom FG im übrigen nicht festgestellten -- Inhalt der Mietverträge noch nach dem tatsächlichen Ablauf der Mietverhältnisse kann danach von einer langfristigen Vermietung ausgegangen werden, die der Annahme einer bereits im Zeitpunkt der Errichtung des Objektes B bestehenden zumindest bedingten Weiterveräußerungsabsicht der Kläger entgegenstünde. Der von den Klägern 1985 gestellte Antrag auf eine Abgeschlossenheitsbescheinigung für die Wohnungen spricht ebenfalls für eine solche von Anfang an bestehende, zumindest bedingte Verkaufsbereitschaft.
Sowohl die schwere Erkrankung der Klägerin als auch die zur Behebung der Ehekrise vorgenommene Finanzierung aufwendiger privater Wünsche sowie die langwierigen Prozesse mit den Mietern wegen ausstehender Mietzahlungen hat das FA zu Recht als subjektive Beweggründe gewertet, die zwar den Anlaß der Veräußerung erklären mögen, indessen nicht geeignet sind, die von den objektiven Beweisanzeichen, der Objektzahl und dem engen zeitlichen Zusammenhang ausgehende Vermutungswirkung zu erschüttern.
Hinsichtlich der 3 Eigentumswohnungen (im Objekt C) ist eine von Anfang an bestehende Wiederveräußerungsabsicht nach den nicht angegriffenen Feststellungen des FG gegeben. Zwischen der Errichtung der Objekte B und C sowie deren Veräußerungen besteht entgegen der Würdigung des FG ein enger zeitlicher Zusammenhang, der nach der Lebenserfahrung die Schlußfolgerung auf einen gewerblichen Grundstückshandel rechtfertigt.
Der erkennende Senat teilt allerdings die rechtliche Würdigung des FG, daß das 1980 erbaute und im Mai 1988 veräußerte Einfamilienhaus (Objekt A) dem notwendigen Privatvermögen der Kläger zuzuordnen und der Gewinn aus der Veräußerung in der einkommensteuerrechtlich nicht steuerbaren privaten Vermögenssphäre angefallen ist.
Die nahezu 8jährige Selbstnutzung des Einfamilienhauses durch die Kläger und ihre Kinder stellt eine einer langfristigen Vermietung gleichzustellende dauerhafte und nicht mehr nur vorübergehende Nutzung dar, die die Zugehörigkeit zum notwendigen Privatvermögen noch nicht beeinflussen würde. Das objektive Beweisanzeichen einer langfristigen Selbstnutzung wird zusätzlich durch die trotz der lebensbedrohenden Erkrankung der Klägerin noch im Jahr 1986 vorgenommenen aufwendigen baulichen Verbesserungen entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Kläger und ihrer Familie verdichtet. Die Kläger haben für ihren Sohn eine Wohnung ausgebaut, ein Schwimmbad angelegt und eine neue Gartenanlage erstellt. Wer letztlich ein solches Anwesen zu veräußern beabsichtigt, investiert nicht in dieser Art und Weise kurz zuvor. Dieser Würdigung steht nicht entgegen, daß die Kläger vor längerer Zeit mehrfach eigengenutzte Einfamilienhäuser jeweils nach 4 bzw. 2 Jahren wieder veräußert haben. Die Nutzungsdauer und die individuelle Gestaltung weichen bei dem Einfamilienhaus Objekt A erheblich von diesen vorangegangenen Verkäufen ab.
2. Danach war der Revision hinsichtlich des Streitjahres 1986 stattzugeben, hinsichtlich des Streitjahres 1988 war sie als unbegründet zurückzuweisen.
Da das FG hinsichtlich der Höhe des Veräußerungsgewinns im Jahr 1986 und der durch die Einspruchsentscheidung gekürzten Gewerbesteuerrückstellung -- von seinem Rechtsstandpunkt zu Recht -- keine Feststellungen getroffen hat, war der Rechtsstreit insoweit zurückzuverweisen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO. Dem FG kann auch bei teilweiser Zurückverweisung der Sache die Entscheidung über die gesamten Kosten des Revisionsverfahrens übertragen werden (BFH-Urteil vom 13. Februar 1980 I R 178/78, BFHE 130, 48, BStBl II 1980, 386, 389, m. w. N.).
Fundstellen
Haufe-Index 421458 |
BFH/NV 1997, 170 |