Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpflegungsmehraufwand eines Rechtsanwalts als Betriebsausgabe?
Leitsatz (NV)
Ein selbständiger Rechtsanwalt kann auch bei einer mehr als 12stündigen Abwesenheit von seiner Wohnung seinen Verpflegungsmehraufwand nicht als Betriebsausgaben absetzen.
Normenkette
EStG § 12 Nr. 1, § 4 Abs. 4
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist in A selbständig als Rechtsanwalt tätig. Er wohnt mit seiner Familie in B. Sein Gewinn wurde für 1976 gesondert festgestellt. Der Kläger machte als Betriebsausgaben Mehraufwendungen für Verpflegung von arbeitstäglich 3 DM geltend, die ihm wegen seiner mehr als 12stündigen Abwesenheit von der Wohnung entstanden seien. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) berücksichtigte diese Aufwendungen in seiner den Feststellungsbescheid abändernden Einspruchsentscheidung nicht. Auch die Klage blieb erfolglos.
Mit der vom Finanzgericht (FG) zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Gewinn 1976 auf 22 767 DM festzustellen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Der Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 8. Juni 1972 IV R 130/71 (BFHE 106, 300, BStBl II 1972, 855) zu der Frage Stellung genommen, ob ein selbständiger Rechtsanwalt bei einer länger als 12stündigen Abwesenheit von seiner Wohnung Verpflegungsmehraufwand als Betriebsausgabe absetzen darf. Er hat hierzu ausgeführt, daß auf den Beruf zurückgehende Verpflegungsmehraufwendungen gleichzeitig der Lebensführung des Steuerpflichtigen dienten und damit der Abzugsbeschränkung des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterlägen. Hiervon könne nur abgegangen werden, wenn ein dem Beruf dienender Teil der Aufwendungen nach objektiven Merkmalen und Unterlagen in zutreffender und leicht nachprüfbarer Weise abgegrenzt werden könne (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19. Oktober 1970 GrS 2, 3/70, BFHE 100, 309, 317, BStBl II 1971, 17, 21). Dies sei bei selbständig Tätigen im Gegensatz zu Arbeitnehmern, denen ein entsprechender Abzug als Werbungskosten gewährt werde, nicht möglich. Anders als Arbeitnehmer könnten sich selbständig Tätige vielfach ohne Mehrkosten eine Zwischenmahlzeit bereiten. Ein selbständig Tätiger habe außerdem keine festgelegte Arbeitszeit, sondern könne darüber entscheiden, wie lange er im Betrieb (oder zu Hause) arbeiten wolle. Anders als bei einem Arbeitnehmer, bei dem auf die festgelegte Arbeitszeit und die Fahrtdauer zur Arbeitsstätte zurückgegriffen werden könne, lasse sich bei einem selbständig Tätigen auch nicht nach objektiven Merkmalen leicht nachprüfbar feststellen, ob der Steuerpflichtige überhaupt mehr als 12 Stunden von zu Hause abwesend war. Der Senat hat diese Auffassung in seinem Urteil vom 28. Januar 1976 VI R 195/72 (BFHE 118, 173, BStBl II 1976, 323) bestätigt. Der I. Senat des BFH hat sich ihr angeschlossen (Urteile vom 1. Februar 1973 I R 95/71, BFHE 108, 351, BStBl II 1973, 306; vom 9. Oktober 1974 I R 128/73, BFHE 114, 47, BStBl II 1975, 203). Hieran wird festgehalten.
Das FG hat die unterschiedliche Behandlung von Selbständigen und Arbeitnehmern als unbefriedigend bezeichnet, gleichwohl aber die Klage abgewiesen, sieht also offenbar nur die Begünstigung der Arbeitnehmer als unbefriedigend an; hierüber ist vorliegend jedoch nicht zu entscheiden.
Dem Kläger ist zuzugeben, daß in einer Anwaltskanzlei kaum Gelegenheit zur Zubereitung einer Mittagsmahlzeit besteht, während Kaffee und Tee bereitgestellt werden können. Der Anwalt mag daher bei einer mehr als 12stündigen Abwesenheit von zu Hause zur Einnahme einer Mittagsmahlzeit veranlaßt sein, während er bei kürzerer Arbeitszeit sich mit einem warmen Abendessen in seiner Wohnung begnügen würde. Davon bleibt jedoch die Erwägung unberührt, daß ein selbständig tätiger Rechtsanwalt seine Arbeitszeit in gewissen Grenzen frei einrichten, also auch entscheiden kann, ob er längere Schriftsätze oder komplizierte Vertragstexte im Büro oder in seiner Wohnung ausarbeiten will.
Damit fehlt es an objektiven und leicht nachprüfbaren Merkmalen dafür, daß der Kläger überhaupt aus beruflichen Gründen mehr als 12 Stunden von zu Hause abwesend war; dies aber wäre Voraussetzung dafür, daß ein Teil des mit der Berufstätigkeit verbundenen Verpflegungsmehraufwands als Betriebsausgabe abgezogen werden kann.
Fundstellen
Haufe-Index 413755 |
BFH/NV 1986, 200 |