Entscheidungsstichwort (Thema)
§ 17 EStG - Verlust „stehengelassener Darlehen“ als nachträgliche Anschaffungskosten
Leitsatz (NV)
Fällt ein an einer Kapitalgesellschaft wesentlich beteiligter Gesellschafter mit einem Darlehen aus, das er in der sog. Krise der Gesellschaft stehen ließ, obwohl er es hätte abziehen können, muß der Wert des Darlehens im Krisenzeitpunkt geschätzt werden. Nachträgliche Anschaffungskosten entstehen nur in Höhe des werthaltigen Teils.
Normenkette
EStG § 17
Verfahrensgang
FG Münster (EFG 1997, 283) |
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war alleiniger Gesellschafter der H- GmbH. Dieser hatte er im Kalenderjahr 1989 ein Darlehen in Höhe von 112 468 DM gewährt und es auch nicht abgezogen, als sich ab 1990 die finanzielle Situation der GmbH so verschlechterte, daß er mit dem Verlust des Darlehens rechnen mußte.
Im Streitjahr 1992 lehnte das Amtsgericht den Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der GmbH mangels Masse ab. Der Kläger fiel mit seinem Darlehen in voller Höhe aus.
Der Kläger vertrat im Rahmen der gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31. Dezember 1992 die Ansicht, daß der Verlust des Darlehens in Höhe seines Nennwerts zu nachträglichen Anschaffungskosten geführt habe und ihm deshalb ein (weiterer) Auflösungsverlust gemäß §17 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entstanden sei. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) berücksichtigte den Ausfall des Darlehens nicht, weil es zu dem Zeitpunkt, als es kapitalersetzend geworden sei, keinen Wert mehr gehabt habe. Davon sei auszugehen, weil der Kläger zur Bewertung der Forderung nichts vorgetragen habe, obwohl er hierfür die Beweislast trage.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte 1997, 283).
Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts (§17 Abs. 1, 2 und 4 EStG).
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
Fällt ein wesentlich beteiligter Gesellschafter mit Darlehen aus, die von vornherein oder in einem Zeitpunkt, als sie noch vollwertig waren, auf eine Krisenfinanzierung hin angelegt waren oder von denen das aufgrund der besonderen Umstände des Falles anzunehmen ist, sind die Anschaffungskosten der Beteiligung um den Nennwert des Darlehens zu erhöhen. Fällt der Gesellschafter mit anderen vor der Krise gewährten Darlehen aus, die er in der Krise stehen ließ, obwohl er sie hätte abziehen können, sind die Anschaffungskosten der Beteiligung um den Wert des Darlehens zu erhöhen, den es im Zeitpunkt des Eintritts der Krise hatte (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 24. April 1997 VIII R 16/94, BFHE 183, 402; vgl. auch BFH-Urteil vom 4. November 1997 VIII R 18/94, BFHE 184, 374). Der Senat nimmt hinsichtlich der Begründung auf diese Urteile Bezug.
Das FG hätte nach diesen Grundsätzen auf die Prüfung, wann die Krise der Gesellschaft eingetreten ist und wann der Gesellschafter hiervon Kenntnis erlangt hat, nicht verzichten dürfen. Sein Urteil war deshalb aufzuheben. Der Wert des Darlehens im Zeitpunkt der Krise ist zu schätzen. Es ist Aufgabe des FG, die fehlenden tatsächlichen Feststellungen nachzuholen.
Fundstellen
Haufe-Index 171106 |
BFH/NV 1999, 924 |