Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für Schulskileiter-Lizenz als Werbungskosten
Leitsatz (NV)
Zu den erforderlichen Feststellungen, die eine abschließende Würdigung von Aufwendungen für den Erwerb einer Schulskileiter-Lizenz als Werbungskosten erlauben.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist an einer Hauptschule Klassenlehrerin und Fachlehrerin für Sport. Sie hat an mehreren Ski-Landschulaufenthalten teilgenommen. In der Zeit vom 27. Dezember (Anm.: Streitjahr) bis 7. Januar (Anm.: Folgejahr) absolvierte sie einen Skilehrgang, der vom Deutschen Sportlehrerverband in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Institut für Lehrerfortbildung und Weiterbildung (SIL) durchgeführt wurde. Das Veranstaltungsprogramm sah vormittags und nachmittags praktische Unterweisungen, am späten Nachmittag und abends Theorie und Filmvorführungen vor. Auf Grund einer zum Abschluß des Kurses abgelegten Prüfung erhielt die Klägerin vom Kultusministerium . . . eine Unterrichtserlaubnis für das Skifahren. Das SIL gewährte ihr einen Kostenzuschuß von 300 DM.
Mit der Einkommensteuererklärung zum Streitjahr machte die Klägerin Aufwendungen aus Anlaß des Lehrgangs in Höhe von . . . DM als Werbungskosten geltend. Hiervon erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) im Einkommensteuerbescheid zunächst einen Teil an, versagte den Abzug nach entsprechendem Hinweis in der Einspruchsentscheidung jedoch in vollem Umfang.
Mit der Klage trug die Klägerin vor, sie habe an dem fraglichen Skikurs teilgenommen, da seit ca. einem Jahr Ski-Landschulaufenthalte nur noch von Sportlehrern hätten durchgeführt werden dürfen, die mit dem Seminar und der Prüfung eine entsprechende Qualifikation erworben hätten. Diese Fortbildung werde durch einen Zuschuß von 300 DM staatlich gefördert. Der Hinweis des FA auf den Freizeitwert der Skireise gehe fehl. Auch bei Berufsfußballspielern hindere der Freizeitwert des Trainings den Werbungskostenabzug nicht.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Der steuerlichen Berücksichtigung der geltend gemachten Aufwendungen stehe das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entgegen, da private Interessen nach dem Anlaß der Reise, dem vorgesehenen Programm und der tatsächlichen Durchführung nicht nahezu ausgeschlossen gewesen seien. Auch bei der Organisation einer Reise durch einen Fachverband könne der Nachweis der beruflichen Veranlassung nicht als erbracht angesehen werden, wenn die die Bildung, die Erholung und das Erleben fördernden Teile der Reise unlösbar mit dem beruflichen Interessen dienenden Teil verbunden seien. Danach dürften Lehrer die Aufwendungen für Skireisen nicht als Werbungskosten geltend machen. Denn bei Skireisen sei ein außerberuflicher Reisezweck im allgemeinen schon deshalb anzunehmen, weil sie infolge ihres sportlichen Charakters im wesentlichen Umfang der Erholung dienten und einen hohen Freizeitwert hätten. Hieran ändere nichts der Umstand, daß die Teilnehmer Anregungen für ihren Beruf und die Berechtigung zur Leitung von Winter-Schullandheimaufenthalten erhielten. Etwas anderes könne allenfalls dann gelten, wenn Lehrgangsprogramm und Durchführung ausschließlich oder fast ausschließlich auf Unterrichtszwecke für Schüler (Unterrichtsmodelle, Stundengestaltung und ähnliches) zugeschnitten seien. Dies sei nach dem vorgelegten Programm nicht der Fall gewesen. Dieses enthalte weitgehend Veranstaltungen, die auch von allgemein praktischen (z. B. Umsteige-, Parallelschwingen, Berg- und Talstemmen) und theoretischen (z. B. Einführung und Elementarschule Langlauf, Wachsen, Nordisch) skifahrerischem Interesse seien, hingegen nur vereinzelt Programmpunkte, die speziell berufliche Bezüge hätten (30. Dezember Unterrichtsmodelle; 1. Januar Theorie Schullandheimaufenthalt mit Skilauf, Rechtsfragen; 5. und 6. Januar jeweils vormittags Prüfungen einschließlich Parallelschwung in erleichterter Form). Der Hinweis der Klägerin auf das Training von Berufsfußballspielern gehe fehl, da es sich insoweit um deren tägliche Arbeit handele.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung von § 9 Abs. 1 EStG. Sie trägt vor, die Qualifikationsverordnung des Kultusministeriums verpflichte beamtete Lehrer zur Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen. Das Kultusministerium habe mit Schreiben vom . . . gefordert, daß Leiter von Ski-Landschulaufenthalten eine besondere Qualifikation besäßen, die durch Teilnahme an einem Seminar des Deutschen Sportlehrerverbandes in Verbindung mit dem SIL und dem Bestehen der dabei abgelegten Prüfung erworben werde. Diese vom Arbeitgeber durchgeführten Veranstaltungen seien auf dessen Bedürfnisse und Anforderungen zugeschnitten. Die Teilnehmer müßten gute Skiläufer sein und würden geschult, einfachste Grundkenntnisse des Skilaufens zu vermitteln. Der Kurs sei straff und lehrgangsmäßig organisiert gewesen, was aus dem vorgelegten Lehrgangsplan ersichtlich und vom FG auch festgestellt worden sei. Neben der Vermittlung des Skifahrens sei das Seminar darauf ausgerichtet gewesen, den Lehrer zu befähigen, die zu betreuenden Schüler zu überwachen und vor gesundheitlichen Schäden zu bewahren. Anders als bei Skikursen, die der privaten Erholung dienten, liege der Schwerpunkt des hier zu beurteilenden Kurses auf der Vermittlung pädagogischer Fähigkeiten auf dem Gebiet des Skisports. Wenn das FG den Werbungskostenabzug versage, weil es einen Freizeit- und Erholungswert unterstelle, verkenne es, daß die Tätigkeit einer Sportlehrerin ausschließlich in Arbeiten bestehe, die die Mehrzahl der Steuerpflichtigen zur Freizeit und Erholung ausübe. Daß das Seminar wegen sicherer Schneeverhältnisse und geringerer Kosten im Ausland durchgeführt worden sei, erlaube keine andere Beurteilung.
Das FA ist der Ansicht, nach dem vorgelegten Programm sei, wie das FG festgestellt habe, vor- und nachmittags ,,aktive sportliche Betätigung" betrieben worden wie Umsteige- und Parallelschwingen, Berg- und Talstemmen etc. Besondere Fähigkeiten pädagogischer Art (Kenntnisvermittlung, Überwachung und Anleitung von Schülern) sei dabei gerade nicht vermittelt worden. Lediglich die Veranstaltung am . . . - Behandlung von Unterrichtsmodellen - sei in den Bereich der Pädagogik hineingegangen. Im Hinblick auf den weit überwiegenden zeitlichen Umfang der nichtberufsbezogenen Veranstaltungen reiche dies nicht aus, eine Teilnahme im ausschließlichen oder doch wenigstens weitaus überwiegenden beruflichen Interesse zu bejahen. Maßgebend sei, daß es sich bei dem Auslandsaufenthalt im Grunde um eine solche Reise gehandelt habe, wie sie in gleicher oder ähnlicher Weise häufig auch von solchen Personen zu Erholungszwecken ausgeführt würden, die nicht im sportlichen Bereich tätig seien. Im übrigen würde der durch Anwendung von Pauschbeträgen errechnete Aufwand für Übernachtung und Verpflegung in Höhe von 1 320 DM zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen, da hierfür nach den vorgelegten Belegen tatsächlich lediglich 450 DM bezahlt worden sei.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.
1. Der Senat hat im Urteil vom 26. August 1988 VI R 175/85 (BFHE 154, 513, BStBl II 1989, 91) entschieden, daß Aufwendungen aus Anlaß eines Kurses zum Erwerb einer Schulskileiter-Lizenz unter eng begrenzten Voraussetzungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anerkannt werden können (vgl. auch Urteile vom 26. August 1988 VI R 72/87, BFH/NV 1989, 292; VI R 76/87, BFH/NV 1989, 292; VI R 80/87, BFH/NV 1989, 293, und VI R 159/87, BFH/NV 1989, 294).
a) Danach ist Voraussetzung für den Werbungskostenabzug, daß der betreffende Lehrer tatsächlich Sportunterricht erteilt hat oder eine entsprechende Arbeitsgemeinschaft geleitet hat, daß der Teilnehmerkreis im wesentlichen homogen ist, daß Veranstalter des Lehrgangs ein anerkannter Verband oder die Schulverwaltung ist, daß Sonderurlaub erteilt oder das dienstliche Interesse an der Lehrgangsteilnahme bescheinigt ist, daß der Lehrgang darauf abzielt, den Teilnehmern Kenntnisse zu vermitteln, die die Beaufsichtigung und Unterrichtung von Schülern beim Skilaufen betreffen, daß Programm und Durchführung des Lehrgangs durch eine straffe Organisation gekennzeichnet sind, die tatsächliche Teilnahme des Betreffenden feststeht, der Lehrgang mit einer Prüfung abgeschlossen wird, über die ein dem Lehrgangsziel entsprechendes Zertifikat erteilt wird und die erworbenen Fähigkeiten anschließend im Lehrberuf verwendet werden. Im übrigen ist schädlich, wenn der Teilnehmer bei Eintritt des Kurses das Skifahren noch nicht beherrscht.
b) Demgegenüber hält das angefochtene Urteil Aufwendungen für Lehrgänge, die Lehrer zum Erwerb der Schulskileiter-Lizenz besuchen, im Hinblick auf den sportlichen Charakter, den hohen Freizeitwert und die Tatsache, daß die Veranstaltungen im wesentlichen Umfang der Erholung dienten, generell für nicht abziehbar. Darüber hinaus sei im Streitfall jedenfalls schädlich, daß die Veranstaltungen nach dem vorgelegten Programm weitgehend von allgemeinem skifahrtechnischen Interesse geprägt gewesen seien. Auch insofern stimmt das FG mit der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Senats, an der er festhält, nicht überein, da das Skifahren als solches nicht schädlich ist, falls der Lehrgang auf das Ziel ausgerichtet ist, den Sportlehrern praktische und pädagogische Fähigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln, die sie befähigen, Schulklassen beim Skisport zu beaufsichtigen und Schülern Kenntnisse für das Skilaufen theoretisch und praktisch beizubringen.
c) Die Feststellungen des FG lassen eine abschließende Würdigung nach den oben wiedergegebenen Kriterien nicht zu. Insbesondere ist dem - sehr allgemein gehaltenen - Programm weder in zeitlicher noch inhaltlicher Hinsicht zu entnehmen, ob in straffer lehrgangsmäßiger Organisation unter fachlicher Anleitung ein vorgegebenes Schulungsprogramm durchgeführt worden ist. Des weiteren wird das FG Feststellungen zur Homogenität des Teilnehmerkreises und zu den fahrtechnischen Vorkenntnissen zu treffen haben.
2. Wegen der Höhe der ggf. abziehbaren Beträge wird auf § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG sowie auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 11. Mai 1990 VI R 140/86 (BFHE 160, 546, BStBl II 1990, 777) verwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 417727 |
BFH/NV 1991, 596 |