Leitsatz (amtlich)
Erhält der Arbeitnehmer eine nach § 3 Nr.12 EStG steuerbefreite Aufwandsentschädigung für auf Dienstgängen entstandene Zehrkosten, kann er Verpflegungsmehraufwand aufgrund der Pauschsätze in Abschn.25 Abs.6 LStR nur insoweit als Werbungskosten geltend machen, als der Aufwand die erhaltene Entschädigung übersteigt. Dies gilt auch, wenn die Entschädigung nicht nach der Zahl der Dienstgänge, sondern pauschal bemessen ist.
Orientierungssatz
1. Hinsichtlich des Umfangs von Verpflegungsmehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer Dienstreise oder einem sog. Dienstgang entstehen, sind in Abschn. 25 Abs. 6 LStR gewisse Pauschbeträge vorgesehen, die als vertretbare Schätzungen von den Steuergerichten übernommen werden (vgl. BFH-Urteil vom 14.8.1981 VI R 115/78).
2. NV: Ein Arbeitnehmer, der nebenberuflich an einer staatlichen Schule Unterricht erteilt, erzielt damit Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Von seinen Einnahmen ist gemäß § 3 Nr. 26 EStG ein Betrag von 2 400 DM als steuerfreie Aufwandsentschädigung anzusehen. Betriebsausgaben können nur abgezogen werden, soweit sie diesen Betrag übersteigen (vgl. BFH-Urteil vom 30.1.1986 IV R 247/84).
Normenkette
EStG 1983 § 3 Nr. 12, § 9 Abs. 1; LStR Abschn. 25 Abs. 6; EStG § 3 Nr. 26, § 18 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
FG Hamburg (Entscheidung vom 30.08.1985; Aktenzeichen V 93/84) |
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie sind beide als Betriebsprüfer an Finanzämtern in Hamburg beschäftigt. Im Streitjahr 1983 bezogen sie aufgrund landesrechtlicher Verwaltungsvorschriften eine steuerfreie Zehrkostenentschädigung für Dienstgänge im Stadtgebiet von 65 DM monatlich. Sie machen gleichwohl Verpflegungsmehraufwand nach Maßgabe von Abschn.25 Abs.6 Nr.3 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) geltend.
++/ Der Kläger hat an einer staatlichen ...schule Unterricht erteilt. Seine Einnahmen betrugen ... DM, seine Betriebsausgaben ... DM. Nach Auffassung der Kläger stellt die gewährte Vergütung im ganzen eine steuerfreie Aufwandsentschädigung nach § 3 Nr. 12 des Einkommensteuergesetzes (EStG) dar. /++
Das Finanzgericht (FG) folgte nicht der Auffassung der Kläger und wies die Klage ab. Seine Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1986, 65 veröffentlicht.
Hiergegen richtet sich die vom FG zugelassene Revision, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügen.
Die Kläger beantragen, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die geltend gemachten Werbungskosten zu berücksichtigen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
a) Verpflegungsmehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer Dienstreise oder einem sog. Dienstgang entstehen, gehören zu seinen Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit. Hinsichtlich ihres Umfangs sind in Abschn.25 Abs.6 LStR gewisse Pauschbeträge vorgesehen, die als vertretbare Schätzungen von den Steuergerichten übernommen werden (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14.August 1981 VI R 115/78, BFHE 134, 139, BStBl II 1982, 24). Erhält der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber einen Ausgleich für diese Belastung, so handelt es sich dabei grundsätzlich um zusätzlichen Arbeitslohn, dem bei der Veranlagung zur Einkommensteuer die genannten Werbungskosten gegenübertreten.
Dies ist anders, wenn die Bezüge entsprechend § 3 Nr.12 Satz 1 EStG aufgrund von bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und aus einer Bundes- oder Landeskasse gezahlt werden; derartige Entschädigungen sind steuerfrei. Nach den Feststellungen des FG erfüllt die den Klägern gewährte monatliche Pauschalentschädigung diese Voraussetzungen; die Feststellung von Landesrecht ist Sache des FG. Die Steuerbefreiung der Aufwandsentschädigung hat zur Folge, daß der Arbeitnehmer nur diejenigen Aufwendungen als Werbungskosten geltend machen kann, die die Entschädigung übersteigen. Dies folgt aus dem Grundgedanken des § 3c EStG (vgl. BFH-Urteile vom 10.Dezember 1971 VI R 180/71, BFHE 104, 241, BStBl II 1972, 257; vom 30.Januar 1986 IV R 247/84, BFHE 146, 65, BStBl II 1986, 401).
b) Im Streitfall war die Aufwandsentschädigung allerdings nicht nach den Pauschsätzen in Abschn.25 Abs.6 LStR bemessen. Die Kläger erhielten als Zehrgeld eine monatliche Entschädigung von 65 DM, die einen bestimmten vorauszusehenden Umfang der Außendiensttätigkeit voraussetzt und unter bestimmten Bedingungen auch bei einer Unterbrechung der Tätigkeit weitergewährt wird. Demgegenüber werden die in Abschn.25 Abs.6 Nr.3 LStR genannten Pauschsätze je Dienstreise und je Dienstgang gewährt. Dies hindert die Anrechnung der gewährten Entschädigung aber nicht. Hierfür ist nicht die Art ihrer Berechnung, sondern allein ausschlaggebend, welche Aufwendungen mit ihr abgegolten werden sollen. Davon ist in der Vergangenheit das BFH-Urteil vom 4.März 1977 VI R 213/75 (BFHE 122, 265, BStBl II 1977, 507) ausgegangen, indem es eine aufgrund von § 45 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) i.d.F. vom 25.Juni 1969 (BGBl I 1969, 582) gewährte Entschädigung auch auf den vom Steuerpflichtigen bei den Werbungskosten aus nichtselbständiger Tätigkeit geltend gemachten Verpflegungsmehraufwand anrechnete; die Entschädigung war auch in diesem Fall nicht nach dem Vorbild der in den LStR vorgesehenen Pauschbeträge berechnet.
Demgegenüber ist im Urteil vom 29.November 1974 VI R 203/72 (BFHE 114, 422, BStBl II 1975, 339) die Anrechnung der einem Betriebsprüfer gewährten Außendienstpauschale abgelehnt worden, weil mit ihr neben den Zehrkosten auch andere Nebenkosten abgegolten seien und der auf die Zehrkosten entfallende Anteil nicht einigermaßen zuverlässig zu ermitteln und den vom Bezieher unternommenen Dienstreisen zuzuteilen sei. Auch im Urteil in BFHE 134, 139, BStBl II 1982, 24 ist eine Anrechnung unterblieben, weil sich die gewährte Pauschvergütung und die mit ihr abgegoltenen Zehrkosten bestimmten Dienstgeschäften nicht eindeutig zurechnen ließen.
Der erkennende Senat kann sich dem nicht anschließen. Die vom Arbeitnehmer im Veranlagungszeitraum aufgewendeten Werbungskosten mindern seine Einkünfte, wobei die LStR lediglich im Schätzungswege an die Zahl der Dienstreisen und Dienstgänge anknüpfen. Den Werbungskosten steht nach dem Vorgesagten eine im Veranlagungszeitraum gezahlte Entschädigung als Bestandteil des Arbeitslohnes gegenüber, und zwar unabhängig davon, nach welchen Grundsätzen sie der Arbeitgeber bemessen hat. Soweit für Aufwendungen allerdings eine nach § 3 Nr.12 EStG steuerbefreite Entschädigung gewährt wird, können sie, wie hervorgehoben, nicht geltend gemacht werden, es sei denn, sie übersteigen die gewährte Entschädigung. Daß in diesem Fall auf die Berechnung der Entschädigung abzustellen sei, ergibt weder das Gesetz noch der gesetzliche Zusammenhang. Entschädigungen der in § 3 Nr.12 Satz 1 EStG bezeichneten Art werden vielfach in pauschalierter Form gewährt, um eine Einzelabrechnung nach den Bestimmungen des Reisekostenrechts zu vermeiden. Blieben sie deswegen bei der Einkommensteuerveranlagung unberücksichtigt, würde eine sachliche Steuerbefreiung für bestimmte Einnahmen geschaffen, an der private Arbeitnehmer nicht teilhaben. Dies ist nicht das Ziel des § 3 Nr.12 Satz 1 EStG. Der VI.Senat hat der Abweichung von seinen Entscheidungen zugestimmt.
c) Im Streitfall machen die Kläger Verpflegungsmehraufwand aus Anlaß von Dienstgängen von täglich 3 DM entsprechend Abschn.25 Abs.6 Nr.3 d LStR geltend; die Klägerin verlangt außerdem den Abzug von Mehraufwand aus Anlaß von Dienstreisen. Die Zehrkostenentschädigung wird nach den Feststellungen des FG und den in Bezug genommenen Verwaltungsvorschriften für die innerhalb eines Monats vorkommenden Dienstgänge von mehr als fünf Stunden gewährt. Wie das FG erläutert, sind nach dem Hamburgischen Reisekostenrecht auch die von der Klägerin angeführten Dienstreisen innerhalb Hamburgs als Dienstgänge anzusehen. Mithin wird die Reisekostenentschädigung zur Abgeltung des den Klägern in einem Monat entstehenden Verpflegungsmehraufwandes gewährt. Die Kläger können einschlägige Aufwendungen daher nur geltend machen, soweit sie die Monatsentschädigung übersteigen. Die Entschädigung ist aber so hoch bemessen, daß dies nur ausnahmsweise möglich ist. Nach den Feststellungen des FG ergibt sich nur für die Klägerin in einem Monat ein Mehraufwand von 3 DM; dieser führt nicht zu einer Änderung der Einkommensteuerschuld.
++/ d) Zu Recht hat das FG auch die Einkünfte des Klägers aus seiner selbständigen Unterrichtstätigkeit als steuerpflichtig angesehen, soweit sie 2 400 DM übersteigen. Der Kläger erzielte damit Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Von seinen Einnahmen war gemäß § 3 Nr. 26 EStG ein Betrag von 2 400 DM als steuerfreie Aufwandsentschädigung anzusehen. Betriebsausgaben konnten deswegen nur abgezogen werden, soweit sie diesen Betrag überstiegen. Der Senat ist hierauf ausführlich in seinem Urteil in BFHE 146, 65, BStBl II 1986, 401 eingegangen; hierauf wird Bezug genommen. Die Ausgaben des Klägers übersteigen den erwähnten Betrag nicht. /++
Fundstellen
Haufe-Index 62095 |
BStBl II 1988, 635 |
BFHE 153, 11 |
BFHE 1989, 11 |
BB 1988, 1650-1651 (LT1) |
DB 1988, 1359-1360 (ST) |
HFR 1988, 388 (LT1) |