Leitsatz (amtlich)
Eine Unfallentschädigung, die ein Gewerbetreibender wegen der Minderung seiner Erwerbsfähigkeit aus der Haftpflichtversicherung des Unfallschädigers erhält, gehört nicht zum Gewerbeertrag im Sinne des § 7 GewStG. Der I. Senat schließt sich der Entscheidung des VI. Senats des Bundesfinanzhofs VI 154/65 U vom 20. August 1965 (BFH 84, 258, BStBl III 1966, 94) an.
Normenkette
EStG § 24 Nr. 1 Buchst. a; GewStG § 7
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Teilbetrag der Gesamtabfindung, die der Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige) von der Versicherungsgesellschaft des Schädigers zur Abgeltung aller künftig etwa noch auftretenden Unfallschäden erhalten hat, als Ersatz für entgangene und entgehende Einnahmen aus Gewerbebetrieb anzusehen und der Gewerbesteuer zu unterwerfen ist.
Der Steuerpflichtige, ein Uhrmachermeister, der Uhren repariert und in seinem der Werkstatt angeschlossenen Ladengeschäft branchenübliche Artikel verkauft, erlitt am 12. Januar 1956 einen Verkehrsunfall, der für ihn eine im Streitjahr 1958 unstreitig noch 40 v. H. betragende Minderung der Erwerbsfähigkeit zur Folge hatte. Mit einer Besserung in Zukunft ist nicht zu rechnen. Von der Haftpflichtversicherung des Schädigers hatte der Steuerpflichtige in der Zeit vom September 1956 bis Mai 1958 bereits rd. 12 000 DM als Ersatz für Verdienstausfall und die Kosten einer Ersatzkraft im Betrieb sowie als Schmerzensgeld erhalten, die zum Teil versteuert wurden. Am 22. Dezember 1958 schloß der Steuerpflichtige zur Beendigung eines vor dem Oberlandesgericht schwebenden Schadensersatzprozesses mit der Versicherungsgesellschaft des Schädigers einen außergerichtlichen Vergleich. In diesem Vergleich verpflichtete sich die Versicherung, dem Steuerpflichtigen einen Betrag von 22 500 DM zu zahlen, mit dem "alle Ansprüche des Anspruchstellers gegen den Anspruchsgegner aus dem Unfall vom 12. Januar 1956 für jetzt und alle Zukunft erledigt" sein sollten. "Unter die Abfindung fallen sämtliche Ansprüche, mögen sie voraussehbar sein oder nicht. Insbesondere auch alle Ansprüche gegen sonstige dritte Personen."
Der Revisionskläger (das FA) rechnete im Bescheid vom 6. August 1964 einen Teilbetrag von 12 500 DM als Ersatz für entgangene und entgehende Einnahmen aus Gewerbebetrieb dem Gewerbeertrag des Steuerpflichtigen für das Streitjahr hinzu. Der Einspruch des Steuerpflichtigen blieb ohne Erfolg. Der Berufung gab das FG nach mündlicher Verhandlung statt. Seine Entscheidung begründet es wie folgt:
Die streitigen 12 500 DM seien nur dann Gewerbeertrag im Sinne des § 7 GewStG, wenn sie als Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG gewährt worden seien, was indes nicht der Fall sei. Ihre Zahlung beruhe auf dem Unfall vom 12. Januar 1956 und erfülle nur dann die Voraussetzungen der Vorschriften des § 2 Abs. 3 Nr. 2 und § 24 Nr. 1a EStG sowie des § 7 GewStG, wenn der Unfall zu einem Weniger an Gewinn aus Gewerbebetrieb geführt habe oder noch führen werde (Urteile des BFH VI 255/59 U vom 13. April 1962, BFH 75, 100, BStBl III 1962, 306; IV 296/59 vom 29. Mai 1963, HFR 1963, 337). Zwar seien der Steuerpflichtige und die Versicherungsgesellschaft des Schädigers bei Abschluß des Vergleichs von einem Schaden des Steuerpflichtigen ausgegangen, der mit der vereinbarten Abfindung von 22 500 DM habe abgegolten werden sollen; über die abzugeltenden Schadensarten enthalte der Vergleich indes nichts. Das FG habe nicht feststellen können, daß der Unfall des Steuerpflichtigen zu einem Weniger an gewerblichen Einkünften geführt habe und noch führen werde; es habe auch nicht feststellen können, ob und zu welchem Teil die Abfindung auch ein Weniger an gewerblichen Einkünften abzugelten bestimmt sei. Wenn das FA auf den Grad der erlittenen Minderung der Erwerbsfähigkeit abstelle, so sei demgegenüber festzustellen, daß der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit nichts Zwingendes darüber aussage, in welchem Umfang der Geschädigte einen bestimmten Beruf tatsächlich ausüben könne. So gingen viele Kriegsversehrte mit teilweise hochgradiger Minderung ihrer Erwerbsfähigkeit ihrem Beruf voll und ohne Gewinneinbußen nach. Auch das fachärztliche Gutachten vom 28. August 1956 stelle fest, daß der Steuerpflichtige seine Arbeit in der Werkstatt voll, im Ladengeschäft zur Hälfte erledigen könne; es schließe nicht aus, daß die vom Steuerpflichtigen behauptete Arbeitsfähigkeit künftig ein Abnehmen der Minderung seiner Erwerbsfähigkeit erwarten lasse.
Hiergegen richtet sich die als Revision zu behandelnde Rechtsbeschwerde des FA. Es trägt vor:
Die Feststellungen des FG beruhten auf mangelnder Sachaufklärung, soweit nach ihnen in der Abfindung keine Entschädigung für entgehende Einnahmen enthalten sei; sie verstießen gegen den Inhalt der Akten, soweit sie die Ausführungen des Prozeßbevollmächtigten des Steuerpflichtigen unbeachtet ließen, nach denen dieser dem Steuerpflichtigen geraten habe, 8 000 DM als Entschädigung für Verdienstausfall anzuerkennen, und soweit sie die eigene Einlassung des Steuerpflichtigen nicht beachteten, nach der er nicht über die Art der Entschädigung, sondern über die Notwendigkeit der Entrichtung von Gewerbesteuer auf sie im Irrtum gewesen sei.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
Ohne im einzelnen auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung und auf die Ausführungen des FA und des Steuerpflichtigen im Revisionsverfahren eingehen zu müssen, war nach Ansicht des erkennenden Senats die Heranziehung des streitigen Teilbetrages der Abfindung zur Gewerbesteuer nicht gegeben. Wie der BFH im Urteil VI 154/65 U vom 20. August 1965 (BFH 84, 258, BStBl III 1966, 94) ausgeführt hat, will die Gewerbeertragsteuer nur den Ertrag des werbenden Betriebes erfassen, d. h., die im gewerblichen Betrieb unmittelbar erwirtschafteten Einnahmen. Deshalb decken sich die Begriffe "Gewinn aus Gewerbebetrieb" und "Gewerbeertrag" insoweit nicht, als der letztere - unter dem Gesichtspunkt der Objektsteuer - Vorgänge aus Anlaß der Gründung und der Veräußerung des Gewerbebetriebes nicht miterfaßt (BFH-Urteil VI 336/62 U vom 20. Dezember 1963, BFH 79, 42, BStBl III 1964, 248, mit weiterer Rechtsprechung). Dasselbe gilt für die Unfallentschädigung, die nicht unmittelbarer Ertrag des werbenden Betriebes, sondern ein Ausfluß des vom Steuerpflichtigen erlittenen Körperschadens ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Zahlung Ausfluß einer als Betriebsvorgang behandelten Unfallversicherung ist.
Fundstellen
Haufe-Index 68322 |
BStBl II 1969, 8 |
BFHE 1968, 466 |