Leitsatz (amtlich)
Ein PKW, der von einem Arbeitnehmer nahezu ausschließlich beruflich genutzt wird, ist ein Arbeitsmittel. Wird ein solcher PKW entwendet und später in stark beschädigtem Zustand wiederaufgefunden, so kann der dem Steuerpflichtigen entstandene und von der Versicherung nicht ersetzte Schaden als Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung zu Werbungskosten führen.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Nr. 7, § 7 Abs. 1 S. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war im Streitjahr 1974 als nichtselbständiger Maschinenbauingenieur im Außendienst tätig. Ihm war nachts vor seiner Hofgarage sein zu 95% beruflich genutzter PKW entwendet worden. Später hatte die Polizei das Auto in sehr stark beschädigtem Zustand aufgefunden. Eine Teilkaskoversicherung hatte für das Fahrzeug nicht bestanden. In der zum Einkommensteuerbescheid 1974 ergangenen Einspruchsentscheidung lehnte es der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) ab, den dem Kläger in Höhe von 3 058 DM entstandenen Schaden an seinem Kfz als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung der §§ 9, 12 und 23 des Einkommensteuergesetzes 1974 (EStG) und führt zur Begründung u. a. aus:
Den Diebstahlsschaden habe das FG zu Unrecht als Werbungskosten anerkannt. Das FG weiche von der Rechtsprechung ab, die auf die Eigenart des schädigenden Ereignisses abstelle. Die Auffassung der Vorinstanz wäre nur richtig, wenn es bei den Überschußeinkünften ein dem Betriebsvermögen vergleichbares, der jeweiligen Einkunftsart gewidmetes Vermögen -- hier Arbeitsvermögen -- mit der Folge gäbe, daß auch Erlöse aus der Veräußerung derartiger Wirtschaftsgüter in die Ermittlung der Einkünfte einbezogen würden. Dies sei zwar im Streitfall geschehen. Es entspreche jedoch nicht der allgemein üblichen Behandlung, da Veräußerungserlöse in diesem Bereich grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen des § 23 EStG erfaßt würden. Es sei auch zu bezweifeln, ob mit dem FG aus § 9 Abs. 1 Nr. 7 EStG zwingend auf die Existenz eines Arbeitsvermögens geschlossen werden könne. Es läge näher, in dieser Vorschrift eine nicht ausdehnend auszulegende Sonderregelung zu sehen. Hierfür biete die enumerativ gefaßte Aufzählung von Werbungskosten in § 9 Abs. 1 EStG einen Anhalt.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Zutreffend hat das FG angenommen, daß der am PKW des Klägers eingetretene Schaden dem Grunde nach zur Berücksichtigung von Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Nr. 7 i. V. m. § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG führt.
Die im Zusammenhang mit dem Diebstahl eingetretene Beschädigung des Fahrzeugs stellt eine außergewöhnliche technische Abnutzung i. S. des § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG dar. Sie ist schon deshalb als beruflich veranlaßt anzusehen, weil der Kläger nach den Feststellungen des FG, an die der Senat gebunden ist (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --), den PKW zu 95% für berufliche Zwecke und damit als Arbeitsmittel eingesetzt hat (vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 18. Februar 1977 VI R 182/75, BFHE 121, 444, BStBl II 1977, 464). Bei einer nahezu ausschließlich beruflichen Nutzung ist auch das Abstellen des PKW vor der eigenen Wohnung nicht privat veranlaßt. Denn die als steuerrechtlich bedeutungslos zu wertende ganz geringfügige Nutzung zu privaten Zwecken muß bei der hier gebotenen typisierenden Beurteilung außer Betracht bleiben. Das die außergewöhnliche technische Abnutzung auslösende Ereignis, nämlich die Entwendung und die dabei eingetretene starke Beschädigung des PKW, ist ebenfalls dem beruflichen Bereich zuzuordnen. Das ergibt sich aufgrund folgender Erwägungen:
Veränderungen im Vermögensbereich sind bei den Überschußeinkunftsarten des § 2 Abs. 3 Nrn. 4 bis 7 EStG zwar im Grundsatz steuerlich unbeachtlich (vgl. BFH-Urteil vom 21. Dezember 1982 VIII R 215/78, BFHE 138, 44, BStBl II 1983, 410). Das gilt jedoch nicht für Arbeitsmittel, weil der Gesetzgeber Aufwendungen für ihre Anschaffung nach § 9 Abs. 1 Nr. 6 EStG ausdrücklich als Werbungskosten bestimmt hat. Die Anschaffung von Arbeitsmitteln fällt somit ebenso in die berufliche Sphäre wie deren nachfolgende ausschließliche oder nahezu ausschließliche berufliche Nutzung. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 8. Februar 1974 VI R 326/70, BFHE 111, 341, BStBl II 1974, 306 und die dort erwähnte Rechtsprechung) ist auch auf Arbeitsmittel die Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 7 EStG anzuwenden, nach der Absetzungen für Abnutzung und für Substanzverringerung als Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Für Arbeitsmittel gilt daher ebenfalls § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG, der Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (AfaA) zuläßt. Eine außergewöhnliche technische Abnutzung kann daher nur dann privat veranlaßt sein, wenn das die Abschreibung auslösende Schadensereignis ausnahmsweise dem privaten Bereich zuzuordnen ist. Das ist im Streitfall zu verneinen. Denn die zeitweilige Entwendung und die dabei eingetretene starke Beschädigung des PKW lassen einen Zusammenhang mit der privaten Lebensführung des Klägers nicht erkennen.
Gerade deshalb steht es -- entgegen der Auffassung des FA -- mit dem vorgenannten Grundsatz nicht in Widerspruch, wenn bei anderen, nicht ausschließlich für den Beruf angeschafften und genutzten Wirtschaftsgütern, wie z. B. dem gemischt oder privat genutzten PKW des Arbeitnehmers, regelmäßig darauf abgehoben wird, ob das schadensbegründende Ereignis, wie etwa bei einem Unfall auf einer beruflichen Fahrt, in hinreichendem Zusammenhang mit der Tätigkeit des Steuerpflichtigen steht (vgl. die Urteile des Senats vom 17. Oktober 1973 VI R 395/70, BFHE 111, 59, BStBl II 1974, 185; vom 23. Juni 1978 VI R 133/76, BFHE 125, 181, BStBl II 1978, 457, sowie vom 19. März 1982 VI R 25/80, BFHE 135, 479, BStBl II 1982, 442). Auch auf die Steuerfreiheit von bei der Veräußerung von Arbeitsmitteln erzielten Gewinnen im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit kann sich das FA nicht mit Erfolg für seine gegenteilige Auffassung berufen, weil dieser Umstand keinen Einfluß auf die Absetzbarkeit des hier zu beurteilenden Vermögensverlustes hat (vgl. Urteil des Senats vom 15. Mai 1981 VI R 66/78, BFHE 133, 516, BStBl II 1981, 735).
Bei der betragsmäßigen Ermittlung der Absetzung für außergewöhnliche technische Abnutzung ist das FG von den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 9. November 1979 VI R 156/77 (BFHE 129, 143, BStBl II 1980, 71) ausgegangen. Es hat allerdings -- soweit die berufliche Nutzung gegeben war, d. h. zu 95% -- ein selbständiges Wirtschaftsgut des von ihm so bezeichneten Arbeitsvermögens angenommen und deshalb die Absetzung für außergewöhnliche technische Abnutzung um 5% gekürzt. Ob dies zutreffend war, bedarf keiner Erörterung. Denn durch die Kürzung ist das FA nicht beschwert.
Fundstellen
Haufe-Index 74683 |
BStBl II 1983, 586 |
BFHE 1983, 441 |