Leitsatz (amtlich)
Ein medizinischer Fußpfleger übt keine der Tätigkeit eines Krankengymnasten ähnliche heilberufliche Tätigkeit aus (Ergänzung des im BFH-Urteil vom 6. Juni 1973 V R 88/72, BStBl II 1975, 522, BFHE 110, 66, enthaltenen Rechtsgrundsatzes).
Normenkette
UStG 1967 § 4 Nr. 14
Tatbestand
Der erkennende Senat entscheidet im II. Rechtsgang. Auf das im I. Rechtsgang über die Revision des Beklagten und nunmehrigen Revisionsbeklagten (FA) ergangene Urteil des erkennenden Senats vom 6. Juni 1973 V R 88/72 (BFHE 110, 66) wird Bezug genommen. Im II. Rechtsgang hat das FG unter Zulassung der Revision die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:
Der BFH habe im Urteil V R 88/72 abweichend von der ursprünglichen Rechtsauffassung des FG die Ähnlichkeit zwischen der Tätigkeit des Klägers als medizinischer Fußpfleger und der Berufsausübung eines Heilpraktikers verneint, deshalb das Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zur anderweitigen Entscheidung zurückverwiesen. Der BFH habe seine Entscheidung auf die rechtliche Erwägung gestützt, daß der Heilpraktiker im Gegensatz zum medizinischen Fußpfleger für die Ausübung seiner Tätigkeit einer staatlichen Erlaubnis bedürfe und der Überwachung durch die Gesundheitsämter unterliege. Aus diesen das FG bindenden Gesichtspunkten könne der Fußpfleger auch nicht als ein dem Krankengymnasten ähnlicher Beruf gelten. Denn der Krankengymnast bedürfe für die Ausübung seiner Tätigkeit nach § 1 des Gesetzes über die Ausübung der Berufe des Masseurs, des Masseurs und medizinischen Bademeisters und des Krankengymnasten vom 21. Dezember 1958 - MMBKG - (BGBl I 1958, 985) ebenfalls der staatlichen Erlaubnis und unterliege nach § 20 der Dritten Durchführungsverordnung zum Gesetz über die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens vom 30. März 1935 - 3. DVO - (Reichsministerialblatt I S. 327) der Aufsicht durch die Gesundheitsbehörden. Schon nach diesen Merkmalen sei also der Beruf des Klägers dem des Krankengymnasten nicht ähnlich. Im übrigen unterscheide sich dieser Beruf auch noch durch die gesetzlich geschützte Berufsbezeichnung (§ 1 MMBKG) und durch den Umfang und die Art der gesetzlich geregelten Ausbildung (§§ 2, 8 bis 10 MMBKG). Die anderen in § 4 Nr. 14 UStG 1967 aufgezählten Berufe seien offenbar unähnlich. Das FA habe dem Kläger die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 14 UStG 1967 schon aus diesen Gründen zu Recht versagt.
Da der BFH im Revisionsurteil des I. Rechtsgangs eine Beweisaufnahme für erforderlich gehalten habe, seien Gutachten der Ärztekammer B und des Senators für Gesundheit und Umweltschutz zur Frage der Ähnlichkeit zwischen dem Beruf des Fußpflegers und dem eines Krankengymnasten eingeholt worden. Beide Stellen seien begründetermaßen zu dem Ergebnis gelangt, daß die konkrete Berufstätigkeit des Klägers als medizinischer Fußpfleger, soweit sie nicht den Rahmen des gesetzlich Erlaubten überschritten habe, nicht als Hilfstätigkeit zur Unterstützung ärztlicher Maßnahmen, sondern als gewerbliche Tätigkeit zu beurteilen sei. Der Kläger habe auch trotz entsprechender Aufforderung keinen Nachweis dafür erbracht oder auch nur dargetan, daß er im Veranlagungszeitraum 1968 mit Ärzten zusammengearbeitet habe.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Revision eingelegt. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Das FG hat auf der Grundlage der in seinem Urteil angeführten Vorschriften des Gesetzes vom 21. Dezember 1958, der 3. DVO vom 30. März 1935 und der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Krankengymnasten vom 7. Dezember 1960 (BGBl I 1960, 885) zutreffend entschieden, daß eine Ähnlichkeit i. S. des § 4 Nr. 14 UStG 1967 auch zwischen dem Beruf des medizinischen Fußpflegers und dem des Krankengymnasten nicht besteht. Diese Auffassung entspricht dem Grundsatz, auf dem die Aufhebung des im I. Rechtszug erlassenen FG-Urteils beruht. Hiernach fehlt einer Berufsausübung die Ähnlichkeit mit der Ausübung eines der in § 4 Nr. 14 UStG 1967 aufgezählten Berufe jedenfalls dann, wenn die Tätigkeit im Rahmen eines d i e s e r Berufe an gesetzliche Bedingungen (z. B. staatliche Erlaubnis) oder öffentlich-rechtliche Einschränkungen (z. B. staatliche Aufsicht) gebunden ist, die bei der Ausübung des hinsichtlich der Ähnlichkeit zu prüfenden Berufs nicht in Betracht kommen.
Die Tätigkeit eines Krankengymnasten ist ebenso wie die im BFH-Urteil des I. Rechtsgangs nach diesem Grundsatz behandelte Tätigkeit eines Heilpraktikers erlaubnispflichtig und einer staatlichen Aufsicht unterworfen, während die Tätigkeit des medizinischen Fußpflegers solchen Bedingungen nicht unterliegt. Schon dieser Unterschied allein rechtfertigt die Entscheidung des FG. Mit Recht hat die Vorinstanz unterstützend noch ausgeführt, daß auch die Vorschriften, die für die Ausbildung zum Krankengymnasten gelten, der Tätigkeit in diesem Beruf ein Gepräge geben, das der Ähnlichkeit dieser Tätigkeit mit der des medizinischen Fußpflegers entgegensteht.
Gegen diese Entscheidung kann nicht eingewendet werden, sie sei infolge der Bindungswirkung nach § 126 Abs. 5 FGO unzulässig, da der BFH in seiner aufhebenden Entscheidung des ersten Rechtsgangs die Ähnlichkeit zwischen dem Beruf des Klägers und dem des Heilpraktikers mit Rücksicht auf das Erfordernis einer Erlaubnis für die Tätigkeit eines Heilpraktikers und die Unterstellung dieser Tätigkeit unter die staatliche Aufsicht verneint und im Anschluß daran die Auffassung vertreten habe, die aus diesen Gesichtspunkten fehlende Ähnlichkeit schließe die Ähnlichkeit der Tätigkeit des medizinischen Fußpflegers mit der des Krankengymnasten nicht aus. Für diese Rechtsauffassung ist nämlich § 126 Abs. 5 FGO deshalb nicht anwendbar, weil die Vorschrift nur diejenigen rechtlichen Beurteilungen des Revisionsgerichts betrifft, welche der Aufhebung des mit der Revision angefochtenen Urteils zugrunde liegen (h. M., vgl. Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts, § 143 Abschn. III, 1, b). Der hier in Frage stehenden rechtlichen Aussage kommt aber lediglich die Bedeutung einer Richtlinie für die erneute Entscheidung des FG zu.
Soweit die Revisionsbegründung nicht bereits durch die vorstehenden Ausführungen widerlegt ist, befaßt sie sich mit den Gesichtspunkten, die das FG in Übereinstimmung mit den eingeholten Gutachten zur selbständigen weiteren Begründung seiner klageabweisenden Entscheidung aufgeführt hat. Auf dieses Vorbringen braucht nicht eingegangen zu werden, da das klageabweisende Urteil auch Bestand hat, wenn diese Erwägungen fehlerhaft wären. Eine Entscheidung erübrigt sich auch hinsichtlich der Verfahrensrüge, mit der der Kläger geltend macht, das FG habe die Auflage des aufhebenden Revisionsurteils, den einschlägigen Fachverband zu hören, nicht beachtet. Insoweit kann ein Aufhebungsgrund schon deshalb nicht gegeben sein, weil angesichts der tragenden Gesichtspunkte für die Klageabweisung, die sich aus den für die Krankengymnasten geltenden Rechtsvorschriften ergeben, jede Beweisaufnahme unnötig geworden war. Außerdem sind, wie schon in den Ausführungen zum § 126 Abs. 5 FGO betont wurde, Richtlinien des Revisionsgerichts für die erneute Entscheidung des FG nicht bindend.
Nach diesen Erwägungen kommt die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 14 UStG 1967 den Umsätzen des Klägers nicht zugute. Das die Anfechtungsklage abweisende Urteil kann revisionsrechtlich nicht beanstandet werden. Die Revision muß deshalb mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 2 FGO als unbegründet zurückgewiesen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 71394 |
BStBl II 1975, 523 |
BFHE 1975, 292 |