Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für Schulskileiter-Lizenz als Werbungskosten
Leitsatz (NV)
Aufwendungen eines Lehrers zum Erwerb der Schulskileiter-Lizenz sind jedenfalls dann keine Werbungskosten, wenn sie einen Skilehrgang betreffen, der für den Lehrer durch die Teilnahme seiner berufsfremden Ehefrau auch Urlaubscharakter hat.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden zum Streitjahr als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger unterrichtet an einer gewerblichen Berufsschule, die Klägerin ist als Stationsärztin an einem Krankenhaus angestellt. Vom 3. bis 10. Januar des Streitjahres nahmen beide Ehegatten an einem Skilehrgang in einem Wintersportort in den Alpen teil, der im Rahmen der Lehrerfortbildung vom Oberschulamt . . . ausgeschrieben und vom X-Skiverband in Zusammenarbeit mit der Staatlichen Sportakademie Y durchgeführt wurde. Dieser Lehrgang, der mit einer Prüfung abschloß, diente zum Erwerb eines Berechtigungsscheins zur Erteilung von Unterricht im Skilauf an Schulen sowie zur Durchführung von Skischullandheimaufenthalten und war gemäß den Richtlinien des Kultusministeriums von Baden-Württemberg vom 20. April 1976 - UA 15035/572 - durchgeführt worden. Hiernach hatten die vom Kultusministerium zur Durchführung des Grundlehrgangs ermächtigten Veranstalter sich an einen in der Richtlinie enthaltenen detaillierten Unterrichtsplan und an Bewertungsrichtlinien für die Prüfung zu halten. Daran orientierte sich das Kursprogramm. Nach Absolvierung dieses Kurses hat der Kläger im März 1978, März 1980 und Januar 1983 jeweils einen Skischullandheimaufenthalt für seine Schule geleitet.
In der Einkommensteuererklärung setzten die Kläger neben anderen Aufwendungen die des Skikurses von je . . . DM als Werbungskosten an. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) lehnte den diesbezüglichen Abzug - auch im Einspruchsverfahren - ab.
Die Klage, mit der neben in der Revision nicht mehr streitigen Bewirtungskosten der Ehefrau die Aufwendungen für den Skikurs - allerdings nur noch für den Ehemann - als Werbungskosten geltend gemacht wurden, hatte hinsichtlich dieser zuletzt genannten Aufwendungen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) gelangte zu der Auffassung, daß das berufliche Interesse an der Teilnahme des Skikurses andere Motive weitaus überwogen habe und damit eine objektive berufliche Veranlassung für die Aufwendungen des Klägers gegeben sei. Obgleich ein Lehrer weder zum Erwerb der Befähigung noch zur Durchführung einer solchen Veranstaltung gezwungen werden könne, könne der schulische Charakter eines solchen Aufenthalts nicht in Frage gestellt werden. Damit sei auch der Erwerb des zur Durchführung einer solchen Veranstaltung notwendigen Befähigungsnachweises der Lehrkraft unmittelbar beruflich veranlaßt. Daß bei der Teilnahme an dem hierzu notwendigen Skikurs auch die Befriedigung privater Interessen zusätzlich Motiv für die Teilnahme sein könne, sei nicht auszuschließen. Diese Möglichkeit müsse bei der Würdigung der nach allgemeiner Lebenserfahrung für die Veranlassung in Frage kommenden Ursachen jedenfalls dann in den Hintergrund treten, wenn die Teilnahme an einem Ausbildungslehrgang und einer Prüfung für den Erwerb eines vom Arbeitgeber geforderten formellen Befähigungsnachweises zwingend notwendig sei. Daß einem Lehrer die Auswahl bestimmter pädagogischer Mittel für die Gestaltung seines Unterrichts insoweit freigestellt sei, könne nicht bedeuten, daß der Erwerb der für eine freigestellte besondere Unterrichtsform notwendigen Lehrbefähigung privat veranlaßt wäre. Auch in einem solchen Fall sei der Zusammenhang zwischen dem Beruf und dem für den Erwerb der Qualifikation gemachten Aufwendungen noch so eng, daß von einer überwiegenden, wenn nicht ausschließlich beruflichen Veranlassung auszugehen sei. Damit sei es unerheblich, ob der Kläger die Teilnahme an dem Skikurs subjektiv auch als Erholung oder Feriensport empfinde. Wesentlich müsse ausschließlich sein, ob neben der beruflichen Ursache für die Aufwendung die Gestaltung des Kursablaufes mehr der Vermittlung der in der Prüfung vorausgesetzten Kenntnisse zur Lehrbefähigung oder dem privaten Erholungsinteresse der Teilnehmer gedient habe. Im Streitfall sei eine straffe berufsorientierte Organisation gewährleistet gewesen. Das Ministerium für Kultus uund Sport, mithin der Arbeitgeber des Klägers, habe mit seinen Richtlinien die Gestaltung des Kurses durch einen detaillierten Lehr- und Prüfungsplan vorherbestimmt und außerdem in großem Umfang Möglichkeiten der Einflußnahme auf die Organisation der Veranstaltung vorbehalten. Beispielsweise sei die Auswahl der Veranstalter und Bewerber vorbehalten, die Kurse über die eigene Verwaltung angeboten und die Anerkennung des Prüfungszeugnisses von einer Gegenzeichnung durch eine staatliche Unterrichtsbehörde abhängig gemacht worden. Nach der Gestaltung des Lehrganges habe sein Zweck nicht darin bestanden, die Erholungsbedürfnisse der Teilnehmer zu befriedigen, sondern sie zu befähigen, Skisportunterricht in den Schulen zu erteilen. Der praktische Unterricht sei auf die Vermittlung der Lehrfähigkeit und nicht auf das Ausleben eigener sportlicher Bedürfnisse oder der Vervollkommnung von sportlichen Fähigkeiten aus privatem Interesse gerichtet gewesen. Für die berufliche Veranlassung spreche darüber hinaus die Gleichartigkeit des Teilnehmerkreises, der sich im wesentlichen aus Sportpädagogen zusammen- gesetzt habe. Hierbei sei besonders bedeutsam, daß sich die Schulverwaltung vorbehalten habe, die Auswahl geeigneter Teilnehmer selbst zu treffen. Ferner sei die Fortbildungsveranstaltung von einem staatlichen Lehrerfortbildungsinstitut organisiert worden. Tatsächlich habe der Kläger, wie bescheinigt, danach mehrfach Skischullandheimaufenthalte organisiert. Unter diesen Umständen falle nicht ins Gewicht, daß die Veranstaltung im Ausland, in einem bekannten Wintersportort und in der Wintersportsaison stattgefunden habe. Abgesehen davon, daß der Veranstalter aus organisatorischen Gründen gezwungen gewesen sei, schneesichere Gebiete auszuwählen, habe der Kläger auch keine andere Möglichkeit gehabt, den Berechtigungsschein im Inland zu erwerben, da er auf die Organisation der Fortbildungsveranstaltung nicht habe Einfluß nehmen können. Angesichts dessen komme auch dem Umstand keine Bedeutung zu, daß die Veranstaltung in den Ferien stattgefunden habe.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung von § 9 Abs. 1 und § 12 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Aufwendungen für Auslandsreisen könnten nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nur dann als Werbungskosten anerkannt werden, wenn die Reisen ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend den beruflichen Interessen des Steuerpflichtigen dienten, wenn also die Verfolgung privater Interessen, wie z.B. Erholung, Bildung und Erweiterung des allgemeinen Gesichtskreises, nach dem Anlaß der Reise, dem vorgesehenen Programm und der tatsächlichen Durchführung nahezu ausgeschlossen sei. Nach diesen Grundsätzen habe das FG zu Unrecht Werbungskosten angenommen. Es habe verkannt, daß die Ausübung des Skisports auch eine gesellige Komponente aufweise und der Besuch von förmlichen Skikursen den Charakter eines normalen Skiurlaubs nicht so sehr verändere, daß die reine Freude bzw. der reine Genuß am Skifahren als typische Freizeitbeschäftigung gänzlich in den Hintergrund treten würde. Dies gelte um so mehr, als die Kläger selbst vorgetragen hätten, bereits vor Besuch des Lehrgangs gutes skifahrerisches Können besessen zu haben. Für eine private Mitveranlassung von nicht untergeordneter Bedeutung spreche schließlich auch die Teilnahme der Klägerin an der Reise, die den Kurs ebenfalls absolviert habe, um bei künftigen Skischullandheimaufenthalten des Klägers als weibliche Begleitperson teilnehmen zu können.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.
Der Senat hat mit Urteil vom 26. August 1988 VI R 175/85 (BFHE 154, 513, BStBl II 1989, 91) entschieden, daß Aufwendungen aus Anlaß eines Kurses zum Erwerb einer Schulskileiterlizenz unter eng begrenzten Voraussetzungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anerkannt werden können (vgl. auch BFH-Urteil vom 26. Juli 1991 VI R 93/87, BFH/NV 1991, 815, m.w.N.).
Danach ist Voraussetzung für den Werbungskostenabzug, daß der betreffende Lehrer tatsächlich Sportunterricht erteilt oder eine entsprechende Arbeitsgemeinschaft geleitet hat, daß der Teilnehmerkreis im wesentlichen homogen ist, daß Veranstalter des Lehrgangs ein anerkannter Verband oder die Schulverwaltung ist, daß Sonderurlaub erteilt oder das dienstliche Interesse an der Lehrgangsteilnahme bescheinigt ist, daß der Lehrgang darauf abzielt, den Teilnehmern Kenntnisse zu vermitteln, die die Beaufsichtigung und Unterrichtung von Schülern beim Skilaufen betreffen, daß Programm und Durchführung des Lehrgangs durch eine straffe Organisation gekennzeichnet sind, die tatsächliche Teilnahme des Betreffenden feststeht, der Lehrgang mit einer Prüfung abgeschlossen wird, über die ein dem Lehrgangsziel entsprechendes Zertifikat erteilt wird und die erworbenen Fähigkeiten anschließend im Lehrberuf verwendet werden. Im übrigen ist es schädlich, wenn der Teilnehmer bei Antritt des Kurses das Skifahren noch nicht beherrscht.
Im Streitfall kann dahinstehen, ob der Werbungskostenabzug schon daran scheitert, daß der Kläger, wie das FA unwidersprochen behauptet hat, kein Sportlehrer ist. Denn der Berücksichtigung von Werbungskosten steht jedenfalls entgegen, daß der Teilnehmerkreis nicht homogen war. Dies ergibt sich bereits aus der Teilnahme der Klägerin, die als Ärztin in einem Krankenhaus arbeitet. Daran ändert nichts, daß sich nach den Feststellungen des FG der Teilnehmerkreis ,,im wesentlichen" aus Sportpädagogen zusammengesetzt hat. Ebensowenig würde eine Rolle spielen, wenn die Klägerin beabsichtigt hätte, sich als Betreuerin bei Skischullandheimen zur Verfügung zu stellen, da ihre Berufssphäre hiervon nicht berührt würde. Daß die Klägerin sich an nachfolgenden Skischullandheimaufenthalten - so wie ihr Ehemann (März 1978, März 1980, Januar 1983) - tatsächlich beteiligt hätte, ist vom FG nicht festgestellt worden. Angesichts der Tatsache, daß der Kläger von seiner berufsfremden, ebenfalls skifahrenden Ehefrau begleitet wurde, gewinnt jedenfalls bei ihm der Urlaubscharakter des Aufenthalts gegenüber der rein beruflichen Zielsetzung an Gewicht, so daß nicht mehr von einer so gut wie ausschließlich beruflich veranlaßten Reise ausgegangen werden kann.
Fundstellen
Haufe-Index 418653 |
BFH/NV 1993, 93 |