Leitsatz (amtlich)
Nach Ablauf der Sperrfrist von drei Jahren kann der Schuldner einen erneuten Insolvenz-, Stundungs- und Restschuldbefreiungsantrag stellen, unabhängig davon, ob und in welcher Höhe neue Forderungen gegen ihn begründet worden sind (Fortführung von BGH, Beschl. v. 16.7.2009 - IX ZB 219/08, z.V. in BGHZ bestimmt).
Normenkette
InsO § 287 Abs. 1, § 290 Abs. 1 Nrn. 3, 5-6
Verfahrensgang
LG Landau (Pfalz) (Beschluss vom 09.03.2009; Aktenzeichen 4 T 13/09) |
AG Landau (Pfalz) (Beschluss vom 03.02.2009; Aktenzeichen 3 IK 279/08) |
Tenor
Auf die Rechtsmittel des Schuldners werden der Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Landau in der Pfalz vom 9.3.2009 und der Beschluss des AG Landau in der Pfalz vom 3.2.2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren - an das AG zurückverwiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Über das Vermögen des Schuldners wurde in den Jahren 2004 bis 2007 ein Regelinsolvenzverfahren durchgeführt. Mit Beschluss vom 21.12.2004 verwarf das Insolvenzgericht einen Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung als unzulässig. Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen diesen Beschluss wurde mit Beschluss des LG vom 21.10.2005 zurückgewiesen. Das Insolvenzverfahren wurde mit Beschluss vom 21.5.2007 aufgehoben.
Rz. 2
Am 10.12.2008 hat der Schuldner die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über sein Vermögen, die Ankündigung der Restschuldbefreiung sowie die Stundung der Verfahrenskosten beantragt. Die Anträge sind als unzulässig verworfen worden. Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist erfolglos geblieben. Mit seiner Rechtsbeschwerde will der Schuldner weiterhin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, die Ankündigung der Restschuldbefreiung sowie die Stundung der Verfahrenskosten erreichen.
II.
Rz. 3
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 34 Abs. 1, 6, 7 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie führt zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen.
Rz. 4
1. Das Beschwerdegericht hat - teils unter Bezugnahme auf den Beschluss des Insolvenzgerichts - ausgeführt: Nach Aufhebung eines Insolvenzverfahrens sei ein erneuter Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens unzulässig, wenn dieses allein dem Ziel der Restschuldbefreiung dienen solle und kein neuer Gläubiger hinzugetreten sei. Im vorliegenden Fall habe der Schuldner neue Forderungen angegeben. Es handele sich jedoch um Unterhaltsansprüche eines Kindes i.H.v. 53 EUR für das Jahr 2007 und 40 EUR für das Jahr 2008 sowie um Anwaltskosten i.H.v. 1.116,26 EUR für das im ersten Insolvenzverfahren durchgeführte Beschwerdeverfahren gegen die Verwerfung des Antrags auf Restschuldbefreiung, die bereits im ersten Insolvenzverfahren zur Tabelle hätten angemeldet werden können und müssen; im Verhältnis zu den übrigen angemeldeten Forderungen seien sie überdies als geringfügig anzusehen.
Rz. 5
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Rz. 6
a) Mit dem nach Erlass der vorinstanzlichen Entscheidungen ergangenem Beschluss vom 16.7.2009 (IX ZB 219/08, NZI 2009, 691) hat der Senat entschieden, dass ein Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung analog § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig ist, wenn er innerhalb von drei Jahren nach rechtskräftiger Versagung der Restschuldbefreiung in einem früheren Verfahren wegen einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung seiner Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten gestellt worden ist. Mit dieser Entscheidung hat der Senat den Grundgedanken früherer Entscheidungen (vom 6.7.2006 - IX ZB 263/05, NZI 2006, 601; v. 11.10.2007 - IX ZB 270/05, NZI 2008, 45, 46) aufgenommen, dass die Versagungsgründe des § 290 Abs. 1 Nr. 5 und 6 InsO ihrer verfahrensfördernden Funktion beraubt würden, wenn Verstöße des Schuldners wegen der Befugnis zur Einleitung eines weiteren Insolvenzverfahrens nicht nachhaltig sanktioniert würden. Die in den vorgenannten Entscheidungen gefundene Lösung, die Einleitung eines weiteren Insolvenzverfahrens von neuen gegen den Schuldner gerichteten Forderungen abhängig zu machen, kann - wie auch der vorliegende Fall zeigt - vom Schuldner durch Begründung neuer Forderungen (und erforderlichenfalls durch Herbeiführung eines Fremdantrags) mühelos unterlaufen werden. Das Vorhandensein neuer Gläubiger ist daher weder notwendige noch hinreichende Bedingung für das Rechtsschutzbedürfnis für einen neuen Insolvenzantrag nach Aufhebung eines Insolvenzverfahrens, in dem die Restschuldbefreiung wegen Verstoßes gegen Mitwirkungspflichten gem. §§ 289 Abs. 1, 290 Abs. 1 Nr. 5 und 6 InsO versagt worden ist. Stattdessen gilt analog § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO eine Sperrfrist von drei Jahren ab Rechtskraft des die Restschuldbefreiung versagenden Beschlusses. Innerhalb dieser Frist scheidet jedenfalls ein mit dem Antrag auf Restschuldbefreiung verbundener Eigenantrag aus (BGH, Beschl. v. 16.7.2009, a.a.O., S. 693 Rz. 17).
Rz. 7
b) Im vorliegenden Fall waren bei Eingang des Insolvenzantrags mehr als drei Jahre seit der rechtskräftigen Bescheidung des ersten Restschuldbefreiungsantrags vergangen. Nach Ablauf der Sperrfrist von drei Jahren kann der Schuldner einen erneuten Insolvenz-, Stundungs- und Restschuldbefreiungsantrag stellen, unabhängig davon, ob und in welcher Höhe neue Forderungen gegen den Schuldner begründet worden sind.
III.
Rz. 8
Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Er ist aufzuheben; die Sache ist zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO). Da die Eröffnungs- und Stundungsvoraussetzungen bisher aus Rechtsgründen nicht geprüft worden sind, erfolgt die Zurückverweisung analog § 572 Abs. 3 ZPO an das Insolvenzgericht (vgl. BGHZ 160, 176, 185 f.).
Fundstellen