Entscheidungsstichwort (Thema)
Stimmverbot einer GmbH-Gesellschafterin bei Befangenheit des Gesellschafters. Zusammenrechnung der Anteile mehrerer Gesellschafter zur Bestimmung des maßgebenden Einflusses
Leitsatz (amtlich)
Die Befangenheit des Gesellschafters einer GmbH-Gesellschafterin nach § 47 Abs. 4 GmbHG führt zu einem Stimmverbot der GmbH-Gesellschafterin, wenn er einen maßgebenden Einfluss bei der Gesellschafterin ausübt. Bei der Bestimmung des maßgebenden Einflusses sind die Anteile mehrerer Gesellschafter-Gesellschafter dann zusammenzurechnen, wenn sie wegen einer gemeinsam begangenen Pflichtverletzung befangen sind.
Normenkette
GmbHG § 47
Verfahrensgang
Tenor
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision des Klägers durch Beschluss gem. § 552a ZPO zurückzuweisen.
Gründe
[1] Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor; sie hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a ZPO).
[2] I. Entgegen der nicht näher begründeten Zulassungsentscheidung des Berufungsgerichts bestehen keine Gründe für eine Zulassung der Revision. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung bedarf es keiner Entscheidung des Revisionsgerichts.
[3] II. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
[4] 1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die nach dem Gesellschaftsvertrag erforderliche Mehrheit der stimmberechtigten Gesellschafter für einen Ausschluss nicht erreicht ist, weil die Beklagte zu 3) bei der Entscheidung über einen Ausschluss der Beklagten zu 1) und 2) aus der Beklagten zu 4) stimmberechtigt war.
[5] Die Beklagte zu 3) war nicht von der Abstimmung ausgeschlossen, weil mit den Beklagten zu 1) und 2) ihre Gesellschafter aus der Beklagten zu 4) ausgeschlossen werden sollten. Die Befangenheit von Gesellschafter-Gesellschaftern führt zu einem Stimmverbot der Gesellschafterin, wenn sie einen maßgebenden Einfluss ausüben (vgl. BGH BGHZ 116, 353 [358]; Ulmer/Hüffer, GmbHG § 47 Rz. 133 f.; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Aufl., § 47 Rz. 98). Die Beklagten zu 1) und 2) hatten keinen maßgebenden Einfluss bei der Beklagten zu 3).
[6] a) Die Beklagte zu 2) hatte einen Stimmrechtsanteil von 50 % und keine, regelmäßig einen maßgebenden Einfluss begründende Stimmenmehrheit. Der Stimmrechtsanteil der Gesellschafter bei der Beklagten zu 3) ist doppelt so hoch wie ihre Geschäftsanteile. Die Stimmrechte der Beklagten zu 4) (50 %) ruhten in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 3), weil dieser die Anteile als eigene zuzurechnen sind. Das Stimmrecht aus eigenen Anteilen ruht entsprechend § 71b AktG (vgl. BGH, Urt. v. 27.4.2009 - II ZR 167/07). Eigenen Anteilen der GmbH sind Anteile von abhängigen Gesellschaften gleichzustellen (BGHZ 119, 346 [356]; Ulmer/Hüffer, GmbHG § 47 Rz. 44; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 10. Aufl., § 47 Rz. 24), auch bei einer wechselseitigen Beteiligung. Die Beklagte zu 4) ist ein von der Beklagten zu 3) abhängiges Unternehmen, weil die Beklagte zu 3) mehrheitlich beteiligt ist (vgl. § 19 Abs. 2 AktG). Die Beklagte zu 3) hält 2/3 der Kapitalanteile und der Stimmrechtsanteile an der Beklagten zu 4). Zu der Beteiligung der Beklagten zu 2) kommen keine Umstände hinzu, die die Möglichkeit einer Einflussnahme in einer beständigen, umfassenden und gesellschaftsrechtlich vermittelten Weise begründen. Die Beklagte zu 2) hat als Prokuristin der Beklagten zu 3) keine Leitungsmacht.
[7] b) Der Beklagte zu 1) hatte ebenfalls keinen maßgebenden Einfluss. Er hatte einen Stimmrechtsanteil von 25 %. Zu seiner Minderheitsbeteiligung kommt zwar die Leitungsmacht bei der Beklagten zu 3) hinzu, die er als alleiniger Geschäftsführer hat. Sie führt aber nicht zu einem maßgebenden Einfluss. Der Alleingeschäftsführer einer GmbH ist von den Weisungen der Gesellschafter abhängig und kann, sofern er kein Sonderrecht zur Geschäftsführung hat, jederzeit abberufen werden (§ 38 Abs. 2 GmbHG; vgl. Bayer in MünchKomm/AktG, 3. Aufl., § 17 Rz. 123). Der Beklagte zu 1) hatte kein Sonderrecht zur Geschäftsführung und konnte mit seinem Stimmrechtsanteil von 25 % Weisungen der übrigen Gesellschafter nicht verhindern.
[8] c) Die Anteile der Beklagten zu 1) und 2) sind auch nicht zusammenzurechnen. Sie sind nicht gemeinsam von einem Stimmverbot betroffen. Der Gedanke, dass ein Gesellschafter nicht Richter in eigener Sache sein darf, erfasst zwar auch diejenigen Gesellschafter, die eine Pflichtverletzung gemeinsam mit einem anderen begangen haben (BGH BGHZ 97, 28 [34]; Urt. v. 27.4.2009 - II ZR 167/07, z.V.b.). Das ist auch zu berücksichtigen, wenn die von dem Stimmverbot betroffenen Gesellschafter nicht unmittelbar, sondern über eine Gesellschafterin beteiligt sind (vgl. BGHZ 116, 353 [358]). Der Kläger hat eine solche, von den Beklagten zu 1) und 2) gemeinschaftlich begangene Pflichtverletzung aber nicht schlüssig vorgetragen. Der Vorwurf, keine Zustimmung des Klägers zu der vorgesehenen erheblichen Investition in eine neue Spanerlinie eingeholt zu haben, betrifft nur den Beklagten zu 1) als den Geschäftsführer der Komplementärin, der Beklagten zu 3). Die Beklagte zu 2) ist zwar ebenfalls Komplementärin, aber von der Geschäftsführung und von der Abstimmung bei der Beklagten zu 4) ausgeschlossen. Dass sie als Prokuristin oder Gesellschafterin der Beklagten zu 3) nicht eingeschritten ist, begründet den Vorwurf einer gemeinschaftlichen Pflichtverletzung nicht. Das Begehen der Pflichtverletzung und die unterlassene Überwachung des Mitgesellschafters oder Geschäftsführers sind keine gleichstufigen, zum Stimmrechtsausschluss führenden Pflichtverletzungen (vgl. BGH, Urt. v. 7.4.2003 - II ZR 193/02, ZIP 2003, 945).
[9] 2. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht einen Anspruch auf Zustimmung der Mitgesellschafter zum Ausschluss verneint. Die Beklagte zu 2) war am Kompetenzverstoß des Beklagten zu 1) nicht beteiligt, und ihr Abstimmungsverhalten als Gesellschafterin rechtfertigt keinen Ausschluss. Den Kompetenzverstoß des Beklagten zu 1) hat das Berufungsgericht in zutreffender tatrichterlicher Würdigung in milderem Licht gesehen, weil die Investition in eine neue Spanerlinie noch vom Kläger selbst als damaligem Geschäftsführer ins Auge gefasst und nur aus Geldmangel zurückgestellt worden war. Entgegen der Ansicht der Revision hat der Beklagte zu 1) kein Vetorecht des Klägers übergangen. Im Gesellschaftsvertrag der Beklagten zu 4) ist bei Widerspruch eines Gesellschafters gegen eine Geschäftsführungsmaßnahme eine Mehrheitsentscheidung vorgesehen. Die Mehrheit der Gesellschafter befürwortete die Investition.
Fundstellen
Haufe-Index 2247128 |
BB 2009, 2433 |
BB 2010, 83 |
DB 2009, 2702 |
DStR 2009, 2544 |