Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung Steuerhehlerei zu Beihilfe zur Steuerhehlerei
Leitsatz (redaktionell)
1. Wer sich an der Umladung von aus der Ukraine und Russland stammenden unverzollten und unversteuerten Zigaretten, die von polnischen Lieferanten von Polen nach Deutschland transportiert wurden, beteiligt, indem er im Auftrag eines Dritten nach Zusage einer Entlohnung von 250 Euro in Polen drei Personen für die Umladung der Zigaretten anwirbt und diese nach Solingen befördert sowie einen Kleintransporter zum Umladeort bringt, macht sich nicht der Steuerhehlerei, sondern der Beihilfe zur Steuerhehlerei schuldig.
2. Das Merkmal der Absatzhilfe erfasst nur solche Handlungen, mit denen sich der Hehler an den Absatzbemühungen des Vortäters oder eines Zwischenhehlers in dessen Interesse und auf dessen Weisung unselbstständig beteiligt. Der Sache nach ist die Absatzhilfe eine Beihilfe, die wegen der Straflosigkeit der Absatztat des Vortäters zur selbstständigen Tat aufgewertet ist. Der Helfer muss dabei „im Lager” des Vortäters oder des Zwischenhehlers stehen und diesen unmittelbar beim Absetzen der Sache unterstützen.
Normenkette
StGB §§ 27, 56 Abs. 1-2; AO § 374 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Beschluss vom 17.07.2007) |
Tenor
1. Die Revision des Angeklagten M. gegen das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 17. Juli 2007 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
2. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das vorgenannte Urteil gemäß § 349 Abs. 4 StPO, soweit es diesen Angeklagten betrifft,
- im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte der Beihilfe zur Steuerhehlerei schuldig ist, und
- im Strafausspruch aufgehoben.
Die weitergehende Revision des Angeklagten K. wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten K., an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
1
Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen Steuerhehlerei zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es nicht zur Bewährung ausgesetzt hat. Die mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Nach den Feststellungen des Landgerichts beteiligte sich der Angeklagte K. an der Umladung aus der Ukraine und Russland stammender unverzollter und unversteuerter Zigaretten, die von polnischen Lieferanten von Polen nach Deutschland transportiert wurden. Seine Unterstützung bestand darin, dass er im Auftrag des Angeklagten M. nach Zusage einer Entlohnung von 250 Euro in Polen drei Personen für die Umladung der Zigaretten anwarb und diese nach Solingen beförderte sowie dass er einen Kleintransporter zum Umladeort brachte.
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Das Landgericht hat das Verhalten des Angeklagten K. als Steuerhehlerei (§ 374 Abs. 1 AO) gewertet. Er habe zugunsten der polnischen Verkäufer Absatzhilfe und zugleich dem Angeklagten M. Hilfe dazu geleistet, sich die „angekauften” Zigaretten zu verschaffen.
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2. Die Verurteilung des Angeklagten K. wegen Steuerhehlerei hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Feststellungen tragen allein seine Verurteilung wegen Beihilfe zur Steuerhehlerei (§ 374 Abs. 1 AO, § 27 StGB). Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab (vgl. Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 354 Rdn. 15 m.w.N.).
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Das Merkmal der Absatzhilfe erfasst nur solche Handlungen, mit denen sich der Hehler an den Absatzbemühungen des Vortäters oder eines Zwischenhehlers in dessen Interesse und auf dessen Weisung unselbständig beteiligt (BGH wistra 2008, 105 m.w.N.). Der Sache nach ist die Absatzhilfe eine Beihilfe, die wegen der Straflosigkeit der Absatztat des Vortäters zur selbständigen Tat aufgewertet ist (BGHSt 26, 358, 362). Der Helfer muss dabei „im Lager” des Vortäters oder des Zwischenhehlers stehen (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 259 Rdn. 19; Stree in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 259 Rdn. 36) und diesen unmittelbar beim Absetzen der Sache unterstützen (Fischer aaO; Kohlmann, Steuerstrafrecht 29. Lfg. September 2001 § 374 AO Rdn. 53). Dies ist hier nicht der Fall; denn der Angeklagte K. handelte unmittelbar allein für den Angeklagten M., in dessen Interesse er tätig wurde und dessen Weisungen er unselbständig befolgte.
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a) Soweit die Zigaretten für den Angeklagten M. als Zwischenhehler bestimmt waren, ist der Angeklagte K. wegen Beihilfe zu dessen Steuerhehlerei in Form des Ankaufens (§ 374 Abs. 1 AO) strafbar. Er stand „im Lager” des Erwerbers M. und nicht in dem der polnischen Lieferanten (vgl. Fischer aaO). Dem steht nicht entgegen, dass die Unterstützungshandlungen des Angeklagten K. im Ergebnis zugleich den Absatz der polnischen Lieferanten förderten. Eine sich hieran anschließende (täterschaftliche) Absatzhilfe zugunsten des Angeklagten M. liegt nicht vor, weil die Unterstützungshandlungen des Angeklagten K. erst der Verschaffung der Zigaretten durch den Angeklagten M. und noch nicht einem konkreten geplanten Absatz dienten (vgl. BGH wistra 2007, 460 m.w.N.; BGHR StGB § 259 Abs. 1 Absatzhilfe 3).
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b) Soweit die Zigaretten von M. umgeladen werden sollten, aber für andere Zwischenhehler bestimmt waren, liegt ebenfalls keine Absatzhilfe des Angeklagten K., sondern wiederum Beihilfe zur Steuerhehlerei des Angeklagten M. vor. Auch insoweit ist der Angeklagte K. nicht unmittelbar für die polnischen Hinterleute als Absatzhelfer tätig geworden. Vielmehr handelte er auch hinsichtlich dieser Zigaretten allein im Interesse und auf Weisung des Angeklagten M.. Er leistete insoweit unmittelbar dem Angeklagten M. Hilfe bei dessen (strafbarer) Absatzhilfe zugunsten der polnischen Lieferanten und förderte lediglich mittelbar den (als solchen straflosen) Absatz der polnischen Lieferanten als Vortäter (vgl. BGHSt 26, 358, 362; 27, 45, 52; 33, 44, 48 f.; BGH wistra 2008, 146, 147; 1999, 180, 181).
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3. Die Änderung des Schuldspruchs bedingt die Aufhebung des Strafausspruchs. Dagegen haben die Feststellungen Bestand; sie sind von dem allein vorliegenden Subsumtionsfehler nicht betroffen. Das neue Tatgericht darf der Strafzumessung weitere Feststellungen zugrunde legen, die den bisherigen nicht widersprechen. Im Hinblick auf die sehr knappen Ausführungen zur Frage der Strafaussetzung zur Bewährung bei dem geständigen und nicht einschlägig vorbestraften Angeklagten K. (UA S. 32) weist der Senat darauf hin, dass sowohl die Würdigung der Prognosegesichtspunkte im Sinne des § 56 Abs. 1 StGB als auch die nach § 56 Abs. 2 StGB erforderliche Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Täters für das Revisionsgericht nachvollziehbar darzustellen sind (vgl. dazu BGHR StGB § 56 Abs. 2 Gesamtwürdigung 1; Gesamtwürdigung, unzureichende 4). Der bloße Hinweis auf den „Eindruck” der Strafkammer lässt eine revisionsgerichtliche Nachprüfung nicht zu.
Unterschriften
Basdorf, Brause, Schaal, Jäger, Schneider
Fundstellen
BFH/NV Beilage 2008, 308 |
NStZ 2009, 161 |
wistra 2008, 386 |
NStZ-RR 2011, 231 |
BFH/NV-Beilage 2008, 308 |