Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Treuhänders eines Bauherrenmodells für eine der Bauherreneigenschaft und den damit verbundenen Steuervorteilen der Anleger ordentliche Abwicklung des Bauvorhabens (Überwachungspflicht. maßgebliche Verwaltungspraxis. unrichtiger Aberkennungsbescheid)
Leitsatz (amtlich)
1. Der Treuhänder eines Bauherrenmodells muß die Abwicklung eines Bauvorhabens daraufhin überwachen, daß sie der Anerkennung der Anleger als Bauherren und der Gewährung der damit verbundenen Steuervorteile nicht entgegensteht. Diese Pflicht trifft ihn unabhängig davon, ob daneben ein gesondert beauftragter Steuerberater oder der Baubetreuer zur Überwachung verpflichtet ist (Fortführung BGH, 25.10.1990, VII ZR 230/88, WM IV 1991, 10).
2. Einer Haftung des Treuhänders steht nicht schon entgegen, daß die infolge seiner Pflichtverletzung versagten Steuervorteile aufgrund späterer höchstrichterlicher Rechtsprechung aus anderen Gründen nicht hätten gewährt werden können. Maßgeblich ist, ob der Anleger aufgrund der seinerzeitigen – insbesondere durch bundeseinheitliche Erlasse vorgegebenen – Praxis der Finanzverwaltung in den Genuß der Steuervorteile gekommen wäre (Ergänzung BGH, 14.01.1981, VII ZR 44/80, BGHZ 79, 223).
3. Der Treuhänder haftet für entgangene Steuervorteile nicht, wenn die tatsächliche Abwicklung des Bauvorhabens der Finanzbehörde bei Zugrundelegung der seinerzeit maßgeblichen Verwaltungspraxis keinen Anlaß zur Versagung der Steuervorteile hätte geben dürfen. Zu besonderen Vorkehrungen im Hinblick auf eine mögliche unrichtige Entscheidung der Finanzbehörde ist er in der Regel nicht verpflichtet.
Normenkette
BGB §§ 675, 276, 249
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OLG (Urteil vom 14.12.1989; Aktenzeichen 16 U 207/88) |
LG Flensburg (Urteil vom 23.07.1987; Aktenzeichen 4 O 649/82) |
Tatbestand
Die Kläger, die sich an dem Bauherrenmodell „A.” in Flensburg beteiligt und gemeinschaftlich zwei Reihenhäuser erworben haben, verlangen von den Beklagten Schadensersatz wegen entgangener Steuervorteile.
Die Erstbeklagte war bei der Abwicklung des Bauvorhabens als Treuhänderin tätig. In dem mit den Klägern formularmäßig abgeschlossenen Treuhandvertrag wurde sie beauftragt (Ziff. II 1 des Treuhandvertrages) und bevollmächtigt (Ziff. III 1 des Treuhandvertrages), die Rechte und Interessen der Bauherren umfassend wahrzunehmen und insbesondere in deren Namen die erforderlichen Verträge abzuschließen (Ziff. II 4 des Treuhandvertrages). Ziff. V Nr. 4 des Treuhandvertrages bestimmt über die Haftung der Treuhänderin:
„Die Treuhänder haften bei der Ausführung dieses Auftrages mit der für Steuerberater berufsüblichen Sorgfalt. Die Treuhänder übernehmen keine Haftung für die steuerliche Anerkennung des mit dem Bauvorhaben verfolgten Zieles. Ansprüche gegen sie beschränken sich auf den Ersatz des unmittelbaren Vermögensschadens, wenn und soweit dem Treugeber nicht Schadensersatzansprüche gegen Dritte zustehen.
Die Treuhänder haften nicht für die Durchsetzbarkeit derartiger Ersatzansprüche. ….”
Der Treuhandvertrag mit der Erstbeklagten datiert vom 8. Juni 1979. Sie schloß am 27. August 1979 – wie im Treuhandvertrag vorgesehen (Ziff. II 4 p) – namens der Kläger mit den Beklagten zu 2 und 3 einen Vertrag über die steuerliche Beratung der Kläger „hinsichtlich des Bauvorhabens A.”, die „insbesondere die Ermittlung des Verlustes aus Vermietung und Verpachtung für das Kalenderjahr 1979/80” umfassen sollte. Die als Steuerberater tätigen Beklagten zu 2 und 3 hatten das Konzept des Bauherrenmodells entworfen.
Die Baugrundstücke erwarb die Erstbeklagte namens der Bauinteressenten von der Firma J. P. & Co. Baugeschäft GmbH (im folgenden: P. GmbH). In dem notariellen Vertrag vom 31. August 1979 war vorgesehen, daß die Auflassung der „noch zu vermessenden” Grundstücke erfolgen sollte, sobald die Voraussetzungen für die vertragsgemäße Eigentumsumschreibung gegeben seien.
Mit der Baubetreuung beauftragte die Erstbeklagte die Firma J. P. & Co. OHG. Dieser wurden die wirtschaftliche und technische Vorbereitung, Durchführung und Abwicklung des Bauobjektes übertragen; dazu sollte u.a. die „fachliche und zeitliche Koordination aller für die Durchführung des Bauobjekts erforderlichen kaufmännischen Leistungen” gehören. Die Errichtung der Häuser übertrug die Baubetreuerin der P. GmbH als Generalunternehmerin. Im Generalunternehmervertrag war bestimmt, daß die Werklohnraten auf ein Treuhand-Anderkonto der Erstbeklagten einzuzahlen seien und bis zu der Eigentumsumschreibung auf die Bauherren sowie der Überprüfung durch einen Sachverständigen auf ihre Angemessenheit dort verbleiben sollten.
Der mit dem Vollzug des Grundstückskaufvertrages beauftragte Notar konnte die Grundbuchumschreibung erst erwirken, nachdem ihm im Oktober 1980 die Abschreibungsunterlagen des Vermessungsamtes für die Teilung des von der P. GmbH veräußerten Grundstückes zugegangen waren. Zu diesem Zeitpunkt war das Bauvorhaben bereits weitgehend fertiggestellt. Die schon angefallenen Bauwerklohnraten wurden erst jetzt an die Generalunternehmerin ausgezahlt. Das nahm das Finanzamt Flensburg zum Anlaß, den Klägern ebenso wie den anderen Anlegern die steuerliche Anerkennung als Bauherren zu versagen, weil sie das für das Bauherrenwagnis wesentliche Risiko, bei Zahlungsunfähigkeit des Bauunternehmers auf einer „Bauruine sitzenzubleiben”, nicht getragen hätten. Ihre dagegen erhobene Klage vor dem Finanzgericht nahmen die Kläger zurück, nachdem ihnen der Senatsvorsitzende in der mündlichen Verhandlung die Aussichtslosigkeit ihres Begehrens erläutert hatte.
Die Kläger beziffern den ihnen durch entgangene Steuervorteile entstandenen Schaden auf 41.670,81 DM. Sie sind der Ansicht, daß sowohl die Erstbeklagte als auch die Beklagten zu 2 und 3 den Ablauf des Baugeschehens und den Fortgang der Eigentumsumschreibung daraufhin hätten überwachen müssen, daß es nicht zu einer steuerschädlichen Entwicklung kommen würde. Die Beklagten vertreten demgegenüber die Auffassung, daß eine solche Verpflichtung allenfalls die Baubetreuerin getroffen habe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen haben die Kläger Berufung eingelegt. Während des Berufungsrechtszuges wurde die Erstbeklagte nach beendeter Liquidation im Handelsregister gelöscht. Das Oberlandesgericht hat den Anspruch der Kläger, auch gegenüber der Erstbeklagten, dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, deren Zurückweisung die Kläger beantragen.
Entscheidungsgründe
I. Die abgeschlossene Liquidation der Erstbeklagten und ihre anschließende Löschung im Handelsregister stehen weder der Zulässigkeit der Revision noch, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat, der fortdauernden Zulässigkeit der Klage entgegen. Zwar hat der Bundesgerichtshof entschieden, daß eine juristische Person, deren Liquidation beendet ist und die im Register gelöscht wurde, parteiunfähig wird mit der Folge, daß eine gegen sie bereits anhängige Klage unzulässig wird (BGHZ 74, 212; a.A. BAG NJW 1982, 1831 unter 4; zweifelnd auch BAG AP § 50 ZPO Nr. 6 unter B I). Andererseits ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes anerkannt, daß weder der Abschluß der Liquidation noch die Registerlöschung die fortbestehende Parteifähigkeit einer juristischen Person beeinflussen, wenn noch Anhaltspunkte für ein verwertbares Vermögen bestehen, wofür im Aktivprozeß der juristischen Person schon die Geltendmachung des Klaganspruches (BGHZ 75, 178, 182f; BGH, Urteil vom 11. Mai 1989 – III ZR 96/87 = BGHR LöschG § 1 Abs. 1 Satz 1 – Parteifähigkeit 1) und im Passivprozeß eine entsprechende Behauptung des Klägers genüge (BGHZ 48, 303, 307; BGH, Urteil vom 4. Juni 1957 – VIII ZR 68/56 = WM 1957, 975 unter I). Hier haben die Parteien zu einem etwa noch vorhandenen Vermögen nichts vorgetragen. Nicht ausreichend ist allerdings für dessen Annahme entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts schon der Umstand, daß die Parteien nicht die Vermögenslosigkeit der beklagten juristischen Person ausdrücklich darlegen. Die fortbestehende Parteifähigkeit der Erstbeklagten ergibt sich jedoch daraus, daß dem Fall des Aktivprozesses einer liquidierten und im Register gelöschten juristischen Person im Passivprozeß die Einlegung eines Rechtsmittels durch sie deshalb gleichzustellen ist, weil dessen Erfolg einen Kostenerstattungsanspruch begründen könnte und damit der Annahme der völligen Vermögenslosigkeit entgegensteht (BGH, Urteil vom 21. Oktober 1985 – II ZR 82/85 = WM 1986, 145). Dem folgt der Senat auch für den hier gegebenen Fall, obwohl sich die Erstbeklagte vorliegend – anders als die Beklagte in der vom II. Zivilsenat entschiedenen Sache – nicht gegen die Beurteilung ihrer Parteifähigkeit durch das Berufungsgericht wendet, sondern die Abweisung der Klage allein aus materiell-rechtlichen Gründen erstrebt. Ist danach von der fortbestehenden Parteifähigkeit der Erstbeklagten auszugehen, so kann dahinstehen, ob der im Vordringen befindlichen Ansicht gefolgt werden könnte, wonach die Beendigung der juristischen Person auf gegen sie anhängige Passivprozesse keinen Einfluß hat (vgl. neben der oben genannten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts noch Baumbach/Schulze-Osterloh, GmbHG, 15. Aufl., § 74 Rdnr. 19; Leipold in Anmerkung zu BAG AP § 50 ZPO Nr. 6), und ob dieses Ergebnis auch auf den für § 246 ZPO maßgeblichen Rechtsgedanken gestützt werden könnte, wonach Veränderungen in der Partei- oder Prozeßfähigkeit einer anwaltlich vertretenen Partei die Weiterführung des Rechtsstreits nicht beeinträchtigen sollen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 1985 aaO).
II. Die Revision der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg, denn entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann den Beklagten nicht angelastet werden, sie hätten pflichtwidrig und schuldhaft nicht verhindert, daß das zuständige Finanzamt die Kläger als Käufer des Einfamilienhauses statt als dessen Bauherrn angesehen hat.
1. Nicht zu beanstanden ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, daß die zwar wegen § 313 Satz 1 BGB formnichtige (BGH, Urteil vom 24. September 1987 – VII ZR 306/86 = WM 1987, 1369 unter I 1), aber gemäß § 313 Satz 2 BGB durch den Grundstückserwerb der Kläger geheilte Treuhandvereinbarung als Grundlage für Schadensersatzansprüche gegen die Erstbeklagte in Betracht kommt und daß deren Haftung für den geltend gemachten Schaden nicht an den Bestimmungen des Treuhandvertrages scheitert.
a) Die Klausel in Ziff. V Nr. 4 des Treuhandvertrages, wonach die Erstbeklagte für das Erreichen der angestrebten Steuervorteile nicht einzustehen hat, legt das Berufungsgericht in möglicher und revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahin aus, daß sie lediglich die Haftung der Erstbeklagten für konzeptbedingte steuerliche Mängel ausschließt, um die es hier nicht geht. Die Revision, die der Klausel eine umfassendere Wirkung beilegen will, vermag Gesichtspunkte, die für ihre Auffassung sprechen könnten, nicht aufzuzeigen.
b) Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht die ebenfalls in Ziff. V Nr. 4 der Treuhandvereinbarung enthaltene Bestimmung, wonach Ansprüche gegen die Treuhänderin auf den Ersatz des unmittelbaren Vermögensschadens beschränkt sind und voraussetzen, daß der Bauherr nicht von Dritten Ersatz zu erlangen vermag, als unvereinbar mit dem AGB-Gesetz erachtet. Diese Regelung verstößt gegen § 11 Nr. 7 AGBG, weil sie eine generelle, vorsätzliches und grob fahrlässiges Verhalten der Treuhänderin einschließende Haftungsbegrenzung enthält und eine geltungserhaltende Reduktion auf den Fall leichter Fahrlässigkeit nicht in Betracht kommt (Senatsurteil vom 16. Januar 1991 – VIII ZR 14/90 unter I 1 d – zur Veröffentlichung bestimmt; vgl. auch BGH, Urteil vom 5. Juli 1990 – VII ZR 26/89 = WM 1990, 1623 unter II 2). Dahinstehen kann deshalb, ob diese Bestimmung, wie das Berufungsgericht meint, überraschend und daher nach § 3 AGBG nicht Vertragsbestandteil geworden ist.
2. a) Das Berufungsgericht hat im Grundsatz darin recht, daß es zum Pflichtenkreis der Erstbeklagten gehörte, durch Überwachung der Abwicklung des dem Bauherrenmodell zugrunde liegenden Konzepts und durch rechtzeitige Hinweise auf den Eintritt der Abwicklung in eine für die Anerkennung der Kläger als Bauherren kritische Phase dabei drohende Nachteile abzuwenden.
Die Erstbeklagte war beauftragt, die Rechte und Interessen der Bauherren „umfassend” wahrzunehmen und deswegen „berechtigt und verpflichtet, nach pflichtgemäßem Ermessen alle Handlungen vorzunehmen, die im Interesse des Treugebers … erforderlich” waren (Ziff. II Nr. 6 Treuhandvertrag). Zu den danach zu wahrenden Interessen der Bauherren gehören auch ihre steuerlichen Belange, die für ihren Beteiligungsentschluß oft ausschlaggebend sind (BGHZ 102, 220, 224 und 226; Koeble, Festschrift für Korbion S. 215, 223; Reithmann/Brych/Manhart, Kauf vom Bauträger und Bauherrenmodelle, 5. Aufl. Rdnr. 134 c; Brych/Pause, Bauherrenkauf und Baumodelle, 1989, Rdnr. 651). Zutreffend hat das Berufungsgericht weiter angenommen, daß zur Wahrnehmung der steuerlichen Interessen der Bauherren auch die Verpflichtung gehörte, die Abwicklung des Baugeschehens und die Zahlungstermine für die Bauwerklohnraten daraufhin im Auge zu behalten, daß die steuerliche Rechtslage nicht zum Nachteil der Bauherren beeinträchtigt wurde. Das gilt auch dann, wenn der Treuhänder wie hier an der Konzeption des Bauherrenmodells und insbesondere des Vertragswerkes nicht beteiligt war.
Diese Verpflichtung der Erstbeklagten ist weder durch den Abschluß des gesonderten Steuerberatungsvertrages mit den Beklagten zu 2 und 3 (vgl. dazu unten 3) noch – worauf die Revision in erster Linie abhebt – durch die von der Baubetreuerin übernommene Verpflichtung zur wirtschaftlichen Vorbereitung, Durchführung und Abwicklung des Bauvorhabens entfallen. Zwar hängt der konkrete Umfang des für den Treuhänder maßgebenden Pflichtenkreises auch von den Umständen des Einzelfalls und dabei insbesondere von der Vertragsgestaltung ab; dazu zählen u.a. die Beschränkung und Abgrenzung seines Tätigkeitsbereiches zu demjenigen des Baubetreuers und den Aufgaben der anderen bei der Durchführung des Bauvorhabens eingesetzten Funktionsträger sowie der Zeitpunkt des Beitritts des Bauherrn und dessen Kenntnis von der vorgesehenen Vertragsgestaltung (BGHZ 102, 220, 226). Aus dem zuletzt genannten Gesichtspunkt kann die Revision schon deshalb nichts für sich herleiten, weil es im Gegensatz zu ihrer Auffassung an Feststellungen darüber fehlt, daß den Klägern über die pauschale Bezeichnung im Treuhandvertrag hinaus „Baubetreuungsvertrag”; „Steuerberatungsvertrag”) auch der Inhalt dieser Verträge bekannt war. Der Treuhandvertrag bestimmt zwar, der Treuhänder dürfe „etwa notwendige Ergänzungen der vorgesehenen Vertragsmuster” vornehmen (Ziff. II Nr. 4 k Treuhandvertrag). Daraus folgt aber nicht die Feststellung, daß diese Muster den Klägern bei Abschluß der Treuhandvereinbarung auch nur teilweise vorgelegen haben. Auch die weiteren Umstände des vorliegenden Falles ergeben nichts für eine Entpflichtung der Erstbeklagten. Für den Baubetreuungsvertrag ist schon fraglich, ob die Verpflichtung der Baubetreuerin zur „wirtschaftlichen Abwicklung” überhaupt die hier interessierende Überwachungspflicht einschloß, was das Berufungsgericht allerdings für den Steuerberatungsvertrag mit den Beklagten zu 2 und 3 in rechtlich nicht zu beanstandender Weise (vgl. unten 3) angenommen hat. Für beide Verträge gilt jedoch, daß ein umfassend beauftragter Treuhänder sich wesentlicher Überwachungs- und Kontrollpflichten im Verhältnis zu den Bauherren nicht dadurch entledigen kann, daß er Teile seines Aufgabenbereiches – sei es auch namens der Bauherren – an Dritte überträgt. Er hätte es sonst in der Hand, sich durch derartige in den Treuhandverträgen üblicherweise schon vorgesehene Vertragsschlüsse seiner Stellung als Zentralfigur des Bauherrenmodells (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. Januar 1991 aaO, Urteilsumdruck S. 11) weitgehend zu entledigen und auf diese Weise die untergeordnete Stellung eines bloßen Mittelverwendungstreuhänders mit entsprechend eingeschränkter Verantwortlichkeit zu erlangen. Lediglich einen solchen, von vornherein mit untergeordneten Funktionen ausgestatteten Mittelverwendungstreuhänder betreffen die von der Revision deshalb ohne Erfolg herangezogenen Urteile des Bundesgerichtshofs vom 6. November 1986 (VII ZR 131/86 = WM 1987, 212) und vom 9. Juli 1987 (VII ZR 390/85 = WM 1987, 1221). Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, daß dem Bauherrn damit für die Erfüllung derselben Überwachungspflicht neben dem Treuhänder noch andere Beteiligte einzustehen haben, wie der Bundesgerichtshof für den umgekehrten Fall – Inanspruchnahme eines Baubetreuers wegen Verletzung einer auch dem Treuhänder obliegenden Pflicht – bereits entschieden hat (Urteil vom 25. Oktober 1990 – VII ZR 230/88 = WM 1991, 10 unter I 2 a).
b) War die Erstbeklagte danach verpflichtet, das Baugeschehen im Hinblick auf steuerschädliche Auswirkungen zu überwachen, so reicht ihre Verpflichtung gleichwohl nur soweit, wie sich durch die Abwicklung des Baugeschehens die steuerliche Rechtslage zum Nachteil der Kläger verändern konnte. Daß eine solche Veränderung eingetreten ist, bejaht das Berufungsgericht, indem es sich die steuerrechtliche Beurteilung durch das Finanzamt zu eigen macht. Auch die Erstbeklagte selbst ist in den Tatsacheninstanzen davon ausgegangen, das Finanzamt habe rechtlich zutreffend entschieden. Das hindert indessen nicht zu prüfen, ob diese Beurteilung richtig ist. Die Rechtsfrage, ob das Finanzamt zutreffend entschieden hat, ist einem Geständnis im Sinne des § 288 ZPO nicht zugänglich. Auch die durch Klagerücknahme im finanzgerichtlichen Verfahren – was immer die Gründe dafür gewesen sein mögen – herbeigeführte Bestandskraft des die Kläger belastenden Verwaltungsakts des Finanzamts verbietet eine Überprüfung der Rechtslage nicht. Ebensowenig steht ihr die – wenige Wochen vor dem Berufungsurteil in dieser Sache ergangene – Grundsatzentscheidung des Bundesfinanzhofs vom 14. November 1989 – IX R 197/84 entgegen (NJW 1990, 729). Danach erfüllen Bauherrenmodelle der herkömmlichen Art – zu denen auch das hier interessierende gehört – die Voraussetzungen für die Anerkennung der Anleger als Bauherren im steuerlichen Sinn u.a. schon deshalb nicht, weil die Anleger ein vorgefertigtes Planungs- und Vertragskonzept übernehmen müssen und daher das Baugeschehen nicht in der für einen Bauherrn typischen Weise beherrschen.
Maßgeblich für die Beantwortung der Frage, wie weit die Pflicht der Erstbeklagten zur „Gefahrenabwehr” reichte, ist diejenige Rechtslage, wie sie sich bis zur Entscheidung des Finanzamts für die Beklagte aus der Sicht eines objektiven Dritten darstellte (vgl. auch BGHZ 79, 223, 226ff); darauf durfte und nur darauf konnte sie sich billigerweise einstellen. Entsprach die Entscheidung des Finanzamts der materiellen Rechtslage oder zumindest allgemeiner Verwaltungsübung, dann wäre der Erstbeklagten der Vorwurf pflichtwidrigen Unterlassens zu machen. Dagegen gehörte es nicht – jedenfalls bei Fehlen besonderer, hier nicht ersichtlicher Umstände – zum Pflichtenkreis der Erstbeklagten, Vorsorge gegen den Erlaß einer dem materiellen Steuerrecht oder der allgemeinen Verwaltungspraxis nicht entsprechenden Entscheidung zu treffen.
c) Die Auffassung der Finanzbehörde war, wie die Beklagten nunmehr im Ergebnis mit Recht geltend machen, von Rechtsirrtum beeinflußt; sie steht nicht in Einklang mit der maßgeblichen seinerzeitigen Verwaltungsübung.
aa) Das folgt allerdings entgegen der Ansicht der Revision nicht daraus, daß die Zahlung der Bauraten unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten rechtzeitig erfolgt sei und sich deshalb auf das Bauherrenrisiko nicht ausgewirkt habe. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs in DB 1988, 1142, auf die sich die Revision dabei stützt, besagt lediglich, eine Zahlung auf ein Konto des Zahlungsempfängers stelle eine Leistung im steuerlichen Sinn auch dann dar, wenn der Zahlungsempfänger in der Verfügung über dieses Konto beschränkt sei, wobei die Verfügungsbeschränkung auch darin bestehen könne, daß er nur gemeinsam mit dem Leistenden berechtigt sei. Zahlungsempfänger der Bauraten war hier indessen nicht die Erstbeklagte, auf deren Konto die Bauherren gezahlt hatten, sondern die Generalunternehmerin als Partner des Bauvertrages.
bb) Zu Unrecht hat das Finanzamt aber die Anerkennung der Kläger als Bauherren deswegen abgelehnt, weil die Kläger und die anderen Bauherren wegen der verspäteten Zahlung der Bauraten das einen Teil des Bauherrenwagnisses bildende Risiko nicht getragen hätten, bei Konkurs des Generalunternehmers auf einer „Bauruine sitzenzubleiben”. Die zum Zeitpunkt der Entscheidung des Finanzamts maßgebliche, mit den übrigen Oberfinanzdirektionen des Bundesgebietes abgestimmte Rundverfügung der Oberfinanzdirektion Hannover vom 2. Oktober 1978 (DB 1978, 2047) nennt beispielhaft für die Zuordnung des Bauherrenwagnisses das Risiko der Verteuerung der Gründungskosten wegen der Baugrundbeschaffenheit sowie die Fragen, wer die Bauherrenhaftpflichtversicherung abschließt, wem die Baugenehmigung erteilt wird, wer das Risiko der Finanzierungsbeschaffung trägt, in wessen Namen die Bauverträge abgeschlossen werden und ob Dritte die Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen der Bauinteressenten garantieren. Zum Bauherrenwagnis mag darüber hinaus auch das Risiko gehören, im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Bauunternehmens und der Einstellung der Bauarbeiten mit dem nur teilweise fertiggestellten Bauwerk vorliebnehmen zu müssen, ohne deshalb die Zahlung der bereits geleisteten Arbeiten verweigern oder dafür schon gezahlte Beträge zurückfordern zu können (so auch FG Düsseldorf EFG 1980 Nr. 434). Jedenfalls handelt es sich bei diesem Teil des Bauherrenwagnisses nur um ein Indiz, aus dessen Fehlen allein nicht auf die mangelnde Bauherreneigenschaft geschlossen werden darf (vgl. Söffing DB 1982, 1189, 1190; Birkenfeld BB 1983, 1086, 1092). Das ist vielmehr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, wie auch der Bundesfinanzhof bereits im Jahre 1980 entschieden hat (BFHE 130, 391, 396). Lediglich das Fehlen des „Bauruinenrisikos” rechtfertigt aber die Versagung der Bauherreneigenschaft jedenfalls dann nicht, wenn es wie hier auf Umständen beruht, die außergewöhnlich und bei Abschluß des Vertragswerkes nicht vorhersehbar waren und die nicht Folge einer Entschließung der Vertragspartner gewesen, sondern durch die verzögerte Tätigkeit einer Behörde eingetreten sind. Dann liegt es anders als in dem in der Rundverfügung vom 2. Oktober 1978 (aaO) angesprochenen Fall, daß die Vertragspartner durch eine übereinstimmende, dem schriftlich vereinbarten Vertragsinhalt widersprechende Verfahrensweise zum Ausdruck bringen, ihre Vereinbarung oder Teile davon seien nur aus steuerlichen Gründen getroffen worden und eine abweichende tatsächliche Durchführung von vornherein in Aussicht genommen. Für eine Anerkennung der Kläger als Bauherren spricht schließlich der Umstand, daß es nach der Rundverfügung vom 2. Oktober 1978 für die Bauherreneigenschaft ausreicht, wenn wie hier mit Abschluß des Kaufvertrages über das Baugrundstück dessen Nutzungen und Lasten auf den Erwerber übergegangen sind, ohne daß der rechtliche Eigentumserwerb vor Baubeginn bereits vollendet sein muß (Ziff. 1 h des Erlasses).
3. Auch die Beklagten zu 2 und 3 wenden sich zu Recht gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, sie seien den Klägern dem Grunde nach schadensersatzpflichtig. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings dem Vertrag vom 27. August 1979 eine umfassende Pflicht der Beklagten zu 2 und 3 zur steuerlichen Beratung der Kläger entnommen. Die Beklagten zu 2 und 3 waren nicht, wie die Revision meint, ausschließlich, sondern, wie es im Vertrag heißt, „insbesondere” mit der Ermittlung der steuerlichen Verluste des Baugeschehens und deren Geltendmachung gegenüber dem Finanzamt betraut. Diesen weitgefaßten Steuerberatungsauftrag hat das Berufungsgericht aufgrund einer jedenfalls möglichen tatrichterlichen Würdigung dahin verstanden, daß er auch eine Verpflichtung der Beklagten zur Überwachung des Baugeschehens im Hinblick auf dessen steuerliche Auswirkungen umfaßte, weil die Beklagten zu 2 und 3 an dem gesamten Vertragswerk maßgeblich mitgewirkt hatten. Dem steht, wie bereits ausgeführt, nicht entgegen, daß auch die Erstbeklagte und möglicherweise die Baubetreuerin zu einer solchen Überwachung verpflichtet waren. Die Haftung der Beklagten zu 2 und 3 scheitert aber ebenso wie diejenige der Erstbeklagten daran, daß auch sie für die auf einer unrichtigen Rechtsauffassung des Finanzamts beruhende Aberkennung der Bauherreneigenschaft nicht einzustehen haben.
III. 1. Mit der gegebenen Begründung kann das Berufungsurteil daher nicht aufrechterhalten werden. Es stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO).
a) Eine Haftung der Beklagten unter dem Gesichtspunkt, daß sie schon eine Entwicklung des Baugeschehens hätten vermeiden müssen, die auch nur das Risiko einer unrichtigen Entscheidung der Finanzbehörde in sich barg, kommt hier nicht in Betracht. Die Beklagten brauchten keine Vorsorge für einen in dem damals maßgeblichen Verwaltungserlaß nicht ausdrücklich oder erkennbar geregelten Fall zu treffen, um eine spätere unrichtige Beurteilung des unstreitig seiner Konzeption nach vom Finanzamt vorab gebilligten Modells zu vermeiden. Sie durften sich insoweit darauf verlassen, daß eine unrichtige Behördenentscheidung unbeschadet der damals in der Rechtsprechung noch offenen Beurteilung der grundsätzlichen Steuerwirksamkeit eines Bauherrenmodells korrigiert werden könnte. Eine andere Betrachtungsweise würde den Beklagten anlasten, daß sie ein Bauherrenmodell trotz noch ausstehender Anerkennung der Bauherreneigenschaft durch die Finanzgerichte, insbesondere durch den Bundesfinanzhof, abgewickelt haben und würde damit ein allein vom Anleger zu tragendes Risiko den Beklagten auferlegen. Umstände wie diejenigen, die im Einzelfall dazu führen können, daß ein Rechtsanwalt sogar für die Folgen einer unrichtigen Gerichtsentscheidung einzustehen hat, wenn er von der Möglichkeit, diese Entscheidung durch entsprechende Hinweise abzuwenden, keinen Gebrauch gemacht hat (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 1988 – IX ZR 114/87 = WM 1988, 987 unter II 4), liegen hier nicht vor, so daß dahingestellt bleiben kann, ob dieses Urteil auf die Tätigkeit von Steuerberatern und von Treuhändern eines Bauherrenmodells entsprechend anzuwenden ist.
b) Für eine Haftung der Beklagten wegen sonstiger konzept- oder abwicklungsbedingter Mängel gibt der Vortrag der Kläger nichts her. Die Kläger, die ihre Ansprüche nur auf die unterbliebene Überwachung des Baugeschehens stützen, haben weder die im Prüfungsbericht des Finanzamts zusätzlich angedeuteten, aber selbst dort als letztlich nicht entscheidungserheblich bezeichneten Mängel noch die von ihnen mitgeteilte Äußerung des Senatsvorsitzenden beim Finanzgericht konkretisiert, wonach bei diesem Bauherrenmodell zahlreiche Fehler begangen worden seien.
2. Der Senat konnte deshalb in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) und das klagabweisende Urteil des Landgerichts wiederherstellen.
Fundstellen
Haufe-Index 2073793 |
BB 1991, 571 |