Leitsatz (amtlich)
1. Enthält ein Vertrag, durch den Gesellschafter einer oder mehrerer Kapitalgesellschaften auf unbestimmte Zeit eine Schutzgemeinschaft in Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ohne Gesamthandsvermögen eingehen, eine Regelung, nach der ein Mitglied, das seine der Vertragsbindung unterliegenden Kapitalgesellschaftsanteile an einen Dritten veräußern möchte, diese zuvor allen übrigen Mitgliedern der Gemeinschaft anzubieten hat, liegt darin weder ein unzulässiger Ausschluß noch eine gesetzeswidrige Beschränkung des Kündigungsrechtes iS des BGB § 723 Abs 3.
2. Eine Bestimmung, die den Preis regelt, den die Gesellschafter für die Übernahme der Gesellschaftsanteile zu zahlen haben, ist nichtig, wenn bei Vertragsschluß ein grobes Mißverhältnis zwischen dem Übernahmepreis und dem Verkehrswert der Anteile besteht.
3. Ist ein grobes Mißverhältnis zwischen dem vertraglichen Übernahmepreis und dem Verkehrswert erst nach Vertragsschluß eingetreten und besteht es noch in dem Zeitpunkt, in dem der Gesellschafter die Anteile veräußern möchte, haben die übernehmenden Gesellschafter einen entsprechend BGB §§ 157, 242 den veränderten Umständen angepaßten Preis zu bezahlen. Für dessen Ermittlung kann der von den Parteien bei Vertragsschluß der Bemessung zugrunde gelegte Maßstab ein wesentlicher Anhaltspunkt sein.
Tatbestand
Die Parteien sind Aktionäre der D. S. AG mit Sitz in E., die ein Grundkapital von 45,5 Mio. DM hat. Daran sind die Klägerinnen zu 1 und 2 mit insgesamt 37,877 %, der Kläger zu 3 mit 6,587 % und der Beklagte mit 14,2 % beteiligt. Ein Anteil von 30,19 %, der unter Testamentsvollstreckung steht, wird von der aus dem Kläger zu 3 und dem Beklagten zu je 1/2 bestehenden Erbengemeinschaft gehalten.
Zwischen den Parteien besteht ein Schutzgemeinschaftsvertrag, der ihre Aktien an der S. AG und ihre – mittlerweile teils unmittelbar, teils mittelbar auf diese Gesellschaft übertragenen – Geschäftsanteile an zwei Gesellschaften mbH umfaßt. Die Schutzgemeinschaft ist eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts in der Rechtsform der Innengesellschaft ohne Gesamthandsvermögen (§ 1 Nr. 3). Ihr Zweck liegt in der Sicherstellung der einheitlichen Rechtsausübung aus den Beteiligungen ihrer Mitglieder an den Vertragsunternehmen sowie in der Erhaltung des Beteiligungsbesitzes in der Hand der jeweiligen Mitglieder der Schutzgemeinschaft (§ 1 Nr. 2).
Der auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Vertrag kann von jedem Mitglied unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zwei Jahren auf den Schluß eines jeden Geschäftsjahres der S. AG gekündigt werden (§ 9 Nr. 1, 2). Die verbleibenden Mitglieder führen die Gemeinschaft fort (§ 9 Nr. 5). Sie sind berechtigt, die Anteile, die das ausscheidende Mitglied an dem Vertragsunternehmen hält, zu übernehmen (§ 9 Nr. 6). Beabsichtigt ein Mitglied, Anteile an den Vertragsgesellschaften auf Abkömmlinge, die der Schutzgemeinschaft nicht beitreten, oder auf sonstige Personen, die ihr nicht angehören, zu übertragen, hat es die Anteile zuvor allen übrigen Mitgliedern schriftlich zum Erwerb anzubieten (§ 6 Nr. 1). Der für den Erwerb der Anteile zu zahlende Entschädigungsbetrag bemißt sich nach dem
„Nennbetrag der angebotenen Geschäftsanteile zuzüglich des darauf entfallenden Anteils an den offenen Rücklagen (einschließlich Gewinnvortrag) sowie der versteuerten stillen Reserven und abzüglich eines darauf entfallenden Anteils an einem etwaigen Verlustvortrag”
und der
- „Hälfte des auf die angebotenen Geschäftsanteile entfallenden Anteils am Gewinn des Vertragsunternehmens in den letzten drei Jahren vor der Übertragung”,
wobei für die Berechnung die Handelsbilanzen der jeweiligen Vertragsunternehmen für die vor der Übertragung abgelaufenen Geschäftsjahre maßgebend sind. Der Gesamtentschädigungsbetrag, der in fünf gleichen Jahresraten beginnend sechs Monate nach der Übertragung verzinslich zu zahlen ist, darf den Verkehrswert der Anteile nicht übersteigen (§ 6 Nr. 4).
Die Kläger möchten aus der Schutzgemeinschaft ausscheiden und ihre Beteiligungen an Dritte veräußern. Die Parteien streiten darüber, ob und in welchem Umfange dabei dem vereinbarten Ankaufs- bzw. Übernahmerecht Rechnung getragen werden muß.
Die Kläger haben erstinstanzlich die Feststellung der Unwirksamkeit des Schutzgemeinschaftsvertrages angestrebt. Hilfsweise wollten sie festgestellt wissen, daß sie zur fristlosen Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund und ohne Bindung an das Übernahmerecht berechtigt, mit einem zweiten Hilfsantrag, daß sie bei ordentlicher oder außerordentlicher Kündigung an dieses Recht nicht gebunden sind. Das Landgericht hat – unter Abweisung der Klage im übrigen – dem zweiten Hilfsantrag stattgegeben.
In der Berufungsinstanz hat der Beklagte die vollständige Abweisung der Klage sowie mit einer Hilfswiderklage die Einwilligung der Kläger in bestimmte Znderungen des Vertrages erstrebt. Mit ihrer Anschlußberufung wollten die Kläger die Feststellung erreichen, daß sie bei der Inaussichtnahme einer Anteilsveräußerung nicht an das vereinbarte Ankaufsrecht, jedenfalls (hilfsweise) nicht zu dem im Schutzvertrag festgelegten Preis gebunden sind. Ferner haben sie an dem erstinstanzlich mit dem zweiten Hilfsantrag verfolgten Begehren in der Form des Hauptantrages festgehalten. Berufung und Anschlußberufung waren erfolglos.
Mit der Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter. Die Kläger erstreben mit ihrer Anschlußrevision eine Verurteilung des Beklagten nach ihrem in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsfeststellungsantrag.
Entscheidungsgründe
A.
Die Revision des Beklagten ist begründet. Sie führt auch insoweit zur Abweisung der Klage, als dem Feststellungsbegehren der Kläger entsprechend ihrem zweiten Hilfsantrag stattgegeben worden ist.
I.
Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit dem Landgericht in dem Recht der Mitglieder der Schutzgemeinschaft, bei Ausscheiden eines Mitgliedes durch ordentliche Kündigung oder durch Kündigung aus wichtigem Grund dessen Anteile an den Vertragsunternehmen zu übernehmen, eine unvertretbare Einschränkung des Kündigungsrechtes im Sinne des § 723 Abs. 3 BGB gesehen. Der ausscheidende Gesellschafter habe keine Möglichkeit, die Verfügungsgewalt für die von ihm nach der Vertragsgestaltung weiterhin persönlich gehaltenen Gesellschaftsanteile wieder zu erlangen. Er habe nur die Wahl, auf unabsehbare Zeit in der Schutzgemeinschaft zu verbleiben oder seinen Beteiligungsbesitz endgültig zu verlieren. Anders als der Austauschvertrag, dessen Risiken überschau- und eingrenzbar seien, lasse der Gesellschaftsvertrag, dessen Entwicklung als Dauerschuldverhältnis nicht absehbar sei, eine derart weitgehende Bindung durch ein Ankaufsrecht nicht zu, weil gerade im Hinblick auf diese Unvorhersehbarkeit die jederzeitige Lösbarkeit aus der vertraglichen Bindung gewährleistet sein müsse. An dieser Betrachtung ändere sich auch nichts dadurch, daß die Schutzgemeinschaft auch als Außengesellschaft mit Gesamthandsvermögen hätte ausgestaltet werden können. Dem ausscheidenden Gesellschafter stehe zwar bei Gründung einer derartigen Beteiligungsgesellschaft im Rahmen einer Fortsetzungsklausel und ohne Vereinbarung eines Rechtes auf Rückgewähr der eingebrachten Anteile nur ein Barabfindungsanspruch zu. Die unterschiedliche Rechtsstellung der Mitglieder sei jedoch durch die voneinander verschiedene Rechtskonstruktion der Gesellschaften mit und ohne Gesamthandsvermögen bedingt und damit gerechtfertigt. Die Sicherungsfunktion des Schutzgemeinschaftsvertrages sei nur bei Bildung eines Gesamthandsvermögens gewährleistet; sie entfalle, wenn es nicht zu einer gesamthänderischen Bindung der Anteile komme. Gegen diese Ausführungen wendet sich die Revision des Beklagten mit Erfolg.
II.
1. Das in § 9 Nr. 6 des Schutzgemeinschaftsvertrages für den Fall des kündigungsbedingten Ausscheidens eines Gesellschafters aus der Schutzgemeinschaft geregelte Übernahmerecht enthält keine ausdrückliche, dem Wortlaut des § 723 Abs. 3 BGB unmittelbar widersprechende Ausschließung oder Beschränkung des Kündigungsrechtes. Die Möglichkeit, aus der für unbestimmte Zeit eingegangenen Gesellschaft durch ordentliche Kündigung unter Wahrung der durch § 9 Nr. 2 des Vertrages gesetzten Fristen oder bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ohne Beachtung dieser Fristen (§ 723 Abs. 1 Satz 3 BGB) jederzeit auszuscheiden, wird von der Vereinbarung nicht ausgeschlossen. Sie schränkt dieses Kündigungsrecht der Gesellschafter sowie die rechtlichen Voraussetzungen für ein durch seine Ausübung eintretendes Ausscheiden auch nicht ein. Zutreffend wird in dem von dem Beklagten zu den Akten gereichten Rechtsgutachten des Gutachters Prof. Dr. Stimpel unter Berufung auf das Schrifttum (vgl. insoweit Flume, Allg. Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. I/1, Die Personengesellschaft, 1977, § 12 IV, S. 182 ff.; Heckelmann, Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen, 1973, S. 142) ausgeführt, die Kündigung und das durch sie bewirkte Ausscheiden des kündigenden Gesellschafters blieben vom Übernahmerecht als bloßer Folge des Ausscheidens unberührt.
2. Allerdings können auch bestimmte, nach der vertraglichen Vereinbarung an die Kündigung geknüpfte, den Ausscheidenden wirtschaftlich benachteiligende vermögensrechtliche Folgen zu einer Anwendung der in § 723 Abs. 3 BGB getroffenen Regelung führen. Dieser Vorschrift liegt der allgemeine Rechtsgedanke zugrunde, daß es mit der persönlichen Freiheit von Vertragsschließenden unvereinbar ist, persönliche oder wirtschaftliche Bindungen ohne zeitliche Begrenzung und ohne Kündigungsmöglichkeit einzugehen. Der zwingende Charakter der Vorschrift führt dazu, daß derartige Beschränkungen auch nicht freiwillig vereinbart werden können (BGH, Urt. v. 14. November 1953 – II ZR 232/52, LM HGB § 132 Nr. 2; MüKo/Ulmer, BGB, 2. Aufl., § 723 Rdn. 42 m.w.N. in Fn. 91; zur Unverzichtbarkeit dieses Schutzrechtes vgl. K. Schmidt, GesR, 2. Aufl., § 16 III 3, S. 386; Wiedemann, GesR I, 1980, § 7 IV 2, S. 397). Es verstößt gegen diesen Rechtsgedanken, wenn dem Gesellschafter, der aus der Gesellschaft ausscheiden möchte, für den Fall seiner Kündigung in dem Gesellschaftsvertrag vermögensrechtliche Verpflichtungen auferlegt werden, die zwar formal sein Kündigungsrecht nicht tangieren, im Ergebnis aber dazu führen, daß er nicht mehr frei entscheiden kann, ob er von dem Kündigungsrecht Gebrauch macht oder nicht. Eine solche Sachlage kommt faktisch einem Ausschluß des Kündigungsrechtes gleich. Vereinbarungen über derartige an die Kündigung geknüpfte nachteilige Folgen werden – bei unterschiedlichen Anforderungen an die Schwere dieser Folgen – im Schrifttum überwiegend als nichtig angesehen (MüKo/Ulmer aaO, § 723 Rdn. 52; Staudinger/Keßler, BGB, 12. Aufl., § 723 Rdn. 41 ff.; Flume aaO, S. 183; unter dem Gesichtspunkt des Umgehungsverbotes MüKo/Ulmer aaO, § 738 Rdn. 33; Heckelmann aaO, S. 142; differenzierend Möhring in FS Barz, 1974, S. 49, 60 ff.). Auch der Senat hat derartige Klauseln als unwirksam behandelt (BGH, Urt. v. 24. September 1984 – II ZR 256/83, WM 1984, 1506; Urt. v. 17. April 1989 – II ZR 258/88, ZIP 1989, 768; zum Austrittsrecht aus der GmbH vgl. BGHZ 116, 359, 369).
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist das in § 9 Nr. 6 des Schutzgemeinschaftsvertrages für den Fall der Kündigung eines Gesellschafters vereinbarte Übernahmerecht der verbleibenden Gesellschafter auch nach diesen Grundsätzen nicht unwirksam.
a) Die Frage, ob und in welchem Umfang Vereinbarungen über nachteilige vermögensrechtliche Folgen faktisch zu einem Ausschluß des Kündigungsrechts führen und damit als unwirksam anzusehen sind, ist bisher lediglich in bezug auf das Ausscheiden aus Personengesellschaften mit Gesamthandsvermögen behandelt worden. Die Erörterung der Voraussetzungen, unter denen derartige Vereinbarungen als Ausschluß des Kündigungsrechtes im Sinne des § 723 Abs. 3 BGB gewertet werden können, hat sich demzufolge stets an den Folgen orientiert, die das Gesetz an das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer derartigen Gesellschaft knüpft (vgl. § 738 BGB). Insoweit wird allgemein gefordert, daß der Kündigende eine Vermögenseinbuße – durch den Ausschluß oder die Beschränkung von Abfindungsansprüchen – erleiden muß, wobei im einzelnen umstritten ist, welche Höhe unter den jeweils gegebenen Umständen des Einzelfalles gegeben sein muß, damit die Freiheit der Entschlußfassung zur Kündigung als ausgeschlossen angesehen werden kann, und welcher Zeitpunkt für die Annahme der kündigungsausschließenden Wirkung zugrunde zu legen ist. In der Rechtsprechung werden die Voraussetzungen der kündigungsausschließenden Wirkung unterschiedlich umschrieben: So soll die Zufügung eines erheblichen wirtschaftlichen Nachteils, der zu einer ungebührlichen Erschwerung des Ausscheidens führt, erforderlich sein (RGZ 162, 388, 393). Der Senat hat die Beeinträchtigung der Mitgliedschaftsrechte in einem Maße gefordert, daß dem Gesellschafter ein Verbleib in der Gesellschaft nicht mehr zumutbar ist (BGH, Urt. v. 23. Oktober 1972 – II ZR 31/70, WM 1973, 326, 327). In anderen Entscheidungen heißt es, die Freiheit des Gesellschafters, sich zu einer Kündigung zu entschließen, dürfe nicht unvertretbar eingeengt werden; das sei der Fall, wenn zwischen Buch- und wirklichem Wert ein erhebliches Mißverhältnis bestehe bzw. wenn der Gesellschafter durch die Art der Abfindung einen unverhältnismäßigen Vermögensnachteil erleide (BGH, Urt. v. 24. September 1984 aaO; v. 17. April 1989 aaO; v. 28. Mai 1979 – II ZR 217/78, WM 1979, 1064, 1065).
Das Schrifttum ist diesen unterschiedlichen Wendungen teilweise gefolgt, teilweise hat es die Ansätze modifiziert (vgl. u.a. MüKo/Ulmer aaO, § 723 Rdn. 42, 52; Staudinger/Keßler aaO, § 72 Rdn. 44; Soergel/Hadding, BGB, 11. Aufl., § 723 Rdn. 29; Ehrmann/Westermann, BGB, 9. Aufl., § 72 Rdn. 21; RGRK/v. Gamm, BGB, 12. Aufl., § 823 Rdn. 15; Wiedemann, GesR aaO, § 7 IV 2 a, aa, S. 400; vgl. ferner die Zusammenstellung bei Möhring, FS Barz aaO, S. 60).
Als maßgebender Zeitpunkt wird teilweise derjenige der Kündigung angesehen (MüKo/Ulmer aaO, § 723 Rdn. 52; Heckelmann aaO, S. 145). Zum Teil wird auf den Zeitpunkt der Vereinbarung abgestellt (Möhring, FS Barz aaO, S. 63). Fallen vertraglicher Abfindungs- und realer Anteilswert im Zeitpunkt der Kündigung auseinander, soll eine Anpassung nach § 242 BGB vorgenommen werden (Möhring, FS Barz aaO, S. 58, 62). Mit letzterem stimmt im Ergebnis die neuere Rechtsprechung des Senates überein (vgl. Urt. v. 24. Mai 1993 – II ZR 36/92, ZIP 1993, 1160 = WM 1993, 1412; v. 20. September 1993 – II ZR 104/92, ZIP 1993, 1611 = WM 1993, 2008; zu vergleichbaren Fällen aus der früheren Senatsrechtsprechung vgl. Kellermann/Stodolkowitz, Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 58).
b) Die aufgrund des Schutzgemeinschaftsvertrages vom 18. April 1972 gebildete Gesellschaft ist, wie in § 1 Nr. 3 des Vertrages ausdrücklich klargestellt wird, eine Innengesellschaft ohne Gesamthandsvermögen. Die für die Außengesellschaft mit Gesamthandsvermögen entwickelten Grundsätze über die kündigungsausschließende Wirkung von Vereinbarungen über kündigungsbedingte nachteilige vermögensrechtliche Folgen in Form des Ausschlusses oder der Beschränkung von Abfindungsansprüchen treffen somit auf diese Gesellschaftsform nicht zu, weil Gesamthandsvermögen nicht gebildet worden ist und demgemäß ein Abfindungsanspruch nicht entstehen kann. Da der kündigende Gesellschafter bei seinem Ausscheiden nach § 6 Nr. 4 des Vertrages für die Übertragung seiner Anteile auf die verbleibenden Gesellschafter (§ 9 Nr. 6 des Vertrages) einen Anspruch auf „Entschädigung” erhält, stellt sich hier vordergründig lediglich die Frage, ob der Betrag der im Zeitpunkt des Ausscheidens vereinbarungsgemäß zu zahlenden Entschädigung kündigungausschließende Wirkung hat, weil seine im Vergleich zum realen Abfindungswert möglicherweise geringe Höhe geeignet sein kann, die Freiheit des austrittswilligen Gesellschafters, sich zur Kündigung zu entschließen, zu beseitigen und damit sein Kündigungsrecht auszuschließen. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats bewirkt dieser Umstand jedoch nicht die Unwirksamkeit der Klausel. Vielmehr führt eine derartige Entwicklung lediglich zur Anpassung des dem Kündigenden zu zahlenden Betrages (Sen.Urt. v. 24. Mai 1993 aaO; v. 20. September 1993 aaO). Eine solche Anpassung ist jedoch nicht Gegenstand des von den Klägern in diesem Zusammenhang verfolgten, in der Revisionsinstanz rechtshängigen Antrags.
c) Es stellt sich demnach die – vom Berufungsgericht bejahte – Frage, ob die bei kündigungsbedingtem Ausscheiden eines Gesellschafters nach § 9 Nr. 6 des Schutzgemeinschaftsvertrages entstehende Verpflichtung, seine Gesellschaftsanteile den in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschaftern zu überlassen, bei vollständigem Wertausgleich – also für sich genommen – als eine derart schwerwiegende vermögensrechtliche Einbuße zu werten ist, daß dem Gesellschafter die Freiheit der Entscheidung zur Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses genommen und dadurch sein Kündigungsrecht verbotswidrig ausgeschlossen wird. Im Gegensatz zu den Vorinstanzen verneint der Senat diese Frage.
aa) Eine Schutzgemeinschaft, mit der die in § 1 Nr. 2 des zwischen den Parteien bestehenden Vertrages niedergelegten Zwecke verfolgt werden, wird üblicherweise als Innengesellschaft ohne Bildung von Gesamthandsvermögen eingegangen (vgl. die Gestaltungen in BGH, Urt. v. 3. Februar 1966 – II ZR 230/63, WM 1966, 511; v. 14. Mai 1970 – II ZR 136/68, WM 1970, 962; v. 25. September 1986 – II ZR 272/85, ZIP 1987, 103 = WM 1987, 10; MüKo/Ulmer aaO vor § 705 Rdn. 41; Hengeler in Beck'sches Formularbuch zum Bürgerlichen, Handels- und Wirtschaftsrecht, 5. Aufl., VIII A. 2, S. 861 ff.; Lübbert, Abstimmungsvereinbarungen in den Aktien- und GmbH-Rechten der EWG-Staaten, der Schweiz und Großbritanniens, 1971, S. 83; auch Westermann, Hdb. d. Personengesellschaften, 3. Aufl., Rdn. I, 66, S. 52; Friedlaender, Konzernrecht, 2. Aufl., S. 87 f, 90 f.). Es gibt keinen rechtlichen Gesichtspunkt, welcher der Bildung einer derartigen Schutzgemeinschaft in der Form der Außengesellschaft mit Gesamthandsvermögen, also unter Einbringung der an einer Aktiengesellschaft oder GmbH gehaltenen Anteile in die BGB-Gesellschaft, entgegensteht (vgl. Schrötter, NJW 1979, 2592, 2595; zur BGB-Gesellschaft als Gesellschafterin einer Kapitalgesellschaft vgl. BGHZ 78, 311, 313 (GmbH); BGHZ 116, 86 (Genossenschaft); BGH, Urt. v. 13. April 1992 – II ZR 277/90, ZIP 1992, 995, 1001 (AG)). Der Grund, aus dem in der Praxis eine derartige Gestaltung äußerst selten gewählt wird, liegt darin, daß die Parteien steuerliche Nachteile befürchten oder die förmliche Aufgabe des Eigentums an den Anteilen vermeiden möchten (Lübbert aaO, S. 83, 196).
bb) Die Wahl der Rechtsform einer Innengesellschaft ohne Bildung von Gesamthandsvermögen hindert die Beteiligten nicht, den Vertrag über die Innengesellschaft in einer Weise zu gestalten, daß die Durchsetzung der von ihnen verfolgten Ziele partiell in gleicher Weise gewährleistet wird wie bei der Eingehung einer Gesellschaft unter Bildung von Gesamthandsvermögen. Durch den Gesellschaftsvertrag, in dem sich die Gesellschafter zur Einbringung ihrer Kapitalgesellschaftsanteile verpflichten, wird sichergestellt, daß auch das Ausscheiden eines Gesellschafters nach Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses im Rahmen einer Fortsetzungsklausel die weitere Verfolgung des vereinbarten Schutzzweckes in dem bisherigen Umfange nicht beeinträchtigt. Dies geschieht mit bindender dinglicher Wirkung, weil eine Übertragung des Gesamthandsanteils auf Dritte nach der gesetzlichen Regelung nicht möglich ist (§ 719 Abs. 1 BGB) und beim Ausscheiden der Anteil auf die verbleibenden Gesellschafter übergeht (§ 738 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Belange des ausscheidenden Gesellschafters werden dadurch gewahrt, daß der ihm entstehende Verlust finanziell durch Gewährung einer Abfindung ausgeglichen wird (§ 738 Abs. 1 Satz 2 BGB).
In der Innengesellschaft, in der kein Gesamthandsvermögen gebildet wird, läßt sich der Schutzzweck des Gemeinschaftsvertrages nur durch schuldrechtliche Abreden sicherstellen: Das kann nur in der Weise geschehen, daß bei kündigungsbedingtem Ausscheiden die verbleibenden Gesellschafter das Recht haben, die Anteile des Ausscheidenden zu übernehmen, um die Bindung dieser Anteile an die Stimmrechtsvereinbarung aufrechtzuerhalten und eine – spätere – Veräußerung an außenstehende Dritte, deren Beitritt zu dem Schutzgemeinschaftsvertrag generell nicht vorgesehen ist, oder an Familienmitglieder, die diesem Vertrag beizutreten nicht gewillt sind, zu verhindern. Eine Veräußerung der Anteile durch einen der Schutzgemeinschaft angehörenden Gesellschafter an Dritte, die dem Vertrag nicht beitreten dürfen, oder an nicht beitrittswillige Familienangehörige kann lediglich durch Vereinbarung eines Ankaufsrechtes der verbleibenden Gesellschafter, dem eine Anbietungspflicht des Veräußerungswilligen entspricht, unterbunden werden (vgl. BGH, Urt. v. 3. Februar 1966 – II ZR 230/63, WM 1966, 511; v. 14. Mai 1970 – II ZR 136/68, WM 1970, 962; v. 25. September 1986 – II ZR 272/85, WM 1987, 10 = ZIP 1987, 103).
Die Gestaltung des Gesellschaftsverhältnisses – sei es als Außengesellschaft mit Gesamthandsvermögen, sei es als Innengesellschaft ohne Bildung eines solchen unter Vereinbarung von Ankaufs- und Übernahmerechten – übt keinen Einfluß auf die mit ihr verfolgten Zwecke aus. Diese sind identisch und stehen nicht im Widerspruch zu dem Gesetz. Sie kann daher – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – auch keinen unterschiedlichen, von der jeweiligen Rechtsform der Schutzgemeinschaft abhängigen Einfluß auf die Freiheit der Willensbildung und die davon abhängige Entscheidung des Gesellschafters, von seinem Kündigungsrecht Gebrauch zu machen, ausüben.
Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kann es auch keinen Unterschied machen, ob sich die Gesellschafter bei Gründung einer Gesellschaft mit Gesamthandsvermögen von vornherein ihres Alleineigentums und ihrer alleinigen (dinglichen) Verfügungsgewalt begeben, oder ob sie bei Eingehung einer Innengesellschaft ohne Gesamthandsvermögen dieses dingliche Recht zwar behalten, es aber einer schuldrechtlichen Bindung unterwerfen, die – bedingt durch die Ausübung des Kündigungs- und Übernahmerechtes – erst bei dem Ausscheiden aus der Gesellschaft zu dem Rechtsverlust führt. Das Kündigungsrecht als solches gehört zu den unverzichtbaren Gesellschafterrechten. Würde man den Verlust des Eigentums und der (dinglichen) Verfügungsgewalt an den Kapitalgesellschaftsanteilen einem Ausschluß des Kündigungsrechtes mit der Begründung faktisch gleichstellen, dieser Verlust beeinträchtige gravierend die Freiheit der Entscheidung des Gesellschafters, aus der Gesellschaft durch Kündigung auszuscheiden, würde das für beide Gesellschaftsformen gelten: In der Gesellschaft mit Gesamthandsvermögen müßte dem ausscheidenden Gesellschafter, sollte sein Kündigungsrecht durch den Eigentums- und Verfügungsverlust nicht unzulässigerweise ausgeschlossen werden, stets das Recht eingeräumt werden, die von ihm zu Gesamthandseigentum eingebrachten Kapitalgesellschaftsanteile zurückzuverlangen. Für die Innengesellschaft ohne Gesamthandsvermögen entspräche diesem Ergebnis die Unwirksamkeit des Übernahme- bzw. Ankaufsrechtes. Der Gesellschafter könnte sich seines Eigentums- und Verfügungsrechtes an den der gesellschaftsrechtlichen Bindung unterstellten Gegenständen deswegen nie endgültig begeben, weil dadurch sein unverzichtbares Kündigungsrecht faktisch ausgeschlossen würde. Das würde der in den Vorschriften über die Auseinandersetzung der Gesellschaft (§§ 730 ff. BGB) und die Abfindungsregelung bei Ausscheiden aus der Gesellschaft (§ 738 BGB) zum Ausdruck gebrachten gesetzlichen Wertung eindeutig widersprechen. Auf die Unterschiedlichkeit der Vertragskonzeptionen kann daher nicht entscheidend abgestellt werden. Daraus folgt zugleich, daß die Grundsätze des faktischen Ausschlusses des Kündigungsrechtes entsprechend § 723 Abs. 3 BGB auf die Fälle beschränkt bleiben müssen, in denen die Entschließungsfreiheit des Ausscheidungswilligen dadurch in schwerwiegender Weise beeinträchtigt wird, daß ihm – soweit er die Gegenstände nicht nur, wie im Gesetz ausdrücklich geregelt, zur Nutzung eingebracht hat – bei seinem Ausscheiden lediglich ein unangemessener finanzieller Ausgleich gewährt wird.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Gesellschafter ihre Kapitalbeteiligung allein als Vermögensanlage unter Renditegesichtspunkten nutzen oder ob sie darüber hinaus mit ihr auch unternehmerische Interessen – insbesondere unter Gewinnung eines industriellen Partners, wie die Revisionserwiderung ausführt – verfolgen. Führt eine Vereinbarung, in der für den Fall des kündigungsbedingten Ausscheidens eines Gesellschafters den verbleibenden Gesellschaftern ein Erwerbsrecht eingeräumt wird, bereits nach der Wertung, die der gesetzlichen Regelung über die Gesellschaftsauflösung und das Ausscheiden von Gesellschaftern zugrunde liegt, wie ausgeführt, nicht zu einem faktischen Ausschluß des Kündigungsrechtes im Sinne des § 723 Abs. 3 BGB, kann es auf die Entscheidung dieser Frage nicht mehr ankommen.
d) § 9 Nr. 6 des Schutzgemeinschaftsvertrages gewährt das Übernahmerecht allgemein für das Ausscheiden eines Mitgliedes der Schutzgemeinschaft „durch Kündigung”. Da diese Regelung in unmittelbarem Zusammenhang mit dem in § 1 Nr. 2 des Vertrages niedergelegten Schutzzweck – Sicherstellung einheitlicher Rechtsausübung an den Beteiligungen und Erhaltung des Beteiligungsbesitzes in der Hand der Mitglieder der Schutzgemeinschaft – steht, folgt aus Wortlaut und Regelungszweck der Bestimmung, daß jegliches Ausscheiden durch Kündigung zu dem Recht auf Übernahme der Anteile des Ausscheidenden durch die verbleibenden Gesellschafter führen soll. Das Übernahmerecht greift daher sowohl bei der ordentlichen Kündigung nach § 9 Nr. 2 des Vertrages als auch bei der Kündigung aus wichtigem Grund nach § 723 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB ein. Davon gehen auch beide Parteien in ihrem Vorbringen aus.
Es ergeben sich keine Bedenken dagegen, daß in bezug auf die Geltendmachung des Übernahmerechtes keine Differenzierung zwischen der ordentlichen Kündigung und einer solchen aus wichtigem Grund vorgenommen worden ist. Eine Unterscheidung nach dem Grund der Kündigung erscheint nicht geboten, weil die Frage, ob das Übernahmerecht die Entschließungsfreiheit des Gesellschafters zur Vornahme der Kündigung ausschließt oder nicht, von den zur Kündigung führen Umständen unabhängig ist und beide Kündigungsarten gleichermaßen betrifft.
e) Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß die in § 9 Nr. 6 des Schutzgemeinschaftsvertrages getroffene Regelung nicht zu einem faktischen Ausschluß des Kündigungsrechtes entsprechend § 723 Abs. 3 BGB führt. Sie ist daher wirksam und für die Parteien bindend.
B.
Die Anschlußrevision der Kläger ist ebenfalls begründet. Sie führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, als sie die Feststellung begehren, nicht verpflichtet zu sein, ihre Aktien an der S. AG bei Inaussichtnahme ihrer Veräußerung an Dritte den verbleibenden Gesellschaftern zu einem nach § 6 Nr. 4 des Schutzgemeinschaftsvertrages festgelegten Preis anzubieten.
I.
Die Begründetheit der Anschlußrevision folgt allerdings nicht aus der Nichtigkeit des § 6 Nr. 4 wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB). Eine solche hat das Berufungsgericht zu Recht verneint.
1. Die Kläger meinen, dieses Ergebnis beruhe darauf, daß der Beurteilung der Sittenwidrigkeit ein falscher Bewertungsmaßstab zugrunde gelegt worden sei. Dieser werde überspannt, wenn man mit dem Berufungsurteil das Vorliegen eines solch groben Mißverhältnisses zwischen dem nach der Vereinbarung zu ermittelnden Übernahmepreis und dem Verkehrswert der Gesellschaftsanteile fordere, daß dadurch die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des veräußerungswilligen Gesellschafters eingeengt werde. Um die berechtigten Vertragszwecke einheitlicher Stimmrechtsausübung und des Überfremdungsschutzes abzusichern, sei es nicht erforderlich, daß der veräußerungswillige Gesellschafter erhebliche Vermögensverluste hinnehmen müsse und die verbleibenden Gesellschafter die Anteile unter Wert erwerben könnten. Es reiche aus, Vorkaufsrechte zugunsten der die Gesellschaft fortsetzenden Gesellschafter zu vereinbaren oder die Veräußerung an die Bereitschaft des Erwerbers zu koppeln, der Schutzgemeinschaft beizutreten. Diese Überlegungen der Anschlußrevision werden den Anforderungen, die an die Sittenwidrigkeit der Klausel über die Abgeltung von Anteilen zu stellen sind, die ein Gesellschafter bei Inaussichtnahme ihrer Veräußerung an einen Dritten den übrigen Mitgliedern der Schutzgemeinschaft anzubieten hat, nicht gerecht.
Die Kläger weisen zwar zutreffend darauf hin, daß die Veräußerung der Anteile als legitimes Ziel die Realisierung des tatsächlichen Anteilswertes hat. Dem hält der Beklagte ebenso zutreffend entgegen, der Vertragszweck, die Überfremdung der Gemeinschaft zu verhindern, müsse als ein legitimes Ziel der Schutzgemeinschaft angesehen werden. Beiden Anliegen kann durch Vereinbarung eines Vorkaufsrechtes, wie die Kläger richtig ausführen, grundsätzlich in durchaus angemessener Weise Rechnung getragen werden. Dieser Umstand schließt es aber nicht aus, daß sich die Parteien eines Schutzvertrages zu einer weitergehenden Bindung bereitfinden, die ihre wirtschaftliche Bewegungsfreiheit stärker einschränkt. Welchen Umfang und welche Intensität diese Bindung erreichen soll, haben die am Vertragsschluß Beteiligten im Rahmen der ihnen vom Gesetz zugestandenen Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit zu verantworten. Dafür können eine Vielzahl von Motiven und Überlegungen der Beteiligten von Bedeutung sein, denen man ebensowenig wie dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit gerecht werden könnte, wenn jegliche Unausgewogenheit der vertraglichen Regelungen und jegliche Abweichung von einer vollkommenen Ausgeglichenheit der vereinbarten Rechte und Pflichten zu ihrer Unverbindlichkeit führen würde, wie das den Klägern offenbar vorschwebt. Zutreffend hat das Berufungsgericht insoweit ausgeführt, die Übernahmeregelung solle einerseits die Mitglieder der Gemeinschaft von Veräußerungen abhalten und andererseits den Anteilserwerb durch die verbleibenden Mitglieder dadurch erleichtern, daß der Übernahmepreis hinter dem Verkehrswert zurückbleibe. Der mit dem Schutzvertrag verfolgte Zweck, den der Bindung unterstellten Anteilsbesitz in der Familie zu halten und mit Rücksicht darauf die Veräußerung von Anteilen an – außenstehende – Dritte zu vermeiden, rechtfertige eine derartige Regelung.
Die vertragliche Gestaltungsfreiheit stößt bei der hier zur Beurteilung stehenden Klausel über die Abgeltung von der Anbietungspflicht unterliegenden Anteilen erst dann an ihre Grenzen, wenn zwischen dem nach § 6 Nr. 4 des Schutzvertrages zu ermittelnden Übernahmepreis und dem Verkehrswert der Kapitalgesellschaftsanteile im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein grobes Mißverhältnis bestanden hat. Denn dann droht dem Gesellschafter bei der Veräußerung der Anteile ein finanzieller Verlust, der allgemein geeignet ist, seine wirtschaftliche Bewegungsfreiheit in einem Maße ganz oder teilweise zu beseitigen, das zur Erreichung der vertraglich gesteckten Ziele von der Rechtsordnung nicht mehr hingenommen werden kann (vgl. allgemein zur Nichtigkeit von Schutzgemeinschaftsverträgen Friedlaender aaO, S. 87; Janberg/Schlaus, AG 1967, 32, 35; zur Sittenwidrigkeit beschränkender Abfindungsklauseln vgl. BGHZ 116, 359, 368 m.w.N.; BGH, Urt. v. 9. Januar 1989 – II ZR 83/88, ZIP 1989, 770, 771 f. = WM 1989, 783, 784 f.).
2. Das Berufungsgericht hat ein derart grobes Mißverhältnis nach dem Vortrag der Kläger verneint. Die dagegen gerichteten Angriffe der Anschlußrevision haben – jedenfalls im Ergebnis – keinen Erfolg.
Die Anschlußrevision rügt, das Berufungsgericht habe verkannt, daß nicht der Vermögenssteuerwert, sondern der wirkliche Wert der Anteile mit dem Vertragspreis zu vergleichen sei. Diese Rüge ist nicht berechtigt. Das Berufungsgericht vergleicht zwar die von den Klägern errechneten Beträge von 463,98 % (Übernahmepreis pro Anteil) und 537 % (Vermögenssteuerwert pro Anteil) und führt dazu aus, die Differenz bewege sich mit weniger als 1/5 in einer Größenordnung, die nicht als grobes Mißverhältnis gewertet werden könne. Diesen Ausführungen hat es aber nicht nur die Frage vorangestellt, ob zwischen Übernahmepreis und Verkehrswert ein grobes Mißverhältnis bestehe, sondern es bezieht in seine Überlegungen zu Übernahmepreis und Vermögenssteuerwert anschließend den klägerischen Vortrag ein, die Vermögenssteuerwerte lägen regelmäßig unter den Verkehrswerten und gelangt insgesamt zu der Schlußfolgerung, dieser Vortrag reiche nicht aus, um ein grobes Mißverhältnis – nämlich zwischen Übernahmepreis und Verkehrswert, die beide Ausgangspunkt seiner Erwägungen waren – darzulegen.
Zu Recht hat das Berufungsgericht im Ergebnis auch den weiteren Vortrag der Kläger nicht als hinreichend substantiiert angesehen, aus dem Umstand, daß die Vermögenssteuerwerte regelmäßig unter den Verkehrswerten lägen, folge prima facie, daß auch die Verkehrswerte der Vertragsunternehmen bei Vertragsschluß deutlich über den Vermögenssteuerwerten gelegen hätten. Folgt man der logischen Deduktion der Kläger im Grundsatz, so ließe der von ihnen dargelegte Regelsatz allenfalls den Schluß zu, daß auch die Verkehrswerte der Vertragsunternehmen bei Vertragsschluß über den Vermögenssteuerwerten gelegen hätten. Aus welchen Gründen der Schluß gerechtfertigt sein sollte, dieser Unterschied sei deutlich gewesen – welche Bedeutung diesem Begriff bei der Prüfung, ob zwei Zahlenwerte ein grobes Mißverhältnis aufweisen können, auch immer beigemessen werden mag –, haben die Kläger nicht einmal im Ansatz dargelegt. Das Berufungsurteil trägt dem Rechnung. Insoweit heißt es in den Entscheidungsgründen, es reiche nicht aus, daß der Verkehrswert über dem Vermögenssteuerwert liege, vielmehr müsse der Verkehrswert den Vermögenssteuerwert um ein beträchtliches Maß übersteigen. Es ist daher nicht zu beanstanden, daß sich das Berufungsgericht außer Stande gesehen hat, nach dem Klägervortrag ein grobes Mißverhältnis zwischen Übernahmepreis und Verkehrswert für das Jahr des Vertragsabschlusses zu bejahen.
Ob der Antrag der Kläger, ein Sachverständigengutachten zu der Behauptung einzuholen, die Verkehrswerte der Vertragsunternehmen hätten bei Abschluß des Schutzgemeinschaftsvertrages über den Vermögenssteuerwerten gelegen, im Hinblick auf die in § 287 ZPO getroffene Regelung mit der Begründung zurückgewiesen werden durfte, es handele sich um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis, kann unter diesen Umständen auf sich beruhen.
II.
Die Regelung des § 6 Nr. 4 des Schutzgemeinschaftsvertrages ist zwar nicht nichtig. Die Kläger sind aber dennoch nicht verpflichtet, ihre Anteile den verbleibenden Vertragspartnern zu dem nach dieser Bestimmung festzusetzenden Übernahmepreis anzubieten. Vielmehr hat das unter Zugrundelegung des Vortrages der Kläger zu einem entsprechend §§ 157, 242 BGB den veränderten Umständen angepaßten Preis zu geschehen.
1. Die Anschlußrevision rügt, das Berufungsgericht habe das Vorbringen der Kläger unter diesem Gesichtspunkt nicht geprüft, weil es der Ansicht gewesen sei, für die Entscheidung über den klägerischen Antrag komme es nur auf die Verhältnisse und Umstände im Zeitpunkt des Vertragsschlusses an. So hätten die Kläger auf der Grundlage der für die Jahre 1988, 1989 und 1990 erstellten Bilanzen der S. AG den Übernahmepreis der Aktien mit 289,49 % und ihren Vermögenssteuerwert mit 411 % errechnet. Sie hätten behauptet, der derzeitige Verkehrswert umfasse ein Mehrfaches des Übernahmepreises. Das hätten sie u.a. aus folgenden – unstreitigen – Umständen hergeleitet:
Der Beklagte habe ihnen einen Übernahmepreis von 600 % des Nominalwertes angeboten, der auf der Grundlage einer nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen durchgeführten Unternehmensbewertung ermittelt worden sei. Schließlich habe er den Unternehmenswert unter Berufung auf eine Berechnung, die von der B.-Bank auf der Grundlage der in der Vergangenheit erwirtschafteten Gewinne und des in Zukunft nachhaltig erzielbaren Ertrages vorgenommen worden sei, mit ca. 300 Mio. DM angegeben. Die Kläger errechnen daraus einen Verkehrswert von 659 % des Nominalkapitals. Gegenüber dem Kläger zu 3 habe der Beklagte erklärt, er sei bereit, dessen Aktien zu einem Kurs von 800 % zu kaufen. In der Hauptversammlung der S. AG vom 17. Juni 1992 habe der Vorsitzende des Vorstandes erklärt, der tatsächliche Wert des Unternehmens liege bei über 1000 % des Nominalkapitals.
Die Ansicht der Anschlußrevisionserwiderung, der Vortrag der Kläger gebe keine schlüssige Darlegung einer erheblichen Diskrepanz zwischen Vertragspreis und Verkehrswert, trifft nicht zu. Soweit sie darlegt, die den Klägern unterbreiteten Kaufangebote ließen deswegen keine Rückschlüsse auf den Ertragswert zu, weil sie darauf zugeschnitten gewesen seien, die Aktiengesellschaft als Familiengesellschaft zu erhalten, wird nicht aufgezeigt, daß sich dieser Umstand in dem unstreitigen Tatsachenvortrag der Parteien niedergeschlagen hat. Das gilt auch für die Bemerkung, der Vorsitzende des Vorstandes der S. AG habe die Erklärung über den Verkehrswert von 1000 % in der Hauptversammlung vom 17. Juni 1992 nur deswegen abgegeben, um die Leistung der Verwaltung in einem möglichst günstigen Licht erscheinen zu lassen. Das Vorbringen kann schon deswegen in der Revisionsinstanz nicht berücksichtigt werden.
Es ist zwar nicht ausgeschlossen, daß unter dem in § 6 Nr. 4 a des Schutzgemeinschaftsvertrages aufgeführten Begriff „versteuerte stille Reserven” die „versteuerbaren” stillen Reserven zu verstehen sind, die zwecks Ermittlung des Übernahmepreises offengelegt werden müssen und deren auf die zu übernehmenden Kapitalgesellschaftsanteile entfallender Teil nach Abzug eines fiktiven Steueranteils, der die Gesellschaft bei Aufdeckung der Vermögenswerte belasten würde, bei der Bildung des Übernahmepreises berücksichtigt wird. Die Kläger haben ihrer Berechnung des Übernahmepreises jedoch versteuerte stille Reserven nicht zugrunde gelegt, haben also den Begriff offensichtlich in einem anderen Sinne verstanden, als es der Beklagte in der Revisionsinstanz darlegt. Obwohl der Beklagte das erkannt hat, hat er die Berechnung der Kläger nicht bestritten. Sie gilt somit nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden und ist daher vom Berufungsgericht in seinem Berichtigungsbeschluß vom 26. März 1993 zu Recht als unstreitig angesehen worden. Entgegen der Ansicht der Anschlußrevisionserwiderung ist aufgrund dessen nicht nur das Zahlenwerk, sondern auch die Richtigkeit des Berechnungsergebnisses und damit auch des zugrundeliegenden Berechnungsvorganges einschließlich der Nichtberücksichtigung von stillen Reserven als zugestanden anzusehen. Davon muß in der Revisionsinstanz ausgegangen werden.
2. Die Rüge der Anschlußrevision ist begründet. Nach dem Vortrag der Kläger ist der nach § 6 Abs. 4 des Schutzgemeinschaftsvertrages zu ermittelnde Übernahmepreis der dargelegten Entwicklung des Verkehrswertes der Kapitalgesellschaftsanteile anzupassen.
a) Für die Fälle des Ausschlusses und des kündigungsbedingten Ausscheidens eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft hat der Senat entschieden, daß eine gesellschaftsvertragliche Abfindungsklausel, die eine unter dem realen Anteilswert liegende Abfindung vorsieht, unanwendbar sein kann, wenn dem Ausscheidenden mit Rücksicht auf die seit dem Vertragsschluß eingetretene Znderung der Verhältnisse das Festhalten an dieser Regelung unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Mitgesellschafter nicht zugemutet werden kann. In einem solchen Falle sind Abfindungsmaßstab und Abfindungsbetrag durch ergänzende Vertragsauslegung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles entsprechend den veränderten Verhältnissen neu zu ermitteln. Diesen Entscheidungen liegen Fallgestaltungen zugrunde, in denen sich der vertragliche Abfindungsanspruch und der reale Abfindungswert im Verlauf der Jahre zu dem Zeitpunkt der Kündigung bzw. des Ausscheidens in außergewöhnlich hohem Maße auseinanderentwickelt haben, ohne daß eine solche Entwicklung bei dem Abschluß des Vertrages absehbar war (BGH, Urt. v. 24. Mai 1993 – II ZR 36/92, ZIP 1993, 1160 = WM 1993, 1412; Urt. v. 20. September 1993 – II ZR 104/92, ZIP 1993, 1611 = WM 1993, 2008).
Mit dieser Rechtsprechung wird ein den geänderten Verhältnissen angepaßter, angemessener Interessenausgleich zwischen ausscheidenden und verbleibenden Gesellschaftern unter Berücksichtigung der mit der vertraglichen Abfindungsregelung verfolgten Zwecke angestrebt (vgl. BGHZ 116, 359, 371; BGH, Urt. v. 20. September 1993 – II ZR 104/92, ZIP 1993, 1611, 1612 = WM 1993, 2008, 2009). Es soll verhindert werden, daß der Ausscheidende durch eine von der Entwicklung überholte Abfindungsregelung unangemessen benachteiligt und daß die Fortsetzung der Gesellschaft durch die verbleibenden Gesellschafter durch eine schematische Regelung gefährdet wird.
b) Ein derartiger Konflikt bei vergleichbarer Interessenlage liegt auch dem vorliegenden Fall zugrunde, in dem sich ein Gesellschafter seiner der Bindung in einer BGB-Gesellschaft unterworfenen Kapitalgesellschaftsanteile entäußert und dadurch aus der BGB-Gesellschaft ausscheidet, aufgrund seiner Verpflichtung, die Anteile den verbleibenden Gesellschaftern zum Erwerb anzubieten, als Entgelt jedoch nicht den realen Anteilswert, sondern eine nach bestimmten Vorgaben des Gesellschaftsvertrages zu ermittelnde Entschädigung von den übernehmenden Gesellschaftern erhält. Auch hier können im Laufe der Zeit durch die geschäftliche Entwicklung der Kapitalgesellschaften Znderungen des Verkehrswertes der in der BGB-Gesellschaft gebundenen Gesellschaftsanteile eintreten, die dazu führen, daß Verkehrswert und vertraglicher Übernahmepreis anders als bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages in außergewöhnlich weitgehendem Maße auseinanderfallen. Da der Zeitpunkt, in dem Absicht und Gelegenheit zur Veräußerung auftreten, nicht notwendigerweise mit demjenigen zusammenfällt, in dem der Gesellschafter durch fristgemäße Kündigung aus der Gesellschaft ausscheiden kann, kann sich auch hier die Notwendigkeit ergeben, die eingetretene Diskrepanz durch einen Interessenausgleich zu bereinigen, der den geänderten Verhältnissen Rechnung trägt und verhindert, daß der veräußerungswillige Gesellschafter unangemessen benachteiligt wird und den übrigen Gesellschaftern die Möglichkeit genommen wird, die Gesellschaftsziele weiterzuverfolgen.
Der Senat hat in den zum Ausschluß und zum kündigungsbedingten Ausscheiden ergangenen Urteilen die Annahme einer starren Wertgrenze, von der an das Festhalten an der vertraglichen Regelung dem ausscheidenden Gesellschafter nicht mehr zugemutet werden kann, abgelehnt. Er hat die Entscheidung von der Würdigung einer Reihe das Gesellschaftsverhältnis betreffender Umstände abhängig gemacht. Solche kommen im vorliegenden Falle nicht in Betracht. Als entscheidender Faktor ist das Ausmaß des zwischen den beiden Werten eingetretenen Mißverhältnisses in Betracht zu ziehen, das unter Berücksichtigung des berechtigten Interesses der verbleibenden Gesellschafter an der Aufrechterhaltung des vertraglich vorgesehenen Schutzzweckes zu bewerten ist. Zwar gilt die Regelung des § 6 Abs. 4 auch in dem Falle, daß der Gesellschafter durch Kündigung aus der Gesellschaft ausscheidet und nach § 9 Nr. 6 des Vertrages seine Anteile den übrigen Gesellschaftern überlassen muß. Das schließt aber nicht aus, daß im Rahmen der dadurch veranlaßten Prüfung auch die Voraussetzungen in die Würdigung einbezogen werden, die der Senat für das Ausscheiden durch Ausschluß oder Kündigung als maßgebend erachtet hat.
c) Der mit der Anschlußrevision aufgezeigte Tatsachenvortrag der Kläger erfüllt die Voraussetzungen für eine Anpassung der Entschädigung bei Erfüllung der Anbietungspflicht nach § 6 Nr. 1 des Vertrages. Nach den für die Revisionsinstanz maßgebenden Feststellungen des Berufungsgerichtes ist die in § 6 Nr. 4 getroffene Regelung nicht sittenwidrig und damit wirksam. Nach der Lebenserfahrung war bei Vertragsschluß im Jahre 1972 für die Beteiligten nicht vorhersehbar, daß aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung der S. AG der Verkehrswert der Aktien nach zwanzig Jahren Geschäftstätigkeit erheblich ansteigen und ein außerordentliches Mißverhältnis zu dem vertraglichen Übernahmepreis auftreten würde. Nach dem für die Revisionsinstanz maßgebenden Vortrag der Kläger lag der Übernahmepreis im Jahre 1991 bei 289,49 %, die nach den Erklärungen des Beklagten bzw. des Vorstandsvorsitzenden der S. AG mitgeteilten Verkehrswerte bewegen sich zwischen 600 % und 1000 %. Das ist ein Mehrfaches des Übernahmepreises, das die Annahme eines außergewöhnlichen Mißverhältnisses rechtfertigt.
3. Auf der Grundlage der vorstehend dargelegten rechtlichen Beurteilung ist das Berufungsgericht gehalten, die weiterhin erforderlichen Feststellungen – gegebenenfalls nach ergänzendem Vortrag durch die Parteien – zu treffen. Soweit es dabei auch über die Höhe eines angemessenen Übernahmepreises zu befinden hat, erscheint dem Senat nach den mit dem Schutzvertrag verfolgten Zwecken ein Betrag angemessen, für dessen Ermittlung der Maßstab einen wesentlichen Anhaltspunkt geben kann, den die Parteien bei Vertragsschluß zugrunde gelegt haben. Dieser Betrag muß nicht unbedingt dem Verkehrswert entsprechen.
Fundstellen
Haufe-Index 649129 |
BGHZ, 226 |
BB 1994, 1807 |
NJW 1994, 2536 |
ZIP 1994, 1173 |
GmbHR 1994, 871 |