Entscheidungsstichwort (Thema)
Agenturverhältnis. Versicherungsunternehmen. Ausgliederung auf ein anderes Unternehmen. Beendigung des Agenturverhältnisses. Verbindlichkeit. Ausgleichsanspruch. Ausgliederung und Übertragung des Vertriebs. Kündigung. Grundurteil. Einrede der Verjährung. Einwand der Enthaftung
Leitsatz (amtlich)
Geht ein Agenturverhältnis durch eine auf der Seite des Versicherungsunternehmens erfolgte Ausgliederung auf ein anderes Unternehmen nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG über und wird die Beendigung dieses Agenturverhältnisses nach dem Wirksamwerden der Ausgliederung herbeigeführt, so handelt es sich bei der Verbindlichkeit nach § 89b HGB gegenüber dem Versicherungsvertreter um eine Verbindlichkeit i.S.v. § 133 Abs. 1 UmwG, für die das Versicherungsunternehmen als übertragender Rechtsträger haftet.
Normenkette
HGB § 89b; UmwG § 123 Abs. 3 Nr. 1, § 131 Abs. 1 Nr. 1, § 133
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Grund- und Teilurteil des 19. Zivilsenats des OLG Köln vom 28.3.2014 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beurteilung des Enthaftungseinwands (§ 133 Abs. 3 UmwG) hinsichtlich des mit Schriftsatz vom 25.1.2013 geltend gemachten weiteren Ausgleichsbetrags i.H.v. 29.673,29 EUR dem Betragsverfahren überlassen bleibt.
Von den Gerichtskosten des Revisionsverfahrens haben der Kläger 87 % und die Beklagte 13 % zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten, die den Parteien im Revisionsverfahren entstanden sind, haben der Kläger 80 % und die Beklagte 20 % zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Der Kläger macht gegen die Beklagte, ein Versicherungsunternehmen, soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse, einen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB geltend. Er hat der A. D. V. AG (im Folgenden: Streitverkündete), mit der die Beklagte einen Ausgliederungs- und Übernahmevertrag geschlossen hat, erstinstanzlich den Streit verkündet.
Rz. 2
Am 12.9.1968 schloss der Kläger mit der A. u. M. Feuer-Versicherungs-Gesellschaft einen Vertrag betreffend die Übernahme einer "Titular-(Vermittlungs-) Generalagentur der A. u. M." für näher bezeichnete Versicherungssparten (im Folgenden: Agenturvertrag). Die Beklagte ist Rechtsnachfolgerin der A. u. M. Feuer-Versicherungs-Gesellschaft. In dem genannten Vertrag wird der Kläger als Versicherungsvertreter gem. §§ 84 ff. HGB bezeichnet.
Rz. 3
Im Handelsregister des AG A. wurde bei der Beklagten am 27.12.2007 Folgendes eingetragen:
"Die Gesellschaft (= Beklagte) hat nach Maßgabe des Ausgliederungs- und Übernahmevertrags vom 12.12.2007 sowie der Zustimmungsbeschlüsse ihrer Hauptversammlung vom 12.12.2007 sowie der Zustimmungsbeschlüsse der Hauptversammlungen der A. D. V. AG (= Streitverkündete) vom 12.12.2007 und 17.12.2007 einen Teil ihres Vermögens, nämlich den Stamm-/Ausschließlichkeitsvertrieb, als Gesamtheit im Wege der Umwandlung durch Ausgliederung auf die A. D. V. AG (= Streitverkündete) mit Sitz in A. (AG A. HRB ...) als übernehmenden Rechtsträger übertragen."
Rz. 4
In dem Ausgliederungs- und Übernahmevertrag vom 12.12.2007 zwischen der Beklagten und der Streitverkündeten heißt es u.a. wie folgt:
"§ 1 Ausgliederung A. (= Beklagte) als übertragender Rechtsträger überträgt im Wege der Ausgliederung zur Aufnahme gem. § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG den in § 4 dieses Vertrags spezifizierten Teil ihres Vermögens mit allen Rechten und Pflichten als Gesamtheit auf die A. D. V. (= Streitverkündete) als übernehmenden Rechtsträger ... (Ausgliederung zur Aufnahme). ... § 4 Auszugliederndes Vermögen (1) Das auszugliedernde Vermögen besteht aus a) allen Vertreterverhältnissen der A. (= Beklagte) mit haupt- und nebenberuflichen Versicherungsvertretern gem. §§ 84, 92 HGB, die im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Ausgliederung durch Eintragung im Handelsregister der A. (= Beklagte) bestehen, also einschließlich solcher Vertreterverhältnisse, die erst nach dem Ausgliederungsstichtag begründet werden ..."
Rz. 5
Gemäß § 2 dieses Vertrags erfolgt die Übertragung des in § 4 spezifizierten Vermögens im Verhältnis zwischen Beklagter und Streitverkündeter mit Wirkung zum 1.7.2007. Gemäß § 6 dieses Vertrages ist Stichtag für die wirtschaftliche Abgrenzung der 31.12.2007/1.1.2008.
Rz. 6
Die Streitverkündete legte dem Kläger eine "Überleitungsvereinbarung" vor, durch welche der Kläger unter Aufhebung seines zuvor mit der Beklagten geschlossenen Vertrages einen neuen Vertrag mit der Streitverkündeten schließen sollte. Dies lehnte der Kläger ab. Ab dem 1.1.2008 bekam der Kläger Geschäftspartnerabrechnungen durch die Streitverkündete übersandt. Mit Schreiben vom 24.6.2009 kündigte diese den Vertrag mit dem Kläger zum 31.12.2009. Der Kläger wies die Kündigung mangels Vollmachtsnachweises zurück. Mit Schreiben vom 5.10.2009 stellte die Streitverkündete den Kläger von der Agenturtätigkeit frei und untersagte ihm, für "unser Haus" tätig zu werden. Mit anwaltlichem Schreiben vom 15.10.2009 erklärte der Kläger unter Bezugnahme auf die vorgenommene Freistellung die fristlose Kündigung des Handelsvertretervertrages gegenüber der Streitverkündeten. Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.10.2009 erklärte der Kläger außerdem die fristlose Kündigung des Handelsvertretervertrags gegenüber der Beklagten.
Rz. 7
Der Kläger forderte die Beklagte ebenso wie die Streitverkündete zur Zahlung des geltend gemachten Handelsvertreterausgleichs auf. Die Beklagte verweigerte dies mit Schreiben vom 17.2.2010 unter Hinweis darauf, dass nicht mehr die Beklagte, sondern die Streitverkündete Ansprechpartner des Klägers sei.
Rz. 8
Der Kläger hat in erster Instanz Zahlung von Schadensersatz und Zahlung von Ausgleich nach § 89b HGB verlangt. Das LG hat die Klage abgewiesen.
Rz. 9
Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auf Ausgleichszahlung nach § 89b HGB dem Grunde nach für gerechtfertigt erachtet und die Abweisung der auf Zahlung von Schadensersatz gerichteten Klage bestätigt. Die Revision hat das Berufungsgericht mit der Begründung zugelassen, dass eine höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage, ob der Ausgleichsanspruch des Handels- bzw. Versicherungsvertreters bereits im Vertragsverhältnis angelegt sei und damit eine gesamtschuldnerische Haftung des ausgliedernden Rechtsträgers gegeben sei, fehle.
Rz. 10
Beide Parteien haben Revision eingelegt. Der Senat hat die Revision des Klägers als unzulässig verworfen und dessen vorsorglich eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen. Die Beklagte hat Revision mit dem Ziel eingelegt, das Berufungsurteil aufzuheben, soweit es zu ihrem Nachteil ergangen ist.
Entscheidungsgründe
Rz. 11
Die Revision der Beklagten ist mit der im Tenor enthaltenen Maßgabe unbegründet.
I.
Rz. 12
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in juris veröffentlicht ist, führt, soweit für die Revision der Beklagten von Interesse, im Wesentlichen aus, der Kläger habe dem Grunde nach einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung eines Ausgleichs nach §§ 92 Abs. 2, 89b HGB.
Rz. 13
Das mit der Beklagten begründete Vertragsverhältnis sei durch die Ausgliederung und Übertragung des Vertriebs gemäß Vertrag vom 12.12.2007 nach §§ 123, 131 UmwG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Streitverkündete übergegangen.
Rz. 14
Das Vertragsverhältnis sei durch die Kündigung der Streitverkündeten gemäß Schreiben vom 24.6.2009 zum Wirkungszeitpunkt 31.12.2009 beendet worden.
Rz. 15
Dass der Kläger am 15.10.2009 eine außerordentliche Kündigung erklärt habe, verhindere das Entstehen eines Ausgleichsanspruchs nicht. Denn der Ausschlusstatbestand des § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB sei nicht gegeben. Die Kündigung des Klägers sei nicht etwa deswegen ungerechtfertigt gewesen, weil ihm ggf. das Zuwarten bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist oder bis zum 31.12.2009 habe zugemutet werden können. Entscheidend sei insoweit nur, dass der Handelsvertreter gekündigt habe, auf die Art der Kündigung komme es nicht an. Die Streitverkündete habe dem Kläger Anlass zur Kündigung gegeben, § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB. Allein die einseitige, vertragswidrige Freistellung des Klägers, die mit Schreiben der Streitverkündeten vom 5.10.2009 erklärt worden sei, habe dessen Kündigung gerechtfertigt. Der Kläger habe die vertragswidrige Freistellung durch die Streitverkündete auch als Begründung für seine Kündigung genommen und diese unverzüglich am 15.10.2009 erklärt, nachdem die Streitverkündete die Freistellung mit Schreiben vom 5.10.2009 ausgesprochen gehabt habe.
Rz. 16
Für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB im Zusammenhang mit der Kündigung der Streitverkündeten sei nichts vorgetragen und nichts ersichtlich.
Rz. 17
Die Jahresfrist nach § 89b Abs. 4 HGB habe der Kläger mit seinem an die Streitverkündete gerichteten Schreiben vom 8.3.2010 gewahrt.
Rz. 18
Die Beklagte hafte neben der Streitverkündeten für die Verpflichtungen aus dem Agenturvertrag als Gesamtschuldnerin. Dies folge aus § 133 Abs. 1 UmwG, der eine solche Haftung für diejenigen Verbindlichkeiten des übertragenden Rechtsträgers anordne, welche vor dem Wirksamwerden der Spaltung begründet worden seien. Erforderlich für die gesamtschuldnerische Haftung sei lediglich, dass der Rechtsgrund für die Verbindlichkeit vor dem maßgebenden Zeitpunkt gelegt worden sein müsse. Vertragliche Ansprüche seien begründet, wenn der Vertragsschluss vor dem maßgeblichen Zeitpunkt liege. Auch Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen seien erfasst, die bereits vor dem maßgeblichen Zeitpunkt begründet worden seien, selbst wenn der Einzelanspruch erst danach entstehe. Bei dem Agenturverhältnis handele es sich um ein Dauerschuldverhältnis. Der Rechtsgrund für den Ausgleichsanspruch sei bereits mit der Begründung des Vertragsverhältnisses gelegt worden. Der Ausgleichsanspruch entstehe zwar erst mit der Kündigung, was einer Haftung der Beklagten auch hierfür aber gerade nicht entgegenstehe. Er sei vielmehr ein zukünftiger Anspruch, dessen Inhalt bereits bestimmbar sei und der deswegen auch schon vor Beendigung des Vertrages abgetreten werden könne. Dieser Anspruch finde seinen Rechtsgrund im Vertragsverhältnis, der bereits vor dem maßgeblichen Zeitpunkt der Registereintragung gelegt gewesen sei.
Rz. 19
Die Beklagte sei auch nicht nach § 133 Abs. 3 UmwG enthaftet.
Rz. 20
Die Voraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils lägen vor. Der Kläger habe dargetan, dass ihm ein Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte in irgendeiner Höhe zustehe. Der Kläger habe seinen Anspruch zwar bislang zur Höhe nicht hinreichend dargetan. Der Kläger habe aber mit der Inbezugnahme einer Berechnung nach den zwischen den Spitzenverbänden vereinbarten "Grundsätzen zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs" jedenfalls dargetan, dass ihm rechnerisch noch ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte zustehe. Dies werde daneben gestützt durch die vorläufige Berechnung der Beklagten zum 31.12.2006, die einen Ausgleichsanspruch in erheblicher Höhe ausgewiesen habe.
II.
Rz. 21
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung mit der im Tenor enthaltenen Maßgabe stand.
Rz. 22
1. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist es, dass das Berufungsgericht die Voraussetzungen eines Ausgleichsanspruchs gem. § 89b HGB bejaht und die Beklagte bezüglich dieses Anspruchs für passivlegitimiert erachtet hat.
Rz. 23
a) Im Ausgangspunkt hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass das mit der Beklagten begründete Agenturverhältnis durch die Ausgliederung gemäß dem Ausgliederungs- und Übertragungsvertrag vom 12.12.2007 in Verbindung mit der Registereintragung vom 27.12.2007 auf die Streitverkündete übergegangen ist, der dieses Vertragsverhältnis als übernehmendem Rechtsträger in dem genannten Vertrag zugewiesen worden ist, § 131 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Ausgliederungs- und Übertragungsvertrags vom 12.12.2007 dahingehend, dass das Agenturverhältnis zu den in § 4 (1) a) genannten Vertreterverhältnissen der Beklagten mit haupt- und nebenberuflichen Versicherungsvertretern gem. §§ 84, 92 HGB und damit zum auszugliedernden Vermögen gehört, lässt revisionsrechtlich beachtliche Rechtsfehler nicht erkennen. Die Parteien erinnern in der Revisionsinstanz hiergegen auch nichts.
Rz. 24
Der Übergang des Agenturverhältnisses im Streitfall gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG wird durch den möglicherweise persönlichen Charakter des Anspruchs auf die Leistungen des Klägers ebenso wenig gehindert wie durch den Umstand, dass das Agenturverhältnis zuvor möglicherweise auf einer besonderen Vertrauensgrundlage zwischen Kläger und Beklagter beruhte. Allerdings gilt für das Verhältnis zwischen Unternehmer und Handelsvertreter nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich § 613 Satz 2 BGB (BGH, Urt. v. 12.11.1962 - VII ZR 223/61, NJW 1963, 100, 101, juris Rz. 17, m.w.N.). Nach der daraus resultierenden dispositiven Auslegungsregel, die dem Schutz des Handelsvertreters dient, ist der Anspruch des Unternehmers auf die Leistungen des Handelsvertreters unübertragbar (vgl. BGH, Urt. v. 12.11.1962 - VII ZR 223/61, a.a.O., 101, juris Rz. 17 ff.). Es kann im vorliegenden Zusammenhang dahinstehen, ob diese Auslegungsregel auch im Verhältnis zwischen Kläger und Beklagter anwendbar ist oder ob die Parteien Abweichendes vereinbart haben. Vom Übergang gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG ausgenommen bleiben nur höchstpersönliche Rechte und Pflichten (so ausdrücklich im Zusammenhang mit der Aufhebung von § 132 UmwG a.F. BT-Drucks. 16/2919, 19; differenzierend Teichmann in Lutter, UmwG, 5. Aufl., § 131 Rz. 58; vgl. auch BGH, Urt. v. 21.2.2014 - V ZR 164/13, BGHZ 200, 221 Rz. 17, zur entsprechenden Problematik bei der Gesamtrechtsnachfolge gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Solche Rechte und Pflichten stellen die Rechte und Pflichten aus einem Versicherungsvertreterverhältnis wie dem hier zu beurteilenden Agenturverhältnis im Hinblick darauf, dass § 613 Satz 2 BGB lediglich eine Auslegungsregel enthält und dass die Vertragsparteien eines Handelsvertretervertrags von § 613 Satz 2 BGB Abweichendes vereinbaren können, nicht dar.
Rz. 25
Der Übergang des Agenturverhältnisses gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG wird auch nicht durch die fehlende Zustimmung des Klägers hierzu gehindert.
Rz. 26
Ein Widerspruchsrecht gem. § 613a Abs. 6 BGB, das gem. § 324 UmwG durch die Wirkungen einer Ausgliederung an sich unberührt bleibt, steht dem Kläger jedenfalls mangels Arbeitnehmereigenschaft nicht zu.
Rz. 27
b) Ob und inwieweit sich ein Vertragspartner des übertragenden Rechtsträgers gegen den durch einen Übergang gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG eingetretenen Wechsel des Vertragspartners etwa durch Kündigung wehren kann, ergibt sich aus den insoweit geltenden allgemeinen Vorschriften (vgl. BT-Drucks. 16/2919, 19). Im Streitfall braucht nicht entschieden zu werden, ob und unter welchen Umständen der gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG eingetretene Übergang eines (Dauer-)Schuldverhältnisses, insb. eines solchen, das auf einer besonderen Vertrauensgrundlage beruht, den Vertragspartner des übertragenden Rechtsträgers zur außerordentlichen Kündigung des Vertragsverhältnisses gegenüber dem übernehmenden Rechtsträger berechtigen kann (vgl. dazu Schröer, FS für Maier-Reimer, 2010, S. 657, 666 ff.; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 6. Aufl., § 131 UmwG Rz. 64). Ferner kann offen bleiben, ob der Übergang des Agenturverhältnisses gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung seitens des Klägers bildet (vgl. Schröer, FS für Maier-Reimer, a.a.O., S. 666 ff.; vgl. ferner Westphal, BB 1999, 2517, 2519, zur Umwandlung auf Handelsvertreterseite). Denn der Kläger hat eine derartige Kündigung gegenüber der Streitverkündeten nicht in angemessener Zeit (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.2011 - VIII ZR 212/08, NJW 2011, 3361 Rz. 19) nach dem Wirksamwerden der Ausgliederung erklärt. Darin, dass er die rechtsirrige Ansicht vertreten hat, die Beklagte sei auch nach der Ausgliederung seine Vertragspartnerin geblieben, liegt keine Kündigung des Agenturvertrags gegenüber der Streitverkündeten.
Rz. 28
c) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist es ferner, dass das Berufungsgericht angenommen hat, das Agenturverhältnis sei mit Wirkung zum 31.12.2009 durch die von der Streitverkündeten mit Schreiben vom 24.6.2009 erklärte Kündigung (Wirkungszeitpunkt: 31.12.2009) beendet worden.
Rz. 29
aa) Aufgrund des Übergangs des Agenturverhältnisses gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG ist auf die Streitverkündete auch die Zuständigkeit zur Kündigung des Agenturverhältnisses übergegangen (vgl. Kallmeyer/Sickinger in Kallmeyer, UmwG, 5. Aufl., § 131 Rz. 9).
Rz. 30
bb) Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die vorstehend genannte Kündigung nicht wegen unverzüglicher Zurückweisung durch den Kläger nach § 174 Satz 1 BGB unwirksam ist, weil eine solche Zurückweisung nach den getroffenen Feststellungen nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen ist.
Rz. 31
(1) Nach § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte, § 174 Satz 2 BGB. Das Inkenntnissetzen kann auch konkludent geschehen (vgl. BAG NZA 2006, 980 Rz. 36; Schramm in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 174 Rz. 8; Maier-Reimer in Erman, BGB, 14. Aufl., § 174 Rz. 9).
Rz. 32
(2) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Zurückweisung gem. § 174 Satz 2 BGB gegenüber der Kündigung gemäß Kündigungsschreiben vom 24.6.2009 ausgeschlossen. Mit dem Anschreiben vom 24.6.2009, das dem Kläger nach den unangefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts gemeinsam mit dem ebenfalls vom 24.6.2009 datierenden Kündigungsschreiben vor dem 30.6.2009 zugegangen ist, ist der Kläger konkludent davon in Kenntnis gesetzt worden, dass die beiden Prokuristen, die das Kündigungsschreiben unterschrieben haben, von der Streitverkündeten zur Kündigung bevollmächtigt waren. Denn in dem Anschreiben vom 24.6.2009, das zwei vertretungsberechtigte Vorstandsmitglieder der Streitverkündeten unterschrieben haben, wird ausdrücklich auf das beigefügte Kündigungsschreiben Bezug genommen. Soweit das Berufungsgericht bei der Bejahung der Voraussetzungen des § 174 Satz 2 BGB ausgeführt hat, das Anschreiben vom 24.6.2009 enthalte die Genehmigung der Kündigung, geht dies allerdings teilweise fehl. Bei dem Anschreiben vom 24.6.2009 handelt es sich nicht um eine Genehmigung im Sinne einer nachträglichen Zustimmung, § 184 Abs. 1 BGB, zu einer - was unzulässig wäre (vgl. § 180 Satz 1 BGB) - ohne Vertretungsmacht im Namen der Streitverkündeten erklärten Kündigung. Vielmehr ist das mit diesem Anschreiben bewirkte Inkenntnissetzen i.S.d. § 174 Satz 2 BGB nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zusammen mit dem Zugang des Kündigungsschreibens erfolgt.
Rz. 33
d) Revisionsrechtlich unbedenklich ist auch, dass das Berufungsgericht einen Ausschlusstatbestand gem. § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB, auf den § 89b Abs. 5 HGB verweist, verneint hat.
Rz. 34
aa) Der Ausgleichsanspruch besteht nach § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB nicht, wenn der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis gekündigt hat, es sei denn, dass ein Verhalten des Unternehmers hierzu begründeten Anlass gegeben hat oder dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder seiner Krankheit nicht zugemutet werden kann. Der Begriff des Verhaltens des Unternehmers ist weit auszulegen (vgl. BGH, Urt. v. 13.3.1969 - VII ZR 174/66, BGHZ 52, 5, 8, juris Rz. 14; Urt. v. 28.11.1975 - I ZR 138/74, NJW 1976, 671, juris Rz. 20; jeweils zu § 89b Abs. 3 Satz 1 HGB a.F., der Vorläufervorschrift von § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB). In der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt, dass an den "begründeten Anlass" i.S.v. § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB weniger strenge Anforderungen als an den des "wichtigen Grundes" (§ 89a Abs. 1 HGB) zu stellen sind, so dass hierfür auch ein unverschuldetes oder sogar rechtmäßiges Verhalten des Unternehmers genügen kann (vgl. BGH, Beschl. v. 21.2.2006 - VIII ZR 61/04, NJW-RR 2006, 755 Rz. 7; Urt. v. 13.12.1995 - VIII ZR 61/95, NJW 1996, 848, 849, juris Rz. 7 m.w.N.). Da die beiden Begriffe sich nicht decken, kann ein Handelsvertreter im Einzelfall einen begründeten Anlass zur - ordentlichen - Kündigung haben und deshalb den Ausgleichsanspruch behalten, aber gleichwohl nicht zur fristlosen Kündigung befugt sein, weil ihm ein wichtiger Grund hierfür nicht zuzubilligen ist, insb. weil ihm eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses wenigstens bis zur Beendigung durch ordentliche Kündigung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urt. v. 7.6.1984 - I ZR 50/82, BGHZ 91, 321, 323, juris Rz. 12; Beschl. v. 21.2.2006 - VIII ZR 61/04, a.a.O., Rz. 10). Erforderlich, aber auch ausreichend ist für einen begründeten Anlass i.S.v. § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB, dass durch das Verhalten des Unternehmers eine für den Handelsvertreter nach Treu und Glauben nicht mehr hinnehmbare Situation geschaffen wird (vgl. BGH, Beschl. v. 21.2.2006 - VIII ZR 61/04, a.a.O., Rz. 7). Die Bewertung des in Frage kommenden Unternehmerverhaltens als begründeter Anlass für die Kündigung durch den Handelsvertreter ist im Wesentlichen tatsächlicher Natur und deshalb vom Revisionsgericht nur beschränkt überprüfbar (BGH, Beschl. v. 21.2.2006 - VIII ZR 61/04, a.a.O., Rz. 7 m.w.N.).
Rz. 35
bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Würdigung des Berufungsgerichts, dass die Streitverkündete dem Kläger durch die Freistellung gemäß Schreiben vom 5.10.2009 begründeten Anlass (§ 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB) zur Kündigung gegeben hat, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Vertragsparteien haben keine Regelung zur Freistellung des Klägers für die Vertragsrestlaufzeit vereinbart. Insbesondere ist keine Vereinbarung getroffen worden, nach der der Kläger im Falle der Kündigung der Gegenseite gegen Belassung von Folgeprovisionen und Erhalt einer Ausgleichszahlung hätte freigestellt werden dürfen (vgl. zu einer derartigen Vertragsklausel BGH, Urt. v. 29.3.1995 - VIII ZR 102/94, BGHZ 129, 186 f., juris Rz. 2 ff.). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist dem Kläger eine solche Ausgleichszahlung auch nicht einseitig für den Fall der Freistellung zugesagt worden. Die von der Revision der Beklagten in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet, § 564 Satz 1 ZPO. Es kann im vorliegenden Zusammenhang dahinstehen, ob eine einseitige Freistellung des gekündigten Handelsvertreters, wie das Berufungsgericht angenommen hat, grundsätzlich unzulässig ist (vgl. Wauschkuhn in Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 HGB Rz. 109; MünchKomm/HGB/von Hoyningen-Huene, 3. Aufl., § 89 Rz. 66; Thume in Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Vertriebsrechts, Band 1, 4. Aufl., Kap. VIII Rz. 99 f.). Jedenfalls ist die Würdigung des Berufungsgerichts, dass die Streitverkündete dem Kläger durch die ohne finanzielle Entschädigung erfolgte Freistellung gemäß Schreiben vom 5.10.2009 begründeten Anlass (§ 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB) zur Kündigung gegeben hat, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine Freistellung kann zu einer Reduzierung des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB führen (vgl. Gräfe, ZVertriebsR 2013, 362, 363). Denn ein gekündigter Versicherungsvertreter, der während der Freistellungsphase nicht für den Versicherungsunternehmer tätig werden darf, ist gehindert, für diesen weitere - ausgleichsrelevante - Versicherungsverträge bis zur Vertragsbeendigung zu vermitteln.
Rz. 36
e) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht ferner angenommen, dass es sich bei der Verbindlichkeit nach § 89b HGB um eine Verbindlichkeit i.S.d. § 133 Abs. 1 Satz 1 UmwG handelt, für die die Beklagte als übertragender Rechtsträger haftet. Dem steht entgegen der Auffassung der Revision nicht entgegen, dass der Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB erst mit der - im Streitfall nach dem Wirksamwerden der Ausgliederung herbeigeführten - rechtlichen Beendigung des Vertreterverhältnisses entsteht (vgl. BGH, Urt. v. 23.11.2011 - VIII ZR 203/10, NJW-RR 2012, 674 Rz. 23 = ZVertriebsR 2012, 110; Urt. v. 29.3.1990 - I ZR 289/88, juris Rz. 14; Urt. v. 29.3.1990 - I ZR 2/89, NJW 1990, 2889, juris Rz. 14 m.w.N.).
Rz. 37
aa) Für die Begründung einer Verbindlichkeit i.S.d. § 133 Abs. 1 Satz 1 UmwG reicht es aus, wenn der Rechtsgrund für die Entstehung der Forderung vor dem Wirksamwerden der Ausgliederung gelegt wurde (vgl. BAG NZA 2015, 106 Rz. 48, zur Abspaltung; vgl. ferner BAGE 145, 163 Rz. 23, zur Haftung des Einzelkaufmanns nach § 156 UmwG bei einer Ausgliederung). Vertragliche Ansprüche sind in diesem Sinne regelmäßig begründet, wenn der Vertrag vor dem Wirksamwerden der Ausgliederung geschlossen wurde (vgl. Kallmeyer/Sickinger in Kallmeyer, UmwG, 5. Aufl., § 133 Rz. 8; Simon in KK-UmwG, § 133 Rz. 22 f.; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, a.a.O., § 133 UmwG Rz. 11). Dies gilt auch bei Dauerschuldverhältnissen; bei diesen wird der Rechtsgrund für die einzelnen daraus resultierenden Verbindlichkeiten bereits in dem ggf. vor dem Wirksamwerden der Ausgliederung geschlossenen Vertrag gelegt. Solche Verbindlichkeiten sind i.S.v. § 133 Abs. 1 UmwG begründet, auch wenn die weiteren Voraussetzungen ihres Entstehens erst nach dem Wirksamwerden der Ausgliederung erfüllt werden (vgl. BAGE 145, 163 Rz. 23; BAG NZA 2015, 106 Rz. 48; Maier-Reimer/Seulen in Semler/Stengel, UmwG, 3. Aufl., § 133 Rz. 21; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, a.a.O., § 133 UmwG Rz. 11; Simon in KK-UmwG, a.a.O., § 133 Rz. 23; vgl. zur entsprechenden Problematik bei § 160 HGB: BGH, Urt. v. 17.1.2012 - II ZR 197/10, NZG 2012, 221 Rz. 14; BAGE 110, 372, 375, juris Rz. 17; BGH, Urt. v. 29.4.2002 - II ZR 330/00, BGHZ 150, 373, 376, juris Rz. 13; BGH, Urt. v. 27.9.1999 - II ZR 356/98, BGHZ 142, 324, 329, juris Rz. 15).
Rz. 38
bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Ausgleichsverbindlichkeit nach § 89b HGB im Streitfall vor dem Wirksamwerden der Ausgliederung begründet worden, weshalb es sich bei der Ausgleichsverbindlichkeit um eine Verbindlichkeit i.S.d. § 133 Abs. 1 UmwG handelt. Diese Verbindlichkeit resultiert aus dem vor dem Wirksamwerden der Ausgliederung geschlossenen Agenturvertrag, bei dem es sich um ein Dauerschuldverhältnis handelt. Nicht erforderlich für die Haftung nach § 133 Abs. 1 UmwG ist, dass der Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Ausgliederung bereits entstanden war (vgl. BAG NZA 2015, 106 Rz. 48, zur Abspaltung). Dass der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters im Einzelfall nicht entsteht, wenn etwa eine der materiellen Voraussetzungen des § 89b HGB nicht gegeben ist oder wenn einer der in § 89b Abs. 3 HGB genannten Ausschlusstatbestände erfüllt ist (vgl. BGH, Beschl. v. 4.12.2013 - XII ZB 534/12, NJW 2014, 625 Rz. 27), ändert nichts daran, dass der Rechtsgrund für die Entstehung dieses Anspruchs bereits im Handelsvertretervertrag gelegt wurde. Auf die von der Revision der Beklagten in Bezug genommene Behandlung des Ausgleichsanspruchs beim Zugewinnausgleich (vgl. BGH, Beschl. v. 4.12.2013 - XII ZB 534/12, NJW 2014, 625 Rz. 23 ff.; Urt. v. 9.3.1977 - IV ZR 166/75, BGHZ 68, 163, 168 f., juris Rz. 24) kommt es insoweit nicht an.
Rz. 39
f) Der Erlass eines Grundurteils bezüglich des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB ist mit der im Tenor enthaltenen Maßgabe zu bestätigen.
Rz. 40
aa) Ein Grundurteil kann nach § 304 Abs. 1 ZPO ergehen, wenn ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig ist und es nach dem Sach- und Streitstand zumindest wahrscheinlich ist, dass der Anspruch in irgendeiner Höhe besteht (BGH, Urt. v. 24.4.2014 - VII ZR 164/13, BGHZ 201, 32 Rz. 27; st.Rspr.). Die Vorabentscheidung über den Grund des Ausgleichsanspruchs eines Versicherungsvertreters setzt grundsätzlich voraus, dass sämtliche Voraussetzungen des § 89b Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 HGB gegeben sind (vgl. BGH, Urt. v. 4.6.1986 - I ZR 161/84, VersR 1986, 1072 f., juris Rz. 11, m.w.N.). Im Hinblick auf die für den Versicherungsvertreter eröffnete Möglichkeit, die von den Spitzenverbänden der Versicherungswirtschaft und des Versicherungsaußendienstes vereinbarten "Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs" (abgedruckt bei Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Vertriebsrechts, Band 2, 9. Aufl., Anhang, S. 933 ff.; im Folgenden: "Grundsätze") als Grundlage für die Schätzung (§ 287 ZPO) eines Mindestausgleichsbetrags heranzuziehen (vgl. BGH, Urt. v. 23.11.2011 - VIII ZR 203/10, NJW-RR 2012, 674 Rz. 33 ff. = ZVertriebsR 2012, 110), gilt dies jedoch nicht uneingeschränkt, wenn der Versicherungsvertreter von dieser Möglichkeit Gebrauch macht.
Rz. 41
Ausweislich der Präambeln der "Grundsätze-Sach" (Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs [§ 89b HGB], abgedruckt bei Küstner/Thume, a.a.O., S. 933 ff.), der "Grundsätze-Leben" (Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs [§ 89b HGB] für dynamische Lebensversicherungen, abgedruckt bei Küstner/Thume, a.a.O., S. 939 ff.) und der "Grundsätze-Kranken" (Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs [§ 89b HGB] in der privaten Krankenversicherung, abgedruckt bei Küstner/Thume, a.a.O., S. 944 ff.) bedarf es im Falle der Anwendung dieser "Grundsätze" zunächst einer Prüfung der Frage nicht, ob das Versicherungsunternehmen auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat oder ob die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entspricht, weil die "Grundsätze" für den Normalfall davon ausgehen, dass diese Voraussetzungen vorliegen. Entsprechendes gilt bei Heranziehung der "Grundsätze" als Grundlage für die Schätzung (§ 287 ZPO) eines Mindestausgleichsbetrags.
Rz. 42
bb) Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf die von der Beklagten nach den "Grundsätzen" vorgenommene Berechnung des "theoretischen Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB" zum Stichtag 31.12.2006 ist es nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Voraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils mit der Begründung angenommen hat, der Kläger habe mit der Inbezugnahme auf eine Berechnung nach den "Grundsätzen" jedenfalls dargetan, dass ihm rechnerisch noch ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte zustehe.
Rz. 43
cc) Der Erlass eines Grundurteils wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Berufungsgericht den Enthaftungseinwand nach § 133 Abs. 3 UmwG im Hinblick auf die Klageerweiterung i.H.v. 29.673,29 EUR nicht hinreichend geprüft hat.
Rz. 44
(1) Ein Grundurteil darf nach § 304 ZPO in aller Regel nur erlassen werden, wenn alle Fragen, die zum Grunde des Anspruchs gehören, erledigt sind und nach Lage der Sache zumindest wahrscheinlich ist, dass dem Kläger ein Anspruch, wenn auch nicht in der geltend gemachten Höhe, zusteht. Zum Grunde des Anspruchs gehören grundsätzlich auch alle Einwendungen, die den Bestand oder die Durchsetzbarkeit des Klageanspruchs berühren. Das gilt auch für die Einrede der Verjährung, mag sie den Anspruch als solchen auch nicht zerstören. Das Gericht kann daher ein Grundurteil grundsätzlich erst erlassen, wenn es die vom Beklagten erhobene Verjährungseinrede für nicht durchgreifend erachtet. Das gilt aber dann nicht, wenn sich die Verjährungseinrede nur gegen einen Teil des Klageanspruchs richtet und hinsichtlich des übrigen Teils dem Grundsatz genügt ist, dass dem Kläger im Betragsverfahren ein Betrag zuzusprechen sein wird (vgl. BGH, Urt. v. 28.5.1968 - VI ZR 37/67, NJW 1968, 2105 f.).
Rz. 45
(2) Vergleichbar liegt der Fall hier hinsichtlich des Einwands der Enthaftung gem. § 133 Abs. 3 UmwG. Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, dass die Fünfjahresfrist (§ 133 Abs. 3 UmwG) durch die Klageerhebung gemäß Klageschrift vom 7.12.2011 hinsichtlich des ursprünglich geltend gemachten Ausgleichsbetrags i.H.v. 51.823,57 EUR rechtzeitig gehemmt worden ist (§ 133 Abs. 4 UmwG i.V.m. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB), hält dies der rechtlichen Nachprüfung stand. Hinsichtlich des weiteren Ausgleichsbetrags i.H.v. 29.673,29 EUR, den der Kläger erstmals mit Schriftsatz vom 25.1.2013 - zunächst im Wege eines Hilfsantrags - geltend gemacht hat, fehlt es hingegen an hinreichenden Feststellungen für die Beurteilung, ob der Enthaftungseinwand hinsichtlich dieser Erweiterung durchgreift. Die für die Enthaftung maßgebende Fünfjahresfrist beginnt nach § 133 Abs. 4 Satz 1 UmwG mit dem Tage, an dem die Eintragung der Ausgliederung in das Register des Sitzes der Beklagten als des übertragenden Rechtsträgers bekannt gemacht worden ist, § 125 i.V.m. § 19 Abs. 3 UmwG i.V.m. § 10 HGB. Zu diesem für den Fristbeginn maßgebenden Bekanntmachungstag hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Da hinreichend wahrscheinlich ist, dass dem Kläger ein Ausgleichsanspruch in irgendeiner Höhe selbst dann zusteht, wenn der Enthaftungseinwand hinsichtlich des mit Schriftsatz vom 25.1.2013 verlangten weiteren Ausgleichsbetrags i.H.v. 29.673,29 EUR durchgreifen sollte, kann diese Beurteilung einschließlich der Beantwortung der Frage, ob die Fünfjahresfrist hinsichtlich des weiteren Ausgleichsbetrags i.H.v. 29.673,29 EUR unter Berücksichtigung von § 133 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB i.V.m. § 167 ZPO rechtzeitig gehemmt worden ist, dem Betragsverfahren überlassen bleiben.
III.
Rz. 46
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen