Entscheidungsstichwort (Thema)
Leasing. Vorzeitige Vertragsbeendigung. Außerordentliche Kündigung des Leasinggebers. Schuldhafte Veranlassung der Kündigung durch Leasingnehmer. Schadenersatz wegen Nichterfüllung. Ausgleichsanspruch des Leasinggebers. Umsatzsteuer. Steuerbare Leistung. Leistung gegen Entgelt. Gegenseitiger Leistungsaustausch. Innere Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung. Beendigung der vertraglichen Hauptleistungspflicht des Leasinggebers. Ausgleich noch nicht amortisierter Anschaffungs- und Finanzierungskosten
Leitsatz (amtlich)
Es wird daran festgehalten, dass Schadensersatzleistungen, die der Leasingnehmer nach einer von ihm schuldhaft veranlassten außerordentlichen Kündigung des Leasingvertrages zu erbringen hat, ohne Umsatzsteuer zu berechnen sind, weil ihnen eine steuerbare Leistung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) nicht gegenübersteht und der Leasinggeber deshalb Umsatzsteuer auf sie nicht zu entrichten hat (BGH, Urt. v. 11.2.1987 - VIII ZR 27/86, MDR 1987, 664 = CR 1988, 560 = WM 1987, 562 = NJW 1987, 1690).
Nichts anderes gilt für den leasingtypischen Ausgleichsanspruch des Leasinggebers, der auf Ausgleich seines noch nicht amortisierten Gesamtaufwandes zum Zeitpunkt einer ordentlichen Kündigung, einer nicht durch den Leasingnehmer schuldhaft veranlassten außerordentlichen Kündigung oder einer einvernehmlichen vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrages gerichtet ist.
Normenkette
BGB § 535; UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 9; EWGRL 77/388 Art. 2 Nr. 1, Art. 6 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 02.03.2006; Aktenzeichen 12 S 37/05) |
AG Königs Wusterhausen (Urteil vom 05.08.2005; Aktenzeichen 5 C 138/05) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 12. Zivilkammer des LG Potsdam vom 2.3.2006 aufgehoben, soweit das Berufungsgericht auf die Berufung der Klägerin der Klage hinsichtlich weiterer 1.572,88 EUR nebst Zinsen stattgegeben hat, und wie folgt neu gefasst:
Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Urteil des AG Königs Wusterhausen vom 5.8.2005 werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin 7/10, die Beklagte hat 3/10 zu tragen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
[1] Die Klägerin überließ der Beklagten aufgrund eines von dieser am 1.8.2002 beantragten Leasingvertrags ein Neufahrzeug C. B. für die Dauer von 48 Monaten bei einer Gesamtfahrleistung von 40.000 Kilometern und einer Abrechnung von Mehr- oder Minderkilometern zur privaten Nutzung. Die Beklagte hatte monatliche Leasingraten von 256,11 EUR (212,71 EUR zzgl. 16 % Umsatzsteuer und einer Monatsprämie für eine Leasingratenversicherung) an die Klägerin zu leisten. Die von der Klägerin gestellten, in den vorformulierten Leasingvertrag einbezogenen "Allgemeinen Bedingungen" (im Folgenden: AGB) enthalten u.a. folgende Klauseln:
[2] "7. Kündigung und vorzeitige Vertragsbeendigung (1) Vor Ablauf der vereinbarten Leasingzeit ist eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen. ... Das Recht zur fristlosen Kündigung des Leasingvertrages aus wichtigem Grund bleibt hiervon unberührt. Gegen Zahlung eines Betrages in Höhe des Ersatzanspruches gem. Ziff. 7 Abs.(3) kann der Leasingnehmer bei Untergang, Verlust (Diebstahl) oder unfallbedingten Reparaturkosten von mehr als 2/3 des Zeitwertes des Fahrzeuges durch schriftliche Erklärung ggü. dem Leasinggeber eine vorzeitige Beendigung des Leasingvertrages zum nächsten Leasingratenfälligkeitsdatum verlangen. (2) Der Leasinggeber kann den Leasingvertrag insb. fristlos kündigen: ... e) bei Untergang, Verlust (Diebstahl) oder Totalschaden des Leasinggegenstandes, ... (3) Im Falle der vorzeitigen Kündigung oder im Falle der vorzeitigen Beendigung des Vertrages wegen Totalschadens des Fahrzeuges sowie in allen anderen Fällen einer vorzeitigen Vertragsbeendigung hat der Leasinggeber gegen den Leasingnehmer einen Anspruch auf Ersatz des Schadens, der dem Leasinggeber durch das vorzeitige Vertragsende entsteht. Dieser Ersatzanspruch berechnet sich aus den zum Zeitpunkt der vorzeitigen Vertragsauflösung bis zum Ablauf der zunächst vertraglich vereinbarten Leasingzeit noch ausstehenden abgezinsten Leasingraten zzgl. des ebenfalls abgezinsten Wertes des Fahrzeuges bei Rückgabe in vertragsgemäßen Zustand nach Ablauf der zunächst vertraglich vereinbarten Leasingzeit sowie abzgl. des tatsächlichen Rückgabewertes bzw. eines höheren Verkaufserlöses des zurückgegebenen Fahrzeuges zzgl. einer Bearbeitungsgebühr für die vorzeitige Auflösung des Vertrages i.H.v. 100 EUR sowie zzgl. etwaiger Schätzkosten, Mahnkosten und Besuchsgebühren, es sei denn, der Leasingnehmer weist nach, dass dem Leasinggeber ein Schaden in dieser Höhe überhaupt nicht oder nur in wesentlich geringerer Höhe entstanden ist. ..."
[3] Die Beklagte verursachte Ende März 2004 einen Verkehrsunfall, bei dem an dem Leasingfahrzeug ein wirtschaftlicher Totalschaden entstand. Mit Schreiben vom 17.6.2004 erklärte die Klägerin wegen des Totalschadens die Kündigung des Leasingvertrags und erteilte der Beklagten unter Hinweis auf ihre AGB eine Abrechnung, in der sie ihre Forderung auf 2.918,82 EUR bezifferte.
[4] Mit ihrer Klage hat die Klägerin von der Beklagten Zahlung von 2.598,11 EUR nebst Zinsen und Mahnkosten verlangt. Der Klageforderung liegen u.a. 28 abgezinste Netto-Leasingraten von 212,71 EUR (5.638,80 EUR) und der abgezinste fiktive Restwert des Fahrzeugs nach Ablauf der Vertragsdauer (4.864,13 EUR) abzgl. des tatsächlichen Restwerts bei Rückgabe (672,41 EUR) zugrunde. Diesen Abrechnungsposten von insgesamt 9.830,52 EUR hat die Klägerin 16 % Umsatzsteuer (1.572,88 EUR) hinzugesetzt und erhaltene Versicherungsleistungen abgezogen.
[5] Das AG hat der Klage i.H.v. 745,23 EUR nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das LG unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils der Klage i.H.v. weiteren 1.572,88 EUR, mithin insgesamt 2.318,11 EUR nebst Zinsen stattgegeben; die weitergehende Berufung der Klägerin sowie die Anschlussberufung der Beklagten hat das LG zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
[6] Die Revision der Beklagten hat Erfolg.
I.
[7] Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
[8] Der Klägerin stehe hinsichtlich der Ausgleichszahlung ein Anspruch auf Umsatzsteuer i.H.v. 1.572,88 EUR zu. Nach der neueren Rechtsprechung des BGH komme es auf die rechtliche Einordnung des Anspruchs als Schadensersatzleistung, auf die der BGH früher abgestellt habe, nicht allein und ausschlaggebend an. Danach stelle eine Forderung auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach § 326 BGB a.F. einen steuerbaren Umsatz i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes dar, soweit mit ihr als Schaden die infolge des Schadensersatzverlangens untergegangene Vergütungsforderung für tatsächlich erbrachte Leistungen verfolgt werde. Dies sei hier der Fall. Sowohl die untergegangene Vergütungsforderung als auch die an ihre Stelle getretene Ausgleichszahlung seien dazu bestimmt, die Vollamortisation herbeizuführen, das heiße der Leasinggeberin die Leistung zurückzugeben, mit der sie durch Anschaffung und Finanzierung der Leasingsache in Vorlage getreten sei. Die Ausgleichsforderung des Leasinggebers bestehe in Höhe seiner bis zum Kündigungszeitpunkt noch nicht amortisierten Kosten und sei - nach Anrechnung aller dem Leasinggeber aufgrund der vorzeitigen Vertragsbeendigung zufließenden Vorteile - mit der untergegangenen Vergütungsforderung für tatsächlich erbrachte Leistungen identisch. Dass die Pflicht des Leasinggebers zur Gebrauchsüberlassung mit der außerordentlichen Kündigung des Leasingvertrags entfalle und der Verpflichtung des Leasingnehmers zur Ausgleichszahlung keine entsprechende Leistungspflicht des Leasinggebers (mehr) gegenüberstehe, ändere nach den Grundsätzen der neueren Rechtsprechung des BGH an der steuerrechtlichen Einordnung der Ausgleichszahlung als steuerpflichtiges Entgelt nichts. Die Ausgleichszahlung stehe in ursächlichem Zusammenhang mit der - bereits erbrachten - Leistung des Leasinggebers. Sie solle die noch nicht amortisierte und in der Leasingsache verkörperte Leistung des Leasinggebers (Anschaffungsaufwand, Finanzierungskosten) an den Leasingnehmer absichern.
II.
[9] Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
[10] Mit Schreiben vom 17.6.2004 hat die Klägerin der Beklagten wegen des wirtschaftlichen Totalschadens an dem Leasingfahrzeug, der bei dem von der Beklagten verursachten Verkehrsunfall entstanden ist, gem. Nr. 7 Abs. 2 Buchst. e AGB die fristlose Kündigung des Leasingvertrags erklärt und eine Abrechnung erteilt. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch die Frage, ob die Beklagte der Klägerin auf den gemäß der Abrechnung zu zahlenden, nach Grund und Höhe nicht mehr streitigen Nettobetrag, der sich aus den abgezinsten Netto-Leasingraten für die vereinbarte Vertragslaufzeit (5.638,80 EUR) und dem abgezinsten (hypothetischen) Restwert des Fahrzeugs bei Rückgabe in ordnungsgemäßem Zustand nach Ablauf der Vertragsdauer (4.864,13 EUR) abzgl. des tatsächlichen Restwerts bei Rückgabe (672,41 EUR) zusammensetzt und insgesamt 9.830,52 EUR beträgt, Umsatzsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG i.H.v. 1.572,88 EUR zu erstatten hat. Diese Frage ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts schon deswegen zu verneinen, weil die Klägerin selbst insoweit keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen hat.
[11] 1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Sonstige Leistungen sind gem. § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG Leistungen, die keine Lieferungen sind. Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer bei Lieferungen und sonstigen Leistungen ist das vereinbarte Entgelt (§ 10 Abs. 1 Satz 1 UStG). Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzgl. der Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Diese Vorschriften beruhen auf den Bestimmungen der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (ABl. EG Nr. L 145 vom 13.6.1977, S. 1). Gemäß deren Art. 2 Nr. 1 unterliegen der Mehrwertsteuer Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt. Als Dienstleistung gilt nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie jede Leistung, die keine Lieferung eines Gegenstands i.S.d. Art. 5 ist. Besteuerungsgrundlage ist bei Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen gem. Art. 11 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll.
[12] Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften wird eine Leistung nur dann i.S.v. Art. 2 Nr. 1 der oben bezeichneten Richtlinie gegen Entgelt erbracht, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Leistung bildet (Urt. v. 3.3.1994 - Rs. C-16/93 (Tolsma), Slg. 1994, I S. 743, Rz. 14 = NJW 1994, 1941, 1942; Urt. v. 5.6.1997 - Rs. C-2/95 (SDC), Slg. 1997, I 3017, Rz. 45; Urt. v. 26.6.2003 - Rs. C-305/01 (MKG), Slg. 2003, I 6729, Rz. 47). Dem haben sich der BFH (BFHE 182, 413, 415; 184, 137, 139; BFH v. 19.10.2001 - V R 75/98, UR 2002, 217, 218, m.w.N.; BFH DStRE 2003, 681, 682, m.w.N.) und der BGH (Urt. v. 3.11.2005 - IX ZR 140/04, BGHReport 2006, 258 = MDR 2006, 593 = WM 2005, 2399 = NJW-RR 2006, 189, unter II 1b) angeschlossen.
[13] Danach sind sog. Entschädigungen oder Schadensersatzzahlungen kein Entgelt im Sinne des Umsatzsteuerrechts, wenn die Zahlung nicht für eine Lieferung oder sonstige Leistung an den Zahlenden erfolgt, sondern weil der Zahlende nach Gesetz oder Vertrag für einen Schaden und seine Folgen einzustehen hat (BFH/NV 1999, 987, 989; BFH DStRE 2003, 681, 682). Die Entscheidung darüber, ob es sich steuerrechtlich um nicht umsatzsteuerpflichtigen echten Schadensersatz oder um eine steuerbare sonstige Leistung handelt, hängt davon ab, ob die Zahlung mit einer Leistung des Steuerpflichtigen in Wechselbeziehung steht, ob also ein Leistungsaustausch stattgefunden hat. Grundlage des Leistungsaustauschs ist dabei eine innere Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung. Maßgebend ist der tatsächliche Geschehensablauf. Lässt dieser erkennen, dass die "Ersatzleistung" die Gegenleistung für eine empfangene Lieferung oder sonstige Leistung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG darstellt, liegt keine nichtsteuerbare Schadensersatzleistung, sondern steuerpflichtiges Entgelt vor (BGH, Urt. v. 3.11.2005, a.a.O., unter II 1c m.w.N.).
[14] 2. In Übereinstimmung damit hat der Senat entschieden, dass Schadensersatzleistungen, die der Leasingnehmer nach außerordentlicher Kündigung des Leasingvertrages zu erbringen hat, ohne Umsatzsteuer zu berechnen sind, weil ihnen - infolge der durch die Kündigung des Leasingvertrages bewirkten Beendigung der vertraglichen Hauptleistungspflicht des Leasinggebers - eine steuerbare Leistung i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG nicht gegenübersteht und der Leasinggeber deshalb Umsatzsteuer auf sie nicht zu entrichten hat (Urt. v. 11.2.1987 - VIII ZR 27/86, BGH v. 11.2.1987 - VIII ZR 27/86, MDR 1987, 664 = CR 1988, 560 = WM 1987, 562 = NJW 1987, 1690; ferner BGH v. 11.5.1988 - VIII ZR 96/87, BGHZ 104, 285, 291 = MDR 1988, 855 = UR 1988, 279; ebenso BGH, Urt. v. 22.10.1997 - XII ZR 142/95, BGH v. 22.10.1997 - XII ZR 142/95, MDR 1998, 94 = WM 1998, 609 = NJW-RR 1998, 803, unter II 1b bb). Dem ist der BFH (BFH v. 24.8.1995 - V R 55/94, BFHE 178, 485, 489 = UR 1996, 235/490) unter Hinweis auf die Auffassung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften (UR 1994, 267) beigetreten. Auch das Schrifttum hat sich der vom Senat vertretenen Auffassung angeschlossen (aus zivilrechtlicher Sicht: Ahlt, UR 2006, 63, 64; Beckmann, Finanzierungsleasing, 3. Aufl., § 8 Rz. 137; Engel, Handbuch Kraftfahrzeug-Leasing, 2. Aufl., § 9 Rz. 131; MünchKomm/BGB/Habersack, 4. Aufl., Leasing Rz. 127; Graf von Westphalen, Der Leasingvertrag, 5. Aufl., Rz. 1194; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl., Rz. 1938; aus steuerrechtlicher Sicht: Husmann in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, Umsatzsteuergesetz (Mehrwertsteuer), § 1 Rz. 406 ff., 439; Klenk, DB 2006, 1180, 1181; Probst in Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, 7. Aufl., E § 1 Abs. 1 Nr. 1 Rz. 310).
[15] Daran ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts (ebenso Müller-Sarnowski, DAR 2002, 485, 494; wohl auch Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rz. 963) festzuhalten. Das vom Berufungsgericht angeführte Urteil des BGH v. 17.7.2001 - X ZR 71/99 (BGH v. 17.7.2001 - X ZR 71/99, UR 2001, 535 = BGHReport 2002, 3 = WM 2001, 2309 = NJW 2001, 3535) rechtfertigt keine andere Beurteilung. Nach dieser Entscheidung ist eine auf Nichterfüllung gestützte Schadensersatzforderung nach § 326 BGB a.F., soweit mit ihr als Schaden die infolge des Schadensersatzverlangens untergegangene Vergütungsforderung für tatsächlich erbrachte werkvertragliche Leistungen verfolgt wird, umsatzsteuerrechtlich der auf die steuerbare Leistung zu stützenden Vergütungsforderung gleich zu erachten und stellt damit selbst einen steuerbaren Umsatz dar (BGH, a.a.O., unter A II 2c; ferner BGH, Urt. v. 3.11.2005, a.a.O.). Um eine derartige Schadensersatzforderung geht es im vorliegenden Zusammenhang indessen nicht.
[16] Der Schadensersatz, den der Leasingnehmer nach einer von ihm schuldhaft veranlassten außerordentlichen Kündigung des Leasingvertrags durch den Leasinggeber zu leisten hat, stellt nicht die Vergütung für eine vom Leasinggeber bereits tatsächlich erbrachte Leistung dar. Steuerpflichtige Leistung des Leasinggebers nach §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 9 UStG ist die Gebrauchsüberlassung der Leasingsache auf Zeit (Senatsurteil vom 11.2.1987, a.a.O., unter 1c). Ist der Vertrag wegen Zahlungsverzugs des Leasingnehmers oder einer anderen Pflichtverletzung des Leasingnehmers gekündigt und die Leasingsache deswegen an den Leasinggeber zurückgegeben oder verwertet worden, ist die vertragliche Hauptleistungspflicht des Leasinggebers beendet. Eine Schadensersatzzahlung, die der Leasingnehmer für den Ausfall seiner Leasingraten zu erbringen hat, steht deshalb nicht mehr im Austauschverhältnis mit einer Leistung des Leasinggebers und begründet für diesen, wie bereits ausgeführt, keinen steuerpflichtigen Umsatz (Senat, a.a.O.). Nichts anderes gilt für die Schadensersatzzahlung, die der Leasingnehmer für den Minderwert der zurückgegebenen Leasingsache zu leisten hat. Daran ändert entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nichts, dass die Schadensersatzzahlung dem Ausgleich der noch nicht amortisierten Anschaffungs- und Finanzierungskosten des Leasinggebers dient. Zwar besteht dessen Vertragsleistung leasingtypisch nicht nur in der zeitweiligen Gebrauchsüberlassung eines Sachgutes, sondern - wirtschaftlich gesehen - auch in der Bereitstellung des dafür erforderlichen Kapitals auf Zeit (Senat, Urt. v. 19.3.1986 - VIII ZR 81/85, MDR 1986, 927 = CR 1986, 461 = NJW 1986, 1746 = WM 1986, 673, unter III 3b; vgl. auch BGH v. 3.6.1992 - VIII ZR 138/91, BGHZ 118, 282, 290 f. = MDR 1992, 847 m.w.N.). Wird der Vertrag jedoch vorzeitig beendet und die Leasingsache zurückgegeben oder verwertet, ist dem Leasingnehmer nicht nur der weitere Sachgebrauch, sondern auch die mittelbare Kapitalnutzung entzogen (vgl. Senatsurteil vom 19.3.1986, a.a.O.). Der Leasinggeber führt daher auch hinsichtlich der mit der Schadensersatzzahlung ausgeglichenen Anschaffungs- und Finanzierungskosten keine der Umsatzsteuer unterliegende Leistung mehr aus.
[17] 3. Nichts anderes gilt für den leasingtypischen Ausgleichsanspruch des Leasinggebers, der nach der ständigen Senatsrechtsprechung auf Ausgleich seines noch nicht amortisierten Gesamtaufwandes zum Zeitpunkt einer ordentlichen Kündigung, einer nicht durch den Leasingnehmer schuldhaft veranlassten außerordentlichen Kündigung oder einer einvernehmlichen vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrages gerichtet ist (vgl. BGH v. 12.6.1985 - VIII ZR 148/84, BGHZ 95, 39, 46 ff. = MDR 1985, 1018; 97, 65, 71 ff.; Urt. v. 29.1.1986 - VIII ZR 49/85, BGH v. 29.1.1986 - VIII ZR 49/85, MDR 1986, 748 = CR 1986, 365 = WM 1986, 480 = NJW-RR 1986, 594, unter III 3b; Urt. v. 15.10.1986 - VIII ZR 319/85, BGH v. 15.10.1986 - VIII ZR 319/85, MDR 1987, 314 = WM 1987, 38 = NJW 1987, 377, unter I 2a bb; Urt. v. 8.10.2003 - VIII ZR 55/03, BGH v. 8.10.2003 - VIII ZR 55/03, BGHReport 2004, 210 m. Anm. Graf von Westphalen = MDR 2004, 323 = WM 2004, 1179 = NJW 2004, 1041, unter II 1). Daher kann, auch in Anbetracht der insoweit unzureichenden Feststellungen und nicht eindeutigen Ausführungen des Berufungsgerichts, dahingestellt bleiben, ob der dem Grunde und der Höhe nach unstreitigen Abrechnungsforderung der Klägerin (vgl. oben unter II), für die sie Erstattung der Umsatzsteuer begehrt, ein Schadensersatz- oder ein Ausgleichsanspruch zugrunde liegt.
[18] Auch der leasingtypische Ausgleichsanspruch des Leasinggebers unterliegt entgegen der herrschenden Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung (OLG Frankfurt, FLF 1999, 82, 83 mit Anm. Struppek, a.a.O., 83; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2003, 775, 776) und der Literatur (Beckmann, a.a.O., Rz. 39; Engel, a.a.O.; MünchKomm/BGB/Habersack, a.a.O., Rz. 114; Staudinger/Stoffels, Leasing (2004), Rz. 292; Graf von Westphalen, a.a.O., Rz. 1107) nicht der Umsatzsteuer (so auch Mainzer, UR 1996, 245, 246 f.). Zwar handelt es sich dabei nach der Senatsrechtsprechung um einen vertraglichen Erfüllungsanspruch (BGH v. 22.1.1986 - VIII ZR 318/84, BGHZ 97, 65, 72, 78 = CR 1986, 365 = MDR 1986, 747 = CR 1986, 453; Urt. v. 10.7.1996 - VIII ZR 282/95, BGH v. 10.7.1996 - VIII ZR 282/95, MDR 1996, 1119 = WM 1996, 1690 = NJW 1996, 2860, unter III 2; Urt. v. 1.3.2000 - VIII ZR 177/99, BGH v. 1.3.2000 - VIII ZR 177/99, MDR 2000, 637 = WM 2000, 1009 = NJW-RR 2000, 1303, unter II 2d). Für die umsatzsteuerliche Beurteilung kommt es jedoch auf die zivilrechtliche Einordnung als Schadensersatz- oder Ausgleichsanspruch nicht entscheidend an (vgl. BGH, Urt. v. 17.7.2001, a.a.O.; Urteil vom 3.11.2005, a.a.O.). Diese Einordnung kann schon deswegen nicht entscheidend sein, weil die Frage der Umsatzsteuerpflichtigkeit nach Maßgabe der oben (unter II 1) bezeichneten Umsatzsteuer-Richtlinie in allen Mitgliedsstaaten einheitlich zu beantworten ist (vgl. Martin, UR 2006, 56, 56/57). Insoweit ist vielmehr entscheidend, dass der Ausgleichszahlung, nicht anders als der Schadensersatzzahlung (dazu oben unter II 2), nach Beendigung des Leasingvertrages und Rückgabe, Verlust oder Untergang der Leasingsache keine steuerbare Leistung des Leasinggebers mehr gegenübersteht. Unterliegt mithin auch der leasingtypische Ausgleichsanspruch des Leasinggebers nicht der Umsatzsteuer, kommt es nicht zu der "Kuriosität" (Müller-Sarnowski, a.a.O.), dass der Leasingnehmer im Fall einer von ihm schuldhaft veranlassten Kündigung des Leasingvertrages besser steht als im Fall einer nicht schuldhaft veranlassten Beendigung, weil nämlich im ersten Fall keine Umsatzsteuer auf seine Schadensersatzzahlung anfällt, während er im zweiten Fall Umsatzsteuer auf die Ausgleichszahlung zu leisten hat. Soweit sich aus früheren beiläufigen Äußerungen des Senats (BGH v. 12.6.1985 - VIII ZR 148/84, BGHZ 95, 39, 59 = MDR 1985, 1018/60; Urt. v. 19.3.1986 - VIII ZR 81/85, BGH v. 19.3.1986 - VIII ZR 81/85, MDR 1986, 927 = CR 1986, 461 = WM 1986, 673 = NJW 1986, 1746, unter III 4c) etwas anderes ergibt, wird daran nicht festgehalten.
III.
[19] Nach alledem ist das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben, soweit das Berufungsgericht auf die Berufung der Klägerin der Klage i.H.v. weiteren 1.572,88 EUR nebst Zinsen stattgegeben hat; auch insoweit ist die Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 3 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 1724663 |
BFH/NV Beilage 2007, 316 |
BB 2007, 1022 |
DB 2007, 1023 |
DStRE 2008, 177 |
HFR 2007, 1033 |
UR 2007, 416 |
WPg 2007, 440 |
GStB 2007, 274 |
NWB 2007, 1840 |
UVR 2007, 167 |
BGHR 2007, 644 |
EBE/BGH 2007 |
NJW-RR 2007, 1066 |
EWiR 2007, 649 |
StuB 2007, 637 |
WM 2007, 990 |
WuB 2007, 523 |
ZMR 2007, 441 |
MDR 2007, 824 |
NZV 2007, 460 |
VRS 2007, 20 |
VersR 2007, 1421 |
ZfS 2007, 448 |
VRR 2007, 304 |
ZGS 2007, 207 |
BFH/NV-Beilage 2007, 316 |
SJ 2007, 9 |
Status:Recht 2007, 193 |