Leitsatz (amtlich)
a) Gegenstände und Sachwerte, deren Besitz einer GmbH bereits vor dem Kapitalerhöhungsbeschluß überlassen worden ist, können nur dann als Sacheinlage eingebracht werden, wenn sie zumindest im Zeitpunkt des Kapitalerhöhungsbeschlusses noch gegenständlich im Gesellschaftsvermögen vorhanden sind.
Ist das nicht der Fall, kommt als Sacheinlage lediglich eine dem Gesellschafter zustehende Erstattungs- oder Ersatzforderung in Betracht (im Anschluß an BGHZ 51, 157).
b) Ob die Vorleistung von im Zeitpunkt der Kapitalerhöhung nicht mehr vorhandenen Gegenständen und Sachwerten im Sanierungsfall unter bestimmten engen Voraussetzungen als Sacheinlage anerkannt werden kann, bleibt offen.
c) Eine Firma kann als Sacheinlage zusammen mit einem Betriebsteil eines Unternehmens eingebracht werden, wenn dieser für sich allein als Unternehmen geführt wird und somit selbständig am Wirtschaftsleben teilnehmen kann.
Normenkette
GmbHG § 5 Abs. 4, § 19 Abs. 5
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 27. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 2. Dezember 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der dem Streithelfer der Klägerin entstandenen Kosten an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagte ist eine von der Klägerin und der Fa. V. K. GmbH durch Vertrag vom 16. Oktober 1992 mit einem Stammkapital von 50.000,– DM als Gemeinschaftsunternehmen gegründete GmbH, auf die beide Gesellschafter ihren Geschäftsbereich „Herstellung von Schlüsselringen sowie Ketten und Seilen nebst Zubehör” übertragen haben und an der sich die Klägerin mit einer Bareinlage von 14.000,– DM und die V. K. GmbH mit einer solchen von 36.000,– DM beteiligt haben. Durch Vertragshändlervertrag vom selben Tage übertrug die Beklagte – als Vor-GmbH – der Klägerin den Vertrieb ihrer Produkte. Ebenfalls am 16. Oktober 1992 vereinbarten die beiden Gesellschafterinnen u.a., daß im ersten Quartal 1993 eine Kapitalerhöhung vorgenommen werden sollte, in deren Zuge die V. K. GmbH ihre gesamten Aktiva und Passiva gemäß Bilanz vom 31. Dezember 1992 mit Ausnahme bestimmter Gegenstände, Forderungen und Verbindlichkeiten und die Klägerin das zur Produktion von Ketten gehörende Anlagevermögen sowie Rohmaterialien, Halbfertigwaren und Vorräte gemäß den als Anlagen zum Vertrag beigefügten Inventarlisten mit Ausnahme des unverkäuflichen, d.h. in den Jahren 1991 und 1992 nicht umgeschlagenen Umlaufvermögens einbringen sollten. Die den Wert des Beteiligungsverhältnisses der Klägerin von 28 % übersteigenden Materialien, Waren und Vorräte sollte die Beklagte bis zum 31. Dezember 1993 kaufen. Der Beklagten sollte ferner das Recht eingeräumt werden, das Anlagevermögen bis zur Kapitalerhöhung unentgeltlich zu nutzen und das Umlaufvermögen ab 1. Januar 1993 zu verwerten. Beides befand sich bereits in ihrem Besitz. Als Bewertungsmaßstab sollten für Halbfertig- und Fertigwaren die Herstellerkosten und für Rohmaterial und zugekaufte Waren der Einstandspreis zugrunde gelegt werden. Nachdem es zu Meinungsverschiedenheiten darüber gekommen war, ob für die Bewertung der Materialien und Waren von den Herstellerkosten der Klägerin oder der Beklagten auszugehen sei, legten die Geschäftsführer der beteiligten Gesellschaften das Beteiligungsverhältnis der Klägerin und der V. K. GmbH neu auf 35 zu 65 fest. Bei einem Gesamtkapital von 3 Mio. DM entfielen auf die Klägerin 1,05 Mio. DM und auf die V. K. GmbH 1,95 Mio. DM. Nach dem Kapitalerhöhungsbeschluß vom 5. Oktober 1994 hatte die Klägerin von dem Erhöhungsbetrag von 2,95 Mio. DM eine Summe von 1,036 Mio. DM durch Einbringung folgender Aktivwerte aufzubringen:
Firmenwert: |
500.000,00 DM |
Sachanlagen: |
64.836,00 DM |
Vorräte: |
937.916,80 DM |
|
1.502.752,80 DM |
Der den Ausgabebetrag des neuen Geschäftsanteils von 1.036.000,– DM übersteigende Betrag von 466.752,80 DM sollte durch Barzahlung oder Verrechnung ausgeglichen werden. Die Vorräte waren zu den Herstellungskosten der Beklagten bewertet worden; der Firmenwert sollte die Differenz zwischen den höheren Herstellungskosten der Klägerin und den niedrigeren der Beklagten ausgleichen.
Entsprechend der zwischen den Gesellschafterinnen der Beklagten getroffenen Rahmenvereinbarung überließ die Klägerin der Beklagten weitere Waren, die sie ihr im Jahre 1994 in mehreren Rechnungen mit einem Gesamtbetrag von 201.130,62 DM und im Jahre 1995 in zwei Rechnungen mit einem Gesamtbetrag von 210.333,42 DM in Rechnung stellte. Darauf hat die Beklagte nur den Mehrwertsteuerbetrag von 53.552,23 DM gezahlt.
Die Klägerin hat von der Beklagten den Differenzbetrag von 824.664,61 DM verlangt. Davon ist nach Erlaß eines Anerkenntnisurteils durch das Landgericht in Höhe von 187.716,71 DM noch ein Betrag von 636.947,90 DM im Streit.
Erstinstanzlich hat sich die Beklagte auf die Mangelhaftigkeit eines Teils der ihr überlassenen Waren sowie darauf berufen, die von der Klägerin als Sacheinlage eingebrachte Firma sei nichts wert. Das Landgericht hat der Klage auch in Höhe des noch streitigen Betrages stattgegeben.
Im Berufungsverfahren hat die Beklagte weiterhin die Mangelhaftigkeit eines Teils der im Jahre 1995 mit 210.333,42 DM in Rechnung gestellten Waren gerügt. Ferner hat sie sich auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen und hilfsweise die Aufrechnung erklärt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Klägerin sei ihrer Sacheinlageverpflichtung teilweise nicht nachgekommen und könne sie insoweit auch nicht mehr erfüllen, so daß sie eine Bareinlage in Höhe von 518.390,84 DM verlangen könne. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt sie ihr Klagabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten führt zur Zurückverweisung. Zwar kann sich die Beklagte nicht auf die von ihr gerügte Unverkäuflichkeit und Mangelhaftigkeit eines Teils der ihr von der Klägerin zur Verfügung gestellten Waren berufen. Sie rügt jedoch zu Recht, daß das Berufungsgericht das von ihr gegenüber der Klageforderung geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht bzw. die von ihr hilfsweise erklärte Aufrechnung mit einer Einlageforderung nicht berücksichtigt hat.
I. Die Beklagte kann allerdings eine Teilabweisung der Klage nicht mit ihrer Rüge erreichen, die ihr von der Klägerin veräußerten Waren seien teilweise unverkäuflich und teilweise mangelhaft gewesen.
1. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß die von der Beklagten dargelegte Unverkäuflichkeit der Waren im Lieferungsumfang von 49.542,89 DM keinen Mangel im Sinne des § 459 Abs. 1 BGB beinhaltet. Die Beklagte hat die Unverkäuflichkeit damit umschrieben, die Ware sei nicht marktgängig. Die Marktgängigkeit einer Ware ist grundsätzlich kein ihr anhaftender Sachmangel, sondern ein Risiko, das sich in der Sphäre des Käufers verwirklicht, der die Ware zum Zweck der Weiterveräußerung erwirbt.
Soweit die Beklagte gerügt hat, einen anderen Teil der Ware habe sie nur deswegen absetzen können, weil sie mit einem Aufwand von 6.407,26 DM eine Nachbesserung vorgenommen habe, hat das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, daß ihr ein Anspruch auf Ersatz von Nachbesserungskosten nach § 462 BGB nicht zusteht. Es ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, daß die Parteien eine Ersatzverpflichtung durch Vertrag begründet haben.
Einen weiteren Minderwert von 22.617,39 DM hatte die Beklagte auf die Behauptung gestützt, diese Waren hätten nur noch einen Schrottwert gehabt. Insoweit hat das Berufungsgericht zu Recht eine Rügeobliegenheit der Beklagten nach § 377 Abs. 1 HGB angenommen. Dieser Obliegenheit ist die Beklagte nicht, wie es die Bestimmung vorschreibt, unverzüglich nachgekommen, so daß sie, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, auch insoweit kein Minderungsrecht geltend machen kann.
2. Nach Ansicht der Revision ist der Vortrag der Beklagten zur Unverkäuflichkeit der Waren als Einwand gegenüber den von der Klägerin berechneten Übergabewerten nach Maßgabe der im Rahmenvertrag vom 16. Oktober 1992 als Kriterium der Übernahmepflicht der Beklagten ausbedungenen „Verkäuflichkeit” zu verstehen. Das Vorbringen zur Fehlerhaftigkeit und zum Nachbearbeitungsaufwand sei als „Minus” zur Zurückweisung der Ware wegen Unverkäuflichkeit zu werten. Insoweit könne Mängelgewährleistungsrecht einschließlich des § 377 HGB nicht angewandt werden, weil die Abrede über die entgeltliche Übernahme der zur Erfüllung der Sacheinlagepflicht nicht benötigten Materialen, Halbfertig- und Fertigwaren Bestandteil der gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung der Gründungsgesellschafter sei. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
Die von der Revision dargelegten Rechte vermag die Beklagte schon deswegen nicht geltend zu machen, weil die Gründungsgesellschafter den Begriff der Unverkäuflichkeit im Sinne der Vereinbarung klar definiert haben. Als unverkäuflich sind danach Rohmaterialien, Halbfertigwaren und Vorräte anzusehen, die sich in den Jahren 1991 und 1992 überhaupt nicht umgeschlagen haben. Die Revision hat nicht aufgezeigt, daß sich die Beklagte auf einen derartigen Umstand berufen hat.
Auch die Ansicht der Revision, § 377 HGB könne auf die Rügen der Beklagten nicht angewandt werden, trifft nicht zu. Das Berufungsgericht hat unangegriffen festgestellt, daß sich der Vortrag der Beklagten auf Waren bezieht, die Gegenstand der Rechnung vom 2. Januar 1995 sind. Diese sind, wie sich aus dem Kapitalerhöhungsbeschluß vom 5. Oktober 1994 ergibt, nicht Bestandteil der von den Gründungsgesellschaftern festgelegten „gemischten” Sacheinlage geworden (zur gemischten Sacheinlage vgl. Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8. Aufl. § 5 Rdn. 105 ff.; Scholz/Winter, GmbHG 9. Aufl. § 5 Rdn. 81 ff.; Baumbach/Hueck, GmbHG 16. Aufl. § 5 Rdn. 20). Dazu gehören nur die Waren, für die der Betrag von 466.752,80 DM vergütet worden ist.
Demgemäß bedarf es auch hier keiner weiteren Ausführungen darüber, ob – gegebenenfalls mit welchen Einschränkungen – § 377 HGB auf die gemischte Sacheinlage angewandt werden kann (zur Unanwendbarkeit bei der nicht gemischten Sacheinlage vgl. Scholz/Winter, GmbHG 9. Aufl. § 5 Rdn. 67; Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8. Aufl. § 5 Rdn. 93).
Soweit die Gründungsgesellschafter bei Abschluß des Rahmenvertrages vom 16. Oktober 1992 auch gegen Entgelt zu liefernde Waren in die Sacheinlagevereinbarung einzubeziehen beabsichtigt haben, die über den Lieferumfang von 466.752,80 DM hinausgingen, haben sie daran ersichtlich im Zuge der Kapitalerhöhung nicht festgehalten.
II. Die Revision rügt jedoch zu Recht, daß das Berufungsgericht eine Verpflichtung der Klägerin, den Kapitalerhöhungsbetrag als Bareinlage zu leisten, verneint und damit der Beklagten die Möglichkeit verwehrt hat, an der Klageforderung ein Zurückbehaltungsrecht auszuüben oder gegen diese Forderung aufzurechnen.
1. Aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen steht fest, daß sich die Sachwerte, die von der Klägerin im Rahmen der Kapitalerhöhung als Sacheinlagen einzubringen waren, bereits vor der Kapitalerhöhung im Besitz bzw. in der Verfügungsgewalt der Beklagten befanden. Nach der Rahmenvereinbarung vom 16. Oktober 1992 war die Beklagte berechtigt, das in ihrem Besitz befindliche bewegliche Anlagevermögen der Klägerin bis zur Durchführung der in Aussicht genommenen Kapitalerhöhung zu nutzen und – ab 1. Januar 1993 – die ihr zur Verfügung gestellten Rohmaterialien, Halbfertigwaren und Vorräte zu verarbeiten und zu verwerten. Zur Übertragung des Firmenwertes steht fest, daß die Klägerin der Beklagten die Verwendung ihres Firmenbestandteils „p.” in deren Firma gestattet hat. Sie hat der Beklagten ferner ihren Betriebsteil „K.” einschließlich der zugehörigen technischen Anlagen, Maschinen und Vorräte, mehrere Mitarbeiter und deren Know how übertragen und die Verwendung des Firmenlogos „p.” erlaubt. Die Klägerin und ihr Streithelfer haben darauf hingewiesen, daß die Beklagte damit u.a. für den maßgebenden Produktionsbereich die Kunden der Klägerin gewinnen, die Kenntnisse des Fertigungsverfahrens erlangen, den Ruf der Firma der Klägerin, ihren Mitarbeiterstamm, ihr Vertriebsnetz, ihre Standortvorteile und ihren Bekanntheitsgrad nutzen konnte. Das ergibt sich sinngemäß auch aus der Rahmenvereinbarung vom 16. Oktober 1992.
2. Diese Gegenstände und Sachwerte konnte die Klägerin als Sacheinlage in die Beklagte einbringen. Da die Anlagegegenstände, die Rohmaterialien, Halbfertigwaren sowie Vorräte bereits ab 1. Januar 1993 auf die Beklagte übertragen worden waren, kam ihre Einbringung in das Vermögen der Beklagten im Rahmen der am 5. Oktober 1994 beschlossenen Kapitalerhöhung nur noch dann in Betracht, wenn sie zu diesem Zeitpunkt noch vorhanden waren. Die gegenteilige Ansicht kann – anders als das Berufungsgericht meint – aus der Rechtsprechung des Senats nicht hergeleitet werden.
a) Der Senat hat zur Bareinlageverpflichtung entschieden, daß Voreinzahlungen auf künftige Kapitalerhöhungen grundsätzlich unzulässig sind. Die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen im Rahmen dringender Sanierungsfälle Ausnahmen zugelassen werden können, ist noch nicht abschließend entschieden. Der Senat hat lediglich bestimmte Voraussetzungen aufgeführt, die auf jeden Fall erfüllt sein müßten, wenn man eine Vorauszahlung auf künftige Einlageschulden zulassen wollte (BGHZ 118, 83, 86 ff.; BGH, Urt. v. 7. November 1994 – II ZR 248/93, ZIP 1995, 28; Sen.Urt. v. 21. Juni 1996 – II ZR 98/95, ZIP 1996, 1466). Liegen derartige Voraussetzungen nicht vor, ist auf jeden Fall davon auszugehen, daß eine Voreinzahlung die später entstandene Einlageverpflichtung nur dann tilgen kann, wenn sich der Betrag im Zeitpunkt des Entstehens der Einlageverpflichtung noch im Vermögen der Gesellschaft befindet (BGHZ 51, 157).
b) Ob die Vorleistung von Gegenständen und Sachwerten, die im Zeitpunkt der Kapitalerhöhung gegenständlich nicht mehr vorhanden sind, als Sacheinlage im Sanierungsfall anerkannt werden könnte, bedarf keiner Entscheidung, weil es im vorliegenden Fall nicht um die Sanierung einer Gesellschaft geht. Liegt kein Sanierungsfall vor, kann eine solche Vorleistung wie eine Voreinzahlung von vornherein nur als Einlageleistung anerkannt werden, wenn ihr Gegenstand zumindest im Zeitpunkt des Kapitalerhöhungsbeschlusses noch vorhanden ist. Ist das jedoch nicht der Fall, steht dem Gesellschafter unter Umständen ein Anspruch auf Wert- oder Schadenersatz oder ein sonstiger vertraglicher Erstattungsanspruch zu, den er in das Gesellschaftsvermögen einbringen und der nach § 5 Abs. 4 GmbHG in den Kapitalerhöhungsbeschluß aufgenommen werden müßte.
c) Soweit der Senat für das Aktienrecht entschieden hat, daß der Vorstand über einen nach § 188 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 36 Abs. 2 AktG eingeforderten Betrag unter dem Vorbehalt wertgleicher Deckung bereits vor der Anmeldung der Durchführung der Kapitalerhöhung zur Eintragung in das Handelsregister verfügen kann (BGHZ 119, 177), betrifft das nur Bareinlagen, die nach der Beschlußfassung über die Kapitalerhöhung geleistet worden sind. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann dieser Gedanke auf den Fall der Voreinzahlung auf künftige Einlageschulden nicht übertragen werden. Wird die Einzahlung nach dem Kapitalerhöhungsbeschluß, aber vor der Anmeldung zum Handelsregister vorgenommen, liegt eine Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen vor, die auch als solche im Beschluß verlautbart wird. Wird hingegen der Betrag bereits vor dem Kapitalerhöhungsbeschluß eingezahlt, steht dem Gesellschafter im Zeitpunkt des Beschlusses eine Forderung zu, die er als Sacheinlage einbringen kann.
Die gegenteilige Entscheidung des Berufungsgerichts beruht darauf, daß es dieses Urteil des Senats mißverstanden hat.
3. Im vorliegenden Fall führen diese Überlegungen für die drei Sacheinlagegegenstände zu unterschiedlichen Ergebnissen.
a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts waren die Rohmaterialien, Halbfertigwaren und Vorräte im Zeitpunkt des Kapitalerhöhungsbeschlusses nicht mehr gegenständlich, sondern nur noch wertmäßig im Gesellschaftsvermögen. Sie waren seit Gründung der Beklagten schon viermal umgeschlagen worden. Der Klägerin ist daher ihre Leistung als Sacheinlagen von Anfang an unmöglich gewesen; sie ist somit zur Bareinlage in Höhe des Betrages verpflichtet, der sich als Differenz zwischen der Summe aus Firmenwert und Anlagevermögen und dem auf die Klägerin entfallenden Kapitalerhöhungsbetrag ergibt (zu den Folgen anfänglicher Unmöglichkeit der Erfüllung einer Sacheinlagevereinbarung vgl. BGH, Sen.Beschl. v. 17. Februar 1997 – II ZR 259/96, GmbHR 1997, 545, 546 m.w.N.). Das macht einen Betrag von (1.036.000,– DM minus 564.836,– DM) 471.164,– DM aus.
b) Die Revision hält die Vereinbarung über die Einbringung des Firmenwertes für ein Scheingeschäft (§ 117 Abs. 1 BGB). Sie folgert das aus der Erklärung der Klägerin und ihres Streithelfers, der Ansatz des Firmenwertes sei das „Vehikel” dafür gewesen, die Differenz zwischen den höheren Herstellungspreisen der Klägerin und den niedrigeren der Beklagten auszugleichen. Darin hätten die Beteiligten einen Weg für die Parteien gesehen, ihr „Gesicht zu wahren”. Dieser Ansicht der Revision kann jedoch nicht gefolgt werden.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Vorschrift des § 117 Abs. 1 BGB auf die Sacheinlagenvereinbarung überhaupt angewandt werden kann. Dagegen könnten sich dann Bedenken ergeben, wenn man diese Vereinbarung nicht als eigenständiges Rechtsgeschäft, sondern als Bestandteil der Beitrittserklärung des Sacheinlegers ansieht (vgl. zu den unterschiedlichen Ansichten u.a. Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8. Aufl. § 5 Rdn. 23; Hüffer, AktG 4. Aufl. § 27 Rdn. 4 m.w.N.; Kraft in KK z. AktG 2. Aufl. § 27 Rdn. 8 ff.). Auch wenn man von der Anwendbarkeit der Vorschrift ausgeht, liegen ihre Voraussetzungen ersichtlich nicht vor. Eine zum Schein abgegebene Willenserklärung der Klägerin könnte nur dann angenommen werden, wenn sie im Zuge der Vereinbarung davon ausgegangen wäre, daß allein der Firmenwert ohne jeglichen Geschäftswert übertragen werden oder eine Übertragung des Geschäftswertes nicht möglich sein sollte und sie ferner davon ausging, daß die übrigen an der Kapitalerhöhung beteiligten Personen diese Umstände und damit die fehlende Ernsthaftigkeit der Erklärung der Klägerin nicht verkennen würden. Ein solches Verhalten einschließlich der dargelegten Erwartungshaltung lag jedoch auf seiten der Klägerin nicht vor. Sowohl sie als auch ihr Streithelfer haben ausgeführt, daß nicht nur die Firma – gemeint ist offensichtlich der Firmenbestandteil „p.” – und die mit ihr verbundenen Werte, sondern auch der Betriebsteil „K.” einschließlich der dazugehörenden technischen Anlagen und Materialien in die Beklagte eingebracht werden sollten. Dabei gingen die Klägerin und ihr Streithelfer ersichtlich davon aus, daß dieser Betriebsteil als Teil des Unternehmens der Klägerin Unternehmenscharakter haben könne, weil er auch für sich allein als Unternehmen geführt werden und somit selbständig am Wirtschaftsleben teilnehmen könne (vgl. zu diesem Kriterium Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen 6. Aufl. § 255 Rdn. 260; Schnicke/Reichmann in Beck'scher Bilanzkommentar 3. Aufl. § 247 Rdn. 420/423; Scholz/Winter, GmbHG 9. Aufl. § 5 Rdn. 53). Hinzu kommt, daß die Gründungsgesellschafter darunter offensichtlich auch die geschäftlichen Kenntnisse, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, das Warenzeichen „p.” sowie das „Know how” der Mitarbeiter der Klägerin gesehen haben, die von der Beklagten übernommen werden sollten. Das folgt aus der Rahmenvereinbarung vom 16. Oktober 1992.
War das im Rahmen der Kapitalerhöhung die Vorstellung der Klägerin – sie wird durch den Inhalt der Rahmenvereinbarung vom 16. Oktober 1992, die Vereinbarung über die Benutzung des Warenzeichens „p.” und die Tatsache gestützt, daß die Klägerin ihren Betriebsteil „K.” auf die Beklagte ausgegliedert hat –, kann davon ausgegangen werden, daß mit dem „Firmenwert” nicht nur eine Firma im Sinne des § 17 HGB einschließlich der mit ihr verbundenen Werte, sondern auch die mit ihr verbundene Betriebsabteilung als Unternehmenswert als Sacheinlage in das Vermögen der Beklagten eingebracht werden sollte.
Eine andere, in den Tatsacheninstanzen umstrittene und von der Revision aufgegriffene Frage ist es, ob der Firmen- und Geschäftswert im Zeitpunkt der Einbringung 500.000,– DM betragen hat. Das kann nicht mit der Überlegung der Revision in Abrede gestellt werden, der Firmenbestandteil „p.” habe der Beklagten bereits seit ihrer Gründung im Jahre 1992 zur Verfügung gestanden. Denn es ist offensichtlich, daß die Beklagte von ihren beiden Gründergesellschaftern mit den für die Aufnahme des Betriebes erforderlichen Sachmitteln und Rechten – dazu gehört auch der Gebrauch des Firmenbestandteils „p.” – ausgestattet wurde. Unter den gegebenen Umständen kann diese Übertragung nur ein vorläufiges Nutzungs- und Besitzrecht beinhaltet haben. Damit ist es nicht ausgeschlossen, daß Rechte und Sachen zu einem späteren Zeitpunkt im Wege der Kapitalerhöhung auf die Beklagte übertragen werden sollten. Im Grundsatz folgt diese Vorstellung der Beteiligten aus der Rahmenvereinbarung vom 16. Oktober 1992 und dem Inhalt der Besprechungsnotiz vom 18. März 1994. Soweit im übrigen die Werthaltigkeit des Sacheinlagegegenstandes „Firmenwert” von der Beklagten in Abrede gestellt worden ist, fehlen bisher jegliche Feststellungen des Berufungsgerichts.
c) Die Revision zieht unter Heranziehung des Grundsatzes der allgemeinen Lebenserfahrung in Zweifel, ob das mit 64.836,– DM bewertete Anlagevermögen diesen Wert tatsächlich gehabt hat. Die Revision zeigt nicht auf, daß dieser Wert von der Beklagten in den Tatsacheninstanzen bestritten worden ist. Ein solches Bestreiten ist auch nicht ersichtlich. Die Revision kann daher mit ihrem Vorbringen nicht durchdringen.
d) Da die Sacheinlagevereinbarung über die Einbringung der Rohmaterialien, Halbfertigwaren und Vorräte wegen anfänglicher objektiver Unmöglichkeit nichtig ist (§ 306 BGB), ist ferner zu prüfen, ob sich entsprechend § 139 BGB diese Nichtigkeit auch auf die Vereinbarungen über die Einbringung des Sachanlagevermögens und des Firmenwertes erstreckt. Dazu fehlen bisher Feststellungen des Berufungsgerichts. Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, daß die gesamte Vereinbarung über die Sacheinlagen nichtig ist, stünde der Beklagten ein Anspruch auf Leistung einer Bareinlage in Höhe von 1.036.000,– DM zu. Wegen dieses Anspruches könnte die Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht an der Klageforderung geltend machen bzw. gegen diese Forderung aufrechnen. Der Klägerin selbst steht im Hinblick auf mögliche Ausgleichsansprüche gegen die Beklagte weder das Recht zur Aufrechnung (§ 19 Abs. 2 GmbHG) noch ein Zurückbehaltungsrecht zu.
4. Das Urteil des Berufungsgerichts war somit aufzuheben. Damit es die weiterhin erforderlichen Feststellungen – gegebenenfalls nach ergänzendem Sachvortrag durch die Parteien – treffen kann, war die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Unterschriften
Röhricht, Henze, Goette, Kurzwelly, Münke
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 18.09.2000 durch Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 556220 |
BGHZ, 150 |
BB 2000, 2323 |
DB 2000, 2315 |
DStR 2000, 1963 |
NJW 2001, 67 |
NWB 2000, 4358 |
GmbH-StB 2000, 331 |
NJW-RR 2001, 324 |
DNotI-Report 2000, 201 |
EWiR 2001, 325 |
NZG 2001, 27 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2000, 2304 |
WuB 2001, 409 |
WuB 2001, 413 |
WuB 2001, 419 |
WuB 2001, 421 |
ZAP 2000, 1394 |
ZIP 2000, 2021 |
DNotZ 2001, 154 |
NZI 2001, 40 |
Rpfleger 2001, 83 |
ZInsO 2001, 37 |
GmbHR 2000, 1198 |
NotBZ 2001, 30 |