Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkauf von Eigentumswohnungen durch Bauträgergesellschaft als Haustürgeschäft. Bauherrenmodell. Vermittlung von Darlehensverträgen durch Finanzierungsmakler in Privatwohnung. Widerruf. Zurechenbarkeit kreditgebende Bank
Leitsatz (amtlich)
Eine Haustürsituation i. S. d. § 1 Abs. 1 HWiG ist der kreditgebenden Bank bei steuersparenden Bauherren- und Erwerbermodellen nach den zu § 123 BGB entwickelten Grundsätzen nicht allein deshalb zuzurechnen, weil die Bank Kenntnis davon hat, dass die Eigentumswohnung nicht von einer Privatperson, sondern von einer gewerblich tätigen Bauträgergesellschaft über einen Vermittler verkauft und der Darlehensvertrag über ihn vermittelt wurde. Allein dieser Umstand lässt nicht den Schluss zu, dass die Darlehensvertragserklärungen der Kunden auf einer mündlichen Verhandlung ohne vorherige Bestellung an ihrem Arbeitsplatz oder in ihrer Privatwohnung beruhen, und verpflichtet die kreditgebende Bank auch nicht ohne weiteres zu einer Nachfrage über die Umstände der Vertragsanbahnung.
Normenkette
BGB a.F. § 123; HWiG a.F. § 1 Abs. 1
Verfahrensgang
OLG Dresden (Urteil vom 15.11.2002) |
LG Dresden |
Tenor
Auf die Revisionen beider Parteien wird das Urteil des 8. Zivilsenats des OLG Dresden v. 15.11.2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Darlehensvertrages zur Finanzierung einer Eigentumswohnung sowie über damit zusammenhängende Schadensersatzansprüche. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der Kläger, ein damals 29 Jahre alter Ingenieur, wurde im Jahre 1998 von dem für die Gesellschaft für ... mbH tätigen Vermittler P. M. geworben, zwecks Steuerersparnis ohne Eigenkapital eine vom Veräußerer noch zu sanierende Eigentumswohnung in D. zu erwerben. Nach Abschluss des notariellen Kaufvertrages am 27.3./3.4.1998 schloss der Kläger zur Finanzierung des Kaufpreises von 237.530 DM mit der Rechtsvorgängerin der beklagten Bank (im Folgenden: Beklagte) am 21.4.1998 einen Realkreditvertrag über 237.000 DM zu einem effektiven Jahreszins von 6,59 %. Die Tilgung des Festdarlehens sollte über eine Kapitallebensversicherung erfolgen. Eine Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz wurde dem Kläger nicht erteilt. Wie im Darlehensvertrag vorgesehen, bestellte der Kläger zur Sicherung des Kredits mit notarieller Urkunde v. 21.5.1999 u. a. eine Grundschuld in Höhe des Darlehensbetrages, übernahm die persönliche Haftung in dieser Höhe und unterwarf sich der sofortigen Zwangsvollstreckung auch in sein persönliches Vermögen. Bereits zuvor hatte er am 6.5.1998 eine Zweckbestimmungserklärung zur Grundschuld unterzeichnet. Das Darlehen wurde auf ein Konto des Klägers bei der Beklagten ausgezahlt und zur Finanzierung des Erwerbs verwendet. Mit Schreiben v. 6.4.2000 widerrief der Kläger seine Darlehensvertragserklärung. Nachdem er seit dem 1.8.2000 keine Zinszahlungen mehr auf das Darlehen erbracht hat, betreibt die Beklagte die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde v. 21.5.1999.
Mit der Klage wendet sich der Kläger gegen die Zwangsvollstreckung, begehrt Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung der notariellen Urkunde und Rückabwicklung des von der Beklagten finanzierten Immobilienerwerbs. Zur Begründung beruft er sich darauf, er habe den Darlehensvertrag und die Sicherungszweckerklärung wirksam nach dem Haustürwiderrufsgesetz widerrufen. Außerdem verlangt der Kläger Schadensersatz wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hatte zum Teil Erfolg. Das Berufungsgericht, dessen Urteil in BKR 2003, 114 veröffentlicht ist, hat die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde für unzulässig erklärt und die Beklagte zur Herausgabe der ihr erteilten vollstreckbaren Ausfertigung der Urkunde verurteilt Zug um Zug gegen Zahlung des von der Beklagten in zweiter Instanz im Wege der Hilfswiderklage geltend gemachten Betrags von 121.176,18 EUR nebst Zinsen. Dieser für den Fall des Erfolgs der Vollstreckungsgegenklage des Klägers erhobenen Hilfswiderklage der Beklagten auf Rückzahlung des offenen Darlehensbetrages nebst Zinsen hat das Berufungsgericht stattgegeben. Mit ihren zugelassenen Revisionen wenden sich beide Parteien gegen dieses Urteil. Der Kläger verfolgt seine Klageanträge in vollem Umfang weiter sowie seinen Antrag auf Abweisung der Hilfswiderklage. Die Beklagte erstrebt die vollständige Abweisung der Klage bzw. Zurückweisung der Berufung.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen beider Parteien sind begründet. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Die Vollstreckungsgegenklage sei begründet, weil der Kläger sowohl seine auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung als auch die auf Abschluss der zwischen den Parteien bestehenden Sicherungsabrede gerichteten Erklärungen gem. § 1 HWiG in der bis zum 30.9.2000 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F.) wirksam widerrufen habe. Der Kläger sei zum Abschluss des Darlehensvertrages durch die nach dem notariellen Kaufvertrag geführten Verhandlungen in seiner Privatwohnung bestimmt worden. Dies sei der Beklagten zuzurechnen, weil ihr bewusst gewesen sei, dass der Darlehensvertrag mit dem Kläger unter Einsatz von Vermittlungspersonen zu Stande gekommen sei. Mit Rücksicht auf den wirksamen Widerruf habe der Kläger auch einen Anspruch auf Herausgabe der Grundschuldbestellungsurkunde, da mit dem Darlehensvertrag auch die darin enthaltene Verpflichtung zur Bestellung der Grundschuld entfallen sei. Die gesonderte Zweckbestimmungserklärung v. 6.5.1998 habe insoweit lediglich ergänzende Bestimmungen enthalten. Die Herausgabe der Grundschuldbestellungsurkunde schulde die Beklagte allerdings entsprechend ihrer Hilfswiderklage nur Zug um Zug gegen Rückzahlung des noch offenen Darlehensbetrages nebst marktüblicher Zinsen. Die Grundsätze über verbundene Geschäfte seien nicht anwendbar, da es sich hier um einen Realkredit i. S. d. § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG handele. Weiter gehende Ansprüche des Klägers bestünden nicht. Der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung geleisteter Zinsen für Mai und Juni 1998 scheide auch bei einem wirksamen Widerruf des Darlehensvertrages aus, da der Beklagten in diesem Fall ihrerseits ein Zahlungsanspruch in entsprechender Höhe zustehe. Die Beklagte hafte auch nicht wegen der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten.
II.
1. Revision der Beklagten
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht der Klage teilweise stattgegeben hat, hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
a) In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ist das Berufungsgericht allerdings zu dem Ergebnis gelangt, der Kläger sei durch die nach Abschluss des notariellen Kaufvertrags v. 27.3.1998 in seiner Wohnung erfolgten Verhandlungen zum Abschluss des Darlehensvertrages bestimmt worden.
Das Berufungsgericht begründet dies damit, dass der Kläger erstmals im Rahmen dieser Gespräche in seiner Privatwohnung mit den Einzelheiten eines Darlehensvertrages konfrontiert und dabei in eine Lage gebracht worden sei, in der er sich zur Unterzeichnung des ihm unterbreiteten Darlehensvertragsangebotes ohne die Möglichkeit eines Preis- und Qualitätsvergleichs entschlossen habe.
Hiergegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG a. F. setzt voraus, dass der Kunde durch die mündlichen Verhandlungen in seiner Privatwohnung zu seiner späteren Vertragserklärung bestimmt worden ist. Mitursächlichkeit ist jedoch ausreichend. Es genügt, dass die besonderen Umstände der Kontaktaufnahme einen unter mehreren Beweggründen darstellen, sofern nur ohne sie der später abgeschlossene Vertrag nicht oder nicht so wie geschehen, zu Stande gekommen wäre (BGH v. 16.1.1996 - XI ZR 116/95, BGHZ 131, 385 [392] = MDR 1996, 456). Ausreichend ist dabei, dass der Darlehensnehmer durch einen Verstoß gegen § 1 HWiG a. F. in eine Lage gebracht worden ist, in der er in seiner Entschließungsfreiheit beeinträchtigt war, den ihm später angebotenen Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen (BGH v. 26.10.1993 - XI ZR 42/ 93, BGHZ 123, 380 [393] m. w. N.). Das ist eine Frage der Würdigung des Einzelfalles (BGH v. 21.1.2003 - XI ZR 125/02, MDR 2003, 466 = BGHReport 2003, 388 = WM 2003, 483 [484]; v. 18.3.2003 - XI ZR 188/02, MDR 2003, 819 = BGHReport 2003, 747 = WM 2003, 918 [921]; und v. 20.5.2003 - XI ZR 248/02, MDR 2003, 1190 = BGHReport 2003, 961 = WM 2003, 1370 [1372]) und vom Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt worden.
Zwar wendet sich die Revision zu Recht gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts, es komme auf die Überrumpelungssituation im Einzelfall nicht an (vgl. BGH v. 21.1.2003 - XI ZR 125/02, MDR 2003, 466 = BGHReport 2003, 388; v. 18.3.2003 - XI ZR 188/02, MDR 2003, 819 = BGHReport 2003, 747; und v. 20.5.2003 - XI ZR 248/02, MDR 2003, 1190 = BGHReport 2003, 961 = WM 2003, 1370 [1372]). Dies ist jedoch nicht entscheidungserheblich, da das Berufungsgericht hier eine tatrichterliche Würdigung vorgenommen und festgestellt hat, dass der Kläger durch die Besuche des Vermittlers in seiner Privatwohnung in eine seine Entscheidungsfreiheit einschränkende Lage gebracht worden ist.
b) Mit Erfolg beanstandet die Revision hingegen die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Zurechnung der Haustürsituation.
Wie der Senat mit Urteil vom 12.11.2002 (BGH v. 12.11.2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61 [63]) entschieden und im Einzelnen ausgeführt hat, ist bei der Beantwortung der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Haustürsituation dem Erklärungsempfänger zuzurechnen ist, auf die zu § 123 BGB entwickelten Grundsätze zurückzugreifen. Nach § 123 Abs. 1 BGB ist das Verhalten des Verhandlungsführers dem Erklärungsempfänger zuzurechnen, wenn er dessen Angestellter, Mitarbeiter oder Beauftragter ist oder wenn er wegen seiner engen Beziehungen zu diesem als dessen Vertrauensperson erscheint (BGH, Urt. v. 12.11.2002 - XI ZR 3/01, MDR 2003, 225 = BGHReport 2003, 235 = WM 2003, 61 [63]; und v. 15.7.2003 - XI ZR 162/00, BGHReport 2003, 1340 = ZIP 2003, 1741 [1743] m. w. N.). Ist der Verhandlungsführer - wie hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall - Dritter i. S. d. § 123 Abs. 2 BGB, ist sein Handeln der finanzierenden Bank nur zuzurechnen, wenn sie dieses kannte oder kennen musste. Dabei genügt es für eine fahrlässige Unkenntnis, dass die Umstände des Falles den Erklärungsempfänger veranlassen mussten, sich danach zu erkundigen, auf welchen Umständen die ihm übermittelte Willenserklärung beruht (BGH, Urt. v. 12.11.2002 - XI ZR 3/01, MDR 2003, 225 = BGHReport 2003, 235 = WM 2003, 61 [63]; und v. 15.7.2003 - XI ZR 162/00, BGHReport 2003, 1340 = ZIP 2003, 1741 [1743] m. w. N.).
Dies ist bei der Finanzierung des Erwerbs einer Eigentumswohnung durch eine Bank (entgegen der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung des OLG Stuttgart v. 29.6.1999 - 6 U 169/98, WM 1999, 2310 [2313]) nicht allein deshalb anzunehmen, weil die Bank Kenntnis davon hat, dass die Eigentumswohnung nicht von einer Privatperson, sondern von einer gewerblich tätigen Bauträgergesellschaft über einen Vermittler verkauft und der Darlehensvertrag über ihn vermittelt wurde. Allein dieser Umstand lässt nicht den Schluss zu, dass die Darlehensvertragserklärungen der Kunden auf einer mündlichen Verhandlung ohne vorherige Bestellung an ihrem Arbeitsplatz oder in ihrer Privatwohnung beruhen, und verpflichtet die kreditgebende Bank auch nicht ohne weiteres zu einer Nachfrage über die Umstände der Vertragsanbahnung (BGH, Urt. v. 12.11.2002 - XI ZR 3/01, MDR 2003, 225 = BGHReport 2003, 235 = WM 2003, 61 [63]; v. 15.7.2003 - XI ZR 162/00, BGHReport 2003, 1340 = ZIP 2003, 1741 [1743]; und v. 18.11.2003 - XI ZR 332/02, WM 2004, 27 [32]).
Die bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen zur Kenntnis der Beklagten davon, dass die Eigentumswohnung über einen Vermittler verkauft und der Darlehensvertrag durch ihn vermittelt wurde, genügen für eine Zurechnung des Zustandekommens des Vertrages in einer Haustürsituation daher nicht.
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung steht dieses Ergebnis auch nicht im Widerspruch zu gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben. Eine Zurechnung in entsprechender Anwendung des § 123 Abs. 2 BGB geht nämlich über die Vorgaben der Haustürgeschäfterichtlinie hinaus. Art. 2 der Richtlinie setzt einen Besuch des Gewerbetreibenden oder seines Vertreters voraus. Eine dem § 123 Abs. 2 BGB entsprechende Regelung für die Zurechnung des Verhaltens Dritter enthält die Richtlinie nicht. Für die von der Revisionserwiderung insoweit angeregte Vorlage der Sache an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften besteht also keine Veranlassung.
2. Revision des Klägers
Auch die Revision des Klägers hat Erfolg.
a) Die Begründung, mit der das Berufungsgericht Schadensersatzansprüche des Klägers aus vorvertraglichem Aufklärungsverschulden der Beklagten verneint hat, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
aa) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass eine kreditgebende Bank nach ständiger Rechtsprechung des BGH bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet ist. Sie darf regelmäßig davon ausgehen, dass die Kunden entweder selbst über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient haben. Nur ausnahmsweise können sich Aufklärungs- und Hinweispflichten aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergeben. Dies kann der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehung begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit der Kreditgewährung sowohl an den Bauträger als auch an die einzelnen Erwerber in schwer wiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (BGH, Urt. v. 18.4.1988 - II ZR 251/87, WM 1988, 895 [898]; Urt. v. 3.6.2003 - XI ZR 289/02, BGHReport 2003, 1077 = MDR 2003, 1244 = WM 2003, 1710 [1713]; und v. 14.10.2003 - XI ZR 134/02, BGHReport 2004, 110 = WM 2003, 2328 [2331] m. w. N.; s. auch Urt. v. 21.7.2003 - II ZR 387/02, BGHReport 2003, 1208 = MDR 2003, 1188 = WM 2003, 1762 [1763]).
bb) Soweit das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt ist, solche besonderen Umstände seien hier nicht dargetan, hält dies in einem entscheidenden Punkt rechtlicher Prüfung nicht stand.
(1) Zu Recht geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe durch ihren Einfluss auf den Vertrieb ihre Kreditgeberrolle überschritten, zur Begründung einer Aufklärungspflicht nicht genügt. Eine solche Aufklärungspflicht setzt - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - voraus, dass die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Objekts gleichsam als Partei des zu finanzierenden Geschäfts in nach außen erkennbarer Weise Funktionen oder Aufgaben des Veräußerers oder Vertreibers übernommen und damit einen zusätzlichen auf die übernommenen Funktionen bezogenen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (BGH v. 31.3.1992 - XI ZR 70/91, MDR 1992, 767 = WM 1992, 901 [905]; und v. 12.11.2002 - XI ZR 25/00, BGHReport 2003, 237 = ZIP 2003, 160 [161]). Diese Voraussetzungen sind hier schon deshalb nicht erfüllt, weil es an Anhaltspunkten dafür fehlt, dass ein über die Kreditgeberrolle hinausgehendes Engagement der Beklagten auch nach außen in Erscheinung getreten ist.
(2) Die Beklagte hat sich auch nicht dadurch schadensersatzpflichtig gemacht, dass sie eine Provision von 0,5 % der Darlehenssumme ohne Kenntnis des Darlehensnehmers an den Finanzierungsvermittler gezahlt hat.
Der erk. Senat hat - worauf das Berufungsgericht zu Recht hinweist - eine Offenbarungspflicht für den Fall bejaht, dass eine Bank den Vermögensverwalter eines Kunden an ihren Provisionen und Depotgebühren beteiligt (BGH v. 19.12.2000 - XI ZR 349/99, BGHZ 146, 235 [239] = MDR 2001, 522 = BGHReport 2001, 205). Durch die Vereinbarung, dem Vermögensverwalter einen Teil der Provisionen und Depotgebühren zu vergüten, die sie künftig von Kunden erhalte, die er ihr zuführe, schaffe die Bank nämlich für ihn einen Anreiz, sowohl bei der Auswahl der Bankverbindung als auch hinsichtlich der Anzahl und des Umfangs der Geschäfte nicht allein das Interesse des Kunden, sondern auch das eigene Interesse an möglichst umfangreichen Vergütungen der Bank zu berücksichtigen (BGH v. 19.12.2000 - XI ZR 349/99, BGHZ 146, 235 [239] = MDR 2001, 522 = BGHReport 2001, 205). Eine vergleichbare Gefährdung der Interessen des Klägers hat die Beklagte durch die nicht offenbarte Zahlung einer Vermittlungsprovision an den Finanzierungsvermittler nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts nicht geschaffen. Vielmehr bestand kein Vertragsverhältnis, auf Grund dessen er ähnlich einem Vermögensverwalter die Wahrnehmung der Interessen des Klägers - zumal als Hauptleistungspflicht - schuldete (vgl. BGH, Urt. v. 14.3.2003 - V ZR 308/02, MDR 2003, 865 = BGHReport 2003, 719 = WM 2003, 1686 [1688]; v. 14.10.2003 - XI ZR 134/02, BGHReport 2004, 110 = WM 2003, 2328 [2332]). Etwas Anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht daraus, dass er selbst für die Vermittlung des Immobilienerwerbs eine Vermittlungsprovision gezahlt hat. Dies folgt hier nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts schon daraus, dass der Kläger diese Provision ausweislich der ihm erteilten Rechnung nicht für die Finanzierungsvermittlung, sondern allein für die Vermittlung der Eigentumswohnung zu zahlen hatte.
Eine unerlaubte Doppeltätigkeit des Finanzierungsmaklers sowohl für den Kläger als auch für die Beklagte ist nicht festgestellt. Davon kann auch deshalb nicht ohne weiteres ausgegangen werden, weil nach der Rechtsprechung des BGH jedenfalls bei Immobiliengeschäften eine Tätigkeit des Maklers für beide Seiten grundsätzlich zulässig ist, sofern er für beide Teile als Nachweismakler oder für den einen als Vermittlungs- und für den anderen als Nachweismakler tätig geworden ist, und zwar i. d. R. auch ohne ausdrückliche Gestattung selbst dann, wenn dem Maklerkunden die Doppeltätigkeit des Maklers unbekannt gewesen war (BGH, Beschl. v. 30.4.2003 - III ZR 318/02, MDR 2003, 923 = BGHReport 2003, 852 = NJW-RR 2003, 991 m. w. N.; Urt. v. 14.10.2003 - XI ZR 134/02, BGHReport 2004, 110 = WM 2003, 2328 [2332]).
Wie das Berufungsgericht darüber hinaus zu Recht ausgeführt hat, ist nach dem Vortrag des Klägers auf Grund der heimlichen Zahlung einer Provision an den Finanzierungsvermittler ein Schaden nicht entstanden. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Kläger bei einem anderen Kreditinstitut, das keine oder nur eine geringere Vermittlungsprovision an Finanzierungsvermittler zahlt, den aufgenommenen Kredit zu günstigeren Konditionen erhalten hätte (dazu BGH v. 14.10.2003 - XI ZR 134/02, BGHReport 2004, 110 = WM 2003, 2328 [2332 f.]).
(3) Entgegen der Ansicht der Revision hat die Beklagte ihre Aufklärungspflichten auch nicht dadurch verletzt, dass sie nicht auf etwaige Nachteile der Finanzierung des Kaufpreises durch einen Festkredit in Kombination mit einer Lebensversicherung hingewiesen hat.
Die Bank ist im Regelfall nicht gehalten, den Kreditbewerber von sich aus auf mögliche Bedenken gegen die Zweckmäßigkeit der gewählten Kreditart hinzuweisen. Zwar gilt dies nicht in den Fällen, in denen sie dem Kunden an Stelle eines von ihm gewünschten üblichen Ratenkredits einen mit einer Kapitallebensversicherung verbundenen Kreditvertrag anbietet, obwohl ein Versicherungsbedürfnis nicht besteht und die Vertragskombination für den Kunden wirtschaftlich ungünstiger ist als ein marktüblicher Ratenkredit, mit dem der verfolgte Zweck ebenso gut erreichbar ist (BGH v. 3.4.1990 - XI ZR 261/89, BGHZ 111, 117 [120] = MDR 1990, 1001; Urt. v. 9.3.1989 - III ZR 269/87, MDR 1989, 718 = WM 1989, 665 [666]). Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Abgesehen davon hat der Kläger - wie das Berufungsgericht zu Recht beanstandet hat - die wirtschaftlichen Nachteile gegenüber einem herkömmlichen Annuitätenkredit nicht dargetan. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Kläger insoweit darlegungs- und beweispflichtig (BGH v. 20.5.2003 - XI ZR 248/02, MDR 2003, 1190 = BGHReport 2003, 961 = WM 2003, 1370 [1373]).
Überdies könnte eine etwaige schuldhafte Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten - entgegen der Auffassung der Revision - nur zum Ersatz des Schadens führen, dessen Eintritt die Einhaltung der Pflicht verhindern sollte (BGH v. 3.12.1991 - XI ZR 300/90, BGHZ 116, 209 [212 f.] = MDR 1992, 342; v. 29.4.2003 - XI ZR 201/02, ZIP 2003, 1692 [1694]; und v. 20.5.2003 - XI ZR 248/02, MDR 2003, 1190 = BGHReport 2003, 961 = WM 2003, 1370 [1373]). Zu Recht hat das Berufungsgericht daher angenommen, dass der Kläger allenfalls die durch die ungünstige Finanzierung entstandenen Mehrkosten ersetzt verlangen könnte (BGH, Urt. v. 9.3.1989 - III ZR 269/87, MDR 1989, 718 = WM 1989, 665 [667]; v. 29.4.2003 - XI ZR 201/02, ZIP 2003, 1692 [1694]; v. 20.5.2003 - XI ZR 248/02, MDR 2003, 1190 = BGHReport 2003, 961 = WM 2003, 1370 [1373]; und v. 18.11.2003 - XI ZR 322/01, Umdr. S. 15). Solche Mehrkosten hat er nicht substanziiert dargelegt.
(4) Mit Erfolg beanstandet der Kläger hingegen, dass das Berufungsgericht seinem Vortrag nicht nachgegangen ist, die Beklagte habe die sittenwidrige Überteuerung des Kaufpreises der Eigentumswohnung gekannt und deshalb eine Aufklärungspflicht wegen eines - für sie erkennbaren - konkreten Wissensvorsprungs verletzt.
Wie auch der Kläger nicht verkennt, ist das finanzierende Kreditinstitut bei steuersparenden Bauherren- und Erwerbermodellen allerdings grundsätzlich nicht verpflichtet, den Darlehensnehmer von sich aus über die Unangemessenheit des finanzierten Kaufpreises und eine darin enthaltene "versteckte Innenprovision" aufzuklären. Eine Aufklärungspflicht über die Unangemessenheit des Kaufpreises, die grundsätzlich nicht einmal den Verkäufer einer Immobilie trifft (BGH v. 14.3.2003 - V ZR 308/02, MDR 2003, 865 = BGHReport 2003, 719 = WM 2003, 1686 [1688]), kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Innenprovision zu einer so wesentlichen Verschiebung des Verhältnisses zwischen Kaufpreis und Verkehrswert der Kapitalanlage beiträgt, dass das Kreditinstitut von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muss (BGH v. 12.11.2002 - XI ZR 3/01, MDR 2003, 225 = BGHReport 2003, 235 = WM 2003, 61 [62]; v. 20.5.2003 - XI ZR 248/02, MDR 2003, 1190 = BGHReport 2003, 961 = WM 2003, 1370 [1373]; und v. 14.10.2003 - XI ZR 134/02, BGHReport 2004, 110 = WM 2003, 2328 [2332]; Urt. v. 22.10.2003 - IV ZR 398/02, BGHReport 2004, 106 = MDR 2004, 221 = WM 2003, 2372 [2375]). Dabei führt nicht jedes, auch nicht jedes auffällige Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung zur Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH kann von einem besonders groben Missverhältnis, das eine Vermutung für die subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit begründet, vielmehr erst ausgegangen werden, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (BGH v. 19.1.2001 - V ZR 437/99, BGHZ 146, 298 [302 ff.] = MDR 2001, 683 = BGHReport 2001, 269; v. 20.5.2003 - XI ZR 248/02, MDR 2003, 1190 = BGHReport 2003, 961 = WM 2003, 1370, 1372; sowie v. 14.10.2003 - XI ZR 134/02, BGHReport 2004, 110 = WM 2003, 2328 [2331], jeweils m. w. N.).
Zu Recht beanstandet der Kläger die Begründung, mit der das Berufungsgericht hier einen solchen Fall abgelehnt hat. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat es zu der sittenwidrigen Überteuerung an schlüssigem Vortrag des Klägers gefehlt. Diese Annahme beruht, wie die Revision zu Recht rügt, auf einem Verstoß gegen das Gebot der §§ 286 Abs. 1, 525 ZPO, sich mit dem Streitstoff umfassend auseinander zu setzen und den Sachverhalt durch die Erhebung der angetretenen Beweise möglichst vollständig aufzuklären (BGH, Urt. v. 29.1.1992 - VIII ZR 202/90, MDR 1992, 708 = NJW 1992, 1768 [1769]; Urt. v. 29.1.2002 - XI ZR 86/01, BGHReport 2002, 419 = MDR 2002, 594 = WM 2002, 557; und v. 18.11.2003 - XI ZR 332/02, WM 2004, 27 [31]). Das Berufungsgericht hätte dem Kläger den geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht versagen dürfen, ohne die angebotenen Beweise zu erheben.
Nach der unter Beweis gestellten Behauptung des Klägers hat dem Kaufpreis von 237.530 DM, der entgegen dem Vorbringen der Beklagten keine Nebenkosten umfasst habe (vgl. BGH v. 18.4.2000 - XI ZR 193/99, MDR 2000, 893 = WM 2000, 1245 [1247]), zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Jahre 1998 ein Verkehrswert der Wohnung von nur 105.000 DM gegenüber gestanden, was der Beklagten bekannt gewesen sei. Wie die Revision zu Recht rügt, hat der Kläger dies unter Vorlage von Unterlagen und unter Hinweis auf Erkenntnisse aus anderen Rechtstreitigkeiten betreffend den Erwerb von Eigentumswohnungen in D. im Jahr 1998 im Einzelnen vorgetragen. Diesen Vortrag hat das Berufungsgericht übergangen und allein auf die fehlende Aussagekraft des vom Kläger vorgelegten Gutachtens abgestellt, das im Rahmen des 2 1/2 Jahre später durchgeführten Zwangsversteigerungsverfahrens eingeholt worden war. Jenes Gutachten mag zwar aus den vom LG und vom OLG dargelegten Gründen Zweifel am Wahrheitsgehalt der Behauptung des Klägers über den Verkehrswert der Eigentumswohnung im Erwerbszeitpunkt begründen. Diese hätte das Berufungsgericht jedoch mit Rücksicht auf das Verbot der vorweggenommenen Würdigung nicht erhobener Beweise (vgl. BGH BGHZ 53, 245 [260]; Urt. v. 19.5.2002 - XI ZR 183/01, BGHReport 2002, 651 = MDR 2002, 963 = WM 2002, 1004 [1006]) erst nach Erhebung der vom Kläger für seine Behauptung angetretenen Beweise im Rahmen der dann vorzunehmenden Beweiswürdigung berücksichtigen dürfen.
b) Auf die weiteren vom Kläger vorgebrachten Einwände, die sich gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts zu den Rechtsfolgen eines wirksamen Widerrufs richten, kommt es mangels ausreichender Feststellungen des Berufungsgerichts zum Vorliegen einer der Beklagten zurechenbaren Haustürsituation im gegenwärtigen Verfahrensstand nicht an. Das gilt auch für die von der Revision angesprochene Frage nach den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für die Rückabwicklung widerrufener Realkreditverträge.
III.
Das angefochtene Urteil war nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, war sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 S. 1 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 1118768 |
DB 2004, 647 |
DStZ 2004, 278 |
BGHR 2004, 595 |
EBE/BGH 2004, 2 |
NJW-RR 2004, 1126 |
EWiR 2004, 389 |
IBR 2004, 226 |
NZM 2004, 351 |
WM 2004, 521 |
WuB 2004, 429 |
ZAP 2004, 527 |
ZIP 2004, 500 |
ZfIR 2005, 741 |
MDR 2004, 582 |
BKR 2004, 185 |
BTR 2004, 135 |
ZBB 2004, 155 |
ImmoStR 2004, 297 |
JWO-VerbrR 2004, 82 |