Leitsatz (amtlich)
Die Bestellung einer Sicherheit für eine eigene, durch eine entgeltliche Gegenleistung begründete Verbindlichkeit ist nicht nach § 134 InsO als unentgeltliche Verfügung anfechtbar (Bestätigung von BGH v. 12.7.1990 - IX ZR 245/89, BGHZ 112, 136 = MDR 1990, 1109).
Normenkette
InsO § 134
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des OLG Rostock v. 14.7.2003 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger ist Verwalter in dem am 1.4.2001 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der I. GmbH (künftig auch: Schuldnerin). Die Beklagte gewährte der Schuldnerin mit Vertrag v. 30.7.1998 ein Darlehen über 1,9 Mio. DM zur Finanzierung eines Grundstückskaufs in Rostock. Zur Sicherheit bestellte die Schuldnerin der Beklagten eine Gesamtgrundschuld i.H.v. 10 Mio. DM. Außerdem gewährte die Beklagte der Schuldnerin und einem Mitgesellschafter zur Finanzierung eines Hotelprojektes ein Darlehen, das mit Grundschulden über insgesamt 20 Mio. DM gesichert wurde.
Durch Vertrag v. 2.8.1999 räumte die Beklagte der Schuldnerin einen weiteren Kredit i.H.v. 1.933.000 DM ein, der der Finanzierung des Neubaus eines Gebäudes auf einem Grundstück der Schuldnerin im B.-Weg 4a in Rostock dienen sollte. Anlässlich dieses Kreditvertrages wurde ebenfalls am 2.8.1999 zwischen der Schuldnerin und der Beklagten eine Globalabtretung aller der Schuldnerin gegenwärtig und künftig zustehenden Kaufpreisforderungen aus dem Verkauf der noch zu erstellenden Stadtvilla im B. -Weg 4a bzw. der daraus zu bildenden Wohnungs- und Teileigentumsrechte vereinbart. Gemäß Ziff. 2 der Vereinbarung sollten die abgetretenen Forderungen der Sicherung aller bestehenden und künftigen, auch bedingten und befristeten Forderungen der Beklagten gegen die Schuldnerin dienen. Dieses Darlehen wurde in der Folgezeit nicht valutiert, das geplante Wohngebäude nicht errichtet.
Am 18.12.2000 verkaufte die Schuldnerin die unbebauten Grundstücke B.-Weg 4 und 4a. Die Auflassungsvormerkung wurde für die Käuferin am 25.1.2001 im Grundbuch eingetragen. Am 22.2.2001 stellte die Schuldnerin Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Am selben Tag kündigte die Beklagte der Schuldnerin die Kredite. Zu diesem Zeitpunkt bestand für das Hotelprojekt ein Sollsaldo von 5.564.551,48 DM, für das Darlehen v. 30.7.1998 ein Sollsaldo von 1.032.285,57 DM.
Am 15.5.2001 vereinbarte der Kläger mit der Käuferin einen Nachtrag zu dem Kaufvertrag v. 18.12.2000. Die Käuferin zahlte am 6.6.2001 als Kaufpreis 372.000 DM auf ein Treuhandkonto des Klägers, weitere 35.000 DM auf ein Treuhandkonto des Notars. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass dem Kläger hieraus 9 % gem. § 170 Abs. 1, § 171 InsO als Feststellungs- und Verwertungspauschale zustehen. Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass er nicht verpflichtet ist, den überschießenden Betrag an die Beklagte auszuzahlen. Die Klage ist in beiden Instanzen erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Feststellungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision ist unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht hat gemeint, die Kaufpreisforderung sei von der Schuldnerin im Wege der Globalzession wirksam an die Beklagte abgetreten worden. Die Globalzession sei trotz der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durchsetzbar. Da zu Gunsten der Käuferin am 25.1.2001 eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen worden sei, könne sie gem. § 106 Abs. 1 InsO Befriedigung aus der Insolvenzmasse verlangen. Dem Kläger habe deshalb ein Wahlrecht nach § 103 InsO nicht zugestanden. Mit der Nachtragsvereinbarung v. 15.5.2001 habe der Kläger keine neue Verbindlichkeit begründet, sondern den alten Kaufvertrag lediglich modifiziert.
Diese Ausführungen werden von der Revision nicht angegriffen. Sie sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
II.
Das Berufungsgericht hat weiter ausgeführt, die vom Kläger erklärte Anfechtung greife nicht durch. Die Bestellung einer Sicherheit für eine eigene, durch entgeltliche Gegenleistung begründete Verbindlichkeit stelle keine nach § 134 InsO anfechtbare unentgeltliche Leistung dar.
Dem Kläger stehe auch kein Anspruch auf Rückübertragung der zedierten Forderung zu. Eine Zweckverfehlung i.S.d. § 812 Abs. 1 S. 2 Fall 2 BGB liege nicht vor.
Diese Ausführungen greift die Revision an:
Entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Senats zu § 32 KO und § 10 Abs. 1 Nr. 3 GesO, deren Übertragung auf § 134 InsO allerdings nahe liege, könnten Kreditgeschäft und Sicherungsabrede nicht als einheitliches Rechtsgeschäft angesehen werden. Die Sicherheit sei ein selbstständiger forderungsverstärkender Vermögenswert; werde sie für eine Forderung gewährt, die in der Krise des Unternehmens bereits wertlos sei, und ermögliche sie dadurch eine Befriedigung, fließe dem Gläubiger ein neuer Vermögensvorteil zu. Deshalb dürfe die Gewährung der Sicherheit nur als entgeltlich angesehen werden, wenn für sie eine selbstständige werthaltige Gegenleistung vereinbart werde. Die Gewährung der Sicherheit im Streitfall sei hiernach als unentgeltliche Leistung anfechtbar.
Jedenfalls habe der Kläger einen Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 2 Fall 2 BGB, weil der Zweck der weiteren Darlehensauszahlung verfehlt worden sei.
III.
Das Berufungsurteil ist auch insoweit zutreffend, als es von der Revision angegriffen wird.
1. Die vom Kläger nach § 134 InsO erklärte Anfechtung der Globalabtretung v. 2.8.1999 greift nicht durch. Die Globalabtretung war keine unentgeltliche Leistung der Schuldnerin an die Beklagte.
a) In seiner grundlegenden Entscheidung v. 12.7.1990 (BGH v. 12.7.1990 - IX ZR 245/89, BGHZ 112, 136 = MDR 1990, 1109) hat der Senat aus der Entstehungsgeschichte des § 32 Nr. 1 KO aufgezeigt, dass die Sicherung einer entgeltlich begründeten eigenen Verbindlichkeit stets als entgeltlich anzusehen ist. Wie bereits das Reichsgericht hat er es entgegen einer schon damals in der Literatur vertretenen Auffassung abgelehnt, die Sicherungsabrede von der zu Grunde liegenden Verbindlichkeit zu trennen.
b) In § 10 Abs. 1 Nr. 3 GesO ist - abweichend vom Wortlaut des § 32 Nr. 1 KO - nicht von unentgeltlichen Verfügungen, sondern von unentgeltlichen Übertragungen die Rede. Inhaltlich bedeutet dies jedoch keinen Unterschied. Der Senat hat deshalb die Rechtsprechung zu § 32 Nr. 1 KO auf § 10 Abs. 1 Nr. 3 GesO übertragen. Auch nach dieser Bestimmung ist die nachträgliche Bestellung einer Sicherheit für eine eigene, entgeltlich begründete Verbindlichkeit nicht als unentgeltliche Verfügung anfechtbar (BGH v. 10.7.1997 - IX ZR 341/95, BGHZ 137, 267 [282]; Urt. v. 11.12.1997 - IX ZR 278/96, MDR 1998, 426 = ZIP 1998, 247 [248]; v. 6.4.2000 - IX ZR 122/99, MDR 2000, 907 = ZIP 2000, 932 [935]).
c) Diese Rechtsprechung hat Zustimmung gefunden (Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Aufl., § 32 Rz. 3a, 5; Jaeger/Henckel, KO, 9. Aufl., § 32 Rz. 4; Hess/Binz/Wienberg, GesO, § 10 Rz. 97; Haarmeyer/Wutzke/Förster, GesO, 4. Aufl., § 10 Rz. 72; Smid/Zeuner, GesO, 3. Aufl., § 10 Rz. 110, 111; Gerhardt, EWiR 1990, 919). Auch für § 3 Abs. 1 Nr. 3 AnfG a.F., der wie § 32 Nr. 1 KO von unentgeltlichen Verfügungen spricht, wird diese Auffassung vertreten (Huber, AnfG, 8. Aufl., § 3 Anm. III 6; Huber, AnfG, 9. Aufl., § 4 Rz. 26).
d) Für § 134 InsO kann nichts Anderes gelten. Er weicht zwar im Wortlaut von den genannten früheren Normen ab, indem er - wie § 4 AnfG n.F. - eine unentgeltliche Leistung des Schuldners für anfechtbar erklärt. Eine sachliche Änderung ist mit diesem Wortlaut aber nicht bezweckt. Vielmehr sollte die geltende Rechtsauffassung bestätigt und deutlich gemacht werden, dass der Tatbestand nicht nur rechtsgeschäftliche Verfügungen im engeren materiellrechtlichen Sinn erfasst, sondern auch andere, verfügungsähnliche Einwirkungen auf ein subjektives Recht zu Lasten des haftenden Schuldnervermögens (BT-Drucks. 12/2443, 160 f. zu § 149 RegE InsO; HK-InsO/Kreft, 3. Aufl., § 134 Rz. 3; Henckel in Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 840 Rz. 55).
Der Senat hält deshalb auch für § 134 InsO im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte und den in den Motiven zur Konkursordnung niedergelegten Gesetzeszweck daran fest, dass - unabhängig von sonstigen allgemeinen Definitionen der Entgeltlichkeit - die Bestellung einer Sicherheit für die eigene, durch eine entgeltliche Gegenleistung begründete Verbindlichkeit nicht als unentgeltliche Verfügung anfechtbar ist.
Das entspricht der herrschenden Meinung (vgl. etwa HK-InsO/Kreft, 3. Aufl., § 134 Rz. 11; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 12. Aufl., § 134 Rz. 31; Kübler/Prütting/Paulus, InsO, § 134 Rz. 21).
Von anderer Seite wird dagegen weiterhin eine unentgeltliche Leistung i.S.d. § 134 InsO für gegeben erachtet, wenn nicht auch die konkrete Sicherungsabrede entgeltlich getroffen wurde (Kirchhof in MünchKomm/InsO, § 134 Rz. 25 ff.; Ganter in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 2. Aufl., § 90 Rz. 180). Dies sei regelmäßig der Fall, wenn die Stellung der Sicherheit vor oder bei Abschluss des Kreditgeschäfts selbst vereinbart wurde. Dagegen fehle die Entgeltlichkeit regelmäßig bei der nachträglichen Besicherung einer noch unkündbaren Forderung gegen den Schuldner. Bei einer gekündigten oder kündbaren Forderung könne dagegen das "Stehenlassen" (Stundung; Vereinbarung der Nichtgeltendmachung) im Einzelfall ein ausgleichender Gegenwert für die Besicherung sein, wenn der Gläubiger zu dieser Zeit noch die Rückzahlung habe erlangen können. Dem hat sich die Revision angeschlossen.
Dieser Auffassung kann auch jetzt aus den dargelegten Gründen nicht gefolgt werden. Sie würde außerdem zu unlösbaren Abgrenzungsschwierigkeiten führen. Auch wenn die Gewährung einer Sicherheit von einer Gegenleistung abhängig gemacht wird, ist der Wert dieser Gegenleistung objektiv häufig kaum bewertbar. Als mögliche Gegenleistungen werden etwa die Stundung oder die Vereinbarung des (vorübergehenden) Nichtgeltendmachens genannt (Kirchhof in MünchKomm/InsO, § 134 Rz. 29). Welchen Wert eine derartige "Gegenleistung" im Zeitpunkt der Sicherheitsleistung und ihres nach § 140 Abs. 1 InsO maßgeblichen Wirksamwerdens hat, ist kaum zu erfassen, eine Entgeltlichkeit der Gegenleistung also nicht mit der erforderlichen Rechtssicherheit für die Beteiligten feststellbar (so schon BGHZ 58, 240 [244]; BGH v. 12.7.1990 - IX ZR 245/89, BGHZ 112, 136 [139] = MDR 1990, 1109).
Darüber hinaus gebietet der Schutzzweck des § 134 InsO in solchen Fällen keine Anfechtung. Erwirbt der Gläubiger eine Sicherheit, die er nicht, nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hat und die deshalb inkongruent ist, ist diese Rechtshandlung unter den Voraussetzungen des § 131 InsO anfechtbar. Die Erweiterung des Begriffs der Unentgeltlichkeit in § 134 InsO in dem gewünschten Sinne würde regelmäßig alle inkongruent geleisteten Sicherheiten erfassen und damit die Möglichkeit ihrer Anfechtbarkeit auch in zeitlicher Hinsicht deutlich ausdehnen. Dies würde die Abgrenzung der Anfechtungswürdigkeit eines Verhaltens nach § 131 InsO unterlaufen. Die Gewährung einer Sicherheit, auch wenn sie kongruent ist, kann ferner insbes. nach § 130 und § 133 InsO anfechtbar sein. Mit diesen Vorschriften wird der Gesamtheit der Gläubiger des Schuldners ausreichend Schutz vor der Bevorzugung eines einzelnen Gläubigers gewährt.
2. Die von der Revision als unbefriedigend angesehenen Fälle, in denen die Sicherheit in der Krise des Schuldners gewährt wird, wenn die Forderung selbst für den Gläubiger bereits wertlos ist, finden nach § 130 InsO, insbes. aber nach §§ 131, 133 InsO eine befriedigende Lösung.
Diese Vorschriften sind vom LG und Berufungsgericht im vorliegenden Fall nicht geprüft worden. Sie greifen im Ergebnis nicht durch, weil der Kläger die Voraussetzungen hierfür nicht dargetan hat.
a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Anfechtung ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hier nicht der 2.8.1999, an dem die Urkunde über die Globalabtretung unterzeichnet wurde. Gemäß § 140 Abs. 1 InsO gilt eine Rechtshandlung vielmehr in dem Zeitpunkt als vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. Bei mehraktigen Rechtshandlungen treten diese erst mit dem Letzten zur Erfüllung des Tatbestandes erforderlichen Teilakt ein (BGH v. 18.12.1986 - IX ZR 11/86, BGHZ 99, 274 [286] = MDR 1987, 402; v. 28.2.1991 - IX ZR 74/90, BGHZ 113, 393 [394]; Urt. v. 23.10.2003 - IX ZR 252/01, BGHReport 2004, 195 = MDR 2004, 596 = ZIP 2003, 2307 [2309]; v. 22.1.2004 - IX ZR 39/03, BGHReport 2004, 696 = MDR 2004, 775 = WM 2004, 517 [518]; v. 17.2.2004 - IX ZR 318/01, BGHReport 2004, 695 = ZIP 2004, 669 [670]; HK-InsO/Kreft, 3. Aufl., § 140 Rz. 4; Kirchof in MünchKomm/InsO, § 140 Rz. 7). Bei Vorausabtretungen kommt es deshalb darauf an, wann die abgetretene Forderung entsteht (BGHZ 30, 238 [239]; BGH, Urt. v. 24.10.1996 - IX ZR 284/95, MDR 1997, 153 = ZIP 1996, 2080, 2082; v. 20.3.2003 - IX ZR 166/02, MDR 2003, 833 = BGHReport 2003, 765 = ZIP 2003, 808 [809]; st.Rspr.; Kirchof in MünchKomm/InsO, § 140 Rz. 14; HK-InsO/Kreft, 3. Aufl., § 140 Rz. 4).
Der Anspruch der Schuldnerin aus dem Kaufvertrag ist mit dessen Abschluss am 18.12.2000 entstanden. Dies hat das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt. Auf diesen Zeitpunkt kommt es deshalb auch für die Anfechtung an. Er liegt 2 Monate und 4 Tage vor dem Antrag der Schuldnerin auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und damit in der kritischen Zeit des § 130 Abs. 1 Nr. 1, § 131 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InsO. Der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger hat allerdings weder vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass die Schuldnerin zu diesem Zeitpunkt zahlungsunfähig war, noch dass die Beklagte die Zahlungsunfähigkeit kannte. Deshalb können die Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 und § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht festgestellt werden.
b) Die Sicherungsabtretung war, soweit sie bereits früher ausgereichte Darlehen besichern sollte, inkongruent. § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO setzt voraus, dass dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, dass diese die Insolvenzgläubiger benachteiligt. Der Gläubiger hat diese Kenntnis, wenn er weiß, dass der Schuldner nicht mehr in der Lage ist, sämtliche Gläubiger zu befriedigen (BGH, Urt. v. 18.12.2003 - IX ZR 199/02, MDR 2004, 650 = BGHReport 2004, 480 = ZIP 2004, 319, 322; HK-InsO/Kreft, 3. Aufl., § 131 Rz. 21).
Entsprechende Feststellungen sind nicht entbehrlich; denn die Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kann nicht allein wegen der Inkongruenz der Sicherheit angenommen werden. Nur wenn dem Gläubiger eine finanziell beengte Lage des Schuldners bekannt ist, kann die Inkongruenz einer Deckung auch im Rahmen des § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO ein nach § 286 ZPO zu würdigendes Beweisanzeichen für die Kenntnis des Gläubigers von der Gläubigerbenachteiligung sein (BGH, Urt. v. 18.12.2003- IX ZR 199/02, MDR 2004, 650 = BGHReport 2004, 480 = ZIP 2004, 319, 322 f.).
Der Umstand, dass der Gläubiger im maßgeblichen Zeitpunkt wusste, dass sich die Schuldnerin in einer finanziell beengten Lage befand, ist vom Kläger zu beweisen (BGH, Urt. v. 18.12.2003- IX ZR 199/02, MDR 2004, 650 = BGHReport 2004, 480 = ZIP 2004, 319, 322 [323]; HK-Inso/Kreft, 3. Aufl., § 131 Rz. 24; Kirchof in MünchKomm/InsO, § 131 Rz. 63). Dieser hat hierzu nichts vorgetragen.
c) Eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO kann ebenfalls nicht festgestellt werden. Auch hierzu fehlt jeder Vortrag.
3. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Rückabtretung der Forderung wegen Zweckverfehlung gem. § 812 Abs. 1 S. 2 Fall 2 BGB zu.
a) Ein Bereicherungsanspruch nach dieser Bestimmung (condictio ob rem) erfordert eine tatsächliche Einigung der Beteiligten über einen später nicht mehr erreichbaren Zweck; diese darf aber nicht den Charakter einer vertraglichen Bindung erreichen. Haben die Beteiligten eine vertragliche Vereinbarung geschlossen, auf Grund derer die Leistungen erbracht werden, ist das Rechtsverhältnis nach den Grundsätzen des Vertragsrechts abzuwickeln (BGHZ 44, 321 [323]; BGH, Urt. v. 17.6.1992 - XII ZR 253/90, MDR 1992, 1029 = WM 1992, 1674; v. 22.6.2001 - V ZR 128/00, MDR 2001, 1227 = BGHReport 2001, 816 = WM 2001, 1909 [1911]; Palandt/Sprau, BGB, 63. Aufl., § 812 Rz. 86; Lieb in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 812 Rz. 200 ff.).
Eine stillschweigende Einigung über den mit einer Leistung bezweckten Erfolg ist anzunehmen, wenn der Empfänger die Erwartung des Leistenden kennt und durch die Annahme zu verstehen gibt, dass er diese Zweckbestimmung billigt (BGHZ 44, 321; BGH, Urt. v. 19.1.1973 - V ZR 24/71, NJW 1973, 612 [613]; Lieb in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 812 Rz. 201). Die Erwartung des Leistenden darf danach nicht lediglich dessen Motiv sein. Voraussetzung ist vielmehr das Zustandekommen einer Willenseinigung zwischen den Parteien, dass der Empfänger die Leistung nur im Hinblick auf einen bestimmten Zweck erhält (Lieb in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 812 Rz. 200 f.).
b) Die Globalabtretung v. 2.8.1999 sichert schon ihrem Wortlaut nach nicht nur den künftigen Anspruch aus dem Darlehensvertrag vom selben Tage, sondern auch bereits bestehende Ansprüche der Beklagten. Die vom Kläger behauptete gemeinsame Erwartung der Parteien, es werde zur Durchführung des Bauvorhabens auf dem Grundstück B.-Weg 4a und damit zur Valutierung des Darlehensvertrages v. 2.8.1999 kommen, wird von der Beklagten bestritten. Eine solche Zweckbestimmung außerhalb vertraglicher Bindung lässt sich den Vereinbarungen der Parteien nicht entnehmen. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass eine solche gemeinsame Erwartung außerhalb der geschlossenen Vereinbarungen begründet worden sein könnte, sind nicht vorgetragen. Der Kredit durfte gemäß Ziff. 6.2 des Darlehensvertrages erst in Anspruch genommen werden, wenn die Globalzession vorgenommen war. Diese war damit vertragliche Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Darlehens und Grundlage des Vertragsvollzugs. Dass umgekehrt die Globalzession den von den Parteien gemeinsam gewollten Zweck verfolgte, den Darlehensvertrag auch tatsächlich zu vollziehen, lässt sich demgegenüber nicht feststellen. Der Darlehensvertrag war ein Bauzwischenkredit in Form eines Höchstbetragsdarlehens; der Kredit sollte auf einem Girokonto zur Verfügung gestellt werden. Ob und in welcher Höhe die Schuldnerin das Darlehen in Anspruch nahm, stand in ihrem Belieben. Nach Ziff. 3 des Vertrages durften außerdem beide Parteien den Vertrag jederzeit ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Unter diesen Umständen kann nicht angenommen werden, dass die Globalabtretung über die Herstellung der Auszahlungsvoraussetzungen für das Darlehen v. 2.8.1999 hinaus die tatsächliche Valutierung des Darlehens zur Zweckbestimmung hatte. Es ist schon nicht dargetan oder ersichtlich, dass die Schuldnerin eine solche Bestimmung für die Beklagte erkennbar gemacht hätte. Zumindest kann nicht davon ausgegangen werden, dass auch die Beklagte für den Fall, dass das Darlehen nicht (voll) valutiert werden sollte, den Zweck der Globalabtretung als entfallen ansehen wollte; mit ihr wollte sie sich gerade auch für bereits früher entstandene Forderungen weitere Sicherheiten verschaffen.
Jedenfalls ist alles, was zwischen den Parteien vereinbart wurde, Gegenstand vertraglicher Abreden. Darüber hinausgehende Absprachen oder Zweckbindungen sind nicht dargetan. Damit fehlt es an der erforderlichen außervertraglichen gemeinsamen Zweckbestimmung.
Fundstellen
Haufe-Index 1212031 |
DB 2004, 2748 |
DStZ 2004, 736 |
DStZ 2004, 808 |
DStZ 2006, 424 |
BGHR 2005, 54 |
EBE/BGH 2004, 3 |
NJW-RR 2004, 1563 |
EWiR 2005, 29 |
StuB 2004, 1084 |
WM 2004, 1837 |
ZIP 2004, 1819 |
ZfIR 2004, 1037 |
DNotZ 2005, 129 |
DZWir 2004, 472 |
InVo 2004, 497 |
MDR 2005, 172 |
NZI 2004, 623 |
ZInsO 2004, 967 |
NotBZ 2004, 388 |
ZVI 2004, 603 |
LMK 2005, 14 |