Leitsatz (amtlich)
a) Der kennzeichenrechtliche Schutz aus §§ 5, 15 MarkenG geht in seinem Anwendungsbereich grundsätzlich dem Namensschutz aus § 12 BGB vor.
b) Schon die Registrierung, nicht erst die Benutzung eines fremden Unternehmenskennzeichens als Domain-Name im nichtgeschäftlichen Verkehr, stellt einen unbefugten Namensgebrauch nach § 12 BGB dar.
c) Verwendet ein Nichtberechtigter ein bekanntes Kennzeichen als Domain-Namen im geschäftlichen Verkehr, liegt darin eine Beeinträchtigung der Kennzeichnungskraft des bekannten Zeichens nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 bzw. § 15 Abs. 3 MarkenG.
d) Kommen mehrere berechtigte Namensträger für einen Domain-Namen in Betracht, führt die in Fällen der Gleichnamigkeit gebotene Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen im allgemeinen dazu, daß es mit der Priorität der Registrierung sein Bewenden hat. Nur wenn einer der beiden Namensträger eine überragende Bekanntheit genießt und der Verkehr seinen Internet-Auftritt unter diesem Namen erwartet, der Inhaber des Domain-Namens dagegen kein besonderes Interesse gerade an dieser Internet-Adresse dartun kann, kann der Inhaber des Domain-Namens verpflichtet sein, seinem Namen in der Internet-Adresse einen unterscheidenden Zusatz beizufügen.
e) Dem Berechtigten steht gegenüber dem nichtberechtigten Inhaber eines Domain-Namens kein Anspruch auf Überschreibung, sondern nur ein Anspruch auf Löschung des Domain-Namens zu.
Normenkette
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 3, § 15 Abs. 3; BGB § 12
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 25. März 1999 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und im Umfang der nachfolgenden Abänderung aufgehoben.
Auf die Berufungen der Parteien wird das Urteil des Landgerichts München I, 21. Zivilkammer, vom 27. Mai 1998 unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:
Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, das Zeichen „shell.de” außerhalb des geschäftlichen Verkehrs im Internet als Domain-Name zu verwenden.
Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird dem Beklagten Ordnungsgeld bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.
Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus der Verwendung der im Tatbestand wiedergegebenen Homepage und/oder des Domain-Namens „shell.de” in der Werbung für Textverarbeitung, Übersetzungen, Durchführung von Recherchen, Erstellung und Produktion von Printbeiträgen entstanden ist oder noch entstehen wird.
Der Beklagte wird ferner verurteilt, gegenüber der DENIC auf die Registrierung des Domain-Namens „shell.de” zu verzichten.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des landgerichtlichen Verfahrens und des Revisionsverfahrens haben die Klägerin 51 % und der Beklagte 49 % zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 71 %, der Beklagte 29 % zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten um die für den Beklagten registrierte Internet-Adresse „shell.de”.
Die Klägerin ist die Deutsche Shell GmbH. Sie ist ein Tochterunternehmen des weltweit bekannten Mineralölunternehmens Shell. Sie wurde am 12. Oktober 1917 unter dem Namen Deutsche Shell Aktiengesellschaft gegründet und vor kurzem in eine GmbH umgewandelt. Die Muttergesellschaft der Klägerin ist Inhaberin zweier Wortmarken „SHELL”, die eine eingetragen u.a. für Treibstoffe aller Art (Zeitrang 31.3.1955), die andere eingetragen für eine Fülle von Dienstleistungen, u.a. im Bereich des Marketing, der Datenverarbeitung und der Ausbildung (Zeitrang 2.4.1979). Der Beklagte heißt Andreas Shell. Er betreibt im Nebenberuf ein Unternehmen, das u.a. Übersetzungen sowie die Erstellung von Pressetexten anbietet.
Ein Unternehmen (im folgenden: ISB), das auch Inhaberin einer Vielzahl anderer Domain-Namen ist, ließ bei der DENIC die Adresse „shell.de” im April 1996 für sich registrieren und bot der Klägerin kurz darauf an, ihren Internet-Auftritt unter diesem Domain-Namen zu konzipieren und zu organisieren. Nachdem die Klägerin auf dieses Angebot nicht eingegangen war, bot ISB die Internet-Adresse „shell.de” dem Beklagten an. Der Beklagte nahm dieses Angebot an – er ist inzwischen Inhaber dieses Domain-Namens – und richtete unter der Adresse „shell.de” die nachstehend wiedergegebene, im Original in den Farben rot und gelb gehaltene Homepage ein, mit der er auf sein Unternehmen hinwies:
Die Klägerin hat die Verwendung der Internet-Adresse „shell.de” durch den Beklagten als eine Verletzung ihrer berühmten Marken sowie als wettbewerbswidrig beanstandet. Sie hat den Beklagten auf Unterlassung der Verwendung des Domain-Namens „shell.de” und der oben wiedergegebenen Homepage in Anspruch genommen und beantragt, die Verpflichtung des Beklagten zur Leistung von Schadensersatz festzustellen. Ferner hat sie Auskunft sowie die Umschreibung des Domain-Namens „shell.de” auf sich begehrt. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht hat es dem Beklagten untersagt,
- das Zeichen „Shell.de” im Internet als Domain-Namen zu verwenden;
- in der Werbung für Textverarbeitung, Übersetzungen, Durchführung von Recherchen, Erstellung und Produktion von Printbeiträgen die oben wiedergegebene Homepage und/oder den Domain-Namen „Shell.de” zu verwenden.
Ferner hat das Landgericht die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz wegen Handlungen nach Ziffer 2 festgestellt und den Beklagten zur Erteilung einer Auskunft verurteilt. Soweit die Klägerin mit der Klage die Umschreibung des Domain-Namens „Shell.de” auf sich begehrt hatte, hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Gegen das Urteil des Landgerichts haben beide Parteien Berufung eingelegt. Dabei hat der Beklagte das Ziel der vollständigen Klageabweisung verfolgt, während sich die Klägerin gegen die Abweisung ihrer Klage mit dem Umschreibungsantrag gewendet hat. Hilfsweise zu diesem Antrag hat sie im Berufungsverfahren beantragt, den Beklagten zu verurteilen, gegenüber der DENIC auf die Registrierung des Domain-Namens „shell.de” zu verzichten.
Der Beklagte hat im Berufungsverfahren eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, durch die er sich gegenüber der Klägerin verpflichtet hat, das Zeichen „shell.de” als Domain-Namen im Internet nicht mehr im geschäftlichen Verkehr zu benutzen. Die Homepage hat er entsprechend verändert.
Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten im wesentlichen zurückgewiesen; nur hinsichtlich des Auskunftsantrags hat es die Klage abgewiesen, nachdem der Beklagte die Auskunft erteilt hatte. Auf die Berufung der Klägerin hat es den Beklagten zusätzlich verurteilt, gegenüber der DENIC Zug um Zug gegen Erstattung der Registrierungskosten in die Umschreibung des Domain-Namens „shell.de” auf die Klägerin einzuwilligen (OLG München WRP 1999, 955).
Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten, mit der er seinen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin sowohl hinsichtlich der generellen Verwendung des Domain-Namens „shell.de” als auch hinsichtlich des Einsatzes der oben wiedergegebenen Homepage sowie des Domain-Namens „shell.de” für das Übersetzungs- und Pressebüro des Beklagten bejaht und diesen Anspruch aus § 12 BGB abgeleitet. Eine Internet-Adresse könne Kennzeichnungs- und Namensfunktion besitzen. Für „shell.de” gelte dies bereits wegen der überragenden Bekanntheit und Berühmtheit des Namens und der Marke „Shell”; dies führe dazu, daß derjenige, der die Internet-Adresse „shell.de” anwähle, eine Homepage der Klägerin und nicht die einer ihm unbekannten Person mit dem Familiennamen Shell erwarte. Zwar komme einer juristischen Person Namens- und Firmenschutz nur in ihrem Funktionsbereich zu; insbesondere sei im Rahmen des § 12 BGB nur das geschäftliche Interesse der Klägerin schutzwürdig. Hierzu zähle aber auch das Interesse der Klägerin, im geschäftlichen Bereich nicht behindert zu werden. Die Klägerin werde aber behindert, wenn Interessenten, die mit ihr Kontakt aufnehmen wollten, fehlgeleitet würden und auf der Homepage des Beklagten landeten. Dem Beklagten sei es eher zuzumuten, sich von der Klägerin abzusetzen, als umgekehrt. Schließlich bestehe auch ein Interesse der Allgemeinheit, durch den Domain-Namen „shell.de” nicht auf eine falsche Fährte gelockt zu werden.
Im Streitfall komme noch hinzu, daß der Beklagte die Registrierung des Domain-Namens von einem Dritten übernommen habe, dem es in grob sittenwidriger Weise darum gegangen sei, durch Registrierung des Domain-Namens „shell.de” mit der Klägerin ins Geschäft zu kommen. Da die Klägerin gegen den Dritten ohne weiteres hätte vorgehen können, hafte der Registrierung ein Makel an, den auch der Beklagte gegen sich gelten lassen müsse.
Die vom Beklagten abgegebene Unterlassungserklärung führe nicht zu einer Erledigung des Rechtsstreits. Denn es bleibe dabei, daß der Beklagte auch weiterhin unter dem Domain-Namen „shell.de” erreichbar sei und Dritte über „shell.de” in geschäftlichen Kontakt zu ihm treten könnten. Im übrigen ändere die Unterlassungserklärung auch nichts daran, daß die Klägerin weiterhin gehindert sei, „shell.de” für sich registrieren zu lassen und im Internet zu verwenden.
Das Berufungsgericht hat ferner einen Anspruch der Klägerin auf Überschreibung des Domain-Namens bejaht. In Ermangelung einer gesetzlichen Regelung sei es sinnvoll, auf vergleichbare Fälle zurückzugreifen, so etwa auf die patentrechtliche Vindikation (§ 8 Satz 2 PatG) oder auf den Grundbuchberichtigungsanspruch nach § 894 BGB. So wie der Grundbuchstand im Falle des § 894 BGB nicht mit der Rechtslage im Einklang stehe, verhalte es sich mit der Registrierung des Domain-Namens zugunsten des Beklagten.
II. Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand. Nach der Unterwerfungserklärung des Beklagten kann die Klägerin nicht mehr verlangen, daß der Beklagte die Verwendung der Internet-Adresse „shell.de” im geschäftlichen Verkehr unterläßt (1.). Dagegen hat das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend auch in der privaten Verwendung dieser Adresse eine Verletzung des Namensrechts der Klägerin gesehen (2.). Auch die Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz hat das Berufungsgericht mit Recht bejaht (3.). Schließlich besteht kein Anspruch der Klägerin auf Umschreibung des Domain-Namens auf sie; sie kann lediglich beanspruchen, daß der Beklagte gegenüber der DENIC auf den streitigen Domain-Namen verzichtet (4.).
1. Zum Unterlassungsantrag hinsichtlich der Verwendung des Domain-Namens im geschäftlichen Verkehr:
Das angefochtene Urteil kann keinen Bestand haben, soweit dem Beklagten die Verwendung von „shell.de” im geschäftlichen Verkehr untersagt worden ist.
a) Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin aus § 12 BGB auch insoweit bejaht, als es um eine Verwendung des fraglichen Domain-Namens im geschäftlichen Verkehr geht. Dies begegnet Bedenken.
Mit dem Inkrafttreten des Markengesetzes am 1. Januar 1995 ist an die Stelle verschiedener kennzeichenrechtlicher Regelungen, die früher im Warenzeichengesetz oder im UWG enthalten waren oder den Generalklauseln der §§ 1 und 3 UWG oder des § 823 BGB entnommen wurden, eine umfassende, in sich geschlossene kennzeichenrechtliche Regelung getreten, die im allgemeinen den aus den Generalklauseln hergeleiteten Schutz verdrängt. Wie der Senat bereits für die bekannte Marke (BGHZ 138, 349, 351 f. – MAC Dog; BGH, Urt. v. 14.1.1999 – I ZR 149/96, GRUR 1999, 992, 995 = WRP 1999, 931 – BIG PACK; Urt. v. 29.4.1999 – I ZR 152/96, GRUR 2000, 70, 73 = WRP 1999, 1279 – SZENE; Urt. v. 20.10.1999 – I ZR 110/97, GRUR 2000, 608, 610 = WRP 2000, 529 – ARD-1; BGHZ 147, 56, 60 f. – Tagesschau; BGH, Urt. v. 26.4.2001 – I ZR 212/98, GRUR 2002, 167, 171 = WRP 2001, 1320 – Bit/Bud) sowie für geographische Herkunftsbezeichnungen (BGHZ 139, 138, 139 f. – Warsteiner II; BGH, Urt. v. 10.8.2000 – I ZR 126/98, GRUR 2001, 73, 76 = WRP 2000, 1284 – Stich den Buben; Urt. v. 19.9.2001 – I ZR 54/96, GRUR 2002, 160, 161 = WRP 2001, 1450 – Warsteiner III) entschieden hat, ist in dem Anwendungsbereich der jeweiligen Bestimmungen des Markengesetzes für die gleichzeitige Anwendung der §§ 1 und 3 UWG oder des § 823 BGB grundsätzlich kein Raum. Nicht anders verhält es sich mit dem nunmehr in §§ 5, 15 MarkenG geregelten Schutz des Unternehmenskennzeichens. Dieser zeichenrechtliche Schutz geht in seinem Anwendungsbereich grundsätzlich dem Namensschutz des § 12 BGB vor (vgl. BGH, Urt. v. 12.2.1998 – I ZR 241/95, GRUR 1998, 696, 697 = WRP 1998, 604 – Rolex-Uhr mit Diamanten; eingehend Goldmann, Schutz des Unternehmenskennzeichens, § 16 Rdn. 28 ff.; Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 5 Rdn. 7; Schwerdtner in MünchKomm.BGB, 4. Aufl., § 12 Rdn. 56; a.A. Fezer, MarkenR, 3. Aufl., § 2 MarkenG Rdn. 4; § 15 MarkenG Rdn. 21 f.; vgl. hierzu auch Teplitzky in Großkomm.UWG, § 16 Rdn. 18 ff.; Bettinger, GRUR Int. 1997, 402, 416 Fn. 86a; ders., CR 1998, 243).
b) Ob die Klägerin sich hinsichtlich einer Verwendung des Domain-Namens „shell.de” im geschäftlichen Verkehr auf ihre – wie das Berufungsgericht festgestellt hat – überragend bekannte Wortmarke und Unternehmenskennzeichnung „Shell” stützen kann (§ 14 Abs. 2 Nr. 3, § 15 Abs. 3 MarkenG), kann hier offenbleiben (vgl. dazu unten unter II.3.a). Denn aufgrund der vom Beklagten abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung fehlt es – wie die Revision mit Erfolg rügt – an dem für den Unterlassungsanspruch stets vorauszusetzenden Merkmal der Begehungsgefahr, hier in der Form der Wiederholungsgefahr (BGH, Urt. v. 9.11.1995 – I ZR 212/93, GRUR 1996, 290, 291 = WRP 1996, 199 – Wegfall der Wiederholungsgefahr I; Beschl. v. 16.11.1995 – I ZR 229/93, GRUR 1997, 379, 380 = WRP 1996, 284 – Wegfall der Wiederholungsgefahr II; Urt. v. 10.7.1997 – I ZR 62/95, GRUR 1998, 483, 485 = WRP 1998, 296 – Der M.-Markt packt aus; Urt. v. 26.10.2000 – I ZR 180/98, GRUR 2001, 453, 455 = WRP 2001, 400 – TCM-Zentrum; Urt. v. 31.5.2001 – I ZR 82/99, GRUR 2002, 180 f. = WRP 2001, 1179 – Weit-Vor-Winter-Schluß-Verkauf). Dagegen kann nicht mit dem Berufungsgericht eingewandt werden, die Beibehaltung der Internet-Adresse für eine private Homepage des Beklagten und seiner Familie erlaube es Dritten, mit dem Beklagten auch in geschäftlichen Dingen Kontakt aufzunehmen. Diese Erwägung berücksichtigt nicht hinreichend, daß es für das Handeln im geschäftlichen Verkehr auf die erkennbar nach außen tretende Zielrichtung des Handelnden ankommt. Dient das Verhalten nicht der Förderung der eigenen oder einer fremden erwerbswirtschaftlichen oder sonstigen beruflichen Tätigkeit, scheidet ein Handeln im geschäftlichen Verkehr aus (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., UWG Einl. Rdn. 208). Das Verhalten ist dann ausschließlich dem privaten Bereich außerhalb von Erwerb und Berufsausübung zuzurechnen.
2. Zum Unterlassungsantrag hinsichtlich der Verwendung des Domain-Namens außerhalb des geschäftlichen Verkehrs:
Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht dem Beklagten die Verwendung des Domain-Namens „shell.de” außerhalb des geschäftlichen Verkehrs untersagt hat. Der Klägerin steht insofern ein Anspruch auf Unterlassung aus § 12 BGB zu.
a) Auch wenn ein namensrechtlicher Schutz von Unternehmenskennzeichen aus § 12 BGB im geschäftlichen Bereich im Hinblick auf die speziellen Bestimmungen des Markengesetzes im allgemeinen nicht in Betracht kommt, kann gegenüber einem Handeln im privaten Verkehr – also außerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 5, 15 MarkenG – die Anwendbarkeit des § 12 BGB oder des § 823 Abs. 1 BGB nicht von vornherein ausgeschlossen werden (vgl. zu § 12 BGB BGH GRUR 1998, 696, 697 – Rolex-Uhr mit Diamanten).
Allerdings werden die Voraussetzungen des § 12 BGB bei einer Verwendung des Namens außerhalb des geschäftlichen Verkehrs häufig nicht vorliegen. Zwar ist nach § 12 BGB auch die Firma oder ein unterscheidungskräftiger Firmenbestandteil einer Gesellschaft oder eines einzelkaufmännischen Unternehmens geschützt (zum Firmenbestandteil BGHZ 24, 238, 240 f. – Tabu I; Teplitzky aaO § 16 Rdn. 15). Der aus § 12 BGB abgeleitete namensrechtliche Schutz einer Firma oder eines Firmenbestandteils ist jedoch stets auf den Funktionsbereich des betreffenden Unternehmens beschränkt und reicht nur so weit, wie geschäftliche Beeinträchtigungen zu befürchten sind (vgl. BGH, Urt. v. 7.11.1975 – I ZR 128/74, GRUR 1976, 379, 380 f. = WRP 1976, 102 – KSB; GRUR 1998, 696, 697 – Rolex-Uhr mit Diamanten; Schwerdtner aaO § 12 Rdn. 246). Diese Voraussetzung ist bei einer Benutzung des Namens eines Unternehmens durch einen Dritten außerhalb des geschäftlichen Verkehrs im allgemeinen nicht gegeben.
b) Im Streitfall wird jedoch auch durch die private Nutzung der Bezeichnung „Shell” als Domain-Name in das Namensrecht der Klägerin und ihrer Muttergesellschaft eingegriffen.
aa) Läßt ein nichtberechtigter Dritter dieses Kennzeichen als Domain-Namen registrieren, werden die schutzwürdigen Interessen des Kennzeicheninhabers massiv beeinträchtigt, weil die mit dieser Bezeichnung gebildete Internet-Adresse mit der Top-Level-Domain „.de” nur einmal vergeben werden kann. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß ein erheblicher Teil des Publikums Informationen im Internet in der Weise sucht, daß in die Adreßzeile der Name des gesuchten Unternehmens als Internet-Adresse („www.shell.de”) eingegeben wird (vgl. zur Suchgewohnheit bei Gattungsbegriffen BGHZ 148, 1, 6 – Mitwohnzentrale.de). Selbst wenn eine Registrierung des fremden Kennzeichens als Domain-Namen nur zu privaten Zwecken erfolgt, wird daher der Berechtigte von einer entsprechenden eigenen Nutzung seines Zeichens ausgeschlossen. Ihm wird die Möglichkeit genommen, dem interessierten Internet-Nutzer auf einfache Weise Information über das Unternehmen zu verschaffen.
bb) Verwendet ein Nichtberechtigter ein fremdes Kennzeichen als Domain-Namen, liegt darin eine Namensanmaßung (vgl. OLG Hamm NJW-RR 1998, 909, 910 – Krupp; OLG Köln CR 2000, 696 – maxem.de; GRUR 2000, 798, 799 – alsdorf.de; NJW-RR 1999, 622, 623 – herzogenrath.de; OLG Brandenburg K&R 2000, 496, 497 – luckau.de), nicht dagegen eine Namensleugnung (so aber OLG Düsseldorf WRP 1999, 343, 346 – ufa.de; kritisch dazu Viefhues, NJW 2000, 3239, 3240). Denn eine – stets rechtswidrige – Namensleugnung würde voraussetzen, daß das Recht des Namensträgers zur Führung seines Namens bestritten wird (Schwerdtner aaO § 12 Rdn. 167 u. 170; Weick/Habermann in Staudinger, BGB [1995], § 12 Rdn. 248). Auch wenn jeder Domain-Name aus technischen Gründen nur einmal vergeben werden kann, fehlt es bei der Registrierung als Domain-Name an einem solchen Bestreiten.
Anders als die Namensleugung ist die Namensanmaßung an weitere Voraussetzungen gebunden. Sie liegt nur vor, wenn ein Dritter unbefugt den gleichen Namen gebraucht, dadurch eine Zuordnungsverwirrung auslöst und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt (vgl. BGHZ 119, 237, 245 – Universitätsemblem, m.w.N.). Im Falle der Verwendung eines fremden Namens als Internet-Adresse liegen diese Voraussetzungen im allgemeinen vor. Ein solcher Gebrauch des fremden Namens führt im allgemeinen zu einer Zuordnungsverwirrung, und zwar auch dann, wenn der Internet-Nutzer beim Betrachten der geöffneten Homepage alsbald bemerkt, daß er nicht auf der Internet-Seite des Namensträgers gelandet ist (vgl. Schwerdtner aaO § 12 Rdn. 201 f.; Kur in Loewenheim/Koch, [Hrsg.], Praxis des Online-Rechts, 1998, S. 362). Ein – zu einer Identitätsverwirrung führender – unbefugter Namensgebrauch ist im übrigen bereits dann zu bejahen, wenn der Nichtberechtigte den Domain-Namen bislang nur hat registrieren lassen (Schwerdtner aaO § 12 Rdn. 202; zweifelnd Bücking, Namens- und Kennzeichenrecht im Internet [Domainrecht], 1999, Rdn. 114 u. 118). Denn die den Berechtigten ausschließende Wirkung setzt bei der Verwendung eines Namens als Internet-Adresse bereits mit der Registrierung ein.
c) Der Streitfall zeichnet sich allerdings dadurch aus, daß der Beklagte selbst Namensträger ist und sein Gebrauch des Namens „Shell” daher grundsätzlich nicht als unbefugt angesehen werden kann. Gleichwohl stößt die Verwendung des eigenen Namens durch den Beklagten im Streitfall an Grenzen. Die in Fällen der Gleichnamigkeit vorzunehmende Abwägung der Interessen der Namensträger führt dazu, daß der Beklagte seinen Namen nur mit einem unterscheidenden Zusatz als Internet-Adresse verwenden darf.
aa) Mit Recht hebt die Revision allerdings hervor, daß an sich niemandem verwehrt werden kann, sich in redlicher Weise im Geschäftsleben unter seinem bürgerlichen Namen zu betätigen (vgl. BGH, Urt. v. 10.11.1965 – Ib ZR 101/63, GRUR 1966, 623, 625 = WRP 1966, 30 – Kupferberg; Urt. v. 22.11.1984 – I ZR 101/82, GRUR 1985, 389, 390 = WRP 1985, 210 – Familienname; BGHZ 130, 134, 148 – Altenburger Spielkartenfabrik), und daß dies erst recht im nichtgeschäftlichen Bereich gilt. Doch auch dieser Grundsatz unterliegt Einschränkungen. Wird durch den Gebrauch des Namens die Gefahr der Verwechslung mit einem anderen Namensträger hervorgerufen, kann ausnahmsweise auch im privaten Verkehr die Pflicht bestehen, den Namen nur in einer Art und Weise zu verwenden, daß diese Gefahr nach Möglichkeit ausgeschlossen ist (vgl. BGHZ 29, 256, 263 f. – ten Doornkaat Koolman; Schwerdtner aaO § 12 Rdn. 229). Ein derartiges Gebot zur Rücksichtnahme trifft den Namensträger jedoch nur, wenn sein Interesse an der uneingeschränkten Verwendung seines Namens gegenüber dem Interesse des Gleichnamigen, eine Verwechslung der beiden Namensträger zu vermeiden, klar zurücktritt.
bb) Kommen mehrere Personen als berechtigte Namensträger für einen Domain-Namen in Betracht, gilt für sie hinsichtlich der Registrierung ihres Namens als Internet-Adresse grundsätzlich das Gerechtigkeitsprinzip der Priorität (vgl. BGHZ 148, 1, 10 – Mitwohnzentrale.de). Ihm muß sich grundsätzlich auch der Inhaber eines relativ stärkeren Rechts unterwerfen, der feststellt, daß sein Name oder sonstiges Kennzeichen bereits von einem Gleichnamigen als Domain-Name registriert worden ist (vgl. LG Paderborn MMR 2000, 49). Denn im Hinblick auf die Fülle von möglichen Konfliktfällen muß es im allgemeinen mit einer einfach zu handhabenden Grundregel, der Priorität der Registrierung, sein Bewenden haben.
Dem Beklagten kann im Streitfall nicht entgegengehalten werden, daß er sich den streitigen Domain-Namen von einem nichtberechtigten Dritten (ISB) hat übertragen lassen. Einem solchen Domain-Namen haftet – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – kein Makel an, der auch dann noch nachwirkt, wenn ein berechtigter Namensträger Inhaber der fraglichen Registrierung geworden ist. Hätte die Klägerin den Domain-Namen „shell.de” von ISB erworben, wäre ihre Inhaberschaft genausowenig durch einen Makel belastet wie im Falle des Erwerbs durch den Beklagten.
cc) Im Streitfall sind die Interessen der Parteien allerdings von derart unterschiedlichem Gewicht, daß es nicht bei der Anwendung der Prioritätsregel bleiben kann. Vielmehr gebietet es die zwischen Gleichnamigen geschuldete Rücksichtnahme, daß der Beklagte für seinen Domain-Namen einen Zusatz wählt, um zu vermeiden, daß eine Vielzahl von Kunden, die sich für das Angebot der Klägerin interessieren, seine Homepage aufruft.
Auf seiten der Klägerin ist zu berücksichtigen, daß sie mit ihrem Kennzeichen „Shell” eine überragende Bekanntheit genießt. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß ein Internet-Nutzer, der in der Adreßzeile den Domain-Namen „shell.de” eingibt, erwartet, auf die Homepage der Klägerin bzw. ihrer Muttergesellschaft zu treffen. Insofern verhält es sich anders als bei der Suche mit Hilfe eines Gattungsbegriffs: Wer einen solchen Begriff als Internet-Adresse eingibt (vgl. BGHZ 148, 1, 7 f. – Mitwohnzentrale.de), setzt von vornherein auf den Zufall und rechnet mit einer gewissen Streubreite des Suchergebnisses. Dagegen kann derjenige, der den Namen eines berühmten Unternehmens eingibt, im allgemeinen erwarten, daß er auf diese Weise relativ einfach an sein Ziel gelangt. Denn erfahrungsgemäß sind berühmte Unternehmen häufig unter dem eigenen Namen im Internet präsent und können – wenn sie auf dem deutschen Markt tätig sind – unter der mit der Top-Level-Domain „.de” gebildeten Internet-Adresse auf einfache Weise aufgefunden werden. Der heterogene Kreis der am Internet-Angebot der Klägerin interessierten Kunden kann auch nicht ohne weiteres darüber informiert werden, daß ihre Internet-Seiten unter einem anderen Domain-Namen als „shell.de” zu finden sind. Die Feststellungen des Berufungsgerichts belegen im übrigen die Annahme, daß ein Großteil der Internet-Nutzer auf eine falsche Fährte gelockt wird, wenn „shell.de” zur Homepage des Beklagten führt: Nach der vom Beklagten erteilten Auskunft ist der Domain-Name „shell.de” bis zum 1. Oktober 1998 über 270.000 mal aufgerufen worden, während im selben Zeitraum allenfalls 1.800 mal Einblick in die Homepage des Beklagten genommen wurde. Das Berufungsgericht hat hieraus den naheliegenden Schluß gezogen, daß die Internet-Nutzer in den restlichen Fällen eine Homepage des Shell-Konzerns erwartet und diesen Pfad nicht weiterverfolgt haben, nachdem ihnen klar geworden war, daß sie in dieser Erwartung getäuscht worden sind.
Auf der anderen Seite steht das Interesse des Beklagten, seinen Nachnamen Shell ohne unterscheidende Zusätze als Internet-Adresse zu verwenden. Sein Recht, diesen Namen zu führen, steht dabei nicht in Frage. Es geht allein um den Domain-Namen, also um eine einfache, leicht zu merkende Adresse für den privaten Internet-Auftritt für sich und seine Familie. Internet-Nutzer, die diese Seiten im Internet suchen, werden jedoch von sich aus kaum erwarten, die private Homepage des Beklagten unter „shell.de” zu finden. Als ein eher kleiner, homogener Benutzerkreis werden sie im übrigen leicht über eine Änderung des Domain-Namens informiert werden können. Mit Recht hat das Berufungsgericht unter diesen Umständen angenommen, daß dem Beklagten zugemutet werden kann, seiner Internet-Adresse einen individualisierenden Zusatz beizufügen.
3. Zum Antrag auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung:
Das Berufungsgericht hat die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz wegen der im geschäftlichen Verkehr erfolgten Verwendung des Domain-Namens „shell.de” und der oben wiedergegebenen Homepage zutreffend bejaht. Es hat durch Bezugnahme auf das landgerichtliche Urteil zum Ausdruck gebracht, daß sich dieser Anspruch, soweit er auf die berühmte Marke „Shell” gestützt ist, aus § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 5, Abs. 5, § 30 Abs. 3 MarkenG ergibt. Da es sich bei „Shell” daneben um ein berühmtes Unternehmenskennzeichen handelt, ist der Anspruch auch aus § 5 Abs. 2, § 15 Abs. 3, 4 und 5 MarkenG begründet.
a) Ordnet der Verkehr einen bestimmten Domain-Namen – hier: shell.de – ohne weiteres einer bekannten Marke oder einem bekannten Unternehmenskennzeichen zu, wird die Kennzeichnungskraft dieses Zeichens bereits dadurch beeinträchtigt, daß ein Dritter denselben Domain-Namen für sein Angebot verwendet. Die erforderliche Beeinträchtigung des Werbewertes des bekannten Zeichens (vgl. BGH, Urt. v. 2.4.1987 – I ZR 27/85, GRUR 1987, 711, 713 = WRP 1987, 667 – Camel Tours; Urt. v. 22.3.1990 – I ZR 43/88, GRUR 1990, 711, 713 – Telefonnummer 4711) liegt allerdings weniger darin, daß – auf den Streitfall bezogen – durch die Betrachtung der Homepage des Beklagten Assoziationen zum bekannten Zeichen der Klägerin geweckt werden (vgl. Bettinger, GRUR Int. 1997, 402, 412 f.; Florstedt, www.kennzeichenidentitaet.de, 2001, S. 56 f.; Völker/Weidert, WRP 1997, 652, 659). Denn der Werbewert des Klagezeichens „Shell” wird schon dadurch deutlich beeinträchtigt, daß die Klägerin an einer entsprechenden Verwendung ihres Zeichens als Internet-Adresse gehindert und das an ihrem Internet-Auftritt interessierte Publikum auf eine falsche Fährte gelockt wird.
b) Die Beeinträchtigung des bekannten Zeichens ist im Streitfall auch ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise erfolgt. Dies gilt nicht nur für die Verwendung der in den Farben der Klägerin gehaltenen Homepage, sondern auch für den Domain-Namen „shell.de”.
Allerdings muß derjenige, der – wie vorliegend der Beklagte – lediglich seinen bürgerlichen Namen als Internet-Adresse verwendet, nicht notwendig gegenüber dem bekannten Zeichen weichen. Vielmehr ist aufgrund einer Interessenabwägung zu entscheiden, ob dem Beklagten die Verwendung seines mit dem bekannten Zeichen „Shell” identischen Namens untersagt werden kann. Diese Prüfung muß bereits im Rahmen des § 14 Abs. 2 Nr. 3 und § 15 Abs. 3 MarkenG und nicht erst bei § 23 MarkenG erfolgen. Denn dieser Regelung kommt im Hinblick darauf, daß die Ausnutzung oder Beeinträchtigung der bekannten Marke nicht „ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise” erfolgen darf, grundsätzlich keine eigenständige Bedeutung gegenüber dem erweiterten Schutz bekannter Kennzeichen zu (vgl. BGH GRUR 1999, 992, 994 – BIG PACK).
Hinsichtlich der Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen kann auf die Ausführungen zur Gleichnamigkeit bei der Verwendung im privaten Verkehr verwiesen werden (oben unter II.2.c). Dem Beklagten kann es an sich nicht verwehrt werden, sich in redlicher Weise im Geschäftsleben unter seinem bürgerlichen Namen zu betätigen. Dies gilt grundsätzlich auch für die Verwendung seines Namens als Internet-Adresse. Beschränkt sich die Beeinträchtigung darauf, daß das bekannte Zeichen nicht mehr als Domain-Name verwendet werden kann, steht also insbesondere weder eine Verwechslungsgefahr noch eine Ausbeutung oder Beeinträchtigung des guten Rufs dieses Zeichens in Rede (hierzu Viefhues, MMR 1999, 123, 125 ff.), verbleibt es im allgemeinen bei der Prioritätsregel, d.h. dabei, daß der Domain-Name demjenigen zusteht, der ihn (zuerst) hat registrieren lassen. Wie bereits dargelegt, sind im Streitfall die sich gegenüberstehenden Interessen aber von derart unterschiedlichem Gewicht, daß dem Beklagten ein unterscheidender Zusatz zuzumuten gewesen wäre.
c) Die Annahme, den Beklagten treffe für sein Verhalten auch ein Verschulden, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Im gewerblichen Rechtsschutz werden an die Beachtung der erforderlichen Sorgfalt strenge Anforderungen gestellt. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Rechtsirrtum nur dann entschuldigt, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte. Fahrlässig handelt daher, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in dem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des fraglichen Verhaltens in Betracht ziehen muß (vgl. BGHZ 141, 329, 345 f. – Tele-Info-CD, m.w.N.).
4. Zum Antrag auf Umschreibung oder Löschung des Domain-Namens:
Der Klägerin steht kein Anspruch auf Umschreibung der bestehenden Registrierung zu. Sie kann jedoch – was sie in der Berufungsinstanz hilfsweise beantragt hat – einen gegenüber der DENIC zu erklärenden Verzicht des Beklagten auf den Domain-Namen „shell.de” beanspruchen.
a) Das Berufungsgericht hat der Klägerin einen Anspruch auf Umschreibung des Domain-Namens „shell.de” zugebilligt. Dem kann nicht beigetreten werden.
aa) Das Berufungsgericht hat – in Ermangelung einer gesetzlichen Regelung – auf Bestimmungen zurückgegriffen, die nach seiner Ansicht vergleichbar sind: auf die patentrechtliche Vindikation nach § 8 Satz 2 PatG und auf den Grundbuchberichtigungsanspruch nach § 894 BGB. Dabei hat das Berufungsgericht jedoch nicht hinreichend beachtet, daß es zwar ein absolutes Recht an einer Erfindung oder an einem Grundstück, nicht aber ein absolutes, gegenüber jedermann durchsetzbares Recht auf Registrierung eines bestimmten Domain-Namens gibt. Dem Gesetz läßt sich kein Anspruch auf die Registrierung eines bestimmten Domain-Namens entnehmen (vgl. auch Hackbarth, CR 1999, 384; Ernst, MMR 1999, 487, 488; Florstedt aaO S. 164; Fezer aaO § 3 MarkenG Rdn. 351 a.E.).
bb) Aber auch die im Schrifttum diskutierte Lösung, dem Zeicheninhaber einen Anspruch wegen angemaßter Eigengeschäftsführung aus § 687 Abs. 2, §§ 681, 667 BGB oder – wenn es am Vorsatz fehlt – einen Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB (Eingriffskondiktion) zu gewähren (vgl. Hackbarth, CR 1999, 384 f.; Fezer aaO § 3 MarkenG Rdn. 351) scheitert daran, daß der Eintrag eines Domain-Namens nicht wie ein absolutes Recht einer bestimmten Person zugewiesen ist. Auch wenn einem Zeicheninhaber Ansprüche gegenüber dem Inhaber einer sein Kennzeichenrecht verletzenden Internet-Adresse zustehen, handelt es sich bei der Registrierung nicht unbedingt um sein Geschäft; denn der Domain-Name kann auch die Rechte Dritter verletzen, denen gleichlautende Zeichen zustehen (vgl. Ernst, MMR 1999, 487, 488; Viefhues, NJW 2000, 3239, 3242; OLG Frankfurt ZUM-RD 2001, 391, 392).
cc) Auch unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes kann die Klägerin nicht die Umschreibung des Domain-Namens auf sich beanspruchen (so aber Poeck/Jooss in Schwarz [Hrsg.], Recht im Internet, Stand: Okt. 2001, Kap. 4.2.2. S. 30 f.; Kur aaO S. 340 f.; Florstedt aaO S. 162 ff.; kritisch auch insoweit Ernst, MMR 1999, 487, 488; Bücking aaO Rdn. 295 f.; Bettinger, CR 1998, 243, 244; OLG Hamm CR 1998, 241, 243). Denn mit einem Anspruch auf Umschreibung würde der Anspruchsteller unter Umständen besser gestellt, als er ohne das schädigende Ereignis gestanden hätte. Denn es bliebe dabei unberücksichtigt, daß es noch weitere Prätendenten geben kann, die – wird das schädigende Ereignis weggedacht – vor ihm zum Zuge gekommen wären. Im übrigen besteht für einen Anspruch auf Umschreibung oder Übertragung auch kein praktisches Bedürfnis: Ist der Anspruchsteller der erste Prätendent, kann er sich seinen Rang durch einen sogenannten Dispute-Eintrag bei der DENIC absichern lassen; hat dagegen ein Dritter bereits vor ihm seinen Anspruch durch einen solchen Eintrag angemeldet, besteht kein Anlaß, dessen Rangposition durch einen Übertragungsanspruch in Frage zu stellen.
b) Die Klägerin kann dagegen entsprechend dem Hilfsantrag nach § 12 Satz 1 BGB Beseitigung verlangen und beanspruchen, daß der Beklagte gegenüber der DENIC auf den Domain-Namen „shell.de” verzichtet. Wie oben – unter II.2.b)bb) a.E. – dargelegt, wird das Kennzeichenrecht der Klägerin bereits durch die Registrierung und nicht erst dadurch beeinträchtigt, daß der Beklagte unter „shell.de” eine auf ihn und seine Familie hinweisende Homepage eingerichtet hat.
III. Danach ist das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als dem Beklagten ein Verhalten untersagt worden ist, zu dessen Unterlassung er sich bereits verpflichtet hatte. Es ist ferner insoweit aufzuheben, als das Berufungsgericht der Klägerin einen Anspruch auf Umschreibung des Domain-Namens eingeräumt hat. In diesem Punkt ist der Beklagte nach dem Hilfsantrag der Klägerin zum Verzicht auf den Domain-Namen zu verurteilen. Im übrigen ist die Revision des Beklagten zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 und 2 ZPO.
Unterschriften
Erdmann, Starck, Bornkamm, Büscher, Schaffert
Fundstellen
Haufe-Index 737834 |
BGHZ |
BGHZ, 191 |
BB 2002, 1167 |
DB 2002, 2158 |
NJW 2002, 2031 |
NWB 2001, 4074 |
BGHR 2002, 509 |
BGHR |
CR 2002, 525 |
EWiR 2002, 535 |
GRUR 2002, 622 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2002, 1142 |
WuB 2002, 1091 |
AfP 2002, 364 |
JZ 2002, 1052 |
JuS 2002, 1226 |
MDR 2002, 835 |
NJ 2002, 21 |
WRP 2002, 121 |
WRP 2002, 694 |
ZUM 2002, 545 |
AUR 2002, 149 |
ITRB 2002, 177 |
K&R 2002, 309 |
MMR 2002, 382 |
RdW 2002, 179 |
RdW 2002, 48 |
ZGS 2002, 6 |
IIC 2003, 315 |
JURAtelegramm 2003, 54 |
Mitt. 2002, 324 |
Mitt. 2002, 47 |