Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftungsbeschränkung bei Anwälten
Leitsatz (amtlich)
Der zwischen anderen Angaben „versteckt” am unteren Rand des Briefbogens einer – in der Rechtsform der BGB-Gesellschaft bestehenden – Anwalts-, Wirtschaftsprüfer- und Steuerberater-Sozietät befindliche Hinweis „Gesellschaft bürgerlichen Rechts (mit beschränkter Gesellschafterhaftung)” bzw. „Gesellschaft des bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung” ist schon deshalb nicht geeignet, eine Haftungsbeschränkung herbeizuführen, weil er nicht ohne weiteres erkennbar ist. Die Verwendung derartiger Briefbögen im geschäftlichen Verkehr verstößt gegen § 1 UWG.
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein in eine Sozietät eingebundener Anwalt, der ein ihm angetragenes Mandat annimmt, handelt regelmäßig namens der Sozietät, d.h., er verpflichtet nicht nur sich, sondern auch seine Sozien. Dies gilt in aller Regel auch dann, wenn Rechtsanwälte mit Steuerberatern und/oder Wirtschaftsprüfern in einem Sozietätsverhältnis stehen.
2. Mit einem „versteckten” Haftungsbeschränkungshinweis innerhalb der Kommunikationsangaben am unteren Briefbogen braucht ein Mandant nicht zu rechnen, zumal er bei einer Anwaltssozietät ohnehin nicht an Haftungsbeschränkungen gewöhnt ist.
Normenkette
UWG § 1; BGB § 714; UWG § 3; StBerG § 56
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 22. März 1990 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagten über die konkrete Verletzungsform hinaus zur Unterlassung verurteilt worden sind.
Auf die Berufung der Beklagten wird unter deren Zurückweisung im übrigen das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 12. April 1989 abgeändert.
Die Beklagten werden unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000,– DM, ersatzweise Ordnungshaft, verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ihre Sozietät auf den von ihnen verwendeten Briefbögen mit
in der im Tatbestand wiedergegebenen Art zu bezeichnen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 1/4, den Beklagten zu 3/4 auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger ist ein eingetragener Anwaltsverein. Die vier Beklagten gehören einer Anwalts-, Wirtschaftsprüfer- und Steuerberater-Sozietät an.
Die Sozietät verwendet seit Ende 1988 Briefbögen mit folgendem Briefkopf:
D. |
•W. |
•Partner |
Wirtschaftsprüfer |
Steuerberater |
Rechtsanwälte |
Patentanwalt |
|
D. |
|
N. |
K. |
|
Der untere Rand der Briefbögen enthält – in einer im Dezember 1988 verwendeten Fassung – den Aufdruck:
D-… D… Str. |
D-… N … |
D-… K … |
⛠ |
Fax: |
⛠ |
Fax: |
⛠ |
Fax: |
Dipl.-Fin. Wirt D … D … Wirtschaftsprüfer Steuerberater • K …-P … W … Steuerberater • P … S … Rechtsanwalt
M … V … Rechtsanwalt • R … K … Rechtsanwalt • M … A … Rechtsanwalt Dipl. Kaufmann • R … B … Rechtsanwalt
Dipl.-Phys. F … V … Patentanwalt • European Patent Attorney Gesellschaft bürgerlichen Rechts (mit beschränkter Haftung)
Stadt-Sparkasse D … |
BLZ … |
Konto-Nr.: … |
Stadt-Sparkasse N … |
BLZ … |
Konto-Nr.: … |
M … Bank AG |
BLZ … |
Konto-Nr.: … |
Postgiroamt K … |
BLZ … |
Konto-Nr.: … |
Auf den bis September 1988 verwendeten Briefbögen stand anstelle des jetzigen Hinweises:
Der Kläger hat die beiden Bezeichnungen als wettbewerbswidrig beanstandet. Er hat vorgebracht, sie seien irreführend, weil sie geeignet seien, bei den betroffenen Verkehrskreisen die Vorstellung hervorzurufen, es handele sich bei der angegebenen Gesellschaft um eine neue Rechtsform. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung existiere aber als Rechtsform nicht.
Der Kläger hat beantragt,
Die Beklagten sind dem entgegengetreten. Sie haben in Abrede gestellt, daß der Verkehr in den angegriffenen Bezeichnungen eine neue Gesellschaftsform erblicke. Vielmehr werde allgemein erkannt, daß sie nur ihrer im Sozietätsvertrag – unstreitig – vereinbarten Verpflichtung, bei jedem Rechtsgeschäft auf die Beschränkung der Vertretungsmacht auf das Gesellschaftsvermögen hinzuweisen, nachkommen wollten.
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben (OLG Düsseldorf NJW 1990, 2133).
Mit der Revision verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1 und 3 UWG für begründet erachtet und dazu ausgeführt: Die beanstandeten Angaben auf den Briefbögen der Beklagten seien irreführend. Der Verkehr verstehe die angegriffenen Bezeichnungen dahin, daß damit für sämtliche Sozietätsmitglieder – einschließlich des handelnden Sozius – eine Begrenzung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen der Sozietät herbeigeführt werden solle. Eine solche Haftungsbeschränkung sei rechtlich zulässig; sie sei aber nicht durch ein einseitiges Handeln der Beklagten, sondern nur durch eine vertragliche Vereinbarung mit dem jeweiligen Mandanten zu erreichen. Durch die Angabe auf den Briefbögen werde aber gleichwohl der Eindruck erweckt, die Sozietät der Beklagten bediene sich einer gesetzlich zulässigen, Gesellschaftsform, bei der die Haftungsbeschränkung wie bei der GmbH letztlich ausschließlich auf dem Willensakt der Gesellschafter beruhe und kraft Gesetzes eintrete. Diese Fehlvorstellung sei geeignet, Mandanten der Beklagten davon abzuhalten, über das Vermögen der Gesellschaft hinausgehende Ansprüche geltend zu machen oder durchzusetzen. Dadurch könnten den Beklagten im Regreßfall Vorteile belassen werden, die ihnen nach dem wirklichen Inhalt des Vertragsverhältnisses nicht zustünden. Das Verhalten der Beklagten sei deshalb auch wettbewerblich relevant. Dies werde nicht zuletzt auch aus der in ihrem Schriftsatz vom 8. Juni 1989 geäußerten Befürchtung deutlich, die als „sensibel” bezeichneten Mandatsverhältnisse könnten gestört werden, wenn bei jeder Mandatsübernahme auf die Haftungsbeschränkung ausdrücklich hingewiesen werde.
II.
Die Revision hat nur teilweise Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Klageabweisung, soweit der Verbotsausspruch über die konkrete Verletzungsform hinausgeht. Im übrigen hält das Berufungsurteil der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
1. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsverstoß angenommen, daß der Kläger, der satzungsgemäß die beruflichen Interessen seiner Mitglieder wahrnimmt, nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG klagebefugt ist. Dies gilt, soweit sich die Klage gegen den Beklagten zu 1 als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater und den Beklagten zu 2 als Steuerberater richtet, schon deshalb, weil sie das beanstandete Wettbewerbsverhalten in einer Sozietät mit Rechtsanwälten ausüben.
2. Die Klage erweist sich als unbegründet, soweit sie sich gegen die Verwendung der beanstandeten Gesellschaftsangaben „im geschäftlichen Verkehr” schlechthin und nicht in der konkreten Verletzungsform (am unteren Rand von Briefbögen) richtet. Insoweit fehlt es bereits an einer Begehungsgefahr. Dies gilt zum einen für die Verwendung in anderer Weise als auf Briefbögen. Sodann aber auch für die Anbringung des Haftungsbeschränkungshinweises im Briefkopf selbst, auf die sich der Unterlassungsantrag ebenfalls erstreckt. Denn der Antrag geht auf ein Schlechthin-Verbot, die beanstandete Bezeichnung – was die Anbringung im Briefkopf einschließt – zu verwenden.
Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen verwenden die Beklagten die Gesellschaftsbezeichnung lediglich auf Briefbögen. Für eine Verwendung in sonstiger Weise (z.B. auf Visitenkarten, Kanzleischildern u.ä.) läßt sich dem Streitstoff nichts entnehmen. Mangels einer konkreten Verletzungshandlung könnte daher insoweit lediglich ein vorbeugender Unterlassungsanspruch in Betracht kommen. Zur Begründetheit eines solchen Anspruchs bedarf es indes der Feststellung konkreter Anhaltspunkte, die Beklagten würden sich in der gerügten Weise verhalten (BGH, Urt. v. 23.1.1992 – I ZR 62/90, WRP 1992, 376 f. – RSA/Cape). Daran fehlt es hier. Der Kläger hat keine Anhaltspunkte der vorgenannten Art vorgetragen. Sie können nicht allein schon daraus hergeleitet werden, daß die Beklagten im Rechtsstreit die Verwendung der angegriffenen Bezeichnungen in der vorliegenden Form als rechtmäßig verteidigt haben. Es ist nichts dafür ersichtlich, daß die Beklagten den Haftungsbeschränkungshinweis außer auf Briefbögen auch an anderer Stelle anbringen werden, etwa auf Praxisschildern, Adreßbüchern, Visitenkarten oder – soweit es um die Ausgestaltung ihrer Briefbögen geht – in deren Briefkopf. Das eigene Vorbringen der Beklagten spricht dagegen. Sie haben in der Berufungsbegründung ausgeführt, im Falle eines Verbots des beanstandeten Haftungsbeschränkungshinweises seien sie gehalten, bei jeder einzelnen Mandatsübernahme gesondert auf die Haftungsbeschränkung, zu der sie nach dem Gesellschaftsvertrag verpflichtet seien, hinzuweisen. Dies würde erfahrungsgemäß zu einer Vielzahl von Rückfragen seitens der Mandanten führen, wobei die Beklagten gegebenenfalls auch zur Erklärung ihres Vorgehens auf den Ausgang dieses Rechtsstreits hinweisen müßten, was wiederum zur Folge haben könnte, daß die Mandanten der Beklagten Zweifel hinsichtlich der Korrektheit ihrer Handlungsweise bekommen könnten, da diese Dinge insbesondere im rechtsberatenden Bereich bekanntermaßen sehr sensibel seien. Im Außenverhältnis zu den Mandanten könnten sich daher Probleme und daraus resultierende wirtschaftliche Nachteile für die Beklagten ergeben. Diese Ausführungen lassen die Annahme fernliegend erscheinen, daß die Beklagten im Briefkopf oder sonst unübersehbar auf die Haftungsbeschränkung hinweisen würden. Die Klage ist danach im genannten Umfang unbegründet.
3. Die Revision hat dagegen keinen Erfolg, soweit sie sich gegen das Verbot der konkreten Verletzungsform entsprechend den beiden von den Beklagten verwendeten Briefbögen richtet. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, daß die Verwendung der Briefbögen gegen § 1 UWG verstößt.
a) Der Klageantrag ist, wie die „insbesondere”-Formulierung erkennen läßt, dahin zu verstehen, daß er sich auch auf die konkrete Verletzungsform bezieht; das heißt auf die Verwendung von Briefbögen, bei denen der Haftungsbeschränkungshinweis sich am unteren Rande zwischen den Kommunikationsangaben, den Namen der Sozietätsmitglieder und den Bankverbindungen befindet.
b) Dieses Verhalten der Beklagten verstößt gegen § 1 UWG, weil sie sich mit der im unteren Bereich ihrer Briefbögen befindlichen angegriffenen Bezeichnung eine Möglichkeit dafür zu verschaffen suchen, sich im Regreßfall auf die Beschränkung ihrer Haftung berufen zu können, obwohl eine solche Haftungsbeschränkung mangels hinreichender Erkennbarkeit des Hinweises darauf nicht besteht, und weil sie sich damit zugleich einen Vorteil gegenüber denjenigen Rechtsanwälten verschaffen, die die von ihnen beabsichtigte Haftungsbeschränkung von vornherein offenlegen und damit das Risiko eingehen, das Mandat nicht zu erhalten.
aa) Entgegen der Ansicht der Revision haben die Beklagten zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt. Ein solches Handeln liegt vor, wenn das Verhalten objektiv geeignet ist, den eigenen oder einen fremden Wettbewerb zum Nachteil eines anderen zu begünstigen, und wenn der Handelnde dabei in subjektiver Hinsicht mit entsprechender Absicht tätig geworden ist, sofern diese Absicht nicht völlig hinter anderen Beweggründen zurücktritt (vgl. BGH, Urt. v. 13.2.1992 – I ZR 79/90, GRUR 1992, 450, 452 = WRP 1992, 380, 383 – Beitragsrechnung m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen unter II. 3 b cc letzter Absatz ergibt, ist das beanstandete Verhalten der Beklagten objektiv geeignet, ihnen gegenüber den gesetzestreuen Mitbewerbern einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Dafür, daß die Beklagten in Wettbewerbsabsicht gehandelt haben, spricht eine tatsächliche, vorliegend nicht widerlegte Vermutung.
bb) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß der Hinweis „Gesellschaft bürgerlichen Rechts (mit beschränkter Gesellschafterhaftung)” – ebenso wie der von ihnen vorher gebrauchte Gesellschaftshinweis – auf den Briefbögen der Beklagten nicht geeignet ist, die von ihnen gewünschte Haftungsbeschränkung herbeizuführen.
Grundsätzlich haften alle Anwälte einer Anwaltssozietät nach dem Recht der BGB-Gesellschaft (als Gesamtschuldner) unbeschränkt für den Schaden, den einer von ihnen verschuldet hat. Denn der Anwalt, der ein ihm angetragenes Mandat annimmt, handelt regelmäßig namens der Sozietät, das heißt er verpflichtet nicht nur sich, sondern auch seine Sozien (st. Rspr., vgl. BGHZ 56, 355, 359; 70, 247, 248 f.). Dies gilt in aller Regel auch dann, wenn Rechtsanwälte – wie hier – mit Steuerberatern und/oder Wirtschaftsprüfern in einem Sozietätsverhältnis stehen (BGHZ 83, 328 ff.). Die persönliche Gesellschafterhaftung ist daher der gesetzliche Regelfall. Allerdings sind Haftungsbeschränkungen zulässig. Der Auffassung des Berufungsgerichts, solche Beschränkungen könnten nur durch Vereinbarung mit dem jeweiligen Mandanten erreicht werden, kann aber nicht beigetreten werden. Nach ständiger Rechtsprechung können die Mitglieder einer BGB-Gesellschaft ihre Haftung auf das Gesellschaftsvermögen auch in der Weise begrenzen, daß die Vertretungsmacht des geschäftsführenden Gesellschafters (§ 714 BGB) gesellschaftsvertraglich entsprechend beschränkt wird und diese Beschränkung der Vertretungsmacht – zumindest nach einer Prüfung – für Dritte erkennbar ist (so schon RGZ 63, 62, 65; 90, 173, 176; 155, 75, 87; fortgeführt von BGHZ 61, 59, 67; 113, 216, 219; BGH, Urt. v. 10.5.1971 – II ZR 177/68, NJW 1971, 1698; Urt. v. 2.4.1979 – II ZR 141/78, NJW 1979, 2304, 2306; Urt. v. 25.10.1984 – VII ZR 2/84, NJW 1985, 619 = ZfBR 1985, 34, 35; Urt. v. 6.4.1987 – II ZR 101/86, NJW 1987, 3124, 3125; Urt. v. 8.12.1988 – VII ZR 242/87, WM 1989, 377, 379; Urt. v. 12.3.1990 – II ZR 312/88, NJW-RR 1990, 867; ebenso die herrschende Meinung im Schrifttum, vgl. MünchKomm/Ulmer, 2. Aufl. 1984, § 714 Rdn. 32 ff. m.w.N.). Eine Haftung der Gesellschafter für den ohne Vertretungsmacht handelnden Geschäftsführer erfolgt im Falle der Nichterkennbarkeit nach den Grundsätzen der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht (vgl. Müko/Ulmer aaO § 714 Rdn. 34). Im Streitfall haben die Beklagten – vom Kläger unwidersprochen – vorgetragen, daß nach dem Gesellschaftsvertrag der Sozietät die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis nur auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt sei und daß die geschäftsführenden Gesellschafter verpflichtet seien, bei jedem Rechtsgeschäft auf die Beschränkung der Vertretungsmacht hinzuweisen und die Rechtsgeschäfte nur unter Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen abzuschließen. Ob durch Gesellschaftsbezeichnungen der streitgegenständlichen Art auf Briefbögen die Beschränkung der Vertretungsmacht hinreichend erkennbar gemacht werden kann, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist lediglich ausgesprochen worden, daß sich auch die Benennung der Rechtsform mittelbar auf die Haftung der Gesellschafter auswirken könne, wenn sie die Begrenzung der Vertretungsmacht deutlich zum Ausdruck bringen (vgl. BGH, Urt. v. 2.4.1979 – II ZR 141/78, NJW 1979, 2304, 2306; BGH, Urt. v. 25.10.1984 – VII ZR 2/84, NJW 1985, 619). Als Beispiel wird eine Personengesellschaft angeführt, die im Rechtsverkehr als Verein auftritt; in einem solchen Falle komme eine persönliche Haftung der Mitglieder grundsätzlich nicht in Betracht, weil bei einem Verein die Vertretungsmacht seiner Organe typischerweise auf eine Verpflichtung des Vereinsvermögens beschränkt sei und das im Rechtsverkehr auch so verstanden werde (BGH NJW 1979, 2304, 2306). Aus dieser Rechtsprechung läßt sich nicht die vom Oberlandesgericht Hamm vertretene Auffassung ableiten, dem Erfordernis der Erkennbarkeit der beschränkten Vertretungsmacht werde durch die Bezeichnung im Briefkopf „BGB-Ges. m. Haftungsbeschränkung” genügt (OLG Hamm NJW 1985, 1846, 1847; im Ergebnis ebenso Müko/Ulmer aaO S 714 Rdn. 34; anderer Ansicht Jauernig/Stürner, BGB, 6. Aufl. 1991, §§ 714, 715 Anm. 2). Es kann dahinstehen, ob dieser Rechtsprechung, die sich auf Erwerbsgesellschaften bezieht, beigetreten und ob sie überdies auf eine Sozietät von Freiberuflern übertragen werden kann. Letzteres erscheint deshalb bedenklich, weil der Verkehr bei Anwaltssozietäten bislang nicht an Gesellschaftsbezeichnungen mit Haftungsbeschränkungen (wie zum Beispiel in der Form der GmbH) gewöhnt ist und in der Regel von der unbeschränkten Haftung ausgeht (vgl. auch Schroeder, DStR 1992, 507, 511). Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, daß er – wie vom Berufungsgericht angenommen – in der Bezeichnung „Gesellschaft bürgerlichen Rechts (mit beschränkter Gesellschafterhaftung)” bei einer Anwaltssozietät einen neuen Gesellschaftstypus sieht, bei dem sich die Haftungsbeschränkung als eine gesetzliche Folge der gewählten Gesellschaftsform darstellt. Es bedürfte auch näherer Feststellungen, ob dem Verkehr die Tragweite der Haftungsbeschränkung deutlich wird. Denkbar ist, daß – wie vom Berufungsgericht ohne nähere Begründung angenommen – alle Gesellschafter nur mit dem Gesellschaftsvermögen haften, daß – wie teilweise gemeint wird – der handelnde Gesellschafter unbeschränkt und alle anderen auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt haften, daß eine Haftungsbeschränkung in Individualverträgen vorgesehen ist oder daß die Haftung nur auf bestimmte Verschuldensformen beschränkt ist. Überdies ist auch die von den Parteien bislang nicht angesprochene Frage offen, ob Haftungsbeschränkungshinweise der vorliegenden Art mit dem anwaltlichen Standesrecht vereinbar sind. Diese Bedenken könnten dagegen sprechen, Haftungserleichterungen bei Anwaltssozietäten durch Haftungsbeschränkungshinweise im Zusammenhang mit der Gesellschaftsbezeichnung de lege lata als zulässig anzusehen. Einem Bedürfnis nach Haftungserleichterungen könnte dadurch entsprochen werden, daß der Gesetzgeber auch für Anwaltssozietäten – wie schon jetzt für andere Freiberufler (Wirtschaftsprüfer, Steuerberater) – bestimmte Gesellschaftsformen zuläßt, bei denen – für den Rechtsverkehr erkennbar – gesetzliche Mindestvoraussetzungen bestehen (vgl. u.a. Ahlers, AnwBl 1991, 10 ff., 226 ff. und 573 ff.; Harstrang, Anwaltsrecht, 1991, S. 637 ff.; Kremer, GmbH-Rdsch 1983, 259 ff.; Beschluß der Bundesvertreterversammlung des Deutschen Richterbundes, DRiZ 1992, 29, 32). All dem und auch einer eventuellen Anwendung des AGB-Gesetzes braucht hier jedoch nicht nachgegangen zu werden. Im Streitfall ist die erforderliche Erkennbarkeit der Haftungsbeschränkung bereits aus anderen Gründen nicht gegeben. Denn der Haftungsbeschränkungshinweis findet sich nicht im Briefkopf bei der drucktechnisch hervorgehobenen Sozietätsbezeichnung, sondern deutlich kleiner und unauffälliger gestaltet am unteren Rand des Briefbogens versteckt zwischen den Kommunikationsangaben, der Benennung der einzelnen Sozien und den Bankverbindungen. Angesichts der konkreten Ausgestaltung des Briefkopfes muß der Verkehr davon ausgehen, eine interdisziplinäre Sozietät in der Art einer herkömmlichen Anwaltssozietät vor sich zu haben, bei der die Vertretungsmacht des handelnden Sozius nicht beschränkt ist und daher auch eine (unbeschränkte) persönliche Verpflichtung aller Gesellschafter eintritt. Mit einem „versteckten” Haftungsbeschränkungshinweis innerhalb der Kommunikationsangaben am unteren Briefbogen braucht er nicht zu rechnen, zumal er bei einer Anwaltssozietät ohnehin nicht an Haftungsbeschränkungen gewöhnt ist. Die im Gesellschaftsvertrag vereinbarte Beschränkung der Vertretungsbefugnis ist daher nicht hinreichend erkennbar gemacht. In den Fällen, in denen die Beauftragung der Beklagten entweder mündlich (lediglich zusammen mit der Unterzeichnung einer Vollmacht) oder telefonisch erfolgt, fehlt es im übrigen auch deshalb an der Erkennbarkeit, weil zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, auf den abzustellen ist (vgl. BGH, Urt. v. 8.12.1988 – VII ZR 242/87, WM 1989, 377, 379), in der Regel noch kein entsprechender Briefbogen mit dem beanstandeten Hinweis vorliegen wird.
cc) Ist danach die Haftungsbeschränkung mangels hinreichender Erkennbarkeit nicht wirksam geworden, so entsteht durch die beanstandete Bezeichnung im späteren Regreßfall zumindest eine unklare Situation für den Mandanten. Sie versetzt die Beklagten in die Lage, sich im Regreßfall gegenüber ihren Mandanten auf den auf ihren Briefbögen enthaltenen Haftungsbeschränkungshinweis zu berufen. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann dies zu einer Fehlvorstellung bei den Mandanten führen, die geeignet ist, sie davon abzuhalten, über das Vermögen der Gesellschaft hinausgehende Ansprüche geltend zu machen oder durchzusetzen. Diese Annahme wird von der Revision ohne Erfolg als erfahrungswidrig beanstandet. Die Feststellung des Berufungsgerichts liegt auf tatrichterlichem Gebiet und läßt einen revisiblen Rechtsfehler nicht erkennen. Die Ansicht der Revision, bei Beträgen in einer von der Berufshaftpflichtversicherung nicht mehr gedeckten Höhe würden Mandanten die Haftungsbeschränkung nicht hinnehmen, ist nicht zwingend. Die Revisionserwiderung weist zu Recht darauf hin, daß insbesondere Kaufleuten Gesellschaftstypen mit beschränkter Haftung bekannt sind. Es ist deshalb nicht fernliegend, daß zumindest Teile des Verkehrs den von den Beklagten gewählten Gesellschaftstypus als existent ansehen. Hinzu kommt, daß das beanstandete Verhalten der Beklagten – wie vom Berufungsgericht ohne Rechtsverstoß angenommen – geeignet ist, den Beklagten gegenüber den gesetzestreuen Mitbewerbern einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, daß der Rechtsanwalt, der die von ihm gewünschte Haftungsbeschränkung offenlegt, dadurch potentielle Mandanten abschrecken kann. Das Berufungsgericht verweist in diesem Zusammenhang zu Recht auf die von den Beklagten selbst in ihrer Berufungsbegründung geäußerte Befürchtung, die als „sensibel” bezeichneten Mandatsverhältnisse könnten gestört werden, wenn sie gezwungen würden, bei jeder einzelnen Mandatsübernahme auf die vom Gesellschaftsvertrag geforderte und von ihnen als Vertragsgrundlage gewünschte Haftungsbeschränkung ausdrücklich hinzuweisen.
III.
Die Revision hat danach nur insoweit Erfolg, als die Beklagten über die konkrete Verletzungsform hinaus zur Unterlassung verurteilt worden sind. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO. Die Androhung der Ordnungsmittel folgt aus § 890 ZPO, wobei über die Androhung von Ersatzordnungshaft von Amts wegen zu befinden war (BGH, Urt. v. 21.5.1992 – I ZR 9/91 – zur Veröffentlichung vorgesehen).
Fundstellen
Haufe-Index 609431 |
BB 1992, 2026 |
NJW 1992, 3037 |
ZIP 1992, 1500 |
JZ 1993, 153 |
GmbHR 1992, 815 |