Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorrangig gewünschte Steuerersparnis widerlegt nicht unbedingt Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für Erwerb einer Fondsbeteiligung
Leitsatz (redaktionell)
1. Dass ein Anleger vorrangig eine steueroptimierte Anlage wünscht, steht für sich gesehen der Vermutung, dass er bei ordnungsgemäßer Aufklärung über geflossene Rückvergütungen die Kapitalanlage nicht gezeichnet hätte, nicht entgegen. Ist die vom Anleger gewünschte Steuerersparnis nur mit dem empfohlenen Produkt oder anderen Kapitalanlagen mit vergleichbaren Rückvergütungen zu erzielen, kann das den Schluss darauf zulassen, dass an die Bank geflossene Rückvergütungen für die Anlageentscheidung unmaßgeblich waren.
2. Benennt die beklagte Bank einen Berater als Zeugen für das vordringliche Steuersparmotiv des Anlegers, ist diesem zulässigen Beweisantritt nachzugehen, ggf. auch den Anleger zu diesem Motiv zu vernehmen.
3. Der Feststellungsantrag auf Schadensersatzpflicht der beratenden Bank hinsichtlich zukünftiger Schäden aus der einkommensteuerlichen Veranlagung ist abzuweisen, wenn der Anleger vorträgt, die Steuervorteile seien ihm bereits durch geänderte Steuerfestsetzung aberkannt worden.
Normenkette
BGB § 252 S. 2, § 280 Abs. 1; ZPO § 286 Abs. 1 S. 1, § 287 Abs. 1, § 445
Verfahrensgang
Tenor
Unter Zurückweisung der Anschlussrevision des Klägers wird auf die Revision der Beklagten das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 17. November 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Rz. 1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Rückabwicklung einer Beteiligung an der V.4 GmbH & Co. KG (im Folgenden: V 4) in Anspruch.
Rz. 2
Der Kläger zeichnete nach vorheriger Beratung durch die Mitarbeiterin H. der Beklagten am 25. Oktober 2004 eine Beteiligung an V 4 im Nennwert von 160.000 EUR zuzüglich Agio in Höhe von 8.000 EUR, die er in Höhe von 72.800 EUR durch ein Darlehen der B. AG finanzierte.
Rz. 3
Nach dem Inhalt des Verkaufsprospekts sollten 8,9% der Zeichnungssumme und außerdem das Agio in Höhe von 5% zur Eigenkapitalvermittlung, Platzierungsgarantie und Finanzierungsvermittlung durch die V. AG (im Folgenden: V. AG) verwendet werden. Die V. AG durfte laut Prospekt ihre Rechte und Pflichten aus der Vertriebsvereinbarung auf Dritte übertragen. Die Beklagte erhielt für den Vertrieb der Anteile Provisionen in Höhe von 8,45% bis 8,72% der Zeichnungssumme, ohne dass dies dem Kläger im Beratungsgespräch offengelegt wurde.
Rz. 4
Der Kläger verlangt mit seiner Klage unter Berufung auf mehrere Aufklärungs- und Beratungsfehler Rückzahlung des eingesetzten Kapitals in Höhe von 95.200 EUR Zug um Zug gegen die Abgabe des Angebots auf Übertragung der Beteiligung, entgangenen Gewinn in Höhe von 14.439,10 EUR, Erstattung an das Finanzamt gezahlter Zinsen in Höhe von 3.952 EUR sowie Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.127,92 EUR, jeweils nebst Prozesszinsen. Des Weiteren verlangt der Kläger die Freistellung von allen Verbindlichkeiten aus dem Finanzierungsdarlehen. Schließlich begehrt der Kläger die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von allen wirtschaftlichen und steuerlichen Nachteilen freizustellen, die er dadurch erleidet, dass er nicht sogleich ohne die Beteiligung an V 4 einkommensteuerlich veranlagt wurde, sowie die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten. Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben; lediglich den Antrag auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten hat es abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen den Feststellungsantrag hinsichtlich zukünftiger Schäden aus der einkommensteuerlichen Veranlagung abgewiesen.
Rz. 5
Mit ihrer – vom Berufungsgericht zugelassenen – Revision begehrt die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage. Der Kläger verfolgt mit der Anschlussrevision den vom Berufungsgericht abgewiesenen Feststellungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
A. Revision der Beklagten
Rz. 6
Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
I.
Rz. 7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, unter umfassender Bezugnahme auf die Begründung des landgerichtlichen Urteils ausgeführt, das Landgericht habe mit zutreffender Begründung einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Schadensersatz angenommen. Die Beklagte habe es pflichtwidrig unterlassen, den Kläger beim Beratungsgespräch darüber aufzuklären, dass sie von der Fondsgesellschaft eine Rückvergütung von mindestens 8,45% erhalte.
II.
Rz. 8
Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
Rz. 9
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte ihre aus dem – nicht mehr im Streit stehenden – Beratungsvertrag nach den Grundsätzen des Bond-Urteils (Senatsurteil vom 6. Juli 1993 – XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128) folgende Pflicht, den Kläger über die ihr zufließende Provision in Höhe von mindestens 8,45% des Zeichnungskapitals aufzuklären, schuldhaft verletzt hat.
Rz. 10
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über die von ihr vereinnahmte Rückvergütung aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen ungefragt aufzuklären. Aufklärungspflichtige Rückvergütungen in diesem Sinne sind – regelmäßig umsatzabhängige – Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 – XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 17, für BGHZ bestimmt).
Rz. 11
Bei den von der Beklagten empfangenen Provisionen handelte es sich, wie der Senat für die Parallelfonds V 3 und V 4 bereits mehrfach entschieden hat, um aufklärungspflichtige Rückvergütungen im Sinne der Senatsrechtsprechung (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 – XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 26 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 18). Wie der Senat in diesem Zusammenhang ebenfalls schon mehrfach entschieden hat, konnte eine ordnungsgemäße Aufklärung des Klägers über diese Rückvergütungen durch die Übergabe des streitgegenständlichen Fondsprospekts nicht erfolgen, weil die Beklagte in diesem nicht als Empfängerin der dort ausgewiesenen Provisionen genannt ist (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 – XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 27 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 22 mwN).
Rz. 12
Schließlich hat das Berufungsgericht rechts- und verfahrensfehlerfrei ein Verschulden der Beklagten angenommen (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2010 – XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5 ff. und vom 19. Juli 2011 – XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 10 ff. sowie Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 25, jeweils mwN).
Rz. 13
2. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung jedoch nicht stand, soweit das Berufungsgericht die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Fondsbeteiligung durch den Kläger bejaht hat.
Rz. 14
a) Allerdings trägt die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für ihre Behauptung, der Kläger hätte die Beteiligung auch bei gehöriger Aufklärung über die Rückvergütung erworben.
Rz. 15
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese sogenannte „Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens” gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters, insbesondere auch dann, wenn Rückvergütungen pflichtwidrig nicht offengelegt wurden. Es handelt sich hierbei nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 28 ff. mwN).
Rz. 16
Das Berufungsgericht hat des Weiteren im Ergebnis zutreffend angenommen, dass von dieser Beweislastumkehr nicht nur dann auszugehen ist, wenn der Anleger bei gehöriger Aufklärung vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative gehabt hätte. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden hat (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 30 ff. mwN), ist das Abstellen auf das Fehlen eines solchen Entscheidungskonflikts mit dem Schutzzweck der Beweislastumkehr nicht vereinbar. Die Beweislastumkehr greift vielmehr bereits bei feststehender Aufklärungspflichtverletzung ein.
Rz. 17
b) Die Revision rügt allerdings – wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils zu einem Parallelfall entschieden hat (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 37 ff.) – zu Recht, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten, ihr Provisionsinteresse habe keinen Einfluss auf die Anlageentscheidung des Klägers gehabt, insgesamt unbeachtet gelassen und angebotene Beweise nicht erhoben hat.
Rz. 18
aa) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht den Antrag der Beklagten auf Vernehmung des Klägers als Partei (§ 445 Abs. 1 ZPO) für ihre Behauptung, dass der Anteil, den sie aus den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebsprovisionen erhalten hat, für die Anlageentscheidung ohne Bedeutung gewesen sei, unberücksichtigt gelassen.
Rz. 19
Dem Vortrag der Beklagten lässt sich noch ein hinreichender Bezug zur Person des Klägers entnehmen. Dem Beklagtenvortrag ist die Behauptung zu entnehmen, der Kläger hätte die Anlage auch bei Kenntnis von Rückvergütungen erworben. Damit wird die entscheidungserhebliche Tatsache – Fehlen der haftungsbegründenden Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden – unmittelbar selbst zum Gegenstand des Beweisantrags gemacht. Stellte sich der Sachvortrag in der Beweisaufnahme als richtig heraus, stünde die fehlende Kausalität der Pflichtverletzung ohne weiteres fest. Weitere Einzelheiten oder Erläuterungen sind zur Substantiierung des Beweisantrags daher grundsätzlich nicht erforderlich. Das gilt nicht nur für den Zeugenbeweis, sondern auch – wie vorliegend – für die Parteivernehmung nach § 445 ZPO. Für diese unmittelbare Beweisführung steht der Beklagten auch kein weiteres Beweismittel zur Verfügung, so dass der Grundsatz der Subsidiarität der Parteivernehmung nicht entgegensteht. Die Parteivernehmung nach § 445 Abs. 1 ZPO setzt keinen vorherigen sonstigen Beweis und auch nicht die Wahrscheinlichkeit der unter Beweis gestellten Behauptung voraus (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 39 mwN).
Rz. 20
Da bei der Parteivernehmung ein Missbrauch zur Ausforschung besonders naheliegt, ist zu prüfen, ob ein unbeachtlicher Beweisermittlungsantrag vorliegt. Ein unzulässiger Ausforschungsbeweis liegt erst dann vor, wenn der Beweisführer ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen „aufs Geratewohl” oder „ins Blaue hinein” aufstellt (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 40 mwN). Eine Ausforschung in diesem Sinne ist vorliegend zu verneinen. Die Beklagte hat Anhaltspunkte vorgetragen, die nach ihrer Auffassung zumindest in der Gesamtschau dafür sprechen, dass der Kläger auch in Kenntnis der Rückvergütungen V 4 gezeichnet hätte. Hierzu gehört das behauptete Anlageziel des Klägers, dass es ihm allein auf die Steuerersparnis und allenfalls noch auf Renditechancen und das Sicherungskonzept der Schuldübernahme ankam (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 41).
Rz. 21
bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht auch den von der Beklagten vorgetragenen Hilfstatsachen (Indizien) keine Bedeutung beigemessen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 42 ff. mwN).
Rz. 22
Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht dem unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag der Beklagten zum Motiv des Klägers, sich an V 4 zu beteiligen (Steuerersparnis bzw. allenfalls noch Renditechancen und das Sicherungskonzept), nicht nachgegangen.
Rz. 23
Zwar steht der Umstand, dass ein Anleger eine steueroptimierte Anlage wünscht, für sich gesehen der Kausalitätsvermutung nicht entgegen. Ist die vom Anleger gewünschte Steuerersparnis aber nur mit dem empfohlenen Produkt oder anderen Kapitalanlagen mit vergleichbaren Rückvergütungen zu erzielen, kann das den Schluss darauf zulassen, dass an die Bank geflossene Rückvergütungen für die Anlageentscheidung unmaßgeblich waren (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 53 mwN).
Rz. 24
Dem Vortrag der Beklagten kann entnommen werden, dass sie behauptet, dem Kläger sei es vordringlich um die bei V 4 zu erzielende Steuerersparnis gegangen, die alternativ nur mit Produkten zu erzielen gewesen sei, bei denen vergleichbare Rückvergütungen gezahlt worden seien. Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag zu Unrecht nicht gewürdigt und den insoweit angetretenen Beweis durch Vernehmung der Beraterin H. als Zeugin unbeachtet gelassen.
III.
Rz. 25
Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird den Kläger als Partei (§ 445 Abs. 1 ZPO) zu der Behauptung der Beklagten, dass der Anteil, den sie aus den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebsprovisionen erhalten hat, für die Anlageentscheidung ohne Bedeutung war, zu vernehmen haben. Gegebenenfalls wird es die Behauptung der Beklagten zu würdigen haben, dem Kläger sei es allein um die bei V 4 zu erzielende Steuerersparnis gegangen, die alternativ nur mit Produkten zu erzielen gewesen sei, bei denen vergleichbare Rückvergütungen gezahlt worden seien. Gegebenenfalls wird es dazu die Zeugin H. und – soweit § 445 Abs. 2 ZPO nicht entgegensteht – gegebenenfalls den Kläger als Partei zu vernehmen haben (vgl. auch Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 42 ff.).
Rz. 26
Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Verhandlung die Kausalitätsvermutung in Bezug auf verschwiegene Rückvergütungen als widerlegt ansehen, wird es einer Haftung der Beklagten wegen falscher Darstellung der Kapitalgarantie nachzugehen haben (vgl. Henning, WM 2012, 153 ff. mwN; auch Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 – XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 13 ff.). Sollte das Berufungsgericht insoweit eine Aufklärungspflichtverletzung bejahen, dürfte die Widerlegung der dann eingreifenden Kausalitätsvermutung bereits nach dem Vortrag der Beklagten, dem Kläger sei es auch auf das Sicherungskonzept der Schuldübernahme angekommen, ausscheiden.
B. Anschlussrevision des Klägers
Rz. 27
Die Anschlussrevision des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist als unbegründet zurückzuweisen.
I.
Rz. 28
Das Berufungsgericht hat – soweit für die Anschlussrevision von Interesse – im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 29
Hinsichtlich des Feststellungsantrags habe die Berufung der Beklagten Erfolg. Der Antrag sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Es sei nicht ersichtlich, dass eine auch nur entfernte Möglichkeit künftiger Schadensfolgen bestehe. Nicht nachvollziehbar sei, weshalb, wie der Kläger geltend mache, „mit Weiterung auf der steuerlichen Seite zu rechnen sei”.
II.
Rz. 30
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat den Feststellungsantrag zutreffend als unzulässig abgewiesen.
Rz. 31
1. Die Feststellung der Schadensersatzpflicht setzt die Möglichkeit des Schadeneintritts voraus. Bei reinen Vermögensschäden hängt die Zulässigkeit der Feststellungsklage darüber hinaus sogar von der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückgehenden Schadeneintritts ab (Senatsurteil vom 24. Januar 2006 – XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 27 mwN).
Rz. 32
2. Gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach es an der Möglichkeit eines zukünftigen Schadens fehlt, ist nichts zu erinnern. Jedenfalls ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines solchen Schadens nicht substantiiert dargelegt.
Rz. 33
Der Kläger begehrt den Ersatz von Schäden, die er zukünftig dadurch erleiden wird, „dass er nicht sogleich ohne Berücksichtigung der Beteiligung an V 4 einkommensteuerlich veranlagt wurde”. Wenn er jedoch vorträgt, die Steuervorteile seien ihm bereits durch geänderte Steuerfestsetzung aberkannt worden, ist ein weiterer zukünftiger Schadenseintritt nicht erkennbar. Der Vortrag des Klägers, die Wohnsitzfinanzämter seien dazu übergegangen, Kapitalertragsteuer auf die vorliegende „Festgeldanlage” bei der B. AG zu erheben, ist aus sich heraus nicht nachvollziehbar. Auch die Anschlussrevision vermag diesen Vortrag nicht zu erhellen. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, inwieweit hiervon das negative Interesse des Klägers im Zusammenhang mit seiner Einkommensteuerveranlagung berührt sein soll (vgl. bereits Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 75).
Rz. 34
Der Anschlussrevision verhilft auch der Verweis auf Freistellungsansprüche der Fondsgesellschaft gegen den Kläger aus § 6 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrags hinsichtlich etwaiger Gewerbesteuernachteile nicht zum Erfolg. Derartige Ansprüche sind vom Feststellungsantrag, der sich ausdrücklich auf Schäden aus der Einkommensteuerveranlagung beschränkt, nicht erfasst.
Unterschriften
Wiechers, Ellenberger, Maihold, Matthias, Pamp
Fundstellen
Haufe-Index 3677057 |
BFH/NV 2013, 1055 |
BKR 2013, 506 |