Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 24.02.2006) |
Tenor
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 24. Februar 2006 wird verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels und die den Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat die Angeklagten vom Vorwurf der Hehlerei aus Rechtsgründen freigesprochen. Hiergegen richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft mit der Sachrüge.
Rz. 2
1. Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Rz. 3
Der gesondert verfolgte, bereits rechtskräftig verurteilte … T. hatte aus den Tresorräumen der B.-Bank unter anderem einen Namenspfandbrief über eine Darlehensforderung in Höhe von 10 Millionen DM gestohlen. Der Pfandbrief oder eine Kopie hiervon gelangte auf ungeklärte Weise zu einem „K.”, der den Angeklagten Bü. bat, ihm bei der Verwertung zu helfen. Der Angeklagte Bü., der damit rechnete, dass der Brief gestohlen war, sagte ihm zu, die Verwertbarkeit überprüfen zu lassen, und bat seinerseits den Angeklagten E., die erforderlichen Erkundigungen einzuholen. E. erfragte bei der Schuldnerbank, ob das Papier handelbar sei und ob man für die Übertragung einen Notar benötige. Zu weiteren Bemühungen kam es nicht, da die Bank die Polizei einschaltete. Das Landgericht hat eine Strafbarkeit wegen versuchter oder vollendeter Absatzhilfe verneint, weil der Absatz des Briefs im Zeitpunkt der Bemühungen der Angeklagten in noch ungewisser Ferne lag und die Erkundigung aus der Sicht der Vortäter noch nicht den Beginn des Absetzens bedeutete.
Rz. 4
2. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg; die Rechtsauffassung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden.
Rz. 5
a) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt zur Vollendung der Hehlerei in der Form der Absatzhilfe zwar grundsätzlich jede vom Absatzwillen getragene vorbereitende, ausführende oder helfende Tätigkeit, die geeignet ist, den Vortäter bei seinem Bemühen um wirtschaftliche Verwertung der „bemakelten” Sache zu unterstützen (vgl. BGHSt 26, 358; 27, 45; 29, 239; BGHR StGB § 259 Abs. 1 Absatzhilfe 3 m. w. N.; vgl. zur erwägenswerten Kritik des Schrifttums an dieser sehr weiten Auslegung Ruß in LK 11. Aufl. § 259 Rdn. 26 ff. m. w. N.). Gleichwohl erfüllt auch nach dieser Rechtsprechung nicht jede Unterstützung, die dem Vortäter im Vorfeld von Absatzbemühungen geleistet wird, den Tatbestand; je nach den Umständen des Einzelfalls kann es sich auch um bloße Hilfe bei der Vorbereitung künftigen Absatzes handeln, die als solche nicht strafbar ist (vgl. BGH NJW 1989, 1490). Dies wurde insbesondere in Fällen angenommen, bei denen die „bemakelte” Sache für den Vortäter vorläufig gelagert worden und dieser Verwahrung keine Bedeutung im Rahmen eines bereits bevorstehenden Absatzes nach einem festgelegten Tatplan zugekommen war (so BGH wistra 1993, 61; BGH NStZ 1993, 282; BGH NJW 1989, 1490; BGHR StGB § 259 Abs. 1 Absatzhilfe 4). Anders wurde dies dementsprechend gesehen, wenn sich die Unterstützungshandlung in einen Tatplan eingefügt und aus der Sicht des Vortäters den Beginn des Absetzens dargestellt hatte (Zusage des Transports zum vorgesehenen Umsatzort: BGHR StGB § 259 Abs. 1 Absatzhilfe 3; Ausschlachten der gestohlenen Fahrzeuge nach Bestellliste: BGHR StGB § 259 Abs. 1 Absatzhilfe 7; Übernahme der Beute in Verkaufskommission oder Einlagerung zur Durchführung eines bereits bestehenden Absatzplanes: BGH NJW 1989, 1490).
Rz. 6
Somit kommt es für die Abgrenzung zwischen einer – straflosen – Hilfe bei der bloßen Vorbereitung eines Absatzes und einer – strafbaren – versuchten oder vollendeten Absatzhilfe darauf an, ob die Hilfeleistung im Vorfeld eines im Einzelnen noch nicht absehbaren und auch noch nicht konkret geplanten Absatzes erfolgte oder sich in einen bereits festgelegten Absatzplan fördernd einfügte und aus der Sicht des Vortäters den Beginn des Absatzvorganges darstellte.
Rz. 7
b) Das Landgericht hat in Übereinstimmung mit diesen Maßstäben zu Recht weder eine versuchte noch eine vollendete Absatzhilfe, sondern nur eine Beihilfe im Vorbereitungsstadium eines noch nicht näher geplanten Absatzes angenommen. Denn einen näher festgelegten Tatplan zum Absatz des fraglichen Pfandbriefs hat es nicht feststellen können. Es war sogar unaufklärbar, ob „K.” überhaupt eine Verfügungsmacht über den Pfandbrief erhalten hatte und somit ein Vortäter im Sinne des § 259 StGB sein konnte oder ob er ebenfalls nur Absatzhelfer sein sollte, dem nur eine Fotokopie dieses Wertpapiers überlassen worden war.
Rz. 8
Soweit die Beschwerdeführerin der Auffassung ist, in den Anfragen des Angeklagten E. bei der Bank sei bereits ein „Absatzversuch” zu sehen, träfe dies allenfalls dann zu, wenn er beabsichtigte, durch diese Kontaktaufnahme in konkrete Verkaufsverhandlungen mit dieser Bank einzutreten. Dies ist indes den Urteilsfeststellungen nicht zu entnehmen.
Rz. 9
Bei dieser Sachlage musste das Landgericht – jedenfalls zu Gunsten der Angeklagten – davon ausgehen, dass konkrete Absatzplanungen noch nicht bestanden hatten und die in Auftrag gegebenen Recherchen nur der Vorklärung dienen sollten, ob und gegebenenfalls wie der Pfandbrief hätte verwertet werden können. Solche Vorerkundigungen sind dem Vorbereitungsstadium zuzurechnen (zur vergleichbaren Situation des Schreibens einer Preisliste für gestohlene Waren: BGH, Beschl. vom 24. Juli 1963 – 2 StR 220/63).
Rz. 10
c) Dem steht nicht die von der Beschwerdeführerin herangezogene Entscheidung BGH NStZ 1994, 395 (= BGHR StGB § 259 Abs. 1 Absatzhilfe 5) entgegen. Ihr lag der Fall zugrunde, dass ein Angeklagter das vom Vortäter entwendete defekte Fernsehgerät unter der Zusage, es zu reparieren, zu sich genommen hatte. Hierin hat der 1. Strafsenat eine versuchte Absatzhilfe gesehen, da die Beseitigung des Defekts Voraussetzung für einen Erfolg versprechenden Absatz gewesen sei. Der Senat kann offen lassen, ob er dem bei einer entsprechenden Konstellation folgen könnte; denn die Sachverhalte sind nicht vergleichbar.
Rz. 11
Entsprechendes gilt für die in der Revisionsbegründung zitierte Entscheidung des 3. Strafsenats in wistra 2006, 16, der als Ausgangsentscheidung wistra 2005, 27 zugrunde liegt. Dieser Fall war durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass der Angeklagte eine mit typischen Hehlerwerkzeugen ausgestattete Kraftfahrzeugwerkstatt betrieben hatte, was es als möglich, wenn nicht sogar nahe liegend hat erscheinen lassen, dass seiner Tätigkeit ein eingespieltes
Absatzsystem zugrunde gelegen hatte. Bei einer solchen Sachlage war der Hinweis auf eine möglicherweise gegebene – zumindest versuchte – Absatzhilfe gerechtfertigt (vgl. BGH NStZ 1993, 282; BGHR StGB § 259 Abs. 1 Absatzhilfe 7).
Unterschriften
Winkler, Miebach, Pfister, Becker, Hubert
Fundstellen
NStZ 2008, 152 |
wistra 2007, 460 |
JA 2008, 231 |
StraFo 2007, 516 |