Gesetzestext
(1) Ein Sozialplan, der vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, jedoch nicht früher als drei Monate vor dem Eröffnungsantrag aufgestellt worden ist, kann sowohl vom Insolvenzverwalter als auch vom Betriebsrat widerrufen werden.
(2) Wird der Sozialplan widerrufen, so können die Arbeitnehmer, denen Forderungen aus dem Sozialplan zustanden, bei der Aufstellung eines Sozialplans im Insolvenzverfahren berücksichtigt werden.
(3) 1Leistungen, die ein Arbeitnehmer vor der Eröffnung des Verfahrens auf seine Forderung aus dem widerrufenen Sozialplan erhalten hat, können nicht wegen des Widerrufs zurückgefordert werden. 2Bei der Aufstellung eines neuen Sozialplans sind derartige Leistungen an einen von einer Entlassung betroffenen Arbeitnehmer bei der Berechnung des Gesamtbetrags der Sozialplanforderungen nach § 123 Abs. 1 bis zur Höhe von zweieinhalb Monatsverdiensten abzusetzen.
Bisherige gesetzliche Regelungen
§ 3 SozplKG [Sozialplan vor Konkurseröffnung]
Ein Sozialplan, der vor der Eröffnung des Konkursverfahrens, jedoch nicht früher als drei Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Konkurs- oder Vergleichsverfahrens aufgestellt wird, ist den Konkursgläubigern gegenüber insoweit unwirksam, als die Summe der Forderungen aus dem Sozialplan größer ist als der Gesamtbetrag von zweieinhalb Monatsverdiensten der von einer Entlassung betroffenen Arbeitnehmer. Eine Forderung aus dem Sozialplan kann im Konkursverfahren mit demjenigen Teil ihres Betrags geltend gemacht werden, der dem Verhältnis des in Satz 1 bestimmten Gesamtbetrags zu der Summe der Forderungen aus dem Sozialplan entspricht. Hat ein Arbeitnehmer auf seine Forderung aus dem Sozialplan vor der Eröffnung des Konkursverfahrens Leistungen empfangen, werden diese zunächst auf denjenigen Teil seiner Forderungen angerechnet, der im Konkursverfahren geltend gemacht werden kann.
§ 4 SozplKG [Rangstelle nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO]
Im Konkursverfahren werden Forderungen aus einem Sozialplan nach § 2 ebenso wie Forderungen aus einem Sozialplan nach § 3, soweit diese im Konkursverfahren geltend gemacht werden können, mit dem Rang des § 61 Abs. 1 Nr. 1 der Konkursordnung berichtigt. Für die Berichtigung dieser Forderungen darf jedoch nicht mehr als ein Drittel der für die Verteilung an die Konkursgläubiger zur Verfügung stehenden Konkursmasse verwendet werden; § 61 Abs. 2 Satz 2 der Konkursordnung gilt entsprechend. Sind Forderungen aus mehreren Sozialplänen mit dem Vorrecht nach Satz 1 zu berichtigen, gilt Satz 2 entsprechend für die Gesamtheit dieser Forderungen.
[Ohne Titel]
Rn 1
Bei Sozialplänen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, jedoch nicht früher als drei Monate vor dem Eröffnungsantrag aufgestellt worden sind, geht der Gesetzgeber davon aus, dass mit ihnen typischerweise bereits Nachteile ausgeglichen werden, die mit dem Eintritt der Insolvenz im Zusammenhang stehen.
Mit § 124 stellt die Insolvenzordnung wie schon § 3 SozplKG maßgeblich auf den Zeitpunkt des Zustandekommens von Sozialplänen ab, hat jedoch hinsichtlich der Behandlung dieser Sozialpläne im eröffneten Insolvenzverfahren eine abweichende rechtstechnische Ausgestaltung gewählt. Anders als § 3 SozplKG, der Forderungen aus vorkonkurslichen Sozialplänen der Höhe nach begrenzt hat, um die Einhaltung des im Verfahren zulässigen Sozialplanvolumens zu gewährleisten, sieht § 124 ein Widerrufsrecht vor.
1. Der Drei-Monats-Zeitraum des § 124 Abs. 1 InsO
Rn 2
Nach § 124 Abs. 1 kann ein Sozialplan, der vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, jedoch nicht früher als drei Monate vor dem Eröffnungsantrag aufgestellt worden ist, widerrufen werden.
Rn 3
Der Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens richtet sich nach § 27. Für den Zeitpunkt des Eröffnungsantrags ist der Tag des Eingangs bei dem Insolvenzgericht maßgeblich. Gehen bei dem Insolvenzgericht mehrere Anträge ein, ist auf den ersten wirksamen Antrag abzustellen, der zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt.
Rn 4
Bei der Festlegung beider Zeitpunkte – Antrag auf Insolvenzeröffnung und Aufstellung des Sozialplans – ist nur das jeweilige Datum maßgeblich. Die genaue Uhrzeit ist unerheblich, da die Frist nicht nach Stunden oder Minuten, sondern nach Monaten berechnet wird (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2, 3 BGB).
Rn 5
Die Frist beginnt mit der Aufstellung des Sozialplans. Ein Sozialplan ist im Sinne von § 124 Abs. 1 aufgestellt, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile infolge einer Betriebsänderung geeinigt haben (§ 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG) oder die Einigung durch die Einigungsstelle ersetzt worden ist (§ 112 Abs. 4 Satz 2 BetrVG). Im Falle der Einigung ist der Sozialplan aufgestellt, sobald diese nach §§ 145 ff. BGB vorliegt und schriftlich niedergelegt ist (§ 112 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, §§ 125 Satz 1, 126 BGB).
Rn 6
Ist die Einigung durch die Einigungsstelle ersetzt worden, ist der Sozialplan aufgestellt, sobald der Beschluss der Einigungsstelle schrif...