Rn 2
Der Finanzierungsfreiheit des Gesellschafters, über die Art und Weise der Finanzausstattung der Gesellschaft zu befinden, sind durch die Regeln zum Kapitalersatzrecht Grenzen gezogen. Welcher Normzweck sich hinter diesen Regeln verbirgt, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten. Ganz überwiegend wird dieser aber im Schutz der Gläubiger gesehen. Das Kapitalersatzrecht soll – so die h.M. – verhindern, dass der Gesellschafter die mit einer (unzureichenden) Fremdfinanzierung verbundenen negativen Folgen auf die Gläubigergesamtheit abwälzt. Die Zuführung von Gesellschafterkrediten darf – mit anderen Worten – nicht dazu führen, dass in der Krise der Gesellschaft das unternehmerische Risiko auf die Gesellschaftsgläubiger verlagert wird. Schlagwortartig umschrieben wird der Normzweck auch mit dem Begriff der "Finanzierungsfolgenverantwortung". Letzterer ist freilich zunächst inhaltsleer und bedarf der Konkretisierung. Damit stellt sich die Frage, welche Gefahren mit einer Krisenfinanzierung für die Gläubiger verbunden sind, die es mit Hilfe einer "besonderen Verantwortung" des Gesellschafters auszugleichen gilt.
Rn 3
Ganz überwiegend wird der Gesellschafterfremdfinanzierung ein ganzes Bündel von gläubigerbenachteiligenden Wirkungen nachgesagt. So wird behauptet, dass der Kredit in der Krise den Grundstein für eine Gläubigergefährdung legt; denn der ausgereichte Kredit ermöglicht der Gesellschaft, ihren wirtschaftlichen Aktionsradius zu vergrößern bzw. aufrechtzuerhalten, wo sie dies aus eigener Kraft nicht kann. Die Gesellschaft wird dadurch in die Lage versetzt, neue Verbindlichkeiten zu begründen mit der Folge, dass weitere Gläubiger mit dem schuldnerischen Insolvenzrisiko belastet werden. Als weitere negative Folge der Krisenfinanzierung wird immer wieder auch die Verschärfung des Verteilungskonflikts unter den Gläubigern genannt; denn gewährt der Gesellschafter Fremd- statt Eigenkapital, so kommt auch ihm die Haftungsfunktion des Gesellschaftsvermögens zugute. Eng hiermit im Zusammenhang steht der Hinweis, dass eine unzureichende Krisenfinanzierung in aller Regel zur Insolvenzverschleppung führt mit der Folge, dass vorhandenes Vermögen verbraucht, weitere Gläubiger hinzukommen und sich die Befriedigungsaussichten für die Gläubigergesamtheit hierdurch insgesamt verschlechtern. Schließlich wird immer wieder darauf hingewiesen, dass der Gesellschafterkredit dazu beiträgt, Dritte über das von ihnen eingegangene Risiko zu täuschen; denn ein der Gesellschaft gewährter Kredit – so wird behauptet – ist geeignet, bei Dritten den Anschein zu erwecken, dass die Gesellschaft wirtschaftlich gesund bzw. kreditwürdig und damit aus eigener Kraft lebensfähig ist.