Gesetzestext

 

(1) Bei einer juristischen Person ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund.

(2) 1Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. 2Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, für die gemäß § 39 Abs. 2 zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Forderungen vereinbart worden ist, sind nicht bei den Verbindlichkeiten nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(3) 1Ist bei einer rechtsfähigen Personengesellschaft kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend. 2Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

1. Überschuldung als weiterer Eröffnungsgrund (§ 19 Abs. 1)

 

Rn 1

Die Norm statuiert als weiteren Eröffnungsgrund für juristische Personen neben § 17 die Überschuldung.

§ 19 gilt, ebenso wie § 17, sowohl bei Schuldner, als auch bei Gläubigeranträgen.

§ 19 hat in kurzer Folge durch das "Finanzmarktstabilisierungsgesetz" (FMStG)[1] mit Wirkung ab 18.10.2008 und das "Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen" (MoMiG)[2] mit Wirkung ab 01.11.2008 Änderungen erfahren, wobei die Neufassung des Abs. 2 durch das FMStG zeitlich befristet war bis zum 31.12.2010.

Durch das "Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen" (ESUG) vom 24.09.2009 wurde die ursprüngliche Befristung des Abs. 2 bis zum 31.12.2013 verlängert.[3]

Durch das "Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung anderer Vorschriften" vom 05.12.2012[4] hat der Gesetzgeber die Befristung dann aufgehoben.

Der Gesetzgeber hat zudem den in Abs. 2 normierten Zeitrahmen der anzustellenden Fortführungsprognose mehrfach den gesamtwirtschaftlichen Situationen angepasst. Dies erfolgte mitunter durch die Schaffung anderer Gesetze, die wiederum eine verändernde Zeitkomponente für § 19 statuiert haben (dazu Rn. 18a).

Die Norm wurde mit Wirkung zum 01.01.2024 durch das Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz (MoPeG) in Bezug auf die Konsolidierung des Rechts der Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Abs. 3 S. 1 angepasst.

Es handelt es sich jeweils um eine Folgeänderung und redaktionelle Anpassung, die mit der gesetzlichen Anerkennung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und der Einführung des Gesellschaftsregisters einhergeht. Unter dem in der Insolvenzordnung bisher wiederkehrenden Begriff der Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit versteht § 11 Abs. 2 Nr. 1 die offene Handelsgesellschaft, die Kommanditgesellschaft, die Partnerschaftsgesellschaft, die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Partenreederei und die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung. All diese Gesellschaftsrechtsformen sind zukünftig unter dem besser verständlichen Oberbegriff der rechtsfähigen Personengesellschaft zusammenzufassen. Dazu zählt insbesondere auch die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung, die ausweislich § 1 EWIVAG aufgrund ihrer strukturellen Nähe zu den Personengesellschaften in der Bundesrepublik Deutschland als Sonderform der offenen Handelsgesellschaft zählt. Eine inhaltliche Änderung ist mit dieser terminologischen Klarstellung nicht verbunden.[5] Weiterhin nicht zu den rechtsfähigen Personengesellschaften zählen demgegenüber die Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Gestalt der nicht rechtsfähigen Gesellschaft und die stille Gesellschaft.

 

Rn 2

Die Überschuldung ist Eröffnungsgrund bei juristischen Personen, d.h. der Aktiengesellschaft, der Kommanditgesellschaft auf Aktien,[6] der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, dem rechtsfähigen Verein und der eingetragenen Genossenschaft, jedoch auch bei juristischen Personen ausländischen Rechts, die ihren Mittelpunkt der wirtschaftlichen Interessen in Deutschland haben und demgemäß dem deutschen Insolvenzrecht unterfallen.

 

Rn 3

Bei der eingetragenen Genossenschaft ist die Überschuldung jedoch gem. § 98 GenG nur dann Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, wenn die Genossen Nachschüsse bis zu einer Haftsumme zu leisten haben und die Überschuldung ein Viertel des Gesamtbetrags der Haftsummen aller Genossen übersteigt oder die Genossen keine Nachschüsse zu leisten haben oder die Genossenschaft aufgelöst ist.

 

Rn 4

Aufgrund der Gleichstellung des Vereins ohne Rechtspersönlichkeit mit einer juristischen Person gem. § 11 Abs. 1 Satz 2 kommt auch für den Verein ohne Rechtspersönlichkeit die Überschuldung als Eröffnungsgrund zur Anwendung.[7] Auch für die Unternehmergesellschaft (UG) haftungsbeschränkt gem. § 5a GmbHG gilt § 19.[8]

Bei Kreditinstituten ist die Überschuldung ebenfalls aus Gründen des Gläubigerschutzes dann tauglicher Eröffnungsgrund, wenn der Inhaber ein Einz...

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