Rn 26
Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens verliert der Insolvenzverwalter materiell die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse. Damit geht auf prozessualer Ebene der Verlust der Prozessführungsbefugnis einher, die der Schuldner zurück erlangt. Den praktischen Bedürfnissen entspricht eine analoge Anwendung der §§ 239, 242 ZPO (Unterbrechung des Rechtsstreits). Es obliegt dann dem Schuldner, den Prozess aufzunehmen und im eigenen Namen fortzuführen, § 250 ZPO. Nach der Gegenansicht soll der Insolvenzschuldner ohne weiteres anstelle des Verwalters in den Prozess eintreten. Dies kann jedoch zu der unbilligen Situation führen, dass der Schuldner kurz nach Verfahrensbeendigung in einem Rechtsstreit verhandeln muss, den er möglicherweise nicht kennt, oder sich von einem Rechtsanwalt vertreten lassen muss, der bislang für den Verwalter und gegen seine Interessen tätig gewesen ist.
Rn 27
Hat der Verwalter vor Verfahrensbeendigung einen Prozessbevollmächtigten bestellt, so bleibt dessen Vollmacht in analoger Anwendung des § 86 1. Halbsatz ZPO bestehen. Der Schuldner hat erteilte Vollmachten zu widerrufen. Zwar tritt keine Unterbrechung des Rechtsstreits ein, jedoch ist nach § 246 Abs. 1 2. Halbsatz ZPO auf Antrag des Prozessbevollmächtigten die Möglichkeit der Aussetzung des Verfahrens gegeben. Hat der Verwalter den Prozess als Anwalt selbst geführt, so erlischt seine Prozessvollmacht; zur weiteren Prozessführung bedarf er einer neuen Bevollmächtigung durch den Schuldner. § 246 ZPO ist bei einer Personenidentität des Verwalters und des Prozessbevollmächtigten nicht anwendbar.
Rn 28
Handelt es sich um einen Prozess über einen Streitgegenstand, der zurückbehalten oder einer Nachtragsverteilung nach § 203 Abs. 1 ausdrücklich vorbehalten ist, so bleibt der Verwalter auch weiterhin prozessführungsbefugt; dies ergibt sich daraus, dass die Beschlagnahmewirkung insoweit noch andauert.
Rn 29
Ist zum Zeitpunkt der Verfahrensaufhebung noch ein Anfechtungsprozess des Verwalters anhängig, so ist Folgendes zu beachten: Das Anfechtungsrecht steht ausschließlich dem Insolvenzverwalter zu, so dass kein Übergang der Prozessführungsbefugnis auf den Schuldner erfolgt. Für den Fall, dass die Beschlagnahmewirkung fortdauert, weil der streitbefangene Gegenstand für eine Nachtragsverteilung vorgesehen ist, bleibt der Verwalter für diesen Anfechtungsprozess weiterhin prozessführungsbefugt. Denn der Rückgewähranspruch i. S. v. § 143 Abs. 1 unterliegt der Insolvenzmasse und so der Nachtragsverteilung. Wird ein für eine Nachtragsverteilung in Betracht kommender Anfechtungsanspruch erst nachträglich ermittelt und ergeht ein entsprechender Beschluss des Insolvenzgerichts nach § 203, so erhält der Verwalter wieder seine Verwaltungs-, Verfügungs- und Prozessführungsbefugnis bezüglich des streitbefangenen Gegenstands zurück und kann den Anfechtungsprozess führen.
Rn 30
Ist der streitbefangene und anfechtungsrechtlich belastete Vermögensgegenstand im Zeitpunkt der Verfahrensaufhebung hingegen nicht für eine Nachtragsverteilung vorgesehen, so erlischt das Anfechtungsrecht, und es tritt hinsichtlich des Anfechtungsprozesses in der Hauptsache Erledigung ein. Das Verfahren kann nur noch wegen der Kosten vom Schuldner weiter betrieben werden.
Rn 31
Tritt der Verwalter während des Prozesses die streitbefangene Forderung an einen Dritten ab und kommt es danach zur Verfahrensaufhebung, so erlischt die über § 265 ZPO zunächst fortbestehende Prozessführungsbefugnis des Verwalters, und der Dritte tritt für den Verwalter in den Prozess ein. Die Annahme einer fortbestehenden Parteistellung des Verwalters über § 265 ZPO würde dazu führen, dass der Verwalter mit Aufgaben betraut und belastet würde, die ihm nach dem Wegfall der Beschlagnahmewirkung und damit seiner diesbezüglichen Befugnisse nicht mehr zukommen.