Rn 11
Um ein für die Gläubiger optimales Ergebnis des Insolvenzverfahrens über einen Insolvenzplan zu erreichen, führt die Begründung zum Regierungsentwurf beispielhaft mehrere Wege an, die als zulässige Planinhalte möglich sind. Die Art und Weise, in der das angestrebte Ziel erreicht werden soll, unterliegt allerdings keinen gesetzlichen Einschränkungen, sodass neben den genannten auch weitere Handlungsmodalitäten möglich sind:
- Regelungen zur Wiederherstellung der Ertragskraft des schuldnerischen Unternehmens;
- Regelungen zur Befriedigung der Gläubiger aus den Erträgen des Unternehmens;
- Fortführung des Unternehmens durch den Schuldner;
- langfristige Stundung der Insolvenzforderungen;
- Übertragung des Unternehmens auf einen Dritten ("übertragende Sanierung");
- von den gesellschaftsrechtlichen Regelungen abweichende Bestimmungen hinsichtlich der Verpflichtungen persönlich haftender Gesellschafter;
- Befriedigung der Gläubiger aus künftigem Arbeitseinkommen des Schuldners;
- Regelungen zur Restschuldbefreiung, die von den Bestimmungen der §§ 286–303a abweichen, z.B. trotz "Unredlichkeit" Erlass oder Verkürzung der Wohlverhaltensphase (§ 287 Abs. 2);
- Bestimmungen zur Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse, ohne auf andere Aspekte des Insolvenzverfahrens einzugehen (Liquidationsplan);
- Regelungen zu absonderungsberechtigten und nachrangigen Insolvenzgläubigern.
Im Regelinsolvenzverfahren über das Vermögen einer natürlichen Person ohne laufenden sanierungsfähigen Geschäftsbetrieb kann auch ein Insolvenzplan vorgelegt werden, der durch Einmalzahlung eine vorzeitige Restschuldbefreiung ohne Wohlverhaltensphase vorsieht. Es ist nicht erforderlich, dass der Insolvenzplan einen Inhalt zur Sanierung enthält.
Rn 12
In der Literatur wurde als weiterer Inhalt ein mögliches Konzerninsolvenzrecht angeführt, das lange Zeit nicht gesetzlich geregelt war. Nach dessen Schaffung ist es allerdings weiterhin ausgeschlossen, dass sowohl verschiedene insolvente Gesellschaften oder als auch insolvente wie solvente Gesellschaften eines Konzerns nach amerikanischem Vorbild in einem konzernübergreifenden Insolvenzplan zusammengefasst werden. Vielmehr ist für jedes insolvente Unternehmen ein eigener Insolvenzplan aufzustellen. Durch das neue Konzerninsolvenzrecht wird allein die Koordination der verschiedenen Insolvenzplanverfahren erleichtert. Allerdings dürfen dabei die verschiedenen Gläubigerrechte nicht beeinträchtigt werden, worauf bei der Gruppeneinteilung und der anschließenden Abstimmung zu achten ist.
Rn 13
Neben diesen speziellen Möglichkeiten ist die jeweilige Verwertungsart festzusetzen. Daher kann der Insolvenzplan als Sanierungs-, Übertragungs- oder Liquidationsplan entwickelt werden. In Satz 1 hat der Gesetzgeber mit dem ESUG das Wörtchen "Verfahrensabwicklung" eingefügt und damit klargestellt, dass der Plan nicht zwingend verfahrensbeendende Wirkung haben muss.
4.1 Sanierungsplan
Rn 14
Die Insolvenzordnung verfolgt auch den Erhalt des Unternehmens als Ziel des Verfahrens. Im Laufe des Verfahrens soll durch wirtschaftliche Gesundung ein konkurrenzfähiger Betrieb entstehen. Dieses Ziel ist durch das ESUG noch weiter in den Vordergrund getreten. Hierzu sind häufig einschneidende Veränderungen in der Organisation erforderlich. Daher spricht man anstelle von Sanierung auch von Reorganisation. Auf diese Weise können nicht nur Arbeitsplätze erhalten, sondern vor allem auch die Gläubiger aus den späteren Erträgen des Unternehmens besser befriedigt werden als bei einer Zerschlagung.
Rn 15
Allerdings waren mit einem Sanierungsplan über viele Jahre steuerliche Zweifelsfragen verbunden, die daraus resultierten, dass dann, wenn ein Schuldner durch einen Insolvenzplan von Verbindlichkeiten befreit wird, sich sein Betriebsvermögen erhöht, wodurch es zu einem sog. Sanierungsgewinn kommen kann. Dessen Behandlung war seit Jahren Gegenstand von verschiedenen Maßnahmen der Legislative, der Exekutive und der Judikative, die darauf basierten, dass der BFH den als Folge der Aufhebung von § 3 Nr. 66 EStG a.F. geschaffenen sog. Sanierungserlass vom 27.03.2003 als nicht mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung vereinbar ansah. Mittlerweile hat der Sanierungsgewinn wiederum eine gesetzliche Neuregelung erfahren. Im Ergebnis stellt jetzt § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG n.F. den durch einen Schuldenerlass bewirkten Sanierungsertrag unabhängig davon steuerfrei, ob der Steuerpflichtige seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG oder § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. Die Steuerfreiheit ist weder von einem Antrag des Steuerpflichtigen noch vom Ermessen der Finanzverwaltung abhängig. Sie gilt für unternehmensbezogene Sanierungen i.S. des § 3a Abs. 2 EStG,...