Rn 14
Zur effektiven Sicherung der zukünftigen Insolvenzmasse kann der vorläufige Verwalter, das gesamte Schuldnervermögen in Besitz nehmen. Hierzu gehören auch Daten als wirtschaftlich realisierbare Rechtsgüter. Weigert sich der Schuldner, kann der vorläufige Verwalter die Herausgabe erzwingen, denn der Anordnungsbeschluss ist ein Titel i. S. v. § 794 Nr. 3 ZPO i. V. m. § 148 Abs. 2 analog. Darüber hinaus umfasst die Sicherungsfunktion auch Gegenstände im Besitz Dritter. Weigert sich der Dritte, muss der Verwalter eine possessorische Besitzschutzklage erheben. Diese kann sich auch gegen Aus- und Absonderungsberechtigte richten, wenn sie in verbotener Eigenmacht Gegenstände in ihren Besitz gebracht haben. Entzieht der Verwalter dem Dritten eigenmächtig den Besitz, überschreitet er seine Befugnisse und setzt sich einer persönlichen Haftung aus. Eine ordnungsgemäße Inbesitznahme erfordert regelmäßig eine Erfassung, Aufzeichnung und Inventarisierung des Schuldnervermögens.
Der vorläufige Verwalter muss aufgrund des klaren gesetzlichen Wortlauts in § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 nicht auf unsicherer Grundlage entscheiden, ob die in Besitz genommenen Gegenstände später tatsächlich zur Insolvenzmasse zählen, sondern kann zunächst alle Vermögensgegenstände sichern. Die Sicherungspflicht umfasst mithin auch Gegenstände, die mit Rechten Dritter belastet sind. Im Unterschied dazu geht das Verwaltungs- und Verfügungsrecht im eröffneten Verfahren ausweislich § 80 Abs. 1 nur hinsichtlich des "zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens" auf den endgültigen Verwalter über. Zur Inbesitznahme ist der vorläufige Verwalter nur berechtigt und ver-pflichtet, wenn dies der Sicherungszweck gebietet, er mithin nicht auf anderem Wege eine Sicherung herbeiführen kann.
Rn 15
Folglich ist eine Inbesitznahme von unpfändbarem Vermögen immer unzulässig. Im Übrigen ist der vorläufige Verwalter grundsätzlich verpflichtet, dem Schuldner bis zur Eröffnung des Verfahrens einen notwendigen Unterhalt aus dem verwalteten Vermögen zu gewähren (§§ 100 Abs. 2, 36 analog).
Bestehen unzweifelhaft Aus- oder Absonderungsrechte an einem Gegenstand und ist dieser für eine Betriebsfortführung nicht erforderlich, kann der vorläufige Verwalter diesen ausnahmsweise vorab im Wege der Freigabe herausgeben. Darüber hinaus verstößt eine Freigabe jedoch gegen die Sicherungspflicht, da sie einer unzulässigen Verwertung entspricht.