Rn 12
Erwerbsnotwendige Gegenstände sind in der Einzelzwangsvollstreckung grundsätzlich unpfändbar (§ 811 Abs. 1 Nr. 3, 4, 5, 6, 7, 9 ZPO). Grundnorm dabei ist § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO;[22] die Norm differenziert für die Pfändbarkeit ausdrücklich danach, ob die Erwerbstätigkeit überwiegend auf persönlicher Leistung beruht oder wesentlich auch auf der Ausnutzung von Sach- und Kapitalmitteln.[23] Aus diesem Grund sind berufliche Gegenstände für Freiberufler wie Rechtsanwälte, Ärzte, Architekten, Steuerberater, aber auch für selbstständige Handwerker oder Musiker regelmäßig unpfändbar.[24] Diese Unpfändbarkeit hätte in einem Insolvenzverfahren die Konsequenz, dass der Insolvenzverwalter keinen Einfluss auf die Fortführung der schuldnerischen Tätigkeit hat und die Verwertung unmöglich wird. Insofern wird in der Literatur eine teleologische Reduktion des § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO gefordert.[25] In der Rechtsprechung findet die Diskussion zutreffenderweise keine Resonanz.[26]
Rn 13
In der Landwirtschaft und in einer Apotheke werden zu einem erheblichen wenn nicht überwiegenden Teil Sach- und Kapitalmittel ausgenutzt. Trotzdem sind Gegenstände, die dem Betrieb einer Landwirtschaft oder dem Betrieb einer Apotheke dienen, in der Einzelzwangsvollstreckung unpfändbar (§ 811 Abs. 1 Nr. 4, 9 ZPO). Diese systemwidrige Ausnahme von der Pfändbarkeit sollte die Versorgung der Bevölkerung mit landwirtschaftlichen Produkten und Arzneimitteln sicherstellen.[27] Wenn dieser Pfändungsschutz sich im Insolvenzverfahren fortsetzte, könnten weder Apotheken noch landwirtschaftliche Betriebe im Insolvenzverfahren fortgeführt oder verwertet werden. Schon das machte die erst nachträglich eingeführte[28] Rückausnahme des § 36 Abs. 3 InsO erforderlich. Darüber hinaus ist fraglich, ob die Begründung für diese Pfändungsschutzvorschriften heute noch trägt.[29]
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