Rn 2
Unter dem Begriff Forderungen im Sinne des § 42 sind ausschließlich Insolvenzforderungen gegen den Schuldner zu verstehen. Auflösend bedingte Forderungen (zu betagten Forderungen vgl. § 41 Rn. 4), die nur bis zum Eintritt der Bedingung rechtlich existent sind (siehe § 158 Abs. 2 BGB), können nach § 42 von den Gläubigern wie nicht mit einer Bedingung versehene Forderungen geltend gemacht werden. Es gelten somit die gleichen Rechte wie bei nicht auflösend bedingten Forderungen. Der Rechtsgrund (vertraglich oder gesetzlich) der Bedingung ist unerheblich. Der weitere Bestand der Forderung muss lediglich von einem künftigen ungewissen Ereignis abhängen. Ob ein bedingtes Rechtsgeschäft vorliegt und welche Form der Bedingung vereinbart ist, unterliegt den allgemeinen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB. Auflösend bedingt sind z. B. Steuervorauszahlungen aufgrund von Schätzungen aus dem Vorjahr, Einkommensteuervorauszahlungen (§ 36 EStG), Lieferungsansprüche unter dem Vorbehalt der Selbstbelieferung (des Verkäufers) oder die – in der Praxis seltenen (vgl. § 35 Rn. 88) – auflösend bedingten Sicherheitsübereignungen.
Rn 3
Besonderheiten ergeben sich bezüglich dieser Forderungen daraus, dass im Falle des Eintritts der Bedingung der Status als Insolvenzforderung nachträglich wegfällt, so dass eine tatsächlich nicht mehr bestehende Forderung im Verfahren angemeldet und ggf. auch vom Verwalter bereits anerkannt wurde. Je nach Stadium des Insolvenzverfahrens gilt Folgendes:
2.1 Bedingungseintritt vor Eintragung
Rn 4
Wenn die Forderung noch gar nicht in der Tabelle (§ 175) eingetragen ist bzw. noch nicht vom Verwalter anerkannt wurde, schließt der Verwalter die Forderung durch bloßes Bestreiten (vorbehaltlich eines Feststellungsprozesses jedenfalls zunächst) vom weiteren Verfahren aus.
2.2 Bedingungseintritt nach Eintragung, aber vor Zahlung
Rn 5
Nach Feststellung der Forderung zur Tabelle, muss der Verwalter wegen der damit verbundenen Titelfunktion des Tabellenauszugs Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO erheben, um die Forderung berechtigterweise bei der späteren Verteilung nicht berücksichtigen zu müssen. Maßgeblich für eine drohende Präklusion ist dabei allein die Tatsache (d. h. der Zeitpunkt des tatsächlichen Eintritts der Bedingung), weil subjektive Elemente (d. h. die Kenntnis) unberücksichtigt bleiben. Abgrenzungszeitpunkt für eine Präklusion ist die Feststellung der Forderung zur Tabelle.
2.3 Bedingungseintritt nach geleisteter Zahlung
Rn 6
Hat der Verwalter bereits Zahlungen geleistet, so kann – und muss – er diese nach § 159 BGB wieder zur Masse zurückfordern. Anspruchsgrundlage für die Rückforderung ist die der Auszahlung zugrunde liegende Absprache, die ein Schuldverhältnis darstellen dürfte, oder hilfsweise §§ 812 ff. BGB.
2.4 Bedingungseintritt nach beendetem Insolvenzverfahren
Rn 7
Tritt die Bedingung erst nach Beendigung des Verfahrens ein, kann der Insolvenzschuldner die vom Verwalter erbrachte Leistung anstelle des Verwalters zurückfordern, sofern betreffend diesen Anspruch keine Nachtragsverteilung (§ 203) angeordnet wurde.
2.5 Unwahrscheinlicher Bedingungseintritt
Rn 8
Nicht übernommen wurde in die InsO die Regelung des früheren § 168 Nr. 4 KO, der ein Zurückbehaltungsrecht des Verwalters bei Gläubigern auflösend bedingter Forderungen zum Gegenstand hatte. Dieser Fall der Sicherheitsleistung des Gläubigers wurde durch den Gesetzgeber der InsO als nicht hinreichend praxisrelevant angesehen; ein Zurückhalten des auf die auflösend bedingte Forderung entfallenden Betrages kommt demnach für alle Verfahren unter Geltung der InsO nicht mehr in Betracht.
Rn 9
Die an die Stelle der nach § 168 Nr. 4 KO bestehenden Zurückbehaltungsmöglichkeit getretene Auszahlungspflicht des Verwalters birgt jedoch ein nicht unerhebliches Risiko. Wenn die Forderung wegen des späteren Eintritts der Bedingung keinen endgültigen Bestand hat, dann geht der Rückforderungsanspruch bei Insolvenz des Gläubigers ins Leere. Um eine missbräuchliche Geltendmachung von auflösend bedingten Forderungen auszuschließen, ist in besonders gelagerten Fällen dem Verwalter ein Zurückbehaltungsrecht zuzusprechen, wenn dieser darlegen kann, dass der Eintritt der Bedingung so nahe liegt, dass der Forderung kein Vermögenswert zukommt. Dabei kann auf den Rechtsgedanken des § 191 Abs. 2 Satz 1 zurückgegriffen werden, zumal die Rechtsfolge...