Rn 6
Rechtsfolge der Einordnung als Masseverbindlichkeit ist die Privilegierung der jeweiligen Forderung mit einer uneingeschränkten Durchsetzbarkeit nach den allgemeinen Regeln und damit einer gegenüber einfachen Insolvenzforderungen bevorzugten Befriedigung ("Berichtigung vorweg") aus der Insolvenzmasse. Dogmatisch sind Masseverbindlichkeiten keine mit einem Vorrang versehenen Insolvenzforderungen, sondern eigene Rechte gegenüber der Insolvenzmasse und damit Rechte "sui generis".
Berichtigung vorweg bedeutet, dass die Verpflichtung aus den Masseverbindlichkeiten sich unmittelbar gegen die Insolvenzmasse richtet ohne dass die für Insolvenzforderungen geltenden Durchsetzungsbeschränkungen und Verfahrensvorschriften zu beachten sind. Es gibt kein gerichtliches Prüfungsverfahren, so dass die Forderungen nach allgemeinen Regeln gegen die Insolvenzmasse geltend gemacht werden können und müssen.
Insolvenzforderungen dagegen können gegen die Insolvenzmasse nicht mehr vollstreckt (§ 98 Abs. 1), sondern ausschließlich über das Verfahren der Anmeldung zur Insolvenztabelle (§§ 87, 174 ff., 187 ff.) durchgesetzt werden.
Rn 7
Allein aus der Tatsache, dass Forderungen als Masseverbindlichkeiten qualifiziert sind, besteht keine automatische Verpflichtung des Insolvenzverwalters, diese Verbindlichkeiten zu berücksichtigen. Der Forderungsinhaber muss die Masseverbindlichkeiten gegenüber dem Insolvenzverwalter daher selbst geltend machen. Zur Haftung des Insolvenzverwalters bei Masseunzulänglichkeit siehe unten, Rn. 17.
Rn 8
Eine Befriedigungsreihenfolge ist nicht normiert, da die Insolvenzmasse nach dem gesetzlichen Regelfall ausreichen soll, sämtliche Masseverbindlichkeiten zu befriedigen, so dass im Regelfall eine weitere Rangabstufung nicht erforderlich ist.
Sofern der Insolvenzverwalter die Masseverbindlichkeit bei Fälligkeit nicht berücksichtigt, kann der Gläubiger der Masseverbindlichkeit diese Forderung nach den allgemeinen Regeln gegen den Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes titulieren und gegen die Insolvenzmasse vollstrecken.
Rn 9
Allerdings normiert § 90 ein zeitlich befristetes Vollstreckungsverbot für "Sonstige Masseverbindlichkeiten", die nicht durch den Insolvenzverwalter begründet, also dem Verfahren aufgedrängt wurden. Das Vollstreckungsverbot gilt für die Dauer von sechs Monaten nach Eröffnung des Verfahrens (§ 90 Abs. 1) und legt Ausnahmen fest; diese Ausnahmen fußen im Wesentlichen auf vom Verwalter gesetzten Vertrauenstatbeständen.
Rn 10
Die Durchsetzung von "sonstigen Masseverbindlichkeiten" ist nach §§ 209, 210 außerdem eingeschränkt, wenn der Insolvenzverwalter Masseunzulänglichkeit nach § 208 angezeigt hat.